Baurecht

Plangenehmigung für Erneuerung einer Bahnstromfernleitung

Aktenzeichen  22 A 16.40037

Datum:
27.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 107647
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AEG § 18 Satz 2
VwVfG § 74 Abs. 6 Satz 1

 

Leitsatz

1. Eine abwägungsfehlerhafte räumliche Trassenauswahl liegt nur vor, wenn es eine alternative Variante gegeben hat, die sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als eindeutig vorzugswürdig aufgedrängt hat oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine die Grundstückssituation prägende, rechtlich wie tatsächlich bestehende Vorbelastung mindert im Grundsatz die Schutzwürdigkeit der von einer Bestandstrasse betroffenen Grundstücke. (redaktioneller Leitsatz)
3. Immissionsschutzbelange von Bürgern können auch dann noch abwägungsrelevant sein, wenn die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten sind, solange es sich nicht um objektiv nicht mehr begründbare Befürchtungen handelt. (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein genereller Schutz vor jedem Wertverlust eines Grundstücks durch Planungen besteht nicht. Gewisse Einbußen sind als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums entschädigungslos hinzunehmen, und zwar selbst dann, wenn die Ursächlichkeit durch einen staatlichen Eingriff unzweifelhaft gegeben ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Kläger tragen je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die jeweilige Kostengläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Über die Klagen entscheidet der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (Schriftsätze der Kläger vom 8.3.2017, der Beigeladenen vom 14.3.2017 sowie der Beklagten vom 15.3.2017).
Der mit dem Klageschriftsatz vom 6. September 2016 gestellte Antrag Nr. 1 ist unter Berücksichtigung der Klagebegründung, mit der u.a. das Fehlen einer Prüfung von Trassenalternativen durch das EBA geltend gemacht wird, so zu verstehen, dass die Kläger die Aufhebung der Plangenehmigung insgesamt – nicht nur bezüglich eines bestimmten Abschnitts innerhalb des plangenehmigten Vorhabens oder nur bezüglich des Mastes Nr. 8132 – begehren.
Der Klageantrag Nr. 2, die Beklagte zur erneuten Entscheidung nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zu verpflichten, hat neben dem Antrag Nr. 1 keine eigenständige Bedeutung.
Die Klagen sind zulässig; insbesondere ist auch der Kläger zu 2 im Sinn von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
Die Klägerin zu 1 ist klagebefugt, weil ihr Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) am Grundstück FlNr. 1472/35 dadurch beeinträchtigt sein könnte, dass durch das vom EBA plangenehmigte Heranrücken von Mast Nr. 8132 die Nutzbarkeit und der Wert des Grundstücks möglicherweise gemindert werden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass dieser Gesichtspunkt seitens des EBA bei der Abwägung der widerstreitenden Belange im Plangenehmigungsverfahren rechtsfehlerhaft behandelt und damit der Anspruch der Klägerin zu 1 auf gerechte Abwägung (§ 18 Satz 2 AEG) verletzt worden ist. Die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deshalb auszuschließen, weil sich an der Art und Weise, wie das Grundstück durch die Seile überspannt wird, gegenüber dem bisherigen Zustand nichts ändert und der Mast bzw. dessen Fundament auch an seinem neuen Standort das Grundstück der Klägerin zu 1 nicht berührt.
Beim Kläger zu 2, der keinen Anteil am Grundstückseigentum hat, ist zwar zu berücksichtigen, dass er eine Beeinträchtigung der Nutzung oder der Werthaltigkeit des Grundstücks FlNr. 1472/35 nicht erfolgreich ins Feld führen kann. Außerdem haben die Kläger solche Belange, die nicht grundstücksbezogen sind, im gesamten Verfahren nur in der Weise thematisiert, dass sie gesundheitliche Beeinträchtigungen lediglich schlagwortartig in den Raum gestellt und insoweit geltend gemacht haben, der Mast am neuen Standort wirke psychisch belastend und verursache „Elektrosmog“. Andererseits erscheint diesbezüglich eine Rechtsverletzung auch des Klägers zu 2 nicht offensichtlich nach jeder Betrachtungsweise (vgl. zu diesem Maßstab z.B. BVerwG, U. v. 5.8.2015 – 6 C 9.14 -, juris, Rn. 11) ausgeschlossen. Ob ein gesundheitlicher Belang des Klägers zu 2 in der Abwägung durch das EBA fehlerhaft behandelt worden ist, ist eine Frage der Begründetheit.
Die Klagen sind nicht begründet. Die Kläger werden durch die angefochtene Plangenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die angefochtene Plangenehmigung leidet an keinem Rechtsfehler, der die von den Klägern begehrte Aufhebung oder zumindest die Feststellung von deren Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit ganz oder teilweise zur Folge haben könnte (§ 18 Satz 3 AEG i.V.m. § 75 Abs. 1a VwVfG). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt des Erlasses der Plangenehmigung, hier also der 3. August 2016 (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 12.12.2016 – 22 A 15.40038, juris Rn. 21, BayVGH, U.v. 11.5.2011 – 22 A 09.40057, juris Rn. 18).
1. Soweit die Kläger sinngemäß einen Verfahrensfehler dergestalt geltend machen, dass ein Planfeststellungsbeschluss anstelle einer Plangenehmigung hätte ergehen müssen, das EBA somit eine rechtlich unzulässige Verfahrensart gewählt habe, führt dieser Einwand nicht zum Klageerfolg.
Drittbetroffene haben grundsätzlich kein subjektives Recht auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens und können daher auch nicht verlangen, dass die zuständige Behörde ein solches auf Grund der von den Drittbetroffenen erhobenen materiell-rechtlichen Einwände durchführt. Drittbetroffene können nur verlangen, dass ihre materiellen Rechtspositionen gewahrt bleiben. Sie haben keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren, hier in einem Planfeststellungsverfahren, geschieht (BVerwG, U.v. 10.12.2003 – 9 A 73/02 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 58, juris Rn. 23; BayVGH, U.v. 12.3.2007 – 22 A 06.40020 – UA S. 8; BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 22 AS 15.40002 – Rn. 21). Davon unabhängig durfte das EBA eine Plangenehmigung anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses erteilen. Nach § 18 Satz 3 AEG i.V.m. § 74 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 VwVfG darf anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung dann erteilt werden, wenn – neben anderen, vorliegend nicht erörterungsbedürftigen Voraussetzungen – Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben. Eine nicht mehr nur unwesentliche Beeinträchtigung eines Rechts liegt dann vor, wenn direkt Zugriff auf ein fremdes Recht, insbesondere das Eigentum genommen wird, nicht dagegen schon dann, wenn Belange Dritter betroffen sind und es daher bei einer Raumbeanspruchung und Planung geboten ist, diese Belange in die Abwägungsentscheidung wertend einzubeziehen (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.1996 – 11 A 100.95 – NVwZ 1997, 994, juris Rn. 38, und B.v. 29.12.1994 – 7 VR 12/94 – juris, Rn. 16, zum Verständnis der damaligen Vorschrift des § 18 Abs. 2 Nr. 1 AEG). Ein direkter Zugriff auf das Grundstückseigentum der Klägerin zu 1 wird durch die angefochtene Plangenehmigung nicht geregelt, auch nicht im Hinblick auf den Schutzstreifen.
2. Die Planrechtfertigung für das streitige Vorhaben ist gegeben. Auch eine hoheitliche Planung ist nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Vielmehr bedarf ein planfestzustellendes Vorhaben wegen seiner Auswirkungen auf die Rechte Dritter der gesonderten Prüfung, ob das rechtliche Erfordernis seiner Planrechtfertigung erfüllt ist. Dieses gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare Erfordernis bezweckt, nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsrechts im Einklang stehende Vorhaben schon auf einer der Abwägung vorgelagerten Stufe auszuscheiden. Das Vorhaben muss, gemessen an diesen Zielen, vernünftigerweise geboten sein, geradezu unausweichlich braucht es dagegen nicht zu sein (BVerwG, U.v. 18.7.2013 – 7 A 4.12 – UPR 2014, 69, Rn. 44). Ein sicherer Eisenbahnbetrieb und ein attraktives Verkehrsangebot auf der Schiene – beidem dient ein zuverlässiges Funktionieren der Bahnstromfernleitungen als Teil des Eisenbahninfrastruktur (vgl. § 2 Abs. 6 AEG) – gehören gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG zu den Zwecken des Allgemeinen Eisenbahngesetzes als maßgeblichem Fachplanungsgesetz; der rechtzeitige Ersatz von altersbedingt verschlissenen Bahnstromfernleitungen ist deshalb „vernünftigerweise geboten“ im Sinn der genannten Vorschriften und der Rechtsprechung.
3. Materiell-rechtlich können die Kläger keine umfassende gerichtliche Überprüfung der Plangenehmigung auf ihre objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollprüfung) beanspruchen. Zwar hat die eisenbahnrechtliche Plangenehmigung für Eisenbahnbetriebsanlagen, zu denen Bahnstromfernleitungen gehören (vgl. § 18 Satz 1 AEG), gemäß § 22 AEG enteignungsrechtliche Vorwirkung. Deswegen haben die enteignungsbetroffenen Eigentümer einen Anspruch aus Art. 14 Abs. 1 und 3 GG, von einer nicht dem Wohl der Allgemeinheit dienenden, insbesondere nicht gesetzmäßigen Entziehung ihres Eigentums verschont zu werden. Sie können grundsätzlich eine umfassende gerichtliche Überprüfung der Plangenehmigung verlangen.
Die vorliegend streitige Plangenehmigung hat indes für die Kläger keine enteignungsrechtliche Vorwirkung. Mit der Plangenehmigung vom 3. August 2016 wird weder eine dauerhafte noch eine vorübergehende Inanspruchnahme des Grundstücks oder von Teilflächen hieraus verbindlich für ein etwaiges nachfolgendes Enteignungsverfahren geregelt; auch Zwangsbelastungen in Gestalt von auf dem Grundstück lastenden Dienstbarkeiten für Arbeits- oder Schutzstreifen entlang der Stromleitung hat die vorliegend streitige Plangenehmigung ausdrücklich nicht zum Inhalt; der zeichnerischen Darstellung solcher Schutzstreifen im Plan misst die Plangenehmigung vielmehr ausdrücklich keine Regelungswirkung bei, sondern lediglich nachrichtlichen, der Information dienenden Charakter (vgl. Plangenehmigung vom 3.8.2016, S. 4 Verfügung Nr. A.4.2 Satz 2; S. 5, dritter Abschnitt; S. 40). Für eine Neubestellung von Dienstbarkeiten für einen Schutzstreifen oder die Änderung bestehender Dienstbarkeiten in Bezug auf deren räumliche Ausdehnung oder ihren Verlauf hat die Vorhabensträgerin keinen Bedarf gesehen angesichts des Umstands, dass der Trassenverlauf und auch andere für die Breite von Schutzstreifen bestimmende Faktoren (insbesondere die Breite der Leiterseilebene) nicht geändert werden.
Für die gerichtliche Prüfung gelten vorliegend vielmehr die Maßgaben, wie sie der Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 20. Mai 2014 (22 A 12.40062 – juris Rn. 25 ff.) wie folgt dargelegt hat: Die Kläger haben als nicht enteignungsbetroffene Dritte keinen Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung. Sie sind darauf beschränkt, sich auf die Verletzung drittschützender Rechte zu berufen, insbesondere auf das Fehlen der Planrechtfertigung (BVerwG, U.v. 9.11.2006 – 4 A 2001/06 – NVwZ 2007, 445) oder auf eine Verletzung des Abwägungsgebots (§ 18 Satz 2 AEG) im Hinblick auf ihre eigenen Belange (BVerwG, B.v. 23.1.2009 – 9 VR 1/09 – NVwZ-RR 2009, 753; BayVGH, U.v. 17.7.2009 – 22 A 08.40041 – Rn. 17). Aus dem Abwägungsgebot ergibt sich für nicht enteignungsbetroffene Dritte ein Anspruch auf Berücksichtigung ihrer planungsrechtlich relevanten privaten Belange. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich dabei um subjektive Rechtspositionen handelt. Planungsrechtlich irrelevant und mithin nicht abwägungserheblich ist ein Belang, wenn er -objektiv – geringwertig oder – generell oder in gegebenem Zusammenhang – nicht schutzwürdig ist. Nicht schutzwürdig ist ein Belang nicht nur dann, wenn er mit der Rechtsordnung nicht in Einklang steht, sondern auch, wenn sein Träger sich vernünftigerweise auf die mit dem geplanten Vorhaben verbundenen Veränderungen einstellen musste und deswegen nicht auf den Fortbestand einer bestimmten Situation vertrauen durfte (BVerwG, U.v. 28.3.2007 – 9 A 17.06 – UPR 2007, 386). Die vorliegend beeinträchtigten Belange sind – wie unten noch auszuführen ist – objektiv geringwertig.
3.1. Rechtserhebliche Abwägungsfehler haften der Entscheidung des EBA, die Trasse der Bahnstromfernleitung bei dem (lediglich erforderlichen) Ersatz der verschlissenen Masten beizubehalten, nicht an. Die Kläger meinen zwar, angesichts der Notwendigkeit des Ersatzes von Masten und Beseilung wäre ein vollständig anderer, die mit Wohnhäusern bebauten Gebiete schonender Trassenverlauf vorzugswürdig gewesen; sie bemängeln, das EBA habe nach seiner eigenen Begründung in der angegriffenen Plangenehmigung (S. 40 unten) „keine Veranlassung [gesehen], über Trassenvarianten bzw. Trassenverschiebungen nachzudenken“. Ein rechtserheblicher Abwägungsfehler ergibt sich daraus nicht.
Eine abwägungsfehlerhafte räumliche Trassenauswahl liegt nur vor, wenn es eine alternative Variante gegeben hat, die sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange als eindeutig vorzugswürdig aufgedrängt hat oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BayVGH, U.v. 24.5.2011 – 22 A 10.40049 – juris, Rn. 29 m.w.N.). Eindeutig vorzugswürdig erscheint eine Planungsvariante insbesondere dann, wenn sie sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange gegenüber der plangenehmigten Trasse eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung darstellt. Ein Abwägungsfehler liegt danach selbst dann nicht vor, wenn eine andere als die plangenehmigte Trasse ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre.
Vorliegend hat das EBA zwar nicht näher geprüft, ob eine vollständig neue Alternativtrasse für den plangenehmigten Abschnitt in Betracht kommt. Es hat ausgeführt, die Variantenprüfung habe auf die Bauausführungs-Varianten beschränkt werden dürfen. Das EBA hat dies mit rechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen begründet. Erkennbar wird aus der Begründung der angegriffenen PG, dass sich für das EBA die Prüfung einer Trassenverlegung (die auch von der Stadt F … verlangt und in diesem Zusammenhang vom EBA angesprochen worden ist) deshalb nicht aufgedrängt hat, weil die Planung und Untersuchung eines neuen Trassenverlaufs einen unverhältnismäßig hohen Verfahrens- und Kostenaufwand verursacht hätte (vgl. PG, S. 15 oben). Ersichtlich hat das EBA im Zusammenhang mit den Einwendungen Dritter, die eine Verlegung der Trasse verlangt hatten, darauf abgestellt, dass mit der seit Jahrzehnten bestehenden Trasse zwar Beeinträchtigungen der betroffenen Grundstücke (insbesondere durch Überspannungsrechte und Schutzstreifen) verbunden sind, auf die sich die Betroffenen aber eingelassen haben und durch welche die Grundstückssituation geprägt wurde (vgl. PG, S. 41 und 43); eine solche prägende, rechtlich wie tatsächlich bestehende Vorbelastung mindert im Grundsatz die Schutzwürdigkeit der von der Bestandstrasse betroffenen Grundstücke (BVerwG, B.v. 22.7.2010 – 7 VR 4.10 – DVBl 2010, 1300, juris Rn. 38; BayVGH, U.v. 24.5.2011 – 22 A 10.40049 – juris, Rn. 37 m.w.N.), während andere Anwesen, die bei einer Verlegung der Trasse erstmals betroffen wären, ungeschmälert schutzwürdig sind. Eine sich aufdrängende oder naheliegende alternative Streckenführungen war für das EBA bei diesem Sachverhalt nicht erkennbar und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich. Auch die Kläger haben nicht aufgezeigt, welche Trasse hierfür überhaupt in Betracht hätte kommen können und weshalb – aus ihrer Sicht – bei Saldierung der Vorzüge und Nachteile das Ergebnis eindeutig für eine Trassenverlegung gesprochen hätte.
Was die – seitens der Kläger nicht bemängelte – bautechnische Variante der Erneuerung der verschlissenen Masten (dort, wo es möglich ist) auf neuen, um wenige Meter versetzten Fundamenten angeht, ergibt sich aus dem Erläuterungsbericht vom Februar 2013, dass diese dort genannte „Variante 2“ gegenüber der Variante einer Beibehaltung der Standorte („Variante 1“) aus mehreren Gründen vorzugswürdig ist. Aus Kostengesichtspunkten, Gründen der Versorgungssicherheit während der Bauphase und wegen der geringeren baubedingten Flächeninanspruchnahme ist diese Variante 2 der Variante 1 deutlich überlegen (vgl. Erläut.bericht, Nr. 4.2 auf S. 10 bis 14). Hiergegen haben die Kläger nichts erinnert; Bedenken gegen diese fachliche technische Einschätzung ergeben sich auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht.
3.2. Auch in Bezug auf konkrete, das Grundstück der Kläger betreffende Nachteile sind erhebliche Abwägungsfehler nicht zu erkennen. Das EBA hat unter Nr. B.4.3 („Private Einwendung/-en“) auf S. 40/41 ausgeführt, dass der Standort von Mast Nr. 8132 samt Fundament (weiterhin) vollständig außerhalb ihres Grundstücks liege (aus den Akten ergibt sich nichts Gegenteiliges, auch die Kläger bestreiten dies nicht), dass bauordnungsrechtliche Abstandsflächenvorschriften mangels Anwendbarkeit der Bayerischen Bauordnung auf Anlagen des öffentlichen Verkehrs samt deren Nebenanlagen (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayBO) hier nicht gelten und im Eisenbahnrecht keine derartigen Vorschriften bestehen, dass die Kläger die Trasse auch bisher schon zu dulden hatten, dass eine zusätzliche optische Beeinträchtigung durch die Verschiebung von Mast Nr. 8132 auf dem Nachbargrundstück ebenso wie eventuelle stärkere Belästigungen durch Windgeräusche und Vogelkot allenfalls geringfügig seien und dass daher insgesamt eine Wertminderung des Grundstücks durch die hier geplante Verschiebung des Mastes nahe an die Grundstücksgrenze nicht erkennbar sei.
Diese Würdigung weist Fehler, die im Sinn von § 18 Satz 3 AEG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG erheblich wären, nicht auf.
Was die von den Klägern behauptete unzumutbare und wertmindernde Beeinträchtigung ihrer Aussicht vom Grundstück aus angeht, steht ihnen insofern keine subjektiv-öffentliche Rechtsposition zu. Nur in Ausnahmefällen kann es sich hier um einen abwägungserheblichen Belang handeln. Wann die Schwelle zur Abwägungserheblichkeit überschritten ist, kann hierbei nicht generell beantwortet werden (BayVGH, U.v. 20.5.2014 – 22 A 12.40062 – Rn. 32). Hier liegt kein solcher Ausnahmefall vor. Der streitgegenständliche Mast befand und befindet sich auch am neuen Standort in östlicher bis nordöstlicher Blickrichtung vom Grundstück der Kläger aus gesehen. Die stärker besonnten südlichen und westlichen Grundstücksteile sind nicht betroffen. Schon dies spricht gegen eine erhebliche optische Beeinträchtigung, erst recht gegen eine Beeinträchtigung der Aussicht von solchem Gewicht, dass hieraus psychische Belastungen resultieren könnten. Die Kläger haben nicht ausgeführt, und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern bei ihnen eine Besonderheit vorliegen sollte.
Soweit die Kläger eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch elektrische und elektromagnetische Felder (auf die sie offenbar mit dem von ihnen verwendeten Begriff „Elektrosmog“ abzielen) befürchten, sind den Ausführungen im Erläuterungsbericht zufolge, der Teil des genehmigten Plans ist, die Anforderungen der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BlmSchV vom 14.8.2013, BGBl. S. 3266) bei der technischen Konzeption der Vorhabensträgerin berücksichtigt worden; die Anforderungen der 26. BlmSchV werden eingehalten (vgl. Erläuterungsbericht vom Feb. 2013, S. 27 Nr. 10.3.4). Die Kläger stellen dies nicht in Abrede.
Zwar können die Immissionsschutzbelange von Bürgern auch dann noch abwägungsrelevant sein, wenn die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten sind, solange es sich nicht um objektiv nicht mehr begründbare Befürchtungen handelt. Letzteres kann bei nah an Wohnhäusern vorbeiführenden Hochspannungsfreileitungen nicht angenommen werden (BayVGH, U.v. 19.6.2012 – 22 A 11.40018/40019 – BayVBl 2013, 631, juris Rn. 29). Dieser Belang wurde indes nicht abwägungsfehlerhaft behandelt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Traverse des neuen Mastes Nr. 8132 einen um 1,47 m größeren Abstand zum Boden als zuvor aufweist, was zu einem höheren Aufhängepunkt der gespannten Leiterseile führt und zudem wegen des an das Grundstück der Kläger herangerückten Aufhängepunktes aller Wahrscheinlichkeit nach auch einen im Vergleich zum vorherigen Zustand größeren Abstand der gespannten Leiterseile von der Oberfläche des klägerischen Grundstücks bedingt. Auch im Hinblick auf etwaige, trotz der deutlichen Unterschreitung der maßgeblichen Grenzwerte der 26. BlmSchV noch verbleibende elektromagnetische Einflüsse erweist sich demnach die streitgegenständliche Versetzung des Mastes für die Kläger nicht als nachteilig gegenüber dem bisherigen Zustand, ihrer sogenannten Vorbelastung.
Dass die Beeinträchtigungen durch Vogelkot (Verschmutzung ihres Grundstücks) und durch Windgeräusche nennenswert stärker sind als gegenüber dem vorherigen Zustand, haben die Kläger zwar behauptet; es fehlt dafür aber jeglicher nachvollziehbarer substantiierter Vortrag. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass eine etwaige diesbezügliche Verschlechterung ein solches Ausmaß hätte, dass sie vom EBA anders hätte gewichtet werden müssen und das Ergebnis der Abwägung zugunsten der Kläger hätte beeinflussen können (§ 18 Satz 3 AEG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG).
Die geltend gemachten Wertminderungen des klägerischen Grundstücks schließlich wären Folge der – aus den genannten Gründen vom EBA zu Recht nicht als erheblich angesehenen – Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung; einen davon losgelösten, selbständigen abwägungserheblichen Belang stellt der Marktwert eines Grundstücks nicht dar (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 14.1.2007 – 1 BvR 382/05 – NVwZ 2007, 805 m.w.N.; BVerwG, B.v. 28.2.2013 – 7 VR 13.12 – UPR 2013, 345, juris Rn. 22 m.w.N.). Ein genereller Schutz vor jedem Wertverlust durch Planungen besteht nicht. Gewisse Einbußen sind als Ausdruck der Sozialbindung entschädigungslos hinzunehmen, und zwar selbst dann, wenn die Ursächlichkeit durch einen staatlichen Eingriff unzweifelhaft gegeben ist (BayVGH, U.v. 19.6.2012 – 22 A 11.40018/40019, a.a.O., Rn. 34 m.w.N.). Dies gilt speziell dann, wenn die Planung dem öffentlichen Interesse dient.
Den Klägern ist einzuräumen, dass in der angegriffenen Plangenehmigung (und auch im Vortrag der Beigeladenen und der Beklagten) nicht auf ihren – schon im Mai 2012 erhobenen – Einwand eingegangen wird, man hätte den streitigen Mast Nr. 8132 statt nach Süden auch nach Norden und somit weiter weg von ihrem Grundstück versetzen können. Ein solcher Einwand greift aber schon deshalb nicht durch, weil das Wegrücken von dem einen Grundstück das Näherrücken an ein anderes Grundstück bedeutet, das als Rechtsgut nicht weniger schutzwürdig ist. Insoweit ergibt sich zudem aus dem Erläuterungsbericht vom Februar 2013, dass die Mindestabstände der Masten zueinander technischen Regelwerken (Regelwerk 995 der DB AG, DIN EN 50341) folgen und hierfür u.a. Mindestabstände zu Straßen sowie die zulässigen Höchstspannweiten („Wind- und Phasenspannweiten“) maßgeblich sind (Erläuter.bericht S. 15 Nr. 6.1 und S. 17 oben), dass eine Versetzung von Mast Nr. 8132 in die Gegenrichtung der systematischen Standortänderung auch bei benachbarten Masten zuwidergelaufen wäre (vgl. die Übersicht auf S. 19 des Erläut.berichts) und dass sich im Bereich der von den Klägern gewünschten Mastversetzung nach Norden auf dem Standortgrundstück FlNr. 1478/2 eine Fernmeldeleitung befindet (sie ist auf dem „Lageplan – BL 419 02-35 A“ eigens eingezeichnet, vgl. die obige Skizze im Tatbestand, die einen Ausschnitt aus diesem Lageplan wiedergibt).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene ist mit ihrem Klageabweisungsantrag ein Kostenrisiko eingegangen (§ 154 Abs. 3 VwGO) und hat mit ihrem Sachvortrag das Verfahren gefördert; es entspricht daher der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, ihre außergerichtlichen Kosten den unterlegenen Klägern aufzuerlegen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist.

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