Aktenzeichen M 9 K 15.2788
Leitsatz
1. Der Flächennutzungsplan dient als räumliches städtebauliches Entwicklungsprogramm der Gemeinde und entfaltet keinerlei unmittelbare bodenrechtliche Rechtswirkungen; er dient nicht dazu, die Zulässigkeit bestimmter Vorhaben auszuschließen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Planungsermessen der Gemeinde umfasst neben dem “Wie” auch das “Ob” und “Wann” der planerischen Gestaltung. Eine Planungspflicht kann allenfalls beim Vorliegen qualifizierter städtebaulicher Gründe von besonderem Gewicht vorliegen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Widerspricht ein Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB), lässt sich daraus nicht im Umkehrschluss ableiten, dass es ohne Weiteres zulassungsfähig wäre. (redaktioneller Leitsatz)
4. Einen eigenständig zu beurteilenden Rechtsbegriff des “Außenbereich im Innenbereich” gibt es nicht. Ein solcher Bereich ist nicht per se weniger schutzwürdig als eine andere Außenbereichsfläche. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid des Landratsamts Ebersberg vom … Juni 2015 (Az.: …*) wird aufgehoben.
II. Der Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
Der Bescheid des Landratsamts Ebersberg vom … Juni 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV).
Die Klägerin kann sich auf eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit berufen (1.). Die Ersetzung des nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderlichen Einvernehmens der Klägerin ist zu Unrecht erfolgt, da das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist (2.). Die beantragte Bebauung ist nach § 35 BauGB zu beurteilen (2.1). Sie ist nach § 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 BauGB unzulässig (2.2), da sie die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) beeinträchtigt (2.3) und die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) (2.4).
1. Die Klägerin kann sich entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Beigeladenen im vorliegenden Fall wegen der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens im streitgegenständlichen Bescheid vom … Juni 2015 auf die Verletzung ihrer durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Planungshoheit berufen.
Soweit der Bevollmächtigte des Beigeladenen meint, die Klägerin könne sich wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in das Grundrecht des Beigeladenen aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im vorliegenden Fall nicht auf ihre Planungshoheit berufen, beruht dies letztlich auf einem Missverständnis der Bedeutung der Flächennutzungsplanung als vorbereitender Bauleitplanung. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist im Flächennutzungsplan für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Der Flächennutzungsplan dient somit als räumliches städtebauliches Entwicklungsprogramm der Gemeinde und entfaltet deshalb keinerlei unmittelbare bodenrechtliche Rechtswirkungen (BVerwG, U.v. 18.8.2005 – 4 C 13.04 – juris Rn. 25). Er dient nicht dazu, die Zulässigkeit bestimmter Vorhaben auszuschließen, auch wenn das Gesetz an bestimmte Darstellungen des Flächennutzungsplans Rechtsfolgen für Vorhaben im Außenbereich knüpft. Die Gemeinde ist somit berechtigt, im Rahmen der Flächennutzungsplanung ihre künftigen Planvorstellungen darzustellen, ohne dass sich daraus eine Pflicht zur Aufstellung eines Bebauungsplans ergibt (§ 1 Abs. 3 BauGB). Eine solche lässt sich keinesfalls aus der bloßen Darstellung im Flächennutzungsplan ableiten. Das Planungsermessen der Gemeinde umfasst neben dem „Wie“ auch das „Ob“ und „Wann“ der planerischen Gestaltung (BVerwG, U.v. 17.9.2003 – 4 C 14/01 – juris). Eine Planungspflicht kann allenfalls beim Vorliegen qualifizierter städtebaulicher Gründe von besonderem Gewicht vorliegen (BVerwG a.a.O.), die hier nicht gegeben sind. Der Wunsch des Eigentümers nach Wohnbebauung und einer besseren Verwertung seines Grundstücks kann eine solche Pflicht zur Bauleitplanung nicht begründen. Ein Anspruch auf Bauleitplanung des Einzelnen besteht nicht (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben kann es auch keine Verpflichtung aus Art. 14 Abs. 1 GG geben, die der Klägerin allein aufgrund der Darstellung im Flächennutzungsplan die Pflicht auferlegt, eine Wohnbebauung auf dem Grundstück des Beigeladenen im Wege der Erteilung des Einvernehmens zu einer Bebauung nach § 35 Abs. 2 BauGB zuzulassen. Im Ergebnis würde sich so entgegen § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB ein Anspruch des Eigentümers auf Bauleitplanung ergeben.
Dies gilt umso mehr, als der vom Bevollmächtigten des Beigeladenen behauptete Verstoß der Klägerin gegen Treu und Glauben in keiner Weise ersichtlich ist. Die Darstellung des Baugrundstücks als Wohnbaufläche im Flächennutzungsplan der Klägerin dient nicht dazu, landwirtschaftlich privilegierte Vorhaben zu unterbinden. Vielmehr ist sie Ausdruck des Wunsches der Gemeinde, künftig an der zentralen Stelle des Ortsteils … eine Wohnbebauung zu entwickeln. Weder ist dadurch eine privilegierte Nutzung von vornherein ausgeschlossen noch muss die Klägerin aufgrund der langen Dauer der Darstellung im Flächennutzungsplan auf ihr vorstehend dargestelltes Planungsermessen verzichten und eine über die normalerweise im Außenbereich zugelassene Bodennutzung hinausgehende Bebauung des Grundstücks zulassen.
2. Das geplante Vorhaben liegt im Außenbereich, weshalb die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist. Nach dieser Vorschrift ist das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig, da es öffentliche Belange beeinträchtigt.
2.1 Das gesamte Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, mit dem in den Vorbescheidsanträgen zur Bebauung vorgesehenen Bereich ist dem Außenbereich zuzurechnen.
Ein Außenbereich liegt vor, wenn ein Grundstück weder qualifiziert i.S.d. § 30 Abs. 1 BauGB beplant ist noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB liegt. Strittig ist im vorliegenden Fall allein, ob der zu bebauende Bereich noch einem Bebauungszusammenhang i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB zuzurechnen ist. Dies ist nicht der Fall.
Ein Bebauungszusammenhang i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB liegt nur dann vor, wenn eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke oder freier Flächen den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt (BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10/11 – juris Rn. 11). Wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BayVGH, B.v. 24.6.2014 – 2 ZB 12.2632 – juris).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der gerichtliche Augenschein am 6. April 2016 ergeben, dass der zur Bebauung vorgesehene Bereich und das Grundstück FlNr. … sowie der daran im Westen angrenzende Bereich bis zum Beginn der Wohnbebauung nicht mehr von der im Osten, Süden und Westen vorhandenen Bebauung geprägt wird, sondern eine eigenständig zu beurteilende Freifläche darstellt, die keinem Bebauungszusammenhang zuzurechnen ist. Dies ergibt sich schon allein aus der Größe der vorhandenen Freifläche. Der unbebaute Bereich umfasst eine Fläche von ca. 16.000 m². Er wird als eine zusammenhängende und eigenständig genutzte Freifläche wahrgenommen, die sich von der einheitlich bebauten Fläche deutlich abgrenzt. Die Freifläche ist nahezu ein Rechteck und weist keine deutlichen Engstellen oder topographischen Besonderheiten auf, die Teile der Fläche vom Gesamtareal trennen könnten. Angesichts der Entfernung der Bebauung im Bereich des zu bebauenden Bereichs von Ost nach West mit ca. 140 m besteht für den unbefangenen Betrachter nicht der Eindruck, dass es sich um eine bloße Unterbrechung einer vorhandenen Bauzeile handelt.
Die umgebende Bebauung ist nicht durch einzelne Häuser mit großen Freiflächen, sondern durch eine fortlaufende Bebauung mit Doppel – und Reihenhäusern geprägt. Angesichts dieser entlang der …straße und südlich der …-Straße vorhandenen Bebauungsstruktur würde eine Lücke allenfalls dann noch als solche wahrgenommen werden, wenn die fortlaufende Bebauungszeile durch eine Freifläche unterbrochen würde, die dem Raum für zwei Doppelhäuser entspricht. In der vorhandenen Struktur beanspruchen zwei Doppelhäuser in der Breite indes lediglich bis zu 70 m. Demgegenüber besteht hier eine Entfernung von Ost nach West von ca. 140 m. Somit würde die streitgegenständliche Bebauung keine Ergänzung einer Bebauungszeile darstellen, sondern die Begründung einer neuen Bebauungszeile. Sie ist nicht Teil eines Bebauungszusammenhangs.
Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der südlich des Baugrundstücks verlaufenden …-Straße trennende Wirkung beigemessen wird. Im vorliegenden Fall endet der Bebauungszusammenhang im Süden am letzten mit den übrigen Häusern im Süden in Zusammenhang stehenden Baukörper (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BayVGH, B.v. 27.1.2010 – 9 ZB 08.37 – juris). Nachdem zwischen dem zu bebauenden Bereich und der übrigen Freifläche auf FlNrn. …, …, … und … weder eine topografische noch künstliche Zäsur vorhanden ist, ist diese Fläche ohne weiteres der gesamten dem Außenbereich zugehörigen Freifläche zuzurechnen.
2.2 Das Vorhaben ist nach § 35 Abs. 2, Abs. 3 BauGB zu beurteilen. Es ist danach bauplanungsrechtlich unzulässig, da es öffentliche Belange beeinträchtigt. Zu beachten ist dabei, dass bereits die Beeinträchtigung eines Belangs ausreicht, um eine bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens zu begründen (BVerwG, U.v. 8.11.1999 – 4 B 85/99 – juris Rn. 10). Wenn ein Vorhaben, wie im vorliegenden Fall, den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht widerspricht und deshalb den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht beeinträchtigt, lässt sich daraus nicht im Umkehrschluss ableiten, dass es ohne Weiteres zulassungsfähig wäre. Jeder einzelne der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange ist, unabhängig davon, ob er durch andere noch verstärkt wird, für sich genommen geeignet, eine Zulassung zu verhindern. Die Beeinträchtigung eines Belangs lässt sich nicht dadurch kompensieren, dass bestimmte öffentliche Belange mit dem Vorhaben vereinbar sind (BVerwG, U.v. 8.11.1999 – 4 B 85/99 – juris Rn. 10).
2.3 Das Vorhaben beeinträchtigt den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Durch die beabsichtigte Bebauung werden die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt.
Der Belang des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und in ihrer Eigenart bewahrt bleiben. Eine Beeinträchtigung dieses Belangs setzt nicht voraus, dass es sich um eine besonders hochwertige oder naturschutzfachlich bedeutsame Landschaft handelt. Vielmehr wird die natürliche Eigenart der Landschaft durch ein Bauvorhaben regelmäßig beeinträchtigt, wenn die im Außenbereich naturgegebene Bodennutzung in Form der Landwirtschaft stattfindet (BVerwG, U.v. 25.1.1985 – 4 C 29/81 – juris Rn. 8).
Nur im Einzelfall mag der Belang dann keine Bedeutung mehr haben, wenn die landwirtschaftliche Bodennutzung bereits weitgehend durch andere Nutzungen verdrängt ist. Eine solche Situation ist hier indes nicht gegeben. Die gesamte FlNr. … wird weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Dies hat sowohl der Augenschein als auch die Auskunft des beigeladenen Bauherrn ergeben. Nach dessen Angaben wird die FlNr. … als Ackergrasfläche genutzt. Aufgrund der Größe der Fläche ist eine landwirtschaftliche Nutzung weiterhin sinnvoll und ein Fortbestand dieser Nutzung auch nicht gefährdet. Ihre Funktion hat die Freifläche auch insoweit nicht verloren, als sie gerade wegen ihrer zentralen Lage weiterhin eine Erholungsfunktion für die Bevölkerung ausüben kann. Gerade wegen der Ortsnähe ist die Freifläche für die Naherholung der Bewohner von besonderer Bedeutung.
Der Umstand, dass es sich um eine sog. „Außenbereichsinsel“ handelt, lässt eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft nicht entfallen. Einen eigenständig zu beurteilenden Rechtsbegriff des „Außenbereich im Innenbereich“ gibt es nicht (BVerwG, Beschluss vom 15. September 2005 – 4 BN 37/05 -, juris Rn. 1). Ein solcher Bereich ist nicht per se weniger schutzwürdig als eine andere Außenbereichsfläche.
Die vorliegende Situation ist auch nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen die Rechtsprechung aufgrund einer Vorbelastung die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft verneint hat. Dies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, wenn die Fläche bereits verändert wurde, wie etwa durch eine Asphaltierung, Aufkiesung oder ähnliche Oberflächennutzung. Dies ist hier nicht der Fall.
2.4 Die geplante Bebauung beeinträchtigt zudem den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.
Danach liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Eine derartige unerwünschte Erweiterung einer Splittersiedlung würde durch die geplante Bebauung eingeleitet. Eine Beeinträchtigung dieses Belangs liegt auch dann vor, wenn ein unorganisches Ausufern der bebauten Ortslage in den Außenbereich hinein zu befürchten ist (BVerwG, U.v. 25.1.1985 – 4 C 29/81 – juris Rn. 9 ff.). „Zu befürchten“ i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB ist die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung nur, wenn das Vorhaben zu einer „unerwünschten“ Splittersiedlung führt. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Dies ist bei einem Hinausgreifen über die bebaute Ortsrandlage in der Regel anzunehmen (BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10/11 – juris Rn. 21). Die Unerwünschtheit ergibt sich regelmäßig aus der negativen Vorbildwirkung der Bebauung für eine weitere Bebauung in den Außenbereich hinein (BVerwG, B.v. 8.4.2014 – 4 B 5/14 – juris Rn. 6). In solchen Fällen reicht es für den Tatbestand des Befürchtens aus, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Bezugsfall geschaffen würde (BVerwG, B.v. 8.4.2014 a.a.O. – juris Rn. 8).
Ein solcher Fall wäre hier gegeben. Würde das streitgegenständliche Vorhaben zugelassen, so ließe sich mit der gleichen Begründung auch jede weitere bauliche Entwicklung auf der gesamten Freifläche nördlich der …-Straße rechtfertigen. Bei Nichtberücksichtigung des Belangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB würde sich somit eine unorganische Weiterentwicklung der Bebauung über die gesamte Freifläche ergeben, die letztlich zum Verlust des Außenbereichscharakters derselben führen würde.
Es ist nicht etwa deshalb von einem Fehlen der „Unerwünschtheit“ auszugehen, weil die Klägerin bereits in ihrer Flächennutzungsplanung für die gesamte Freifläche eine Bebauung vorsieht. Wie bereits ausgeführt, lässt sich ein Belang nicht durch das Fehlen eines anderen Belangs kompensieren. Die Flächennutzungsplanung stellt lediglich eine vorbereitende Bauleitplanung dar und bedarf der Ausfüllung durch einen Bebauungsplan. Eine geordnete Entwicklung ist nur über eine solche aus dem Flächennutzungsplan entwickelte Bauleitplanung möglich. Eine Entstehung der Bebauung allein durch die Genehmigung von Einzelbauvorhaben bleibt ein Ausufern der bestehenden Bebauung ohne planerisches Konzept (vgl. BVerwG, B.v. 8.4.2014 – 4 B 5/14 – juris Rn. 8).
Schon aus der Beeinträchtigung der unter 2.3 und 2.4 genannten Belange ergibt sich, dass das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig ist und damit die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens rechtswidrig war. Ob darüber hinaus auch noch der unbeschriebene Belang eines Planungsbedürfnisses verletzt ist, ist nicht mehr entscheidungserheblich. Das Gericht weist indes darauf hin, dass dies nach der Rechtsprechung der Kammer auch schon dann angenommen werden kann, wenn nicht nur durch die streitgegenständliche Bebauung, sondern auch durch die im Anschluss an die Realisierung der Planung zu erwartenden berechtigten Bezugnahmen eine Binnenerschließung des Baugebiets erforderlich wird (VG München, U.v. 31.10.2012 – M 9 K 11.2616 – juris Rn. 32).
Die Kosten des Verfahrens haben der Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO und der Beigeladene gemäß § 154 Abs. 3 VwGO je zur Hälfte zu tragen. Die Kostenpflicht des Beigeladenen ergibt sich daraus, dass er sich durch seine Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat und das Interesse am Erfolg des Verfahrens in erster Linie beim Beigeladenen liegt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.