Aktenzeichen 15 C 18.750
BayBO Art. 76
Leitsatz
Die Streitwertfestsetzung für eine Klage auf bauaufsichtsrechtliches Einschreiten orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, weil die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ähnlich zu bewerten ist wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung. Denn in beiden Fallkonstellationen basiert die Bedeutung der Sache für den Kläger auf dem Wunsch, von Beeinträchtigungen, die von einer baulichen Anlage oder von deren Nutzung auf dem Nachbargrundstück ausgehen, verschont zu bleiben. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 12 K 16.1351 2017-10-24 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger wandte sich im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Regensburg (RO 12 K 16.1351) gegen seiner Ansicht nach baurechtlich illegale Nutzungen auf dem nordwestlich seines Wohngrundstücks gelegenen Grundstück der Beigeladenen zu 1 und 2 sowie gegen eine auf der gemeinsamen Grenze zwischen dem Grundstück der Beigeladenen zu 1 und 2 und dem östlich angrenzenden Grundstück der Beigeladenen zu 3 und 4 errichtete Stützmauer. Seine Klage – mit den zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Anträgen, (1.) den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen zu 1 die Nutzung seines Gewerbebetriebs zu untersagen, hilfsweise dem Beigeladenen zu 1 vorzugeben, auf dessen Grundstück ausreichend Stellplätze zu schaffen, (2.) den Beklagten zu verpflichten, den Beigeladenen zu 1 und 2 die Nutzung ihrer Garage als Bar- und Discoraum zu untersagen sowie (3.) den Beklagten zu verpflichten, die Beseitigung der Mauer zwischen den Grundstücken der Beigeladenen zu 1 und 2 und der Beigeladenen zu 3 und 4 anzuordnen – wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Oktober 2017 ab. Mit Beschluss desselben Tages setzte das Verwaltungsgericht den Streitwert auf 15.000 Euro fest. Gegen diesen Streitwertbeschluss richtet sich die vom Kläger persönlich erhobene Beschwerde, mit der er beantragt,
den Streitwert unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2017 auf 7.500 Euro festzusetzen sowie „hilfsweise die weitere Beschwerde zuzulassen“.
Zur Begründung führt der Kläger u.a. aus, das Verwaltungsgericht habe den Streitwertbeschluss nicht begründet; der aktuelle Streitwertkatalog gehe von 7.500 Euro aus.
II.
1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Die Streitwertbeschwerde ist auch ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten zulässig, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V. mit § 66 Abs. 5 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) (BayVGH, B.v. 10.4.2014 – 4 C 14.580 – BayVBl. 2014. 575 = juris Rn. 1; B.v. 4.1.2017 – 9 ZB 17.2 – juris Rn. 3). Auch übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG festgelegte Wertgrenze von 200 Euro (zur Berechnung vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2013 – 8 C 13.519 – juris Rn. 5 m.w.N.). Bei dem vom Verwaltungsgericht angesetzten Streitwert von 15.000 Euro hat der Kläger gem. Nr. 5110 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG drei Gerichtsgebühren zu zahlen, mithin 3 x 293 Euro = 879 Euro (vgl. Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG). Bei der Festsetzung des vom Kläger anvisierten reduzierten Streitwerts von 7.500 Euro ergäbe sich eine Gerichtsgebühr von 3 x 203 Euro = 609 Euro, mithin eine Differenz von 270 Euro.
b) Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den von ihm festgesetzten Streitwert mit 15.000 Euro nicht zu hoch angesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht ist angemessen und daher ermessensgerecht. Der Senat orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014), weil die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ähnlich zu bewerten ist wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung (BayVGH, B.v. 8.7.2004 – 2 C 04.760 – juris Rn. 2; B.v. 8.3.2007 – 1 ZB 06.898 – juris Rn. 22; B.v. 3.4.2008 – 1 ZB 07.3115 – juris Rn. 18; B.v. 30.4.2015 – 9 C 15.489 – juris Rn. 3; B.v. 14.3.2016 – 15 ZB 16.168 – juris Rn. 10; B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 16; B.v. 8.3.2018 – 15 CE 17.2599 – juris Rn. 68). Denn in beiden Fallkonstellationen basiert die Bedeutung der Sache für den Kläger auf dem Wunsch, von Beeinträchtigungen, die von einer baulichen Anlage oder von deren Nutzung auf dem Nachbargrundstück ausgehen, verschont zu bleiben (BayVGH, B.v. 8.7.2004 a.a.O.). Bei einem einzelnen Streitgegenstand, der auf bauordnungsrechtliches Einschreiten gerichtet ist, ist mithin grundsätzlich ein Streitwert von mindestens 7.500 Euro als ermessensgerecht anzusehen.
Werden mehrere Klageanträge mit selbständiger Bedeutung gestellt, so werden die Werte addiert, wenn die Streitgegenstände jeweils einen selbständigen wirtschaftlichen Wert oder einen selbständigen materiellen Gehalt haben (vgl. Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs, § 39 Abs. 1 GKG). Geht man – zugunsten des Klägers – bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung davon aus, dass die ersten beiden Klageanträge in der Sache ein einheitliches Begehren mit dem Ziel „Nutzungsuntersagung“ bilden, verbleibt hinsichtlich des Klageantrags zu 3 – mit dem Ziel, dass der Beklagte verpflichtet werden sollte, die Beseitigung der Mauer zwischen den beiden Beigeladenengrundstücken anzuordnen – ein von den Anträgen zu 1 und zu 2 zu unterscheidender, selbständiger Streitgegenstand. Damit hat der Kläger jedenfalls zumindest zwei nicht identische Klagebegehren mit jeweils selbständigen Werten i.H. von jeweils (mindestens) 7.500 Euro (s.o.) geltend gemacht, die bei der Streitwertfestsetzung zusammenzurechnen sind (2 x 7.500 Euro = 15.000 Euro).
Die weitere Ausführungen des Klägers zur Begründung seiner Beschwerde – nämlich, dass seiner Auffassung nach die mündliche Verhandlung am 24. Oktober 2017 eine Farce gewesen sei, weil für die Richter die Klageabweisung als Ergebnis der mündlichen Verhandlung nach Aktenlage bereits vorher festgestanden habe, und dass das Gericht ihm dies kostengünstiger und unter Ersparung eines Urlaubstags auch ohne mündliche Verhandlung vorher hätte mitteilen können – sind für die Höhe des Streitwerts nicht von Relevanz.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten der Beteiligten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet. Demnach erübrigt sich auch die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren.
3. Der Beschluss, gegen den gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG i.V. mit § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG keine weitere Beschwerde statthaft ist, ist unanfechtbar (vgl. auch § 152 Abs. 1 VwGO).