Baurecht

Unzulässigkeit eines Lagerplatzes im eingeschränkten Gewerbegebiet

Aktenzeichen  AN 3 K 16.02050

Datum:
22.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2516
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauNVO § 1 Abs. 5, § 8
BayBO Art. 64 Abs. 2 S. 1
BauVorlV § 3 Nr. 3, § 9 S. 1

 

Leitsatz

Lagerplätze sind nach der Einstufung der BauNVO wegen des ihnen typischerweise innewohnenden erheblichen Störpotentials regelmäßig nur im unbeschränkten Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig und damit denklogisch nicht in einem Gebiet, das den Störgrad eines allgemeinen Wohngebietes nach § 4 BauNVO zulässt. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Lagerfläche für das Baugewerbe mit Mehrzweckunterstand und Fahrzeugunterstand auf dem streitgegenständlichen Grundstück, § 113 Abs. 5 Satz 1 BauGB, Art. 68 Abs. 1 BayBO.
Dem beantragten Bauvorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 1. HS BayBO.
Nach dem vorliegend anwendbaren Prüfprogramm des Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO widerspricht das streitgegenständliche Vorhaben im derzeit beantragten Umfang den Festsetzungen des Bebauungsplans …, da es als ein (das Wohnen) störender Gewerbebetrieb einzustufen und deshalb nach Ziffer 2.10.1 des Bebauungsplans i.V.m. § 30 Abs. 1 BauGB planungsrechtlich unzulässig ist.
1. Bereits der dem Verfahren zugrundeliegende Bauantrag erfüllt nicht die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit eines Bauantrags.
Gemäß Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO sind mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Nach § 3 Nr. 3 BauVorlV ist dies insbesondere eine Baubeschreibung nach § 9 BauVorlV, in der nach der Regelung in § 9 Satz 1 BauVorlV das Bauvorhaben und seine Nutzung zu erläutern sind, soweit dies zur Beurteilung erforderlich ist und die notwendigen Angaben nicht im Lageplan und den Bauzeichnungen enthalten sind.
Gemessen an diesen Grundsätzen genügen die von den Klägern eingereichten Bauvorlagen nicht den gesetzlichen Anforderungen, weshalb der Bauantrag bereits unbestimmt ist und keine Grundlage für eine zu erteilende Baugenehmigung darstellen kann. Aus der vorliegenden Betriebsbeschreibung kann die Gebietsverträglichkeit der geplanten Nutzung nicht abschließend beurteilt werden.
Zwar haben die Kläger das Formblatt „Betriebsbeschreibung zum Bauantrag für gewerbliche Anlagen“ (Blatt 112 der Behördenakte) ausgefüllt. Diesem lässt sich jedoch nur entnehmen, dass es sich um eine Lagerfläche für das Baugewerbe handeln soll. Zu der zu erwartenden Lärmentwicklung verweist Ziffer 7.2 auf die bauherrnseits beigebrachte schalltechnische Untersuchung des Ingenieurbüros … vom Oktober 2014.
Aus dieser ist zu entnehmen, dass auf der streitgegenständlichen Lagerfläche das Lagern von sämtlichen zum Führen eines Baubetriebs nötigen Materialien und Gerätschaften sowie der damit verbundenen Lade-, Reinigungs- und Pflegetätigkeiten vorgesehen ist.
Insgesamt ist aus den vorliegenden Bauvorlagen nicht ersichtlich, wie der Lager Platz konkret betrieben werden soll. Es fehlen Angaben zu den eingesetzten Maschinen und zum Personal, zur Art der vorzunehmenden Tätigkeiten (etwa Wartungsarbeiten am im Fahrzeugunterstand abgestellten Fahrzeugen), zur Art der abgelagerten Gegenstände, zum An- und Abfahrtsverkehr und zu Zeit und Umfang der auf der Lagerfläche geplanten Tätigkeiten, die nach den vorliegenden Unterlagen südlich an das von den Klägern betriebene Architekturbüro mit Landschaftsbau angrenzt.
Die Einlassungen des Klägers zu 3) in der mündlichen Verhandlung haben bestätigt, dass die Bauvorlagen nicht den Mindestanforderungen genügen. Er führte aus, dass es sich bei den dem der schalltechnischen Beurteilung zugrundeliegenden Angaben zur Nutzung des Lagerplatzes um eine „worst case“ Betrachtung handelt und auf der Fläche wesentlich weniger störende Arbeiten vorgenommen werden sollen als der Begutachtung zugrunde gelegt wurden. Zu Art und Umfang der geplanten Tätigkeiten machte der Kläger zu 3) jedoch weiterhin keine konkreten Angaben. Er legte lediglich dar, dass die Anlieferung von Baustoffen auf die Baustellen direkt erfolgen soll und dass die Baufirma 10 Mitarbeiter beschäftigt.
2. Nach dem wie unter 1. beschriebenen durch die Kläger zur Genehmigung gestellten Umfang ist das Vorhaben der Art der Nutzung nach mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „…“ als Lager Platz für das Baugewerbe im eingeschränkten Gewerbegebiet unvereinbar.
a. Dabei ist von der Wirksamkeit der Festsetzung auszugehen, die die Nutzungen im Gewerbegebiet gemäß 2.10.1 der textlichen Festsetzungen auf nicht störende Handwerks- und Gewerbebetriebe beschränkt. Denn für die getroffene Festsetzung bestand seitens der Plangeberin unter Wahrung der Typisierung nach § 1 Abs. 3 BauNVO ein städtebauliches Bedürfnis.
Nach § 1 Abs. 5 BauNVO kann festgelegt werden, dass einzelne Arten von Nutzungen, die nach § 8 BauNVO in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Allerdings muss hierbei die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleiben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 8. November 2004 – 4 BN 39/04 – (juris) ausgeführt:
„§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO deutet auf eine vom Grundsatz her sehr offene Gebietsstruktur hin. Nach dieser Vorschrift sind in einem Gewerbegebiet „Gewerbebetriebe aller Art“ zulässig. Diese Kategorie umfasst ihrem Wortlaut nach sämtliche gewerblichen Nutzungen, die mit Rücksicht auf das Wohnen wegen ihres Störgrades nicht mehr ohne weiteres mischgebietsverträglich sind, ohne andererseits so erheblich zu belästigen, dass sie nur in einem Industriegebiet im Sinne des § 9 BauNVO verwirklicht werden können. Nutzungen, die spezifisch gewerbliche Merkmale aufweisen, sind indes nicht bloß in § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO angesprochen. Der Kreis der „Gewerbebetriebe aller Art“ wird insbesondere in § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO ergänzt. Danach sind in einem Gewerbegebiet regelhaft auch „Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude“ zulässig. Diese Systematik macht deutlich, dass zu den prägenden Elementen eines Gewerbegebiets nicht bloß das produzierende und das verarbeitende Gewerbe unter Einschluss des Handwerks gehört. Der Begriff des Gewerbebetriebs erstreckt sich vielmehr auch auf die in § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO als besondere Kategorie geregelten Dienstleistungsbetriebe. Die Vielgestaltigkeit, durch die Gewerbegebiete gekennzeichnet sind, äußert sich gerade in der typischen Funktion, neben Betrieben des produzierenden und des verarbeitenden Gewerbes auch Betrieben des Dienstleistungsgewerbes sowie weiteren nicht erheblich belästigenden gewerblichen Nutzungen wie Lagerhäusern und Lagerplätzen (Abs. 2 Nr. 1) sowie Tankstellen (Abs. 2 Nr. 3) als Standort zu dienen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1988 – BVerwG 4 B 119.88 – Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 8).
Die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets wird nicht dadurch angetastet, dass auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 BauNVO aus dem Spektrum der nach § 8 Abs. 2 BauNVO an sich zulässigen gewerblichen Nutzungen einzelne Nutzungsarten ausgeschlossen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1993 – BVerwG 4 NB 13.93 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 16: Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben; Beschluss vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 BN 15.99 – a.a.O.: Ausschluss von Schank- und Speisewirtschaften und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten). Auch die Beschränkung der zulässigen gewerblichen oder handwerklichen Nutzung auf Betriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ein solches „eingeschränktes Gewerbegebiet“ entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach noch dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15. April 1987 – BVerwG 4 B 71.87 – a.a.O.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Zweckbestimmung soll sichergestellt werden, dass die Systematik, die den §§ 2 bis 10 BauNVO im Interesse geordneter städtebaulicher Verhältnisse zugrunde liegt, auch im Falle der Modifikation des jeweiligen Zulässigkeitsregimes unangetastet bleibt. Festsetzungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO dürfen nach dem Grundsatz der „Typenreinheit“ nicht dazu führen, dass ein Baugebiet geschaffen wird, das einen anderen als den normativ vorgegebenen Charakter aufweist. Der Normgeber lässt es nicht zu, durch den Ausschluss an sich zulässiger Nutzungsarten ein Baugebiet in seinem Erscheinungsbild so nachhaltig zu verändern, dass es keiner der in der Baunutzungsverordnung geregelten Baugebietstypen mehr entspricht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Dezember 1989 – BVerwG 4 NB 32.89 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 8, vom 6. Mai 1996 – BVerwG 4 NB 16.96 – Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 22 und vom 7. Juli 1997 – BVerwG 4 BN 11.97 – Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 22).
Ebenso wenig wie durch die Beschränkung auf Gewerbebzw. Handwerksbetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, verliert ein Baugebiet durch die Beschränkung auf Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude den Charakter eines Gewerbegebiets. Trotz des Ausschlusses von Betrieben des produzierenden und des verarbeitenden Gewerbes behält es sein Gepräge als ein Gebiet, das frei von allgemeiner Wohnnutzung als Standort für Dienstleistungsbetriebe einem wesentlichen Segment der gewerblichen Nutzung vorbehalten ist. Wegen des typischerweise geringeren Störpotenzials von Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäuden stellt es in ähnlicher Weise wie ein „eingeschränktes Gewerbegebiet“, das die im Senatsbeschluss vom 15. April 1987 –BVerwG 4 B 71.87 – (a.a.O.) genannten Merkmale aufweist, ein typenkonformes Gliederungsbzw. Festsetzungsmittel dar, das ein störungsarmes Nebeneinander von Gewerbe- und von Wohnnutzung ermöglicht.“
Diesen Anforderungen genügt die maßgebliche Festsetzung des Bebauungsplans „…“.
Nach der Begründung des Bebauungsplans soll das Gewerbegebiet als Puffer zwischen dem Gelände der Volksschule … und dem angrenzenden allgemeinen Wohngebiet dienen.
Die Plangeberin hat bei Aufstellung des Bebauungsplans in zulässiger Weise den gebietsverträglichen Störgrad festgelegt und die schutzwürdigen Belange der angrenzenden Nutzungsarten Wohnen und Schulbetrieb berücksichtigt, indem es die im eingeschränkten Gewerbegebiet zulässigen Emissionen auf die in einem allgemeinen Wohngebiet zulässigen beschränkt hat. Damit wurde dem Schutzbedürfnis der unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung Rechnung getragen. Die Festsetzung des zulässigen Störgrades ergibt sich aus der Formulierung in 2.10.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, wonach nicht störende Gewerbe- und Handwerksbetriebe zulässig sind. Diese Festsetzung entspricht dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO.
b. Das streitgegenständliche Vorhaben „Lager Platz für das Baugewerbe“ erweist sich bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise als unzweifelhaft unzulässig im hier festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebiet und als mit der angrenzenden Wohnnutzung als unvereinbar.
Bei der Beurteilung der „Gebietsverträglichkeit“ eines Vorhabens auf Grundlage einer typisierenden Betrachtung ist das Maß der Störung und das mit der Art des Betriebes verbundene Störpotential zugrunde zu legen. Ein Vorhaben ist „gebietsunverträglich“, wenn es – bezogen auf den jeweiligen Gebietscharakter – aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (BayVGH, U.v. 8.3.2013 – 15 B 10.2922 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 28.6.2011 – 15 BZB 10.3134 – juris, Rn. 12). Dies ist ohne Weiteres zu bejahen, wenn ein Betrieb zu einer Gruppe von Gewerbebetrieben gehört, die wegen ihrer besonderen Eigenart in Gebieten, in denen größere Teile der Bevölkerung wohnen, wesensfremd sind und deshalb stets als unerträglich empfunden werden (BVerwG, B.v. 10.7.1964 – I B 43.64 – GewArch 1964, 244; BayVGH, U.v. 8.3.2013, a.aO., Rn 24; BayVGH, B.v. 28.6.2011, a.a.O. Rn. 12). Auch bei Betrieben, die zu einer Branche gehören, bei der der Störgrad einer Bandbreite unterliegt, ist die Prüfung des dem Betrieb innewohnenden Störpotentials auf das Ausmaß der typischerweise bei einer solchen Betriebsform auftretenden Störungen auszurichten (vgl. BayVGH, U.v. 8.3.2013, a.a.O, Rn. 25; BayVGH, B.v. 28.6.2011, a.a.O., Rn. 13). Das Störpotential ist mit Blick auf den räumlichen Umfang, die Größe des betrieblichen Einzugsbereichs, die Art und Weise der Betriebsvorgänge, den vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr, die zeitliche Dauer dieser Auswirkungen und ihre Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten zu beurteilen. Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob mit der konkreten Nutzung die immissionsschutzrechtlich vorgegebenen Lärmwerte eingehalten werden (BVerwG, U.v. 21.3.2002 – 4 C 1.02 -, juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 23.3.2010 – 15 N 09.2322 -, juris Rn. 13), da es bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit um eine – vorsorgende – Vermeidung städtebaulicher Konflikte, die Nutzungen mit sich bringen, die den Gebietscharakter stören, geht (BayVGH, U.v. 23.3.2010, a.a.O., Rn. 13).
Nach der typisierenden Betrachtungsweise ist das streitgegenständliche Vorhaben als gebietsunverträglich mit den konkreten Anforderungen des Bebauungsplans … im eingeschränkten Gewerbegebiet anzusehen. Denn Lagerplätze sind nach der Einstufung der BauNVO wegen des ihnen typischerweise innewohnenden erheblichen Störpotentials regelmäßig nur im unbeschränkten Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig (vgl. auch OVG Münster, U.v. 21.3.1995 – 11 A 1089/91 – juris) und damit denklogisch nicht in einem Gebiet, das den Störgrad eines allgemeinen Wohngebietes nach § 4 BauNVO zulässt.
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines „atypischen“ Lagerplatzes mit der Möglichkeit einer Einordnung als gebietsverträglich im Sinne der getroffenen Festsetzung im Einzelfall bestehen entgegen den Ausführungen des Klägervertreters nicht. Denn nach bisherigem Erkenntnisstand weicht das Vorhaben, das als baubranchenüblicher Lager Platz genutzt werden soll, eben nicht derart von solchen typischerweise das Wohnen störenden Lagerplätzen ab, dass es eine Störung der angrenzenden Wohnnutzung ausnahmsweise wegen des besonderen Nutzungsumfangs im Einzelfall nicht erwarten lässt. Ausweislich der vorliegenden Bauvorlagen ist derzeit eine verbindliche Beurteilung der Gebietsverträglichkeit im Einzelfall – wie oben bereits unter 1. dargelegt – nicht möglich. Dass vom Lager Platz – wie vom Klägervertreter ausgeführt – lediglich in den Morgen – und Abendstunden Störungen ausgehen sollen, reicht – da nutzungstypisch für Lagerplätze der Baubranche – für die Annahme einer solchen Atypik gerade nicht aus.
3. Jedoch wäre das Vorhaben auch für den Fall planungsrechtlich unzulässig, dass sich die Festsetzung 2.10.1. im Bebauungsplan … als unwirksam erweisen sollte.
Denn dann wäre – ausgehend vom Vorliegen einer Gemengelage aus Wohnnutzung, gewerblicher Nutzung und Schulnutzung – im relevanten Umgriff nach § 34 Abs. 1 BauGB der Störgrad eines Mischgebiets maßgebend für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit.
Welcher Bereich als nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebend ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits die Ausführung des geplanten Vorhabens auf die benachbarte Bebauung und andererseits diese Bebauung auf den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägend auswirken. Dies ist im Einzelfall zu beurteilen (BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 8). Abzustellen wäre vorliegend wohl zumindest auf die Nutzung der an das Baugrundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke Fl.Nrn. … (gewerbliche Nutzung, Dienstleistung), …, … (gewerbliche Nutzung Architekturbüro, Gartenbaubetrieb der Kläger), … (Volksschule …*), … (Wohnnutzung), … (Wohnnutzung), …, (Wohnnutzung) und … (Wohnnutzung).
Dabei spricht viel dafür, dass das so gebildete relevante Umgebungsgebiet nicht den Charakter eines faktischen Mischgebiets nach § 6 BauNVO aufweist, weil Wohn – und gewerbliche Nutzung im vorzunehmenden Umgriff nicht gleichwertig nebeneinander und insbesondere auch räumlich klar voneinander getrennt stattfinden (BVerwG, B. v. 11. April 1996 – 4 B 51/96 –, juris; BayVGH, B.v. 26. Mai 2008 – 1 CS 08.881 –, juris Rn. 40) und eine Zuordnung zu den nach der BauNVO vorgesehenen Gebietstypen deshalb nicht möglich sein dürfte.
Jedoch wäre vorliegend dann von einer Gemengelage auszugehen, für die sich der zulässige Störgrad nach der „Mittelwert-Rechtsprechung“ des Bundesverwaltungsgerichts beurteilt. Diese beruht auf der Annahme, dass Gebiete von unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen dürfen, auch wenn dies zwangsläufig zur Folge hat, dass sich das regelhaft vorgegebene Zumutbarkeitsmaß in dem einen Gebiet erhöht und in dem anderen vermindert (BVerwG, B.v. 06.2.2003 – 4 BN 5/03 –, juris Rn. 8 m.w.N.).
Nachdem vorliegend gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung räumlich gegliedert aufeinandertreffen, wäre der zulässige Störgrad an dem eines Mischgebietes zu messen, das sich durch Wohnnutzung und die Nutzung durch nicht wesentlich störendes Gewerbe auszeichnet.
Auch in Mischgebieten, in welchen gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung mit der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme gleichwertig nebeneinander stehen, ergibt sich für Gewerbebetriebe die Einschränkung, dass sie in Bezug auf die von ihnen ausgehenden Emissionen wohnverträglich sein müssen. Hiervon kann – wie bereits dargelegt – bei dem streitgegenständlichen Vorhaben bei Annahme eines typischen Lagerplatzes für das Baugewerbe nicht ausgegangen werden.
Demnach waren die Klagen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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