Aktenzeichen 11 ZB 17.2428
BayStrWG Art. 67 Abs. 3, Abs. 4
BayNatSchG Art. 33 Nr. 1
StVO § 45 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 9
Leitsatz
1. Gewerblich geführte Gruppenausritte auf privaten Waldwegen werden vom Schutzbereich des Art. 141 Abs. 3 S. 1 BV nicht umfasst (wie BayVerfGH BeckRS 2005, 28020). (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beschränkungen des Rechts auf Naturgenuss sind dort zulässig, wo die Gemeinschaftsbezogenheit des Menschen oder andere schutzwürdige Güter, insbesondere solche mit Verfassungsrang, dies erfordern. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Anbau und die Weiterverarbeitung von Sonderkulturen, die in einem Betrieb zu Nahrungsergänzungsmitteln und pharmazeutischen Produkten weiterverarbeitet werden und strengen Hygieneanforderungen unterliegen, rechtfertigt es im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen für den Betriebsinhaber, die Wegenutzung mit Pferden aufgrund der damit verbundenen erhöhten Gefahr des Eintrags von Verunreinigungen durch die Hinterlassenschaften der Tiere einzuschränken oder zu unterbinden. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine (nicht verkehrsrechtliche) Sperre durch den Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten ist möglich, wenn andernfalls die zulässige Nutzung des Grundstücks nicht unerheblich behindert oder eingeschränkt würde, insbesondere wenn die Beschädigung von Forstkulturen, Sonderkulturen oder sonstigen Nutzpflanzen zu erwarten ist oder wenn das Grundstück regelmäßig von einer Vielzahl von Personen betreten und dadurch in seinem Ertrag erheblich gemindert oder in unzumutbarer Weise beschädigt oder verunreinigt wird. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 23 K 16.2179 2017-07-06 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Klägerin wird hinsichtlich der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
IV. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein von der Verkehrsbehörde verfügtes Verbot für Reiter und Gespannfuhrwerke auf Wegen, die über Grundstücke des Beigeladenen führen.
Der Beigeladene ist Inhaber eines im Außenbereich zwischen der Kreisstraße … und der Staats Straße … gelegenen Unternehmens mit ca. 15 Mitarbeitern und Eigentümer der Betriebsgrundstücke. Das Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung E…, wird als Anbaufläche für verschiedene Sonderkulturen genutzt. Auf dem Grundstück Fl.Nr. … befindet sich das Betriebsgebäude, in dem die pflanzlichen Rohstoffe verarbeitet und für den Abtransport verpackt werden. Anbau und Verarbeitung unterliegen strengen Hygieneauflagen der Vertragspartner des Beigeladenen (Hersteller pharmazeutischer Produkte und von Nahrungsergänzungsmitteln). Über die Grundstücke verläuft ein nicht gewidmeter Weg, den neben den Betriebsfahrzeugen des Beigeladenen auch Radfahrer, Fußgänger, Reiter und Pferdegespanne nutzen bzw. genutzt haben.
Mit Schreiben vom 21. September 2015 ließ der Beigeladene durch seine Bevollmächtigten bei der Beklagten vorsorglich den Widerruf der bisherigen Zurverfügungstellung für den öffentlichen Verkehr erklären und zum Schutz seiner betrieblichen Interessen und von Fußgängern und Radfahrern die Sperrung der fünf Zuwegungen zu seinem Betriebsgelände für den Reit- und Fuhrverkehr durch entsprechende Verbotszeichen beantragen. Die Nutzung durch Reiter und Fuhrwerke habe in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Hierdurch sei nicht nur der Wartungs- und Erhaltungsaufwand für die teilweise unbefestigten Wege gestiegen, sondern es seien auch die betrieblichen Belange des Beigeladenen beeinträchtigt. Dies betreffe die Betriebsabläufe bei der Produktion und bei Ver- und Entladevorgängen. Außerdem seien die strengen Hygieneanforderungen der von ihm belieferten Abnehmer durch die Hinterlassenschaften der Pferde auf den Wegen, insbesondere im Bereich des Betriebsgeländes, – wenn überhaupt – nur mit hohem Aufwand zu erfüllen. Hierdurch sei seine wirtschaftliche und betriebliche Existenz bedroht. Für einen Begegnungsverkehr mit Kutschen, etwa mit Erntemaschinen oder Transportfahrzeugen, seien die Wege ohnehin nicht ausgelegt. Es sei wiederholt zu Konflikten mit Reitern und Führern von Pferdegespannen gekommen.
Nach einer Behandlung der Angelegenheit im Gemeinderat am 13. Oktober 2015 und am 15. Dezember 2015 ordnete die Beklagte am 18. Januar 2016 für den tatsächlich öffentlichen Weg im Bereich des Betriebsgeländes des Beigeladenen ein Verbot für Reiter und Gespannfuhrwerke mit entsprechender Beschilderung durch Verkehrszeichen an. Die verkehrsrechtliche Anordnung wurde vom 19. Januar bis 15. Februar 2016 ausgehängt und durch Anbringung von Verbotszeichen (VZ 257-51 und 257-52) vollzogen.
Mit Schriftsatz vom 29. April 2016 ließ die Klägerin beim Verwaltungsgericht München Klage einreichen mit dem Begehren, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 18. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die aufgestellten Verbotsschilder zu entfernen. Die Sperrung sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Sie sei Freizeitreiterin und Gespannfahrerin und habe den nunmehr gesperrten Weg bis zum Erlass der verkehrsrechtlichen Anordnung für ihren Freizeitsport genutzt.
Nach Durchführung eines Ortstermins wies das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 6. Juli 2017, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Oktober 2017 zugestellt, ab. Der Beigeladene habe als Verfügungsberechtigter die Freigabe der Benutzung des tatsächlich-öffentlichen Wegs durch Reiter und Gespannfuhrwerke im September 2015 gegenüber der Beklagten widerrufen. Dies habe die Beklagte zumindest konkludent akzeptiert. Die verkehrsrechtliche Anordnung dokumentiere lediglich die derzeitige tatsächliche Zurverfügungstellung des betroffenen Wegabschnitts und enthalte keine darüber hinausgehende eigene Beschränkung des Verkehrs. Sie unterliege nicht den Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 9 StVO, sondern könne auf § 45 Abs. 3 Satz 1 StVO gestützt werden. Inwieweit der Widerruf der Zurverfügungstellung und die Zustimmung der Beklagten dem Bayerischen Naturschutzgesetz entsprächen, bedürfe keiner näheren Prüfung. Zumindest stelle sich der von der Beklagten akzeptierte Widerruf des Beigeladenen im Hinblick auf dessen Belange nicht als offensichtlich rechtswidrig oder willkürlich dar.
Mit Schriftsatz vom 22. November 2017 (Mittwoch), beim Verwaltungsgericht am 27. November 2017 (Montag) eingegangen, ließ die Klägerin die Zulassung der Berufung gegen das Urteil beantragen. Zur Begründung führten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 aus, für den Ausschluss der Klägerin von der Nutzung des Wegs sei kein Grund ersichtlich. Auch Reiter und Gespannfahrer könnten sich auf das grundrechtlich geschützte Betretungsrecht und das Recht auf Erholung in der freien Natur berufen, soweit sie sich auf dafür geeigneten Wegen in Wald und Flur bewegen würden. Dies hätte das Verwaltungsgericht nicht völlig außer Acht lassen dürfen. Der gesperrte Weg eigne sich uneingeschränkt zum Reiten und Gespannfahren. Bei Einhaltung der gebotenen Rücksichtnahme sei eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder eine Beeinträchtigung des Betriebsablaufs ausgeschlossen. Der Erreger vom Typ EHEC werde nicht von Pferden übertragen.
Nach Hinweis des Senats auf das Eingangsdatum des Zulassungsantrags beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2017 wegen der Versäumung der Antragsfrist unter Vorlage einer Kopie des Postausgangsbuchs und einer eidesstattlichen Versicherung einer Kanzleimitarbeiterin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Sekretärin der Kanzlei habe den Antragsschriftsatz vom 22. November 2017 noch am selben Tag gegen 16 Uhr korrekt adressiert und ausreichend frankiert zur Post gegeben. Dies habe sie auch im Postausgangsbuch vermerkt.
Auf Nachfrage des Senats ergänzten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ihre Ausführungen mit Schriftsatz vom 2. Januar 2018 hinsichtlich der Handhabung der Eintragungen im Postausgangsbuch und zum Postversand durch Einwurf in den Briefkasten. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe die Sekretärin den Schriftsatz vom 22. November 2017 nicht der allgemeinen Weisung entsprechend vorab per Fax versandt und sich auch nicht am Tag des Fristablaufs telefonisch über den Eingang bei Gericht vergewissert.
Die Bevollmächtigten der Beklagten und des Beigeladenen treten den Anträgen auf Wiedereinsetzung und auf Zulassung der Berufung entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Zwar ist der Klägerin hinsichtlich der versäumten Monatsfrist für die Einreichung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) zu gewähren (1.). Aus der Antragsbegründung ergeben sich jedoch keine Zulassungsgründe im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO (2.).
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist verspätet beim Verwaltungsgericht München eingegangen (a). Die Klägerin bzw. ihre Prozessbevollmächtigten trifft daran jedoch aufgrund des hinreichend glaubhaft gemachten rechtzeitigen Postversands des Schriftsatzes kein Verschulden, weshalb antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (b).
a) Wird die Berufung – wie hier – nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Verwaltungsgericht zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1, Satz 2 VwGO).
Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Juli 2017 wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Oktober 2017 zugestellt. Die Monatsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung lief daher am Freitag, 24. November 2017, ab (§ 57 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Der (nur) auf dem Postweg versandte Antrag vom 22. November 2017 ist nicht am nächsten oder übernächsten Werktag, sondern erst am Montag, 27. November 2017, und damit nach Fristablauf beim Verwaltungsgericht eingegangen.
b) Allerdings war die Klägerin ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten. Ihr ist daher gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben nach dem Hinweis des Senats vom 19. Dezember 2017 auf die Fristversäumung, den sie am 22. Dezember 2017 erhalten haben, mit Schreiben vom 27. Dezember 2017 und damit binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses Wiedereinsetzung beantragt. Die näheren Umstände zur Absendung des Zulassungsantrags haben sie in diesem Schriftsatz und auf Nachfrage des Gerichts in einem weiteren Schreiben vom 2. Januar 2018, das ebenfalls innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingegangen ist, dargelegt und glaubhaft gemacht. Danach haben sie den Zulassungsantrag vom 22. November 2017 noch am selben Tag zur Post gegeben. Die Klägerin, die sich das Vorgehen ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen muss (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO), trifft an der verzögerten Zuleitung durch die Post kein Verschulden.
aa) Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Post dürfen dem Rechtsmittelführer nicht als Verschulden angerechnet werden. Vielmehr darf der Absender darauf vertrauen, dass die für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden. In seinem Verantwortungsbereich liegt es allerdings, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post zu geben, dass es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 2 BvR 162.16 – juris Rn. 26 m.w.N.; BGH, B.v. 21.10.2010 – IX ZB 73.10 – juris Rn. 15).
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag im Bundesgebiet ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss ein Rechtsmittelführer deshalb bei korrekter Adressierung und Frankierung nicht mit Postlaufzeiten rechnen, die die ernsthafte Gefahr der Fristversäumung begründen (BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 4 C 2.12 – BVerwGE 147, 37 Rn. 8; BGH, B.v. 18.7.2007 – XII ZB 32.07 – NJW 2007, 2778 = juris Rn. 13; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 60 Rn. 15). Er verletzt auch keine Sorgfaltspflichten, wenn er sich nicht beim Empfänger nach dem Eingang des Briefes erkundigt (BVerwG, B.v. 27.3.2017 – 4 BN 33.16 – juris Rn. 5) oder wenn er es unterlässt, rechtzeitig auf dem Postweg versandte Schriftsätze zusätzlich auch per Telefax an das Gericht zu übersenden (BGH, B.v. 19.6.2013 – V ZB 226.12 – juris Rn. 7, 14).
bb) Die Klägerin hat den rechtzeitigen Versand des Zulassungsantrags am 22. November 2017 hinreichend dargelegt.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags müssen sowohl der Hinderungsgrund als auch die Umstände, die für die Beurteilung des Verschuldens maßgebend sind, innerhalb der Antragsfrist (hier innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des gerichtlichen Hinweises vom 19.12.2017 am 22.12.2017, also spätestens bis 5.1.2018) dargelegt werden. Erforderlich ist eine substantiierte und schlüssige Darstellung der für die unverschuldete Fristversäumnis wesentlichen Tatsachen (vgl. BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 2 BvR 162.16 – juris Rn. 26 m.w.N.). Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben kann und muss das Gericht allerdings auch nach Fristablauf aufklären (BGH, B.v. 21.10.2010 – IX ZB 73.10 – juris Rn. 21; B.v. 19.6.2013 – V ZB 226.12 – juris Rn. 9).
Nach Darstellung der Klägerbevollmächtigten vom 27. Dezember 2017 hat deren Sekretärin den Zulassungsantrag am 22. November 2017 „postfertig gemacht und zur Post aufgegeben“. Auf gerichtliche Nachfrage haben die Klägerbevollmächtigten diese Einlassung mit Schriftsatz vom 2. Januar 2018 dahingehend ergänzt, dass die langjährige und erfahrene Sekretärin den Zulassungsantrag am 22. November 2017 um 16:00 Uhr in den noch am selben Tag um 17:00 Uhr geleerten Briefkasten vor dem Anwesen H…straße …, … S…, eingeworfen hat.
cc) Diese Einlassung ist auch hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Eine Behauptung ist glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft. Damit ist kein Vollbeweis für die Behauptung zu erbringen. Ausreichend ist vielmehr, wenn bei umfassender Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für als gegen die Richtigkeit der Behauptung spricht (BGH, B.v. 21.10.2010 – V ZB 210.09 – NJW-RR 2011, 136 Rn. 7; B.v. 19.6.2013 – V ZB 226.12 – juris Rn. 12). Die Absendung eines fristwahrenden Schriftsatzes muss nicht zwingend durch einen postalischen Beleg (Einlieferungsschein) glaubhaft gemacht werden. Hierfür kann auch eine Versicherung des Absendenden an Eides Statt über die Umstände der Aufgabe zur Post genügen (BVerwG, B.v. 16.10.1995 – 7 B 163.95 – NJW 1996, 409; Schmidt in Eyermann, VwGO, § 60 Rn. 24).
Gemessen daran haben die Klägerbevollmächtigten den rechtzeitigen Versand des Zulassungsantrags durch Aufgabe zur Post ausreichend glaubhaft gemacht. Die hierfür vorgetragenen Umstände, insbesondere auch der Einwurf in den Briefkasten, ergeben sich aus den eidesstattlichen Versicherungen der Sekretärin vom 27. Dezember 2017 und 2. Januar 2018. Vorgelegt wurden des Weiteren der in den Akten der Klägerbevollmächtigten verbliebene Entwurf des Schriftsatzes mit dem handschriftlichen Vermerk der Sekretärin über den Versand am 22. November 2017 und Auszüge aus dem Postausgangsbuch. Trotz der auch von den Klägerbevollmächtigten eingeräumten Ungenauigkeiten der Eintragungen im Postausgangsbuch spricht nach Auffassung des Senats mehr für die Richtigkeit der behaupteten Aufgabe zur Post am 22. November 2017 als dagegen.
dd) Zwar weisen die Bevollmächtigten des Beigeladenen zutreffend auf Organisationsmängel der Klägerbevollmächtigten im Hinblick auf die Postausgangskontrolle (hierzu z.B. BGH, B.v. 15.12.2015 – VI ZB 15.15 – NJW 2016, 873 Rn. 8; OVG NW, B.v. 2.5.2017 – 9 A 1733.16 – juris Rn. 7) und die Dokumentation des Versands einschließlich des jeweiligen Zeitpunkts bei fristwahrenden Schriftsätzen hin. So ist offenbar insbesondere nicht hinreichend dafür Sorge getragen, dass das Postausgangsbuch nur durch eine zuverlässige und entsprechend instruierte Bürokraft geführt wird. Vielmehr haben auch die Klägerbevollmächtigten eingeräumt, dass Eintragungen teilweise – allerdings nicht hinsichtlich des fraglichen Zulassungsantrags – einer Schülerin und Praktikantin überlassen und von dieser fehlerhaft vorgenommen worden sind. Außerdem wird im Postausgangsbuch offenbar nicht präzise festgehalten, wer Adressat des Schriftsatzes und wer für die jeweilige Eintragung verantwortlich ist.
Allerdings sind diese Organisationsmängel für den verspäteten Eingang des rechtzeitig abgesandten Zulassungsantrags beim Verwaltungsgericht nicht ursächlich. Ein früheres Verschulden einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten schließt die Wiedereinsetzung dann nicht aus, wenn – wie hier – seine rechtliche Erheblichkeit durch ein späteres, der Partei oder ihrem Vertreter nicht zuzurechnendes Ereignis entfällt (überholende Kausalität, vgl. BGH, B.v. 17.7.2007 – XII ZB 32.07 – NJW 2007, 2778 = juris Rn. 11). Da die Klägerbevollmächtigten – wie bereits ausgeführt – die Aufgabe des Zulassungsantrags zur Post am 22. November 2017 hinreichend glaubhaft gemacht haben, war ihr Organisationsverschulden hinsichtlich einer Ausgangskontrolle und -dokumentation für die Versäumung der Antragsfrist nicht ursächlich. Ebenfalls unschädlich sind der unterbliebene parallele Versand des Zulassungsantrags vorab per Fax und die ebenfalls unterbliebene telefonische Nachfrage beim Verwaltungsgericht hinsichtlich des rechtzeitigen Eingangs auf dem Postweg. Hierbei handelt es sich aufgrund der Absendung zwei Tage vor Fristablauf um zwar sinnvolle, aber überobligatorische Vorsichtsmaßnahmen, deren Unterlassen sich die Klägerin nicht vorhalten lassen muss.
Allein kausal für die Fristversäumung war damit die Verzögerung der Zuleitung des rechtzeitig aufgegebenen Schriftsatzes durch die Post. Insoweit trifft die Klägerbevollmächtigten kein Verschulden, weshalb der Klägerin Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren ist.
2. Der Zulassungsantrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
Es kann dahinstehen, ob die Antragsbegründung vom 19. Dezember 2017, die keinen Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 VwGO benennt und auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (VerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 54), den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt. Selbst dann, wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend machen wollte, ergeben sich solche Zweifel aus der Antragsbegründung nicht.
a) Zutreffend und von den Beteiligten nicht bestritten ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den fraglichen Wegen um nicht gewidmete, aber der Allgemeinheit bisher uneingeschränkt zur Verfügung stehende tatsächlich-öffentliche Wege handelt.
Liegt eine Wegefläche auf einem nicht gewidmeten Grund, weil sie weder gemäß Art. 6 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Oktober 1981 (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2017 (GVBl S. 375), gewidmet ist noch eine wirksame Widmungsfiktion nach Art. 67 Abs. 3 und 4 BayStrWG durch Eintragung im Bestandsverzeichnis vorliegt, handelt es sich um eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche, wenn die Allgemeinheit sie mit (konkludenter) Zustimmung des Verfügungsberechtigten nutzen kann (vgl. BayVGH, U.v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – BayVBl 2013, 629 Rn. 32; B.v. 20.11.2015 – 11 CE 15.2402 – juris Rn. 19). Im Rahmen der Zustimmung des Verfügungsberechtigten unterliegt sie den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts.
Den Akten der Beklagten ist zu entnehmen, dass die über den Privatgrund des Beigeladenen führenden Wegeflächen weder gewidmet noch im Bestandsverzeichnis eingetragen sind. Allerdings hatte der Beigeladene als Verfügungsberechtigter die Nutzung durch die Allgemeinheit, auch durch Reiter und Pferdegespanne, bis 2014 über einen längeren Zeitraum nicht unterbunden. Damit handelt es sich bei den über sein Grundstück führenden Wegen um tatsächlich-öffentliche Wege.
b) Der Verfügungsberechtigte kann seine Zustimmung zur Nutzung der Fläche durch die Allgemeinheit, wenn er sie nicht unwiderruflich erteilt hat, zwar grundsätzlich jederzeit widerrufen. Allerdings muss er sich hierzu der von der Rechtsordnung vorgesehenen behördlichen und gerichtlichen Mittel bedienen (vgl. BayVGH, U.v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – BayVBl 2013, 629 Rn. 33 m.w.N.).
Als Verfügungsberechtigter hat der Beigeladene seine Zustimmung zur Nutzung der Wege durch Reiter und Gespanne durch entsprechende Beschilderung und durch schriftliche Erklärung vom 21. September 2015 gegenüber der Beklagten widerrufen. Hierzu war er in Wahrnehmung seiner Eigentümerrechte grundsätzlich berechtigt. Die Beklagte hat diesen (Teil-)Widerruf akzeptiert. Dies ergibt sich aus den Niederschriften über die Sitzung des Gemeinderats vom 13. Oktober und 15. Dezember 2015.
c) Das Grundrecht auf Naturgenuss (Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV) und das hierdurch gewährleistete Recht zum Betreten der freien Natur steht der Sperrung nicht entgegen.
Der Widerruf durch den Beigeladenen schließt die Wegenutzung durch Fußgänger und Radfahrer nicht aus, sondern betrifft nur Reiter und Fuhrwerke. Es handelt sich daher um einen Teilwiderruf der bisherigen Zustimmung zur Wegenutzung durch die Allgemeinheit.
aa) Der Verfassungsgerichtshof hat zuletzt offen gelassen, ob Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV überhaupt ein „Grundrecht auf Reiten“ in freier Natur enthält (VerfGH, E.v. 14.7.2000 – Vf. 98-VI-99 – VerfGHE 53, 137/142; E.v. 18.11.2002 – Vf. 3-VII-01 – VerfGHE 55, 160/167). Gewerblich geführte Gruppenausritte auf privaten Waldwegen werden jedenfalls vom Schutzbereich des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV nicht umfasst (VerfGH, E.v. 28.6.2005 – Vf. 84-VI-04 – VerfGHE 58, 150/152). Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach klargestellt, dass dem Recht aus Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV in jedem Fall Schranken gesetzt sind, die sich aus seinem Wesen und seinem Zweck ergeben und die den Anwendungsbereich dieser Verfassungsnorm maßgebend bestimmen. Beschränkungen des Rechts auf Naturgenuss sind dort zulässig, wo die Gemeinschaftsbezogenheit des Menschen oder andere schutzwürdige Güter, insbesondere solche mit Verfassungsrang, dies erfordern. Ein hinreichender Grund für die Beschränkung des Rechts liegt nicht nur in der Berücksichtigung der Grundrechte und der rechtlich geschützten Interessen anderer Erholungssuchender, sondern auch in der Abwehr erheblicher Schäden für einzelne Grundeigentümer oder für die Allgemeinheit (VerfGH, E.v. 18.11.2002 – Vf. 3-VII-01 – VerfGHE 55, 160/167). Trotz der Sozialbindung des Eigentums als Auswirkung des Rechts auf Erholung in der freien Natur und der hierfür eingeräumten Betretungsbefugnisse muss der Grundeigentümer keine Schäden hinzunehmen, die über ein zumutbares Maß hinausgehen (VerfGH, E.v. 14.7.2000 – Vf. 98-VI-99 – VerfGHE 53, 137/142; E.v. 4.3.1994 – Vf. 8-VI-93 – VerfGHE 47, 54/58).
bb) Gemessen daran konnte der Beigeladene seine Zustimmung zur Wegenutzung durch Reiter und Fuhrwerke auch unter Berücksichtigung etwaiger Rechte aus Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV durch Erklärung gegenüber der Beklagten widerrufen.
Abgesehen davon, dass es sich zumindest beim Betriebsgelände nicht um freie Natur handelt und Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV insoweit nicht tangiert ist, gehen die Beeinträchtigungen durch Reiter und Fuhrwerke insbesondere in der letzten Zeit vor dem Widerruf über das Maß hinaus, das der Beigeladene aufgrund der Sozialbindung seines Eigentums hinnehmen müsste. Er ist Eigentümer und Verfügungsberechtigter der Grundstücke, über die die Wege verlaufen. Auf den Ackerflächen sind Sonderkulturen angelegt, die in seinem Betrieb zu Nahrungsergänzungsmitteln und pharmazeutischen Produkten weiterverarbeitet werden. Der Anbau und die Weiterverarbeitung unterliegen strengen Hygieneanforderungen seiner Vertragspartner. Bereits dies rechtfertigt es im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen für den Beigeladenen, die (zunehmende) Wegenutzung mit Pferden aufgrund der damit verbundenen erhöhten Gefahr des Eintrags von Verunreinigungen durch die Hinterlassenschaften der Tiere einzuschränken oder zu unterbinden. Aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Traunstein vom 31. August 2017 (Az. 1 O 2619/16), das der Beigeladene vorgelegt hat, ergibt sich, dass die Leiterin einer Task-Force des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Zusammenhang mit einem Fund von EHEC-Erregern im Sommer 2016 bei Abnehmern des Beigeladenen auf die Notwendigkeit der Freihaltung seiner Betriebsflächen von Pferden hingewiesen hat. Auch ein bloßes Durchreiten sei wegen der damit einhergehenden Gefahren nicht mit der Lebensmittelsicherheit vereinbar. Dem Urteil des Landgerichts Traunstein zufolge hätten die Untersuchungen unstreitig ergeben, dass die Erreger mit größter Wahrscheinlichkeit von Pferden herrührten.
Des Weiteren kam es vor dem Widerruf mehrfach zu Störungen im Betriebsablauf des Beigeladenen, etwa beim Begegnungsverkehr zwischen Betriebsfahrzeugen und Fuhrwerken. Auch diese Störungen muss der Beigeladene nicht hinnehmen. Es kann ihm auch nicht zugemutet werden, die zusätzlichen Kosten für den Wegeunterhalt aufgrund der zunehmenden Nutzung seiner teilweise unbefestigten Wege durch Reiter und Fuhrwerke, die er mit mehr als 10.000,- Euro pro Jahr beziffert, zu tragen.
d) Ob die Voraussetzungen für eine Sperrung der Wege nach dem Gesetz über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Bayerisches Naturschutzgesetz – BayNatSchG) vom 23. Februar 2011 (GVBl S. 82), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Februar 2018 (GVBl S. 48), vorliegen, bedarf hier keiner Entscheidung. Eine solche Sperrung durch den Beigeladenen nach Art. 33 Nr. 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 3 BayNatSchG ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Vielmehr hat die Klägerin ausschließlich die Aufhebung der von der Beklagten erlassenen verkehrsrechtlichen Anordnung vom 18. Januar 2016 und die Entfernung der aufgestellten Verbotsschilder (Vz. 257-51 – Verbot für Reiter – und 257-52 – Verbot für Gespannfuhrwerke) beantragt. Allein deren Rechtmäßigkeit war daher vom Verwaltungsgericht zu überprüfen. Allerdings ist auch eine (nicht verkehrsrechtliche) Sperre durch den Grundeigentümer oder sonstigen Berechtigten möglich, wenn andernfalls die zulässige Nutzung des Grundstücks nicht unerheblich behindert oder eingeschränkt würde, insbesondere wenn die Beschädigung von Forstkulturen, Sonderkulturen oder sonstigen Nutzpflanzen zu erwarten ist oder wenn das Grundstück regelmäßig von einer Vielzahl von Personen betreten und dadurch in seinem Ertrag erheblich gemindert oder in unzumutbarer Weise beschädigt oder verunreinigt wird (Art. 33 Nr. 1 BayNatSchG). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen dürfte hier aufgrund der unter c) bb) genannten Umstände auszugehen sein.
e) Von den Klägerbevollmächtigten nicht gerügt und daher im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht zu prüfen ist die Frage, ob die Voraussetzungen für die verkehrsrechtliche Anordnung und die aufgestellten Verkehrszeichen hier erfüllt sind und ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass die Verkehrsbehörde berechtigt ist, bei tatsächlich-öffentlichen Wegen zur Dokumentation der tatsächlichen Zurverfügungstellung des betroffenen Wegabschnitts unabhängig von den Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO allein aufgrund von § 45 Abs. 3 StVO – ggf. bußgeldbewehrte (vgl. § 49 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 39 Abs. 7, Abs. 9 StVO) – Verbotszeichen anzuordnen oder ob es, sollten die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO nicht erfüllt sein, nicht allein Sache des Beigeladenen wäre, nach Maßgabe des Bayerischen Naturschutzgesetzes auf eigene Kosten Beschilderungen anzubringen und die Wege für Reiter und Gespannfuhrwerke zu sperren.
3. Als unterlegene Rechtsmittelführerin hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen (§ 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anh. § 164 Rn. 14).
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).