Aktenzeichen Verg 16/16
Leitsatz
Beteiligt sich ein im Vergabeverfahren Beigeladener im Nachprüfungsverfahren aktiv auf Seiten der letztlich unterlegenen Vergabestelle, so hat er grundsätzlich die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen des Gegners anteilig zu tragen. Die Tatsache, dass allein die Vergabestelle die Unzulänglichkeiten des aufgestellten Leistungsverzeichnisses zu vertreten hat, rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
21.VK-3194-36/16 2016-12-13 Bes VKNORDBAYERN Vergabekammer Ansbach
Tenor
I. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.03.2017 ist aufgehoben.
II. Die Beigeladene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen. Der Antragsgegner trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Bei der Kostenentscheidung der Vergabekammer hat es sein Bewenden.
Gründe
Nach der mit Schriftsatz vom 10.03.2017 erklärten Rücknahme der Beschwerde seitens der Beigeladenen ist von Amts wegen über die Kosten zu entscheiden. Es entspricht der Billigkeit, der Beigeladenen gemäß § 175 Abs. 2 GWB i.V.m. § 78 GWB die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen, da sie ohne Rücknahme des Rechtsmittels aller Voraussicht nach unterlegen wäre. Auf den Hinweisbeschluss vom 08.03.2017 wird Bezug genommen. Der Antragsgegner hat keinen eigenen Antrag gestellt, sich allerdings sachlich auf die Seite der Beigeladenen gestellt, weswegen er seine durch das Beschwerdeverfahren verursachten Aufwendungen selbst zu tragen hat. Für eine Beteiligung des Antragsgegners an den Kosten des Beschwerdeverfahrens und/oder den Auslagen der Gegenseite besteht hingegen kein Anlass.
Der Senat hat außerdem die Kostenentscheidung der Vergabekammer überprüft, sieht jedoch entgegen dem Hinweis vom 08.03.2017 keine Rechtsgrundlage für eine Abänderung. Die Vergabekammer entscheidet über die Kosten des Verfahrens sowie über etwaige Erstattungsansprüche der Beteiligten gemäß § 182 Abs. 3 und 4 GWB nach billigem Ermessen. Die Entscheidung, dem Antragsgegner und der Beigeladenen hälftig die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen, lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Zutreffend hat die Vergabekammer festgestellt, dass sich die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer aktiv beteiligt hat. Sie hat sich in vollem Umfang auf die Seite des Antragsgegners gestellt, und zwar auch in Bezug auf die strittige Beurteilung der Vergabeunterlagen. Ihr Argument, (allein) der Antragsgegner habe die Unzulänglichkeiten des Leistungsverzeichnisses zu vertreten, die zum Erfolg des Nachprüfungsverfahrens geführt hätten, deswegen sei die Beigeladene an Kosten bzw. Auslagen der Antragstellerin nicht zu beteiligen, erweist sich damit als nicht stichhaltig.
Abgesehen davon ist festzustellen, dass ein erfolgreicher Nachprüfungsantrag generell einen Fehler bzw. ein Versäumnis der Vergabestelle voraussetzt. Würde man der Argumentation der Beigeladenen folgen, würde die Beigeladene nur in Ausnahmefällen (z.B. bei selbstverschuldeten Ausschlussgründen) im Nachprüfungsverfahren ein eigenes Kostenrisiko tragen. Weder in der Rechtsprechung noch in der Fachliteratur wird dies vertreten. Auch in der von der Beigeladenen zitierten Entscheidung des OLG Rostock geht es nicht um die Frage der Kostenverteilung zwischen – gleichermaßen unterlegener – Beigeladener und Vergabestelle, sondern darum, dass unter Umständen auch einer obsiegenden Partei ganz oder teilweise Kosten auferlegt werden können, wenn die Partei das Verfahren (z.B. durch eine irreführende Ausschreibung/Belehrung) provoziert hat (vgl. auch Kulartz/Kus/Portz/Pries, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl., Rn. 22 zu § 182 GWB; Müller-Wrede, GWB, 2016, Rn. 73 zu 3 182 GWB).
Es entspricht mithin der Billigkeit, die Kosten der Vergabekammer und die Auslagen der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer zu gleichen Teilen dem Antragsgegner und der Beigeladenen aufzuerlegen.