Aktenzeichen 1 U 152/18
Leitsatz
1 Die Verjährung von Mängelansprüchen bei einem Bauwerk (einschließlich Planungs- und Überwachungsleistungen) beginnt mit der Abnahme des Werkes. Mit der Abnahme beginnt die 5-jährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB zu laufen und zwar auch für Mängel, die sich der Bauherr bei der Abnahme vorbehalten hat. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ist einem Architekten auch die Objektbetreuung mit der Objektbegehung kurz vor Ablauf der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche gegen die ausführenden Unternehmen übertragen, ist der Verjährungsbeginn gegen den Architekten gerichteter Gewährleistungsansprüche bis zum Ablauf der Gewährleistungsfristen gegenüber den bauausführenden Unternehmen hinausgeschoben. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die dem Architekten vom Auftraggeber eingeräumte Vertrauensstellung gebietet es, dem Bauherrn im Laufe der Mängelursachenprüfung auch Mängel des eigenen Architektenwerks zu offenbaren, so dass der Bauherr seine Rechte auch gegen den Architekten rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung wahrnehmen kann. Geschieht dies nicht, kann der Architekt sich nicht auf den Eintritt der Verjährung hinsichtlich seines mangelhaften Architektenwerks berufen. Die Verletzung der Offenbarungspflicht ist als eine Nebenpflichtverletzung anzusehen mit der Konsequenz, dass die Ansprüche hieraus der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren unterliegen. (Rn. 36 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
12 O 115/16 Bau 2018-07-19 Endurteil LGSCHWEINFURT LG Schweinfurt
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Schweinfurt vom 19.07.2018 (Az.: 12O 115/16) einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 94.880,00 € festzusetzen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 08.02.2019.
Gründe
Die Klagepartei verlangt von den Beklagten einen Vorschuss auf Mängelbeseitigungskosten.
In den Jahren 2003/2004 ließ der Kläger die Kläger die Gemeindestraße „D.“ im Ortsteil X. neu erstellen. Der Beklagte zu 1) wurde mit der Projektplanung und Bauüberwachung (Leistungsphasen 1-9) betraut. Die Beklagte zu 2) erhielt den Zuschlag für die Bauausführung. Die VOB/B 2002 wurden vereinbart. Von März 2003 bis Juni 2004 führte die Beklagte zu 2) die Straßenbauarbeiten aus, wobei sie mit den Asphaltarbeiten die P. GmbH & Co. KG beauftragte.
Am 01.07.2004 hat der Beklagte zu 1) für die Klagepartei die Arbeiten der Beklagten zu 2) abgenommen (Anlage A 1), wobei klägerseits eine Bohrkernauswertung vorbehalten wurde. In der Folgezeit führte der Beklagte zu 1) keine Bohrkernauswertung durch, obwohl dies seine Aufgabe gewesen wäre.
Am 18.10.2004 stellte der Beklagte zu 1) seine Schlussrechnung, welche in der Folgezeit durch den Kläger bezahlt wurde.
Am 09.08.2006 führte der Beklagte zu 1) eine abschließende Kontrolle der Gemeindestraße durch. Er riet dem Kläger mit Schreiben vom 10.08.2006 (Anlage A 2 der Beiakte 11 OH 43/13), die Beklagte zu 2) aus der Gewährleistung zu entlassen und eine Bürgschaft zurückzugeben; dem kam der Kläger nach. Im Juni 2011 zeigten sich an der streitgegenständlichen Straße an vielen Stellen Risse im Fahrbahnbelag. Am 08.12.2011 ließ der Beklagte zu 1) sechs Bohrkerne ziehen. Eine Prüfung durch das Asphalt-Institut N. vom 25.01.2012 (Anlage A 3 der Beiakte 11 OH 43/13) ergab, dass bei 5 Bohrkernen kein Verbund zwischen der Deckschicht und der Asphalttragschicht bestand und alle Bohrkerne einen unzulässigen Hohlraumgehalt aufwiesen.
Im Jahr 2013 betrieb die Klagepartei gegen die Beklagten beim Landgericht Schweinfurt unter dem Aktenzeichen 11 OH 43/13 ein selbständiges Beweisverfahren. Der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens wurde dem Beklagten zu 1) am 20.04.2013, dem Beklagten zu 2) am 22.04.2013 zugestellt. Im Oktober 2015 wurden die Beklagten durch den Klägervertreter erfolglos angeschrieben, eine gütliche Einigung herbeizuführen.
Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, gegenüber den Beklagten einen Vorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB zu haben. Das Werk der Beklagten zu 2) sei aufgrund der Feststellungen des Asphalt-Instituts N. mangelhaft. Weil der Beklagte zu 1) im fraglichen Zeitraum keine Bohrkerne gezogen habe, welche über den mangelhaften Zustand der Straße rechtzeitig hätten Aufschluss geben können, sei seine Bauüberwachung mangelhaft gewesen.
Der geltend gemachte Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung ergebe sich aus den sachverständigen Feststellungen des Herrn Dipl. Ing. A., der im selbständigen Beweisverfahren Kosten in Höhe von mindestens 118.600,00 € festgestellt habe.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 118.600,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagten haben in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen, dass im Einvernehmen mit dem damaligen 1. Bürgermeister der Klagepartei, dem Streithelfer B., wegen Beschwerden der Anwohner keine Bohrkerne gezogen worden seien. Dem Kläger sei also bekannt gewesen, dass keine Bohrkerne gezogen wurden. Der Kläger hätte die Proben auch selbst nehmen können. Unabhängig davon seien etwaige Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 1) verjährt.
Die Beklagte zu 2) hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, dass etwaige Gewährleistungsansprüche des Klägers ihr gegenüber längst verjährt seien. Da sie von der mangelhaften Ausführung der Arbeiten durch die P. GmbH & Co. KG keine Kenntnis gehabt habe, habe sie den im Raum stehenden Mangel der Klagepartei gegenüber auch nicht arglistig verschwiegen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und durch Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) T. als Partei. Darüber hinaus hat der im selbständigen Beweisverfahren 11 OH 43/13 beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. A. sein schriftliches Gutachten im Termin mündlich erläutert.
Die Akte 11 OH 43/13 des Landgerichts Schweinfurt wurde beigezogen.
Der Streithelfer, der damalige Bürgermeister der Gemeinde B., ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten.
II.
Mit dem am 19.07.2018 verkündeten Endurteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Dies begründete das Landgericht damit, etwaige Ansprüche der Klagepartei gegen die Beklagten seien verjährt.
Der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten zu 1) kein Anspruch auf Zahlung von 118.600,00 € zu. Die Planungs- und Überwachungsleistungen eines Architekten wie des Beklagten zu 1) stellten Werkleistungen dar. Es gelte eine 5-jährige Verjährungsfrist gemäß § 634 a) Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Verjährung beginne mit der Abnahme der Architektenleistung zu laufen. Wenn dem Architekten sämtliche Leistungen der Leistungsphasen 1-9 übertragen worden seien, dann beginne die konkludente Billigung der Architektenleistung frühestens nach der letzten Handlung aus der Leistungsphase 9. In aller Regel sei dies die Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen für Mängelansprüche gegenüber den bauausführenden Unternehmen. Der Beklagte zu 1) habe die Objektbegehung mit der abschließenden Kontrolle der Straße am 09.08.2006 durchgeführt und mit Schreiben vom 10.08.2006 dem Kläger die Mängelfreiheit mitgeteilt. Die Bauüberwachungsleistung des Beklagten zu 1) sei Ende des Jahres 2006 abgenommen worden. Demnach sei spätestens mit Ablauf des Jahres 2011 Verjährung eingetreten. Der am 20.04.2013 dem Beklagten zu 1) zugestellte Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens habe die Verjährung daher nicht mehr zu hemmen vermocht.
Der Beklagte zu 1) habe den Mangel seiner Bauüberwachungsleistung – die Nichtauswertung von Bohrkernen – der Klagepartei gegenüber nicht arglistig verschwiegen mit der Folge, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 3 Satz 1 BGB ab Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände gelte. Eines Hinweises auf die Nichtauswertung der Bohrkerne habe es nicht bedurft. Dem Kläger sei bei der Entlassung aus der Gewährleistung bekannt gewesen, dass Bohrkerne nicht ausgewertet worden seien. Eine nur irrtümlich unterlassene Bauaufsicht rechtfertige die Annahme von Arglist nicht und löse auch keine Ansprüche wegen Organisationsverschuldens aus. Das arglistige Verschweigen eines Bauüberwachungsfehlers setze das Bewusstsein voraus, dass die Leistung vertragswidrig erbracht worden sei. Ein solcher Anschein bestehe selbst bei schwerwiegenden Baumängeln dann nicht, wenn der Überwachungsfehler auf einfacher Nachlässigkeit beruhen könne. Zwar hätte in der konkreten Situation ein Hinweis des Beklagten zu 1) in seinem Schreiben an den Kläger, dass die Bohrkerne bislang nicht gezogen wurden, die Klagepartei möglicherweise dazu veranlasst, dies vor Ablauf der Verjährung von Ansprüchen gegen die Beklagte zu 2) noch nachzuholen bzw. nachholen zu lassen. Eines solchen Hinweises habe es jedoch nicht bedurft, weil dem Kläger das Abnahmeprotokoll vom 01.07.2004 vorgelegen habe und dort die Bohrkernauswertung ausdrücklich vorbehalten worden sei. Der Klagepartei sei demnach das Fehlen der Bohrkernauswertung bekannt gewesen. Besondere Anhaltspunkte, etwa falsche Vorstellungen bei den Verantwortlichen der Klagepartei, die aus Sicht des Beklagten zu 1) hätten Anlass geben müssen, im Schreiben vom 10.08.2006 auf die nie ausgeführte Bohrkernauswertung hinzuweisen, seien nicht zu erkennen. Nachdem der Kläger gewusst habe, dass bis zur Entlassung des Beklagten zu 2) aus der Gewährleistung keine Bohrkernauswertung erfolgt sei, könne von einem arglistigen Verhalten des Beklagten zu 1) keine Rede sein. Es liege vielmehr eine Nachlässigkeit auf Seiten der Klagepartei vor. Für eine Sekundärhaftung bzw. Sekundärverjährung sei also kein Raum.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
III.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Berufung, mit der er seine in erster Instanz gestellten Anträge gegenüber dem Beklagten zu 1) in Höhe von 94.880,00 € weiter verfolgt.
Die Berufung des Klägers wird begründet wie folgt:
„1. Eine Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 1) sei nicht eingetreten. Verjährung hätte frühestens 5 Jahre nach Zugang des Schreibens vom 10.08.2006 eintreten können. Bereits im Juni 2011, d. h. vor Ablauf dieser 5-Jahresfrist hätten sich die erheblichen Mängel gezeigt, die plötzlich und unerwartet aufgetreten seien. Der Kläger habe den Beklagten zu 1) informiert. Der Beklagte zu 1) sei tätig geworden. Es sei versucht worden, eine Lösung zu finden. Der Lauf der Verjährung sei gemäß § 203 BGB durch die Verhandlungen über den Anspruch gehemmt gewesen. Eine Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen sei nicht erklärt worden. Die Verhandlungen seien in das selbständige Beweisverfahren übergegangen.
2. Der Beklagte zu 1) habe den Kläger über seine eigene Pflichtverletzung – das Nichtziehen der Bohrkerne – aufklären müssen. Dieser Aufklärungspflicht sei der Beklagte zu 1) nicht nachgekommen. Selbst wenn man nicht von einer Hemmung der Verjährung ausgehe, sei die Verjährungsfrist nicht abgelaufen. Hätte das Landgericht die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH zur Sekundärverjährung/Sekundärhaftung des Architekten richtig angewandt, so hätte es keine Verjährung annehmen dürfen.
3. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechungsgrundsätze, die das Landgericht selbst darlege, liege auch ein Fall des arglistigen Verschweigens vor. Der Beklagte habe den Vorbehalt der Ziehung von Bohrkernen nicht geprüft, indem er keine Bohrkerne habe ziehen und auswerten lassen. Der Beklagte hätte im Jahr 2006 bei einem Blick in seine Unterlagen feststellen müssen, dass die entsprechende Tätigkeit seinerseits nicht durchgeführt worden sei. Er habe den Vorbehalt der Bohrkernziehung nicht überwacht und dies arglistig verschwiegen. Dies führe dazu, dass Verjährung noch nicht eingetreten sei.“
Zur Anspruchshöhe verweist der Kläger darauf, dass der Sachverständige A. im selbständigen Beweisverfahren einen Kostenaufwand von 118.600,00 € beziffert habe. Unter Berücksichtigung einer Vorteilsanrechnung von 20%, da die Straße einige Jahre in Benutzung gewesen sei, bevor sich die Schäden zeigten, ergebe dies den mit der Berufung als Vorschussbetrag weiter verfolgten Schadensersatzbetrag in Höhe von 94.880,00 €.
Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren, den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 94.880,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte zu 1) beantragt im Berufungsverfahren,
die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Schweinfurt vom 19.07.2018 (12 O 115/16) zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1) verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung wird Bezug genommen.
Der Beklagte zu 1) hat der Beklagten zu 2) im Berufungsverfahren den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Verfahren auf Seiten des Berufungsbeklagten beizutreten. Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Berufungsbeklagten beigetreten.
Die Streithelferin verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Streithelferin vertritt die Auffassung, dass es nicht Aufgabe des Beklagten zu 1) gewesen sei, die Bohrkerne zu ziehen und auszuwerten. Es sei vielmehr die Aufgabe des Klägers gewesen, Probenentnahmen zu beauftragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz der Rechtsanwälte der Streithelferin vom 26.10.2018 Bezug genommen.
IV.
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 511 ff. ZPO).
In der Sache ist die Berufung des Klägers nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil Ansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1) bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens im Jahr 2013 bereits verjährt waren.
1) Verjährung
a) Verjährungsfrist
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) wegen mangelhafter Objektbetreuung der 5-jährigen Verjährung unterlagen. Einschlägig für die Verjährungsfristen gegenüber dem Beklagten zu 1) ist § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. Danach verjähren Ansprüche bei einem Bauwerk einschließlich Planungs- und Überwachungsleistungen hierfür in 5 Jahren ab Abnahme der Planungs- und Überwachungsleistungen des Beklagten zu 1). Der Hoch – und Tiefbau, der den Straßenbau umfasst gehört zu „Arbeiten bei einem Bauwerk“ im Sinne des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB (Palandt, BGB, 76. Aufl., 2017 § 634 a Rdnr. 10).
b) Beginn der Verjährung
Die Verjährung beginnt mit der Abnahme des Werkes, § 640 BGB a.F., d. h. hier des Architektenwerkes des Beklagten zu 1). Mit der Abnahme beginnt die 5-jährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB zu laufen und zwar auch für Mängel, die sich der Bauherr bei der Abnahme vorbehalten hat (Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 9. Aufl., Rdnr. 1648).
Dem Beklagten zu 1) waren die Leistungsphasen 1-9, also auch die Objektbetreuung mit der Objektbegehung kurz vor Ablauf der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche gegen die ausführenden Unternehmen übertragen. Dann ist der Verjährungsbeginn gegen den Architekten gerichteter Gewährleistungsansprüche bis zum Ablauf der Gewährleistungsfristen gegenüber den bauausführenden Unternehmen hinausgeschoben (Löffelmann/Fleischmann, Architktenrecht, 9. Aufl., Rdnr. 1650 mwN; MotzkePreussner/Kehrberg, Die Haftung des Architekten, 10. Aufl., Kapitel W, Rdnr.22). Das Landgericht hat für den Beginn der Verjährung gegenüber dem Beklagten zu 1) daher zu Recht auf die Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen für Mängelansprüche gegenüber den bauausführenden Unternehmen abgestellt.
Die Abnahme der Bauleistungen der Beklagten zu 2) hat am 01.07.2004 stattgefunden (Anlage A 1). Für die Bauleistungen der Beklagten zu 2) galt nach der damaligen VOB/B eine Verjährungsfrist von 2 Jahren. Die Objektbegehung im Jahr 2006 diente der Mängelfeststellung vor Ablauf der Gewährleistungsfristen für die bauausführenden Unternehmen. Diese Objektbegehung hat der Beklagte zu 1) am 09.08.2006 durchgeführt. Mit Schreiben vom 10.08.2006 wurde die Mängelfreiheit festgestellt (Anlage A 2 im Verfahren 11 OH 43/13). Die Verjährungsfrist von 5 Jahren bezüglich der Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) begann also Ende 2006 und endete mit Ablauf des Jahres 2011.
c) Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen, § 203 BGB Die Verjährung wurde nicht gemäß § 203 BGB durch Verhandlungen über den Anspruch gehemmt. Es kann unterstellt werden, dass zwischen den Parteien, als sich im Juni 2011 die Schäden an der Straße zeigten, verhandelt wurde. Ausweislich der Berufungsbegründung (Seite 3) wurde über die Mängelbeseitigung durch die Beklagte zu 2) verhandelt, indem versucht wurde, eine Lösung zur Beseitigung der Mängel der Straße durch die Beklagte zu 2) zu finden. Gegenstand der Verhandlungen waren nach dem Sachvortrag des Klägers in der Berufungsbegründung also die Ansprüche auf Beseitigung der Mängel gegen die Beklagte zu 2). Dass auch Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) wegen mangelhafter Objektbetreuung (Leistungsphase 9) Gegenstand von Verhandlungen der Parteien waren, ist dem Sachvortrag in der Berufungsbegründung nicht zu entnehmen. Nur dann, wenn über Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) verhandelt worden wäre, wäre die Verjährung der Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) gemäß § 203 BGB gehemmt. Dazu wurde jedoch nichts vorgetragen.
Darüber hinaus fehlt es an einer hinreichenden Substantiierung, wann und zwischen welchen Personen worüber konkret verhandelt wurde. Hierauf weist die Berufungserwiderung zu Recht hin, ebenso darauf, dass der Sachvortrag zur Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen (§ 203 BGB) erstmals in der Berufungsbegründung unterbreitet wurde, ohne dass zu den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO vorgetragen wurde.
2) Verletzung der Hinweispflicht durch den Beklagten zu 1)
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gebietet es die dem Architekten vom Auftraggeber eingeräumte Vertrauensstellung, dem Bauherrn im Laufe der Mängelursachenprüfung auch Mängel des eigenen Architektenwerks zu offenbaren, so dass der Bauherr seine Rechte auch gegen den Architekten rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung wahrnehmen kann. Geschieht dies nicht, kann der Architekt sich nicht auf den Eintritt der Verjährung hinsichtlich seines mangelhaften Architektenwerks berufen (Sekundärhaftung, vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rdnr. 2874).
Die Voraussetzungen für eine Sekundärhaftung des Beklagten zu 1) wegen Verletzung seiner Hinweispflicht liegen nicht vor, denn der Beklagte zu 1) ist seiner Hinweispflicht auf die ausstehende Bohrkernauswertung nachgekommen. Jedenfalls aber sind auch etwaige Sekundäransprüche verjährt.
Der Beklagte zu 1) musste darauf hinweisen, dass Bohrkerne nicht gezogen wurden. Diesen Hinweis hat der Beklagte zu 1) ausweislich des Abnahmeprotokolls vom 01.07.2004 (Anlage A 1 im Verfahren 11 OH 43/13) erteilt. Das Landgericht führt insoweit zu Recht aus, dass dem Kläger das Abnahmeprotokoll vom 01.07.2004 (Anlage A 1) vorlag, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die Abnahme vorbehaltlich der Bohrkernauswertung erfolgt. Der Kläger hatte aufgrund dieses Hinweises Kenntnis davon, dass Bohrkerne nicht gezogen und ausgewertet wurden.
Bei der Entlassung des Beklagten zu 2) aus der Gewährleistung im Jahr 2006 musste der Beklagte zu 1) entgegen den Ausführungen der Berufung nicht nochmals darauf hinweisen, dass eine Ziehung und Auswertung von Bohrkernen zwischenzeitlich nicht erfolgt ist, denn es war dem Kläger bekannt, dass bei der Abnahme im Jahr 2004 keine Bohrkerne gezogen wurden und dass zwischenzeitlich insoweit nichts veranlasst wurde.
Selbst wenn man der Auffassung ist, dass der Beklagte zu 1) vor Ablauf der Gewährleistungsfrist gegen die Beklagte zu 2) den Kläger nochmals hätte darauf hinweisen müssen, dass eine Ziehung und Auswertung von Bohrkernen noch aussteht, wäre ein eventueller Sekundäranspruch verjährt. Umstritten ist, ob für die Ansprüche des Bauherrn wegen Verletzung der Offenbarungspflicht durch den Architekten die werkvertragliche Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäß § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB oder die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB gilt. Der BGH hat bislang stets die Verletzung der Offenbarungspflicht als Nebenpflichtverletzung (pVV, jetzt § 241 Abs. 2 BGB) angesehen mit der Konsequenz, dass die Ansprüche hieraus der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren unterliegen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rdnr. 2874; so auch Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 6. Auflage Rdnr. 1953 und 1894).
Der Hinweis auf die unterbliebene Bohrkernanfertigung hätte nach der Argumentation der Berufung bei Ablauf der Gewährleistungsfrist gegen den bauausführenden Unternehmer erfolgen müssen, also im Jahr 2006. Ausgehend hiervon hätte die dreijährige Regelverjährung des Sekundäranspruchs (§ 195 BGB) somit Ende 2006 begonnen und wäre Ende 2009 abgelaufen. Damit wäre die Verjährung des Sekundäranspruchs vor Ablauf der Verjährung des Primäranspruchs, der einer 5-jährigen Verjährungsfrist unterlag, eingetreten.
Auch wenn man entgegen den obigen Ausführungen von einer fünfjährigen Verjährungsfrist bezüglich des Sekundäranspruchs ausgeht, ist diese Frist – ausgehend von der Argumentation der Berufung, wonach der Hinweis auf die unterbliebene Bohrkernauswertung vor der Entlassung der Beklagten zu 2) aus der Gewährleistung im Jahr 2006 hätte erfolgen müssen – Ende 2011 abgelaufen.
3) Arglist
Soweit die Berufung geltend macht, der Beklagte zu 1) habe hinsichtlich der Nichtdurchführung einer Bauüberwachung im Sinne des Ziehens der Bohrkerne arglistig gehandelt, kann der Argumentation der Berufung nicht gefolgt werden.
Das Landgericht hat ein arglistiges Verhalten in Anbetracht der Umstände des Falles auf Seite 7 und 8 der Urteilsgründe unter Ziffer (2) verneint. Der Senat hat keine Zweifel an den hierzu getroffenen Feststellungen des Landgerichts. Das Landgericht führt zu Recht aus, dass der Beklagte zu 1) im Abnahmeprotokoll aus dem Jahr 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass eine Bohrkernziehung und Auswertung bislang nicht erfolgt ist und die Abnahme daher insoweit unter Vorbehalt erfolgt. Dieser Umstand war damit allen Beteiligten bekannt. Die Bohrkernauswertung unterblieb aus Nachlässigkeit, sie wurde vom Beklagten zu 1) nicht arglistig unterlassen. Der Beklagte zu 1) hat, als sich die Mängel der Straße Mitte Juni 2011 zeigten, zudem sogleich reagiert und die Ziehung der Bohrkerne noch im Jahr 2011veranlasst. Im Jahr 2011 waren die Primäransprüche gegen den Beklagten zu 1) jedenfalls noch nicht verjährt (s.o.). Auch dies spricht dafür, dass die Bohrkernauswertung vom Beklagten zu 1) jedenfalls nicht arglistig unterlassen wurde.
Aus diesen Gründen beabsichtigt der Senat, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. 4) Argumentation der Streithelferin Der Auffassung der Streithelferin, es sei nicht Aufgabe des Beklagten zu 1) gewesen, Bohrkerne zu ziehen, vermag der Senat nicht zu folgen. Es war Aufgabe des vom Kläger mit den Leistungsphasen 1-9 beauftragten Beklagten zu 1), diese Leistung im Rahmen der Objektüberwachung zu erbringen. So hat dies im Übrigen auch der Beklagte zu 1) selbst gesehen. Der Beklagte zu 1) hat im Termin vor dem Landgericht Schweinfurt vom 24.05.2018 ausgeführt: „Na klar, wäre das meine Aufgabe gewesen, die Bohrkerne durch eine Fachfirma ziehen zu lassen“ (Seite 7 des Protokolls vom 24.05.2018).
Auf die im Falle einer Rücknahme der Berufung in Betracht kommende Ermäßigung der Gerichtsgebühren (KV-Nr. 1220, 1222) weist der Senat ausdrücklich hin.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO auf 94.880,00 € festzusetzen sein.