Baurecht

Verjährung von Mängelansprüchen bei Lieferung und Einbau einer Einbauküche

Aktenzeichen  17 U 116/18

Datum:
15.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 41325
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 214, § 438 Abs. 1 Nr. 2a, § 631 Abs. 1, § 634a Abs. 1 Nr. 2, § 651

 

Leitsatz

1 Ein Vertrag über den Erwerb und Einbau einer Einbauküche, bei dem der Kostenanteil der Montageverpflichtung lediglich 16,6% des Gesamtpreises ausmacht, ist, auch wenn umfangreiche Installationsarbeiten erforderlich sind, als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung oder als Werklieferungsvertrag, nicht hingegen als Werkvertrag zu qualifizieren.  (Rn. 3 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2 Kann eine Einbauküche, die über Wasserleitungen, Elektroanschlüsse und Zierleisten fest mit dem Mauerwerk des Gebäudes verbunden ist, ohne großen Aufwand von diesem wieder getrennt werden, ist die Einbauküche nicht als Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks iSd § 634a Abs. 1 Nr. 2, § 438 Abs. 1 Nr. 2a BGB anzusehen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 O 1392/17 2017-09-12 Urt LGMUENCHENII LG München II

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 12.09.2017, Az. 1 O 1392/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 ZPO hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Die Parteien streiten um einen Kostenvorschussanspruch des Klägers zur Beseitigung von Mängeln an einer Einbauküche.
Die Berufung des Klägers gegen das seine Klage abweisende Endurteil des Landgerichts München II vom 12.09.2017 hat keinen Erfolg.
1. Zwischen den Parteien wurde allenfalls ein Werklieferungsvertrag über eine unvertretbare Sache (wenn nicht ein Kaufvertrag) mit Einbauverpflichtung des Beklagten geschlossen (§ 651 Sätze 1 und 3 BGB in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung; künftig a.F.; Art. 229 § 22 Abs. 2, § 39 EGBGB):
a) Bei einem Werkvertrag steht die Herstellung einer Sache aufgrund aufwendiger handwerklicher Installations- und Anpassungsarbeiten als dem Vertrag die maßgebliche Prägung gebende Kriterien im Vordergrund (vgl. BGH, Urteil vom 02.06.2016, VII ZR 348/13, WM 2016, 1806, 1807, Randziffer 11), bei einem Werklieferungsvertrag hingegen sind die vereinbarten Montageleistungen im Vergleich zum Gesamtkaufpreis von untergeordneter Bedeutung (BGH, Urteil vom 13.07.2016, VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654, 3654, Randziffer 22), weshalb der Kauf einer Einbauküche mit Montageverpflichtung bei entsprechender untergeordneter Bedeutung der Montageleistung grundsätzlich dem Werklleferungsvertragsrecht und nicht dem Werkvertragsrecht zuzuordnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2016, VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654, 3654, Randziffer 22).
b) Im vorliegenden Fall beträgt der Kostenanteil der Montageverpflichtung zum Gesamtpreis laut Anlage K 1 16,6 %. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern dies eine Schwerpunktbildung bei der Montage darstellen soll, selbst wenn man den vom Erstgericht unangegriffen festgestellten (aber bestrittenen) Sachvortrag des Klägers zu umfangreichen Installationsarbeiten des Beklagten als richtig unterstellt.
2. Selbst bei Vorliegen eines Werkvertrages läge kein Bauwerk im Sinne des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. vor, weshalb auch insoweit nur eine zweijährige Verjährungsfrist (§ 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F.) gegeben wäre (und auch eine fünfjährige Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. nicht in Betracht kommt):
a) Das Werk stellt dann ein Bauwerk dar, wenn es in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden. Für die Zuordnung einer Werkleistung zu den Arbeiten bei Bauwerken ist neben der Bestimmung zur dauernden Nutzung die für Bauwerke typische Risikolage entscheidend, welche der Grund für die längere Verjährungsfrist ist. In den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist als Begründung für die fünfjährige Verjährung angegeben, dass Mängel bei Bauwerken häufig erst spät erkennbar werden, jedoch regelmäßig innerhalb von fünf Jahren auftauchen. Es geht dabei typischerweise um die späte Erkennbarkeit von Mängeln aus Gründen der Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie der Witterung und Nutzung andererseits (BGH, Urteil vom 02.06.2016, VII ZR 348/13, WM 2016, 1806, 1808, Randziffer 19). Der Ausdruck Bauwerk beschreibt dabei nach der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB a.F. erfahren hat, nicht nur die Ausführung des Baus als Ganzem, sondern auch die Herstellung der einzelnen Bauteile und Bauglieder, und zwar unabhängig davon, ob sie äußerlich als hervortretende, körperlich abgesetzte Teile in Erscheinung treten. Daraus folgt, dass eine Kaufsache aus verschiedenen Gründen als für ein Bauwerk verwendet angesehen werden kann, nämlich dann, wenn sie selbst als Bauwerk einzustufen ist, oder wenn sie Bauteil oder Bauglied einer Sache ist, die ihrerseits die Kriterien eines Bauwerks erfüllt, und schließlich, wenn die Sache, deren Teil oder Glied die Kaufsache ist, zwar selbst kein Bauwerk ist, jedoch ihrerseits Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks ist (BGH, Urteil vom 24.02.2016, VIII ZR 38/15, NJW 2016, 2645, 2648 f., Randziffer 45).
b) Hier muss zunächst beachtet werden, dass die Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung nicht mehr uneingeschränkt herangezogen werden kann, da diese Vorschrift auch Arbeiten bei Bauwerken einschließt, was bei § 634 a Abs. 1 Nr. 2 und § 438 Abs. 1 Nr. 2 a BGB jeweils in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung nicht mehr ohne Weiteres der Fall ist.
c) Selbständiges Bauwerk ist die Einbauküche nach obigen Grundsätzen nicht.
d) Sie ist aber auch kein Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks: Die Einbauküche mag über Wasserzulaufleitungen, Abwasserrohr, Elektroanschlüsse (hier schon nicht zwingend) und gegebenenfalls über Zierleisten fest mit dem Mauerwerk des Anwesens des Klägers verbunden sein. Sie kann aber ohne großen Aufwand von diesem wieder getrennt werden, so dass es an einem Bauglied des Anwesens des Klägers fehlt. Ferner treten typische Fehler kaum erst, wie bei Bauwerken, nach 5 Jahren auf (je nach Nutzungsintensität unterliegt eine Küche innerhalb von 5 Jahren im Wesentlichen einem nicht unbeträchtlichen Verschleiß).
3. Dem steht das Urteil des BGH vom 15.02.1990 (VII ZR 175/89, WM 1990, 996) nicht entgegen, da § 651 BGB in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung einen anderen Regelungsbereich umfasst als die bis 31.12.2001 geltende Vorgängervorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2009, VII ZR 151/08, WM 2009, 1901, 1902, Randziffer 15).
4. Damit sind etwaige Gewährleistungsansprüche an der spätestens 2013 eingebrachten Arbeitsplatte bei Klageeingang am 11.04.2017 längst verjährt gewesen (§ 214 Abs. 1 BGB).
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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