Aktenzeichen M 11 SN 16.3063
Leitsatz
Die Annahme eines Verstoßes von Stellplätzen und Garagen gegen das Gebot der Rücksichtnahme erfordert immer eine Betrachtung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (BVerwG BeckRS 2003, 23104). (redaktioneller Leitsatz)
Relevante Umstände des Einzelfalls, die belastend wirken, sind zB eine überlange Zufahrt entlang der Grundstücksgrenze, eine besonders ungünstige steile Zufahrt zu den Stellplätzen und die entsprechenden Höhenverhältnisse zu den Wohnräumen, eine besonders beengte Situation, die zu vermehrtem Rangieraufwand führt („enge Hoflage“), sowie eine Massierung von Stellplätzen auf der dem ruhigeren und besonders schützenswerten Bereich des Grundstücks des Nachbarn zugewandten Seite. Umstände, die Belästigungen vermindern bzw. abschwächen, sind hingegen u.a. eine Anordnung, die eine Massierung vermeidet, der Verzicht auf Stellplätze zugunsten einer Tiefgarage oder Lärmschutzmaßnahmen an der Grundstücksgrenze ( vgl. BVerwG BeckRS 2003, 23104). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 11.250,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren einstweiligen Rechtsschutz gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung in der Gestalt einer Tekturgenehmigung.
Die Antragsteller sind Miteigentümer des Grundstücks Fl. Nr. … der Gemarkung … … …. Unmittelbar südlich hieran grenzt das im Eigentum des Beigeladenen stehende, im Moment unbebaute Grundstück Fl. Nr. … an. Auf den Grundstücken Fl. Nr. …, Fl. Nr. … und Fl. Nr. …, die östlich bzw. südöstlich des Grundstücks der Antragsteller gelegen sind und im Süden (Fl. Nr. …) bis hinter das Grundstück Fl. Nr. … reichen, betreibt der Beigeladene mit Familienangehörigen ein Möbelhaus. Das südlich hinter Grundstück Fl. Nr. … und Fl. Nr. … gelegene Grundstück Fl. Nr. … des Beigeladenen ist im Moment ebenfalls unbebaut. Unmittelbar westlich der Grundstücke Fl. Nr. … und …, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, befinden sich die Grundstücke Fl. Nr. … und Fl. Nr. …, auf denen der Beigeladene mit Familienangehörigen eine Schreinerei betreibt.
Sämtliche der genannten Grundstücke befinden sich im Innenbereich. Ein Bebauungsplan existiert nicht. Auf dem Grundstück Fl. Nr. …, südlich bzw. südöstlich des Grundstücks Fl. Nr. …, befindet sich die …Kirche samt Pfarrhaus. Östlich hiervon, im Abstand von ca. 20 m, befindet sich das Bahngelände. Auf dem Grundstück Fl. Nr. … befindet sich, neben dem Möbelhaus der Familie des Beigeladenen, noch eine Fahrschule. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, im Bereich der Schreinerei der Familie des Beigeladenen, befindet sich noch ein weiterer Gewerbebetrieb. Nördlich des Grundstücks Fl. Nr. … bzw. des Grundstücks der Antragsteller schließt sich ausschließlich Wohnbebauung an.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2010 erteilte das Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) dem Beigeladenen, sowie den damals ebenso als Miteigentümer und Mitbauherrn beteiligten Familienmitgliedern des Beigeladenen, … und … …, den Vorbescheid zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage auf Grundstück Fl. Nr. …. Zulässig ist demnach eine Bebauung mit einem Wohn- und Geschäftshaus mit einer Länge von 21,30 m und einer Breite von 10m, mit einer Höhenentwicklung EG + OG + zurückgesetztes Dachgeschoss sowie mit einer Dachneigung von 20 bis 30 Grad. Eine unterirdische Tiefgarage im gesamten Grundstücksbereich mit einer überdeckten Rampe mit max. 9 m an der nördlichen Grundstücksgrenze ist zulässig. Die Nutzung des Kellergeschosses als Tiefgarage und Lager, des Erdgeschosses als Möbelausstellung und Laden sowie des Ober- und Dachgeschosses als Wohnungen ist möglich, ebenso eine geschwungene Form für die Anlieferung als Anbau an den Altbau. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung richte sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Die gegen den Vorbescheid gerichteten Klagen des Antragstellers zu 2) (Az.: M 11 K 10.966) sowie der übrigen Antragsteller (Az.: M 11 K 10.1228) wurden vom Verwaltungsgericht München jeweils durch Urteil vom 12. Mai 2011 abgewiesen. Den Antrag auf Zulassung der Berufung des Antragstellers zu 2) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. August 2013 ab (Az.: 1 ZB 11.1738).
Unter dem 22. Mai 2015 beantragte der Beigeladene, zusammen mit den damaligen Mitbauherrn, seinen Familienangehörigen … und … …, die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgarage auf Grundstück Fl. Nr. … sowie einer teilweisen Aufstockung der Möbelhalle und eines Anbaus mit einem Pellets-Lagerkeller im Kellergeschoss und einem Bistro im Erdgeschoss auf Grundstück Fl. Nr. ….
Mit Schreiben vom 7. Juli 2015 erteilte die Gemeinde … nach vorheriger Beschlussfassung ihres Bauausschusses zu dem Vorhaben das Einvernehmen.
Das auf Grundstück Fl. Nr. … geplante Wohn- und Geschäftshaus soll gemäß den Angaben des Beigeladenen aus vier Geschossen bestehen. Im Kellergeschoss soll sich eine Tiefgarage mit 14 Stellplätzen und komplett eingehauster Ausfahrt in Richtung …-Straße befinden. Die Tiefgarageneinfahrt soll aus einer ca. 3 m breiten und ca. 9 m langen, überdachten Rampe bestehen, deren nördliche Außenwand direkt an der Grenze zum Grundstück Fl. Nr. … der Antragsteller liegen soll. Die Grundstücksgrenze soll durch eine ca. 2,20 m hohe Grenzmauer eingefriedet werden. Im Erdgeschoss ist eine Arztpraxis für Allgemeinmedizin vorgesehen. Deren Sprechzeiten sind von Montag bis Freitag von 8:00 bis 16:00 Uhr, Hausbesuche sollen von hier nicht stattfinden. Das Obergeschoss und das Dachgeschoss sollen aus insgesamt vier Wohneinheiten bestehen. Für die Bestandsnutzung des Möbelhauses sind bereits 16 Stellplätze vorhanden. Wegen des Vorhabens sollen aufgrund der Stellplatzsatzung der Gemeinde … 17 zusätzliche Stellplätze nachgewiesen werden. Die 14 Stellplätze in der Tiefgarage sowie die oberirdischen Stellplätze auf dem Grundstück Fl. Nr. … sind ausschließlich für dessen Anwohner sowie Personal und Patienten der Arztpraxis vorgesehen. Zusätzliche Stellplätze für die Arztpraxis und für Wohnmieter sollen zudem entlang der Straße vor dem Grundstück Fl. Nr. … sowie auf den Grundstücken auf der anderen Straßenseite (Fl. Nr. … und Fl. Nr. …), vor der Schreinerei der Familie des Beigeladenen geschaffen werden. Zudem soll die Möbelhalle auf dem Grundstück Fl. Nr. … im Bereich östlich des Grundstücks Fl. Nr. … aufgestockt sowie auf dem Grundstück Fl. Nr. … im Bereich südlich des Grundstücks Fl. Nr. … ein kleiner Anbau an das Bestandsgebäude erfolgen, der im Erdgeschoss ein Bistro und im Kellergeschoss einen Lagerraum für Pellets enthalten soll.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2015 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen sowie den damals noch beteiligten weiteren Bauherrn … und … … die beantragte Baugenehmigung unter verschiedenen Auflagen.
Der Bescheid wurde den Antragstellern jeweils am 16. Oktober 2015 zugestellt.
Die Antragsteller ließen durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 16. November 2015, bei Gericht eingegangen am selben Tage, Klage gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2015 erheben (Az.: M 11 K 15.5133).
Unter dem 15. Dezember 2015 reichte der Beigeladene einen Tekturantrag ein, nach dem die auf dem Grundstück Fl. Nr. … geplante Tiefgarageneinfahrt um 3,26 m nach Süden sowie um 5 m nach Osten verschoben werden und nun direkt am geplanten Gebäude anliegen solle. Zudem sollen durch das Abrücken der Tiefgarageneinfahrt von der Grenze des Grundstücks Fl. Nr. … auf dem damit entstehenden Platz in diesem Bereich sieben oberirdische Stellplätze entlang der Grundstücksgrenze geschaffen werden. Die ursprünglich vorgesehene Einfriedung ist nicht mehr vorgesehen. Zudem wurde seitens des Beigeladenen dem Antragsgegner mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 mitgeteilt, dass er zwischenzeitlich Alleineigentümer und damit alleiniger Bauherr geworden sei.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 erteilte die Gemeinde …, als Angelegenheit der laufenden Verwaltung, zu der beantragten Tekturgenehmigung das Einvernehmen.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2016 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen die beantragte Tekturgenehmigung.
Der Bescheid wurde den Antragstellern jeweils am 30. Januar 2016 zugestellt.
Die Antragsteller ließen durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 26. Februar 2016, bei Gericht eingegangen am selben Tage, ebenfalls Klage gegen den Bescheid vom 28. Januar 2016 erheben (Az.: M 11 K 16.956).
Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 teilte der Beigeladene dem Landratsamt mit, dass die Baumaßnahmen für den Anbau des Bistros und die Aufstockung der Möbelhalle bis auf weiteres nicht durchgeführt würden.
Unter dem 2. Juni 2016 stellte der Beigeladene einen zweiten Tekturantrag, gemäß dem die Aufzugüberfahrt über Dach auf dem geplanten Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück Fl. Nr. … entfallen solle, wodurch die Abstandsflächen zum Grundstück der Antragsteller hin eingehalten seien.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2016 erteilte die Gemeinde …, als Angelegenheit der laufenden Verwaltung, zu der beantragten zweiten Tekturgenehmigung das Einvernehmen.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2016 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen die beantragte zweite Tekturgenehmigung.
Der Bescheid wurde der Antragstellerin zu 4) am 2. Juli 2016, den übrigen Antragstellern jeweils am 4. Juli 2016 zugestellt.
Die Ausführung des Vorhabens auf Grundstück Fl. Nr. …, die mittlerweile begonnen hat, erfolgt entsprechend der zweiten Tekturgenehmigung vom 30. Juni 2016.
Die Antragsteller ließen durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 12. Juli 2016 den Bescheid vom 30. Juni 2016 in das Klageverfahren M 11 K 16.956 einbeziehen und beantragten im selben Schreiben außerdem,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 28. Januar 2016, in Gestalt des Baugenehmigungsbescheids vom 30. Juni 2016, anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass durch die Verwirklichung des Vorhabens – jedenfalls ohne die Errichtung der in der ursprünglichen Planung vorgesehenen Grenzmauer – das Rücksichtnahmegebot in drittschschützender Art und Weise verletzt werde. Auch in ihrer geänderten Anordnung würden durch die Tiefgarageneinfahrt sowie die sieben oberirdischen Stellplätze nahe der Grenze zum Grundstück der Antragsteller unzumutbare Abgas- und v.a. Lärmimmissionen hervorgerufen, insbesondere durch den An- und Abfahrtsverkehr der im Erdgeschoss geplanten Arztpraxis, bei der von einem hohen An- und Abfahrtsverkehr ausgegangen werden müsse. Die gemäß der Tekturgenehmigung vom 28. Januar 2016 neue Anordnung der Tiefgarageneinfahrt sei noch ungünstiger, da die Öffnung der Tiefgarage nun direkt gegenüber dem Wohnhaus auf dem Grundstück der Antragsteller liege. Durch die Zufahrt zu den oberirdischen Stellplätzen, die nun unmittelbar an der Grundstücksgrenze verlaufe, würden neue Rangierflächen mit entsprechend hohem Lärmaufkommen durch parkende und rangierende Autos entstehen. Zudem sei zu vermuten, dass auch Lkws diese Zufahrt benutzen würden, da davon ausgegangen werden müsse, dass der Beigeladene auf diesen Parkflächen Ladearbeiten für seinen Betrieb verrichten würde. Die grundsätzliche Zulässigkeit von Stellplätzen nach § 12 Abs. 2 BauNVO ändere nichts daran, dass Stellplätze dennoch im Einzelfall, aufgrund der Eigenart des Baugebiets, nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig sein können. Gerade Stellplätze, die in rückwärtigen, bisher ruhigen Gartenbereichen errichtet werden, würden rechtlichen Bedenken begegnen. Der Zufahrtssituation komme hierbei besondere Bedeutung zu, da der An- und Abfahrtsverkehr die Nachbarschaft regelmäßig am stärksten belaste. Vor allem bei einer bislang ruhigen Wohnumgebung, die nicht von Verkehrslärm vorbelastet sei, verstoße eine überlange Zufahrt, die Störungen in die rückwärtigen, obigen Grundstücksbereiche hineintrage, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, auch derjenigen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, gegen das Rücksichtnahmegebot. Daher sei auch vorliegend ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gegeben, da das nach Süden bzw. Osten ausgerichtete Grundstück der Antragsteller über einen rückwärtigen, bisher ruhigen Gartenbereich verfüge. Durch das geplante Wohn- und Geschäftshaus auf Grundstück Fl. Nr. … entstünde, nicht zuletzt aufgrund der geplanten Arztpraxis, ein erhöhter An- und Abfahrtsverkehr, der sich künftig intensiv im Bereich der geplanten Tiefgaragenzufahrt sowie im rückwärtigen Bereich, zu und von den dort entlang der Grenze vorgesehenen Stellplätzen, niederschlagen werde. Die immissionsschutzrechtlichen Beurteilungen des Vorhabens vom 12. Mai 2016 bzw. vom 5. August 2016 seien insofern nicht belastbar, als das Landratsamt von einer zu geringen Wechselfrequenz für die Stellplätze ausgegangen sei. Auf die frühere Nutzung des Vorhabengrundstücks komme es für die Beurteilung etwaiger Unzumutbarkeit nicht an, sondern nur auf die gegenwärtig geplante Nutzung. Zudem halte das Vorhaben auf dem Grundstück Fl. Nr. … die vorgeschriebenen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO nicht ein.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hält an seinem Bescheid fest. Im Wesentlichen brachte er vor, dass Garagen gemäß § 12 Abs. 1 BauNVO grundsätzlich in allen Baugebieten zulässig seien, Nachbarn die hiervon ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen hätten und daher die Auswirkungen der Tiefgaragenanlage und der oberirdischen Stellplätze, die aufgrund der Stellplatzpflicht für die zulässige Wohn- und Geschäftsnutzung errichtet werden, grundsätzlich zu dulden seien. Das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltene Rücksichtnahmegebot sei vorliegend nicht verletzt, da immissionsschutzrechtliche Beurteilungen des Vorhabens vom 12. Mai 2016 bzw. vom 5. August 2016 zu dem Ergebnis kämen, dass selbst bei Zugrundelegung einer rein gewerblichen, sich allein durch die Arztpraxis und das Möbelhaus ausgestalteten Nutzung der 14 Stellplätze in der geplanten Tiefgarage die Immissionsrichtwerte für allgemeine und besondere Wohngebiete (WA bzw. WB) für Tagzeiten (6:00 – 22:00 Uhr) um mindestens 10 dB(A) unterschritten würden. Aus diesem Grund könne auch dahinstehen, ob es sich bei der näheren Umgebung des Vorhabens um ein faktisches Mischgebiet oder um eine Gemengelage handele. Die tagsüber von den im Hof des Baugrundstücks und entlang der Straße angeordneten Stellplätzen ausgehenden Immissionen seien aus schalltechnischer Sicht nicht relevant. Die ursprünglich vorgesehene, im Tekturantrag entfallene Einfriedung an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller sei aus immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht zu fordern.
Der Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er bringt im Wesentlichen vor, dass der Antrag bereits mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig sei, da die Ausführung des Bauvorhabens als solches ohne Einfluss auf die zu den Außenanlagen zählenden Stellplätze sei, die erst nach Fertigstellung genutzt würden. Somit drohe keine konkrete unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller in den nächsten Monaten. Zudem würden durch die Umsetzung des der Planung zugrunde liegenden Stellplatzkonzeptes keine unumkehrbaren Zustände geschaffen. Auch ergebe sich die Zulässigkeit des Stellplatzkonzepts bereits aus dem bestandskräftigen Vorbescheid, in dem die Zulässigkeit des Bauvorhabens und damit auch der hierfür nötigen Stellplätze festgestellt worden sei, so dass der – grundsätzlich auf dem Baugrundstück zu deckende Stellplatzbedarf – aus der Garagen- und Stellplatzsatzung der Gemeinde … folge. Jedenfalls sei das Rücksichtnahmegebot nicht in nachbarschützender Weise verletzt. Aufgrund der Beschaffenheit der näheren Umgebung, die als faktisches Mischgebiet, zumindest aber keinesfalls als reines oder allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Grundstück der Antragsteller über eine derart ruhige Wohnlage verfüge, dass die streitgegenständliche geplante Tiefgaragenzufahrt bzw. die oberirdischen Stellplätze unzumutbare Beeinträchtigungen hervorrufen würden. Vielmehr bestünde seit jeher auch Gewerbenutzung in der näheren Umgebung, so dass ein gewisser An- und Abfahrtsverkehr der Eigenart der näheren Umgebung nicht widerspreche. Auch seien zum Grundstück der Antragsteller hin hauptsächlich Stellplätze für Personal der Arztpraxis und Anwohner des Vorhabengrundstücks vorgesehen, so dass hier von einer geringfügigen Wechselfrequenz auszugehen sei, die selbst in einem allgemeinen Wohngebiet hinzunehmen wäre. Auch erfolge durch die Tiefgarage eine Bündelung der Ein- und Ausfahrten, die regelmäßig keine unzumutbaren Belastungen verursache, da der störende Lärm größtenteils nach innen verlegt werde. Auch sei die Tiefgarageneinfahrt um 3 m von der Grundstücksgrenze abgerückt worden. Auch sei eine Vorbelastung mit entsprechender Nutzung gegeben, da das Grundstück Fl. Nr. … bis zum Jahre 2002 mit einem Gebäude mit einem Architekturbüro und Wohnnutzung bebaut gewesen sei. Nach alldem seien keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen zu befürchten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch diejenigen des zugehörigen Klageverfahrens (M 11 K 16.956) sowie der Verfahren M 11 K 15.5133, M 11 K 10.966, M 11 K 10.1228 und die vorgelegten Behördenakten, einschließlich der Bauvorlagen, Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg, da er zwar zulässig, aber unbegründet ist.
1. Der Antrag ist zulässig.
Da nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 212 a Abs. 1 BauGB die Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen die bauaufsichtliche Genehmigung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung hat, ist der Antrag nach §§ 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO statthaft.
Die Antragsteller sind entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO auch antragsbefugt. Sie sind jeweils als Miteigentümer des direkt an das Grundstück des Beigeladenen angrenzenden Grundstücks unzweifelhaft Nachbarn im baurechtlichen Sinne. Auch erscheint es nicht von vornherein unter jedem erdenklichen Blickwinkel ausgeschlossen, dass das Vorhaben das Rücksichtnahmegebot, das u. a. über § 34 Abs. 1 BauGB („Einfügen“) im Einzelfall nachbarschützende Wirkung entfalten kann, verletzt.
Auch ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller zu bejahen. Dass sich die Antragsteller zur Begründung ihres Antrags und ihrer Klage im Wesentlichen auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots durch das Parkplatzkonzept berufen und dass in den nächsten Monaten, vor Inbetriebnahme der Parkplätze, keine unzumutbaren Beeinträchtigungen drohen, lässt nicht bereits das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezogen auf das geplante Wohn- und Geschäftshaus entfallen. Dies folgt daraus, dass es sich um ein einheitliches Vorhaben handelt. Die einzelnen Bestandteile können nicht in sinnvoller Art und Weise getrennt voneinander betrachtet und beurteilt werden, da die Stellplätze und die Tiefgarage gerade dem zu errichtenden Wohn- und Geschäftshaus dienen sollen. Auch ist die Ausführung des Bauvorhabens nicht ohne Einfluss auf die zu den Außenanlagen zählenden Stellplätze, da eine Änderung der Stellplatz- sowie der Zufahrtssituation für die Tiefgarage nach Fertigstellung des Hauptgebäudes kaum mehr möglich sein wird, so dass die Antragsteller sich gegen das Vorhaben insgesamt wenden müssen. Schließlich ist es, entgegen der Rechtsauffassung des Beigeladenen, möglich, gegen das Vorhaben noch während der Bauphase, bereits im Hinblick auf die künftige Nutzung vorzugehen. Die Regelung des § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO würde ihr Ziel, das in der Vermeidung der Schaffung endgültiger Zustände und künftiger rechtswidriger Beeinträchtigungen besteht, verfehlen, wenn ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung allein wegen fehlender aktueller Betroffenheit unzulässig wäre, da in der Bauphase naturgemäß der Betrieb einer noch zu errichtenden Anlage weder möglich noch vorgesehen ist.
2. Der Antrag ist allerdings unbegründet.
Die im Rahmen des § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 VwGO anzustellende Interessenabwägung fällt zulasten der Antragsteller aus.
Gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 80 a Abs. 1 Nr. 2, § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage eines Dritten gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, der gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt, aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen.
Hierzu hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen zu dürfen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 a, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B. v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 -, BayVBl. 1991, 720). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen nach vorläufiger Betrachtung als voraussichtlich erfolglos, ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, findet eine reine Interessenabwägung statt.
Die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Landratsamtes ergibt, dass der Rechtsbehelf der Antragsteller in der Hauptsache aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird.
Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall, dass Nachbarn – wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt – eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiven-öffentlichen Recht verletzt werden. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Eine baurechtliche Nachbarklage kann allerdings auch dann Erfolg haben, wenn ein Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (BVerwGE 52, 122).
Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt voraussichtlich keine Nachbarrechte der Antragsteller.
a) Zunächst kann offen bleiben, ob das Vorhaben tatsächlich die Abstandsflächen verletzt, da eine Verletzung von Nachbarrechten nur insoweit in Betracht kommt, als die gerügte Rechtsverletzung Gegenstand des Prüfprogramm im Bauaufsichtsverfahren war (BayVGH, B. v. 22.06.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 21). Vorliegend gehört die Einhaltung der Abstandsflächen jedoch nicht zum Prüfprogramm nach Art. 59 BayBO, da es sich bei dem Vorhaben nicht um einen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt.
b) Auch können sich die Antragsteller nicht auf eine Verletzung ihrer nachbarlichen Rechte mit der Begründung berufen, dass sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 BauGB i. V. m. der Baunutzungsverordnung (BauNVO) seiner Art nach nicht in die nähere Umgebung einfügt, da ihnen kein faktischer Gebietserhaltungsanspruch zusteht.
Zwar wurde im Vorbescheid, der den Antragstellern erteilt wurde, die Zulässigkeit des Vorhabens seiner Art nach bescheinigt. Dem Vorbescheid kommt aber insoweit voraussichtlich keine Bindungswirkung mehr zu, da darin die Zulässigkeit eines Geschäftshauses mit einer Möbelhalle im Erdgeschoss bejaht wurde, der Beigeladene nunmehr aber die Baugenehmigung für ein Geschäftshaus mit einer Arztpraxis im Erdgeschoss erhalten hat. Da eine Arztpraxis andere bodenrechtliche Fragen als eine Möbelhalle aufwirft und die Genehmigungsfrage somit neu gestellt werden musste, ist die Bindungswirkung des Vorbescheids hierdurch voraussichtlich entfallen.
Demnach wäre grundsätzlich Raum für einen nachbarschützenden Anspruch hinsichtlich der Art des geplanten Vorhabens gegeben. Voraussetzung hierfür ist nach § 34 Abs. 2, 1. Hs. BauGB aber, dass die Eigenart der näheren Umgebung des Vorhabens einem der in den §§ 1 Abs. 2, 2 bis 9 BauNVO genannten Baugebiete entspricht. Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Bereits im Klageverfahren der Antragsteller gegen den dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid ging das Verwaltungsgericht München im Urteil vom 12. Mai 2011 davon aus, dass die nähere Umgebung keinem Baugebiet der Baunutzungsverordnung entspricht, sondern vielmehr eine Gemengelage vorliegt. Aufgrund der Aktenlage ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes notwendigen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht davon auszugehen, dass sich an dieser Beurteilung etwas geändert hat. Ab dem Grundstück der Antragsteller schließt sich in nördlicher Richtung ausschließlich Wohnbebauung an. Südlich und östlich des Vorhabengrundstücks befindet sich das Grundstück Fl. Nr. …, auf dem der Beigeladene mit Familienangehörigen eine Möbelhalle betreibt. Zudem ist im Internet ersichtlich, dass unter derselben Adresse wie die Möbelhalle des Beigeladenen auch eine Fahrschule eingetragen ist. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befinden sich die Schreinerei der Familie des Beigeladenen sowie ein Getränkemarkt. All dies ist im Umgriff des Grundstücks der Antragsteller und dem Hauptvorhabengrundstück gelegen. Es darf auch nicht allein auf die sich nördlich anschließende Wohnbebauung abgestellt werden, da dies eine einseitige Betrachtung darstellen würde, die Anlagen der näheren Umgebung außer Betracht lassen würden, die sich wesentlich auf das Grundstück der Antragsteller auswirken. Nach alldem ist die nähere Umgebung sowohl durch Wohnnutzung, als auch durch gewerbliche Nutzung geprägt. Einer Kategorisierung als reines Wohngebiet (§ 3 BauNVO), als allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) oder als Mischgebiet (§ 6 BauNVO) stehen hierbei aber insbesondere die sehr nahe gelegene Möbelhalle sowie die Schreinerei des Beigeladenen bzw. seiner Familie entgegen, da es sich hierbei nach der anzuwendenden typisierenden Betrachtungsweise (Hornmann, in: Spannowsky/Hornmann/Kämper, Beck’scher Online-Kommentar Baunutzungsverordnung, 5. Edition, Stand 01.06.2016, Rn. 50) um Gewerbebetriebe handelt, die das Wohnen wesentlich stören. Der mit einer Möbelhalle und einer Schreinerei verbundene An- und Abfahrtsverkehr sowohl bezogen auf Kunden, als auch auf Materialan- und -abtransport hat typischerweise das Potential, das Wohnen wesentlich zu stören (VGH Baden-Württemberg, U. v. 29.11.1978, III 2914/78 – juris Rn. 25: Die Genehmigung eines Möbellagers verstößt gegen die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets aufgrund des damit verbundenen Schwerlastverkehrs). Zudem ist gerade bei einer Schreinerei im Rahmen ihres Betriebs, aufgrund der Holzverarbeitung, typischerweise mit Geräuschemissionen, die das Wohnen wesentlich stören, insbesondere durch elektrische Sägen u.ä. zu rechnen (BayVGH, U. v. 22.07.2004 – 26 B 04.931 – juris Rn. 23; dort sogar Unzulässigkeit einer Ein-Mann-Schreinerei; VG Würzburg, U. v. 09.10.2014 – W 5 K 13.140 – juris Rn. 27: Grundsätzliche Unzulässigkeit von Schreinereien in Wohngebieten wegen Geräusch- und Staubemissionen; siehe hierzu auch: OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 09.10.2003 – 10 a D 55/01.NE – juris Rn. 89: Unzulässigkeit eines Küchenbaubetriebs mit eigener Schreinerei in einem Mischgebiet). Das Vorhandensein zweier Gewerbebetriebe, die das Wohnen wesentlich stören, in nächster Nähe zum Grundstück der Antragsteller und dem Hauptvorhabengrundstück schließt mithin das faktische Vorliegen eines der genannten Baugebiete im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB aus.
c) Ob das Vorhaben, dessen bauplanungsrechtliche Zulässigkeit aufgrund seiner Lage im unbeplanten Innenbereich und der vorliegenden Gemengelage allein nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist, die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt, kann dahinstehen. Aufgrund der Aktenlage ist es sehr wahrscheinlich, dass das Vorhaben sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die nähere Umgebung einfügt, da sich all dies im Rahmen der Umgebungsbebauung hält und insbesondere die Arztpraxis nach ihrer Art nach überschlagsmäßiger Prüfung als Raum für die Ausübung eines freien Berufs nach § 13 BauNVO, samt den zugehörigen Stellplätzen nach § 12 Abs. 2 BauNVO sogar in einem reinen Wohngebiet zulässig wäre. Dies bedarf aber letztlich keiner weiteren, nicht einmal summarischen Prüfung, da § 34 Abs. 1 BauGB nämlich keinen unmittelbaren Drittschutz vermittelt (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 13. Auflage 2016, Vorbemerkungen zu den §§ 29 bis 38 BauGB, Rn. 69). Die Antragsteller können die Baugenehmigung also nicht mit der bloßen Begründung angreifen, dass sich das Vorhaben nicht gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfügt, wenn dieses Nichteinfügen nicht zugleich die Schwere eines Verstoßes gegen das im Einzelfall Drittschutz vermittelnde Rücksichtnahmegebot erreicht.
d) Schließlich wird auch das Rücksichtnahmegebot nicht in drittschützender Art und Weise durch das streitgegenständliche Vorhaben verletzt.
Aus dem Gebot des ´“Sich-Einfügens“ des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB folgt, dass jedes Vorhaben in Bezug auf die in § 34 Abs. 1 Satz 1 genannten Merkmale, unter denen das Einfügen zu prüfen ist, nämlich Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubare Grundstücksflächen, die gebotene Rücksicht auf seine Umgebung zu nehmen hat (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 13. Auflage 2016, Vorbemerkungen zu den §§ 29 bis 38 BauGB, Rn. 69). Danach kann sich ein Vorhaben, und zwar selbst wenn es sich nach allen in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Merkmalen im Rahmen seiner Umgebung hält, dennoch nicht in seine Umgebung einfügen, wenn es im Einzelfall die gebotene Rücksicht auf v.a. die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt (Jäde/Dirnberger/Weiss, Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung, 7. Auflage, 2013, § 34 BauGB, Rn. 93).
Zu beachten ist, dass die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme begründet, wesentlich von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt einer Interessenabwägung im Einzelfall entscheidende Bedeutung zu, wobei demjenigen, der sein Grundstück in einer sonst zulässigen Weise baulich nutzen will, insoweit ein Vorrang zukommt, als er berechtigte Interessen nicht deshalb zurückzustellen braucht, um gleichwertige fremde Interessen zu schonen (Jäde/Dirnberger/Weiss, Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung, 7. Auflage 2013, § 29 BauGB, Rn. 76). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme in drittschützender Art und Weise kann aber nur dann bejaht werden, wenn die Beeinträchtigungen, denen die Antragsteller durch das Vorhaben ausgesetzt werden, nicht nur lästig, sondern unzumutbar sind.
Unter Zugrundelegung des oben Genannten liegt ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch das Stellplatzkonzept des Vorhabens, entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller, aller Voraussicht nach nicht vor.
Zu berücksichtigen ist zum einen, dass der Beigeladene aller Wahrscheinlichkeit nach sein Grundstück in objektivrechtlicher Weise zulässig nutzt. Das geplante Wohn- und Geschäftshaus mit der Arztpraxis im Erdgeschoss wäre voraussichtlich der Art nach sogar in einem reinen Wohngebiet zulässig. Umso mehr stößt es in der tatsächlich vorhandenen Gemengelage insoweit auf keine Bedenken.
Zudem liegt eine immissionsschutzrechtliche Stellungnahme des Landratsamts vor, die, um Bedenken der Antragsteller Rechnung zu tragen, selbst unter Zugrundelegung der Nutzung der Tiefgarage ausschließlich durch Kunden der Arztpraxis bzw. des Möbelhauses, also ausschließlich gewerblicher Nutzung, darlegt, dass selbst die Grenzwerte der TA-Lärm für ein reines Wohngebiet um mehr als 10 dB(A) unterschritten werden und auch eine Einfriedung aus schallschutztechnischer Sicht nicht nötig sei. Warum diese immissionsschutzrechtliche Stellungnahme nicht belastbar sein soll, vermögen die Antragsteller nicht ausreichend darzulegen. Die Stellungnahme vom August 2016 geht von einer hohen Wechselfrequenz, nämlich einem halbstündigen Wechsel mit 14 An- und Abfahrbewegungen in die Tiefgarage bzw. auf die oberirdischen Stellplätze, mithin 28 Fahrbewegungen pro Stunde in der Zeit von 06:00 bis 22:00 Uhr aus. Angesichts der Ausmaße der gewerblichen Betriebe vor Ort ist nicht nachvollziehbar, dass diese Grundparameter zu niedrig gegriffen sind. Zudem ist zu berücksichtigen, dass laut der Betriebsbeschreibung des Beigeladenen die Arztpraxis nur Montag bis Freitag von 08:00 bis 16:00 Uhr geöffnet ist und keine Hausbesuche von dort aus stattfinden sollen. Das Möbelhaus ist Montag bis Freitag von 09:00 bis 18:30 Uhr und Samstag von 09:00 bis 14:00 Uhr geöffnet. Mithin halten sich auch die Öffnungszeiten der Betriebe, für deren Anfahrt die Stellplätze möglicherweise genutzt werden, in einem vergleichsweise geringen Rahmen.
Auch die Befürchtung, die Zufahrt entlang ihrer Grundstücksgrenze werde für Anlieferungen für das Möbelhaus benutzt werden, vermögen die Antragsteller nicht nachvollziehbar darzulegen. Aus den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen, die Bestandteil der Baugenehmigung sind, ist nicht ersichtlich, dass eine Anlieferzone über die Einfahrt des Grundstücks Fl. Nr. …, entlang der Grenze des Grundstücks der Antragsteller geplant ist. Vielmehr zeigt sich, dass eine Anlieferzone wohl nicht geplant ist, da in den Bauvorlagen und Bauplänen zwischen der Stelle, an der sich die oberirdischen, über die geplante Zufahrt auf dem Grundstück Fl. Nr. … erreichbaren Stellplätze befinden und dem Möbelhaus eine Grünfläche vorgesehen ist und sich zudem unweit dieser Grünfläche die Müllhäuschen der Anlage befinden sollen. Den Anlieferverkehr, der das Möbelhaus, wie bisher, direkt ansteuert, haben die Antragsteller aufgrund der Vorbelastung ihres Grundstücks hinzunehmen.
Schließlich sind die Garage und die Stellplätze, entgegen der Auffassung der Antragsteller, auch nicht deshalb rücksichtslos, weil sie An- und Abfahrtsverkehr in einen ruhigen, hinter einem Wohnhaus gelegenen Gartenbereich hineintragen. Zwar können Garagen im Einzelfall dann unzulässig sein, wenn ihre Nutzung zu unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft führt. Dabei kommt der Zufahrt eine besondere Bedeutung zu, weil – jedenfalls bei Wohnbebauung – der Zu- und Abgangsverkehr die Nachbarschaft regelmäßig am stärksten belastet (BVerwG, B. v. 20.03.2003 – 4 B 59/02 – juris Rn. 6). Jedoch ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eine generelle Beurteilung derartiger Fälle nicht möglich, so dass die Annahme eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme immer eine Betrachtung sämtlicher Umstände des Einzelfalls erfordert (BVerwG, B. v. 20.03.2003 – 4 B 59/02 – juris Rn. 11). Relevante Umstände des Einzelfalls, die belastend wirken, sind z. B. eine überlange Zufahrt entlang der Grundstücksgrenze, eine besonders ungünstige steile Zufahrt zu den Stellplätzen und die entsprechenden Höhenverhältnisse zu den Wohnräumen, eine besonders beengte Situation, die zu vermehrtem Rangieraufwand führt („enge Hoflage“), sowie eine Massierung von Stellplätzen auf der dem ruhigeren und besonders schützenswerten Bereich des Grundstücks des Nachbarn zugewandten Seite (BVerwG, B. v. 20.03.2003, 4 B 59/02 – juris Rn. 12). Umstände, die Belästigungen vermindern bzw. abschwächen, sind hingegen u. a. eine Anordnung, die eine Massierung vermeidet, der Verzicht auf Stellplätze zugunsten einer Tiefgarage oder Lärmschutzmaßnahmen an der Grundstücksgrenze (BVerwG, B. v. 20.03.2003, 4 B 59/02 – juris Rn. 7).
Das Grundstück der Antragsteller befindet sich in einer näheren Umgebung, die sich als Gemengelage darstellt und ist somit, auch bezüglich durch Gewerbebetriebe hervorgerufenen An- und Abfahrtsverkehr, vorbelastet. Es handelt sich hierbei nicht um eine ruhige, schutzbedürftige Wohnlage in diesem Sinne, in die nun zum ersten Mal An- und Abfahrtsverkehr hineingetragen würde (vgl. BayVGH, B. v. 12.02.2014 – 15 ZB 13.417 – juris Rn. 18). Die Fälle, in denen eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots angenommen wurde, beziehen sich hingegen zumeist auf faktische Wohngebiete und sind damit mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Auch im Übrigen sind keine besonderen Umstände gegeben, die die Rücksichtslosigkeit der Zufahrtssituation begründen. Zur Ein- und Ausfahrt sind (anders als z. B. bei: VG München – M 8 SN 09.1996 – juris Rn. 49 ff.) keine aufwändigen Rangiervorgänge mit mehrmaligem Anfahren und Abbremsen aufgrund einer beengten Hoflage nötig. Auch befinden sich gerade einmal sieben Stellplätze oberirdisch entlang der Grundstücksgrenze, die zudem laut Betriebsbeschreibung hauptsächlich von den Mitarbeitern der Arztpraxis genutzt werden sollen, so dass hier ohnehin von wenigen Fahrbewegungen auszugehen ist. Auch ist die Zufahrt mit nur knapp über 20 m entlang der Grundstücksgrenze (anders, mit 75 m: BayVGH, B. v. 31.08.2001 – 1 CS 00.3527 – juris Rn. 47) verhältnismäßig kurz. Der weitaus größere Teil der an- und abfahrenden Fahrzeuge wird über die Tiefgaragenein- und -ausfahrt, die auch mit der 1. Tekturgenehmigung nochmals über 3 m von der Grundstücksgrenze der Antragsteller abgerückt ist, gebündelt und unter die Erde verlagert. Zudem ist gerade die Bündelung durch eine Tiefgarage ein Umstand, der gegen eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nachbarschaft spricht (BVerwG, B. v. 20.03.2003 – 4 B 59/02 – juris Rn. 7). Der Beigeladene hat somit auch bereits Maßnahmen ergriffen, um eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nachbarschaft durch seine zulässige Nutzung zu verhindern bzw. zu vermindern.
Nach alledem scheidet, unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, eine unzumutbare Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch das Stellplatzkonzept aus, da die hierdurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen nicht die Unzumutbarkeitsschwelle übersteigen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie §§ 154 Abs. 3 Hs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da letzterer sich durch die Stellung eines Sachantrags dem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Hälfte des voraussichtlich im Klageverfahren anzusetzenden Streitwerts, Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2013, Beilage 2. Zwar handelt es sich um vier Antragsteller, hinsichtlich der Antragsteller zu 1) und 2) ist jedoch wegen Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs (Rechtsgemeinschaft) nicht von einer Addition der Streitwerte auszugehen, anders als hinsichtlich der Antragsteller zu 3) und 4).