Baurecht

Verunstaltende Wirkung einer Werbeanlage

Aktenzeichen  AN 9 K 17.01533

Datum:
14.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14207
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 8 S. 2, Art. 68 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Eine 3,82 m breite und 2,82 m hohe Werbetafel verunstaltet die Gebäudefassade und damit das Straßenbild, wenn sie völlig außerhalb der durch die Fenster erzeugten architektonischen Gliederung liegt, überdimensioniert und deplatziert wirkt und damit die Gebäudeansicht stört. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; diese hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung.
Hinsichtlich der beantragten Baugenehmigung für eine Großflächenwerbetafel an der nordöstlichen Giebelwand des Gebäudes fehlt es hier am Sachbescheidungsinteresse. Wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, haben die Eigentümer des unmittelbar nordöstlich angrenzenden Nachbargrundstücks ihre Zustimmung zum Bauvorhaben verweigert und darauf hingewiesen, dass dieses ohne Betreten ihres Grundstücks weder verwirklicht noch in Zukunft betrieben werden könne. Damit fehlt der Klägerin dauerhaft die Möglichkeit, von einer eventuell erteilten Baugenehmigung in Zukunft Gebrauch machen zu können, so dass ein Sachbescheidungsinteresse für den entsprechenden Bauantrag nicht gegeben ist. Damit ist die Klage insoweit unbegründet.
Die an der südwestlichen Giebelwand geplante Werbeanlage verstößt gegen Art. 8 Satz 2 BayBO. Zwar gehört Art. 8 BayBO zum Bauordnungsrecht und damit nicht zum generellen Prüfungsumfang im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, allerdings hat sich die Beklagte gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BayBO im Bescheid und auch im Gerichtsverfahren auf diese Vorschrift berufen, so dass diese auch zum Gegenstand der behördlichen und gerichtlichen Prüfung geworden ist.
Art. 8 Satz 2 BayBO bestimmt, dass bauliche Anlagen das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten dürfen. Dabei ist anerkannt, dass das Straßenbild in Einzelfällen bereits dann verunstaltet sein kann, wenn ein architektonisch hervorgehobenes Gebäude, das Bestandteil des Straßenbilds ist, durch die bauliche Anlage verunstaltet wird (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2016 – 2 ZB 15.2503). In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger degradieren bzw. umfunktionieren (vgl. BayVGH, B.v. 24.9.2002 – 14 ZB 02.1849, VG Ansbach, U.v. 15.6.2016 – AN 9 K 15.00672), oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und es damit empfindlich stören. Dabei führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof speziell zur Beurteilung von Werbeanlagen an freien Giebelwänden aus, dass diese, auch wenn sie auffallen sollten und müssten, das Gesamtbild der Giebelwand nicht stören dürften.
Insbesondere auf Grund des durchgeführten Augenscheins geht das Gericht davon aus, dass die geplante Werbeanlage an ihrem Anbringungsort die Gebäudefassade und dadurch das Straßenbild verunstaltet. Die südwestliche Giebelseite des gegenständlichen Gebäudes weist hier durch die zwei Fensterreihen eine architektonische Gliederung auf, die durch die 3,82 m breite und 2,82 m hohe Werbetafel empfindlich gestört wird, vor allem indem – wie aus der in der Bauakte enthaltenen zeichnerischen Darstellung der Anlage auf der Giebelwand ersichtlich ist – diese völlig außerhalb der durch die Fenster erzeugten architektonischen Gliederung liegt, überdimensioniert und deplatziert wirkt und damit die Gebäudeansicht stört. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die vorhandene Gebäudewand für sich genommen keine besonders positive optische Wirkung besitzt. Durch den erhöhten Anbringungsort und die Größe der Werbeanlage sowie durch die Tatsache, dass südlich des Gebäudes mit der … eine freie Fläche folgt, wirkt die Werbeanlage auch in die Umgebung hinein und stört somit das Straßen- und Ortsbild. Damit ist die Werbeanlage hier nach Art. 8 Satz 2 BayBO unzulässig. Soweit sich die Beklagte im Ablehnungsbescheid auf weitere Ablehnungsgründe hinsichtlich dieser Werbeanlage berufen hat, sind diese nicht mehr relevant, da der Verstoß gegen Art. 8 Satz 2 BayBO für die Ablehnung des entsprechenden Bauantrags ausreicht.
Damit war die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161, 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwert wurde entsprechend der vorläufigen Festsetzung, gegen die keine Einwände erhoben wurden und unter Heranziehung des Orientierungswerts aus der Streitwerttabelle für die Verwaltungsgerichtsbarkeit für derartige Werbeanlagen festgesetzt.

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