Aktenzeichen M 19 X 17.5464
UVPG § 35 Abs. 1 Nr. 2
BImSchG § 47
VwGO § 172
ZPO § 888
Leitsatz
1 Die Vollstreckung von Urteilen, die die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechen, richtet sich grundsätzlich nach § 172 VwGO in entsprechender Anwendung. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die spezielle Regelung des § 172 VwGO für eine Vollstreckung gegen einen Hoheitsträger schließt grundsätzlich eine Anwendung des § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO iVm 888 ZPO aus. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3 Sofern das endgültige Misslingen der Vollstreckung gemäß §§ 170, 172 VwGO abzusehen ist, können subsidiär über § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO die Zwangsmaßnahmen der ZPO uneingeschränkt angewendet werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4 Angesichts der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG in der Werteordnung des Grundgesetzes zukommt, wird von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitten) allenfalls in atypisch gelagerten Ausnahmefällen vollständig abgesehen werden dürfen. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
5 Die Schwierigkeiten der Kontrolle von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge lassen die Eignung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zur Zielerreichung der Luftreinhaltung nicht entfallen. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Dem Antragsgegner wird erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 (22 C 16.1427) einleitet.
II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller ¾ und der Antragsgegner ¼. Ferner trägt der Antragsteller ¾ der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, ¼ trägt die Beigeladene selbst.
Gründe
I.
Der Antragsteller, ein anerkannter Umweltschutzverband, begehrt gegen den Antragsgegner die Vollstreckung aus einem verwaltungsgerichtlichen Urteil.
Für das Gebiet der Landeshauptstadt München wurde erstmals am 28. Dezember 2004 ein Luftreinhalteplan aufgestellt. Auf diesen Plan und seine Datengrundlage beziehen sich die 1. Fortschreibung vom Oktober 2007, die 2. Fortschreibung vom August 2008 und die 4. Fortschreibung vom September 2010. Die im April 2012 erfolgte 3. Fortschreibung hatte eine Beteiligung des Münchener Umlands zum Gegenstand.
Mit Urteil vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046), rechtskräftig seit 8. April 2014, verpflichtete das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antragsgegner, den für die Landeshauptstadt München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 μg/m³, des über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 in Höhe von 200 μg/m³ bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr und des über den Tag gemittelten Immissionsgrenzwertes für Partikel PM10 von 50 μg/m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr im Stadtgebiet von München enthält. Den Entscheidungsgründen zufolge genüge der Luftreinhalteplan für München in der Fassung der 4. Fortschreibung den sich aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa, aus § 47 Abs. 1 Satz 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (39. BImSchV) ergebenden Anforderungen nicht.
Im Mai 2014 trat die 5. Fortschreibung, im Dezember 2015 die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München in Kraft. In der 6. Fortschreibung wird im Rahmen einer Prognose zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte (S. 76) ausgeführt, dass eine Einhaltung des NO2-Immissionsgrenzwertes für das Jahresmittel an der Landshuter Allee ohne zusätzliche Maßnahmen voraussichtlich erst nach 2030 möglich sei. An der Messstation Stachus sei eine Einhaltung voraussichtlich ab 2025 zu erwarten. Diese Prognose basiere im Wesentlichen auf der Erneuerung der Fahrzeugflotte sowie quantifizierbaren Maßnahmen wie Lkw-Durchfahrtsverbot und Umweltzone. Maßnahmen, deren Wirkung nicht belastbar abgeschätzt werden könne (wie z.B. Ausbau ÖPNV und Fahrradverkehr), würden bei der Immissionsprognose nicht berücksichtigt.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Bayerische Verwaltungsgericht München dem Antragsgegner mit Beschluss vom 21. Juni 2016 (M 1 V 15.5203) für den Fall, dass er seiner Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Zustellung des Beschlusses nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 Euro angedroht. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass ein Fall der grundlosen Säumnis vorliege. Bisher sei seitens des Antragsgegners kein Luftreinhalteplan mit Maßnahmen aufgestellt, die im Sinne der Vorgaben des Urteils vom 9. Oktober 2012 geeignet wären, eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte schnellstmöglich auszuschließen. Die in der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans enthaltenen Maßnahmen entsprächen nicht den Vorgaben des Urteils vom 9. Oktober 2012, da sie zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung nicht geeignet seien. Die Maßnahmen seien zu unkonkret bzw. angesichts der Tatsache, dass die anhaltende Grenzwertüberschreitung hauptsächlich von Dieselfahrzeugen verursacht werde, nicht geeignet, effektiv zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte beizutragen.
Diesen Beschluss hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Februar 2017 (22 C 16.1427 – juris) auf die Beschwerde des Antragsgegners wie folgt geändert:
„II.1. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 29. Juni 2017 der Öffentlichkeit kein vollständiges Verzeichnis aller Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen zugänglich macht, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird.
2. Dem Beklagten wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er nicht bis zum Ablauf des 31. August 2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG –) dergestalt einleitet, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen – unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe – für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions-schutzgesetzes (39. BImSchV) festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Antragsgegner zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.
3. Dem Beklagten wird ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro angedroht, falls er bis zum Ablauf des 31. Dezember 2017 der Öffentlichkeit kein vollzugsfähiges Konzept zur Kenntnis bringt, aus dem sich ergibt, dass in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen – unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe – für diese Verkehrsverbote ggf. Platz greifen sollen, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions-schutzgesetzes festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen wird.“
Zur Begründung führte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof insbesondere aus, dass das Urteil vom 9. Oktober 2012 vollstreckbar sei. Der Antragsgegner sei jedenfalls hinsichtlich der Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für die Stadt München so zu ändern, dass der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid vom 40 µg/m³ im gesamten Stadtgebiet eingehalten werde, dem Urteil vom 9. Oktober 2012 nicht nachgekommen. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit werde durch die nunmehr bereits seit mehr als sieben Jahre andauernde unzulässig hohe NO2-Belastung zahlreicher Straßen(abschnitte) in gravierender Weise beeinträchtigt. Das Bayerische Verwaltungsgericht München habe im Beschluss vom 21. Juni 2016 zutreffend aufgezeigt, dass auch die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nicht als ausreichende Erfüllung dieses Urteils anerkannt werden könne. Aus einer zusammenschauenden Würdigung folge, dass dem Antragsgegner andere Möglichkeiten als eine Verringerung der Zahl der Dieselfahrzeuge, die auf den zu hoch mit Stickstoffdioxid belasteten Straßen bzw. in ihrem nächsten Umgriff verkehrten, nicht zur Verfügung stünden, um das durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 vorgegebene Ziel schnellstmöglich zu erreichen. Bei methodisch korrekter Vorgehensweise könne nicht davon gesprochen werden, derartige Eingriffe in den Straßenverkehr seien von vornherein unverhältnismäßig. Angesichts der herausragenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) werde von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitten) deshalb allenfalls in atypisch gelagerten Ausnahmefällen vollständig abgesehen werden können. Es bestünden allerdings Bedenken, ob das geltende Recht ausreichende Befugnisnormen bereithalte, um Ausnahmen von den Verkehrsverboten in ausreichendem Umfang rechtskonform zulassen zu können, sowie, ob solche Verbote mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Instrumentarium der Straßenverkehrs-Ordnung bekanntgegeben werden könnten. Dies stelle jedoch kein Hindernis dar, das dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrverbote schlechthin entgegenstehe. Angesichts der europarechtlichen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland sowie des staatlichen Schutzauftrags sei mit einer entsprechenden Rechtsetzung zu rechnen, um die Grundlagen für Dieselfahrverbote zu schaffen. Pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens entspreche es, darauf Bedacht zu nehmen, dass die in Erfüllung des zu vollstreckenden Urteils geschuldeten Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge ohne weitere Verzögerung in eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München aufgenommen werden könnten, sobald die aufgezeigten Hindernisse ausgeräumt sein würden. Dies sei nur dann gesichert, wenn der Antragsgegner über ein Konzept für Verkehrsverbote im Hinblick auf Dieselfahrzeuge verfüge. Vom Antragsgegner die Erstellung eines solchen Konzepts als „Minus“ gegenüber der vom Verwaltungsgericht geforderten sofortigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu verlangen, sei von Rechts wegen geboten.
Am 18. Juli 2017 hat der Antragsgegner eine Liste der von Stickstoffdioxid-Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßenabschnitte sowie eine Übersichtskarte zu Straßen mit Stickstoffdioxid-Grenzwertüberschreitungen in München auf der Homepage der Regierung von Oberbayern (dort abrufbar unter: http://www.regierung.oberbayern.bayern.de/aufgaben/umwelt/allgemein/luftreinhalte/02716/) veröffentlicht.
Die Regierung von Oberbayern hat am 20. Juli 2017 im Oberbayerischen Amtsblatt Nr. 15 auf Seite 112 unter der Überschrift „Luftreinhaltung München“ mitgeteilt, dass die Bayerische Staatsregierung in der Sitzung des Ministerrats vom 18. Juli 2017 ein Maßnahmenpaket für saubere Luft in Innenstädten beschlossen habe, das unter einem näherbezeichneten Link, der auf den Bericht der Kabinettssitzung vom 18. Juli 2017 verweist, eingesehen werden könne. Dieses werde der zukünftigen Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München zugrunde liegen. Stellungnahmen zu den Maßnahmen würden, soweit das Gebiet der Landeshauptstadt München betroffen sei, bis 18. August 2017 von der Regierung von Oberbayern entgegengenommen. Dieses Maßnahmenpaket sehe neben der zügigen Nachrüstung von Euro-5-Diesel-Pkw auch spürbare Kaufanreize für die Flottenumrüstung von Diesel-Pkw, eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, den raschen Ausbau der E-Mobilität und die Förderung des Radverkehrs vor.
Mit Beschluss vom 26. Oktober 2017 (M 19 X 17.3931) hat das Bayerische Verwaltungsgericht München das unter Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 gegen den Antragsgegner angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es auf die bislang noch nicht erfüllte Verpflichtung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 abgestellt.
Das Zwangsgeld wurde vom Antragsgegner beglichen.
Am … November 2017 wandte sich der Antragsteller an das Bayerische Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt sinngemäß,
den Antragsgegner durch Zwangshaft, zu vollstrecken an der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz des Freistaats Bayern
– hilfsweise durch Festsetzung eines Zwangsgeldes von bis zu 25.000 Euro – anzuhalten, die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München (§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG) dergestalt einzuleiten, dass er in das Amtsblatt der Regierung von Oberbayern eine den Anforderungen des § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG genügende Bekanntmachung einrückt, aus der sich ergibt, dass in eine solche Fortschreibung Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor in Bezug auf enumerativ aufzuführende Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beigeladenen aufgenommen werden sollen, welche zeitlichen und sachlichen Einschränkungen – unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe – für diese Verkehrsverbote ggf. in Aussicht genommen sind, und hinsichtlich welcher Straßen(abschnitte) im Gebiet der Beizuladenden, an denen der in § 3 Abs. 2 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (39. BImSchV) festgesetzte Immissionsgrenzwert nach dem aktuellsten dem Beklagten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand überschritten wird, von der Aufnahme eines solchen Verkehrsverbots mit welcher Begründung abgesehen werden soll.
weiter hilfsweise,
das gegen den Antragsgegner mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 in Nr. II.2. des Tenors angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro erneut festzusetzen.
weiter hilfsweise,
dem Antragsgegner erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro anzudrohen, falls er nicht binnen einer vom Gericht festzusetzenden Frist die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München einleitet, wie in Nr. II.2. des Tenors des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 vorgesehen.
Zur Begründung führte der Antragsteller im Wesentlichen aus, der Antragsgegner sei seiner Verpflichtung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) weiterhin nicht nachgekommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nunmehr geboten, von der nach § 167 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) möglichen entsprechenden Anwendung zivilprozessualer Vorschriften Gebrauch zu machen und einschneidendere Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um die Behörde zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten. Die Voraussetzungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lägen hierfür nunmehr vor. Zum einen habe der Antragsgegner bekundet, dass er nicht handeln werde. Zum anderen hätten die bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen keine Wirkung gezeigt, so dass die Anwendung der Maßnahmen der Zivilprozessordnung (ZPO) gerechtfertigt sei. Hinzu trete der zeitliche Aspekt. Die Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung sei dringend, da es der Gesundheitsschutz der Bürger Münchens gebiete, schnell die vorbereitenden Arbeiten zu treffen. Sobald das Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit der Fahrverbote festgestellt habe, seien diese sofort ohne weiteren zeitlichen Verzug einzuführen. Nach § 167 VwGO i.V.m. § 888 ZPO sei der Antragsgegner somit durch Zwangsgeld oder Zwangshaft anzuhalten, seine nicht vertretbare Handlung durchzuführen. Eine vorherige Androhung der Zwangsmittel sei unzulässig (§ 888 Abs. 2 ZPO). Hinsichtlich des Hilfsantrags zur erneuten Festsetzung des Zwangsgeldes in Höhe von 4.000 Euro werde vorsorglich ausgeführt, dass es jedenfalls keiner erneuten Androhung bedürfe.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 15. Januar 2018,
die Anträge abzulehnen.
Die Vollstreckung gegen Hoheitsträger sei in § 172 VwGO abschließend geregelt; eine Ausnahme hiervon sei nicht vorgesehen. Durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 21. Dezember 2001 sei die Möglichkeit zur Festsetzung eines Zwangsgeldes auf 10.000 Euro erhöht worden. Daraus werde die Absicht des Gesetzgebers deutlich, die öffentliche Gewalt vor der „scharfen“ zivilprozessualen Vollstreckung zu verschonen, mit der Folge, dass die Erzwingung hoheitlicher Handlungen durch die Instrumentarien des Erfüllungszwangs weder in entsprechender Anwendung des § 172 VwGO, noch über § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO und §§ 838 bis 895 ZPO zulässig sei. Eine in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1999 angenommene Ausnahme hiervon liege jedenfalls nicht vor. Der Antragsgegner habe weder eindeutig bekundet, dass „nichts veranlasst sei und auch nichts getan werde“, noch lägen mehrfach erfolglose Zwangsgeldandrohungen vor. Der Freistaat Bayern setze alles daran, die Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 umzusetzen. Dies ergebe sich daraus, dass eine Vielzahl von Maßnahmen, auch schon im Rahmen der 5. und 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans, vorgesehen und umgesetzt sei. Darüber hinaus habe das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans veranlasst, mit der weitere konkrete Maßnahmen benannt würden, um das Ziel der Einhaltung von Grenzwerten schnellstmöglich mit den rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln zu erreichen. Das bayerische Maßnahmenpaket vom 18. Juli 2017 enthalte eine umfangreiche Auflistung von Maßnahmen, die mittelfristig eine Grenzwerteinhaltung von Stickstoffdioxid bewirken würden. Diese Maßnahmen würden möglichst bald begonnen und umgesetzt. Die Sachlage habe sich deshalb im Vergleich zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 in maßgeblichen Punkten geändert. Eine Änderung der Sachlage sei auch insoweit eingetreten, als entgegen der Erwartung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs eine zeitnahe Klärung der rechtlichen Grundlagen durch das Bundesverwaltungsgericht bislang nicht erfolgt sei. Auch habe der Gesetzgeber noch keine straßenverkehrsrechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten geschaffen. Im Übrigen fehle es für die geforderte Öffentlichkeitsbeteiligung für beabsichtigte Fahrverbote für Dieselkraftfahrzeuge an einer Rechtsgrundlage. Bereits die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen eines vorbereitenden Konzepts mit dem Ziel pauschaler Fahrverbote würde zu einer Grundrechtsbetroffenheit führen. Zudem würde die Öffentlichkeitsbeteiligung zu beabsichtigten Fahrverboten unzulässig in das Planungsermessen der Exekutive eingreifen und wäre unverhältnismäßig. Um mittels Diesel-Fahrverboten kurzfristig die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zu erreichen, müsste auf einem großen Teil der Münchner Hauptverkehrsstraßen ein totales Diesel-Fahrverbot verhängt werden. Ausweichrouten müssten über kurz oder lang ebenfalls mit Fahrverboten belegt werden. Damit wären faktisch sämtliche Dieselfahrzeuge aus dem gesamten Münchner Stadtgebiet auszusperren und allein in München 300.000 zugelassene Diesel-Pkw betroffen. Einschneidende Verkehrsbeschränkungen, wie sie hier in München zur Einhaltung der NO2-Immissions-grenzwerte notwendig würden, wären mit der Funktion einer Stadt nicht mehr verträglich und würden gravierende, nicht akzeptable Auswirkungen auf Unternehmen und Arbeitnehmer haben. Dem Gesundheitsschutz komme kein absoluter Vorrang über die anderen Belange zu. Selbst wenn in München alle Dieselfahrzeuge im gesamten Stadtgebiet ausgeschlossen würden, würde immer noch ein geringer Anteil an Überschreitungen verbleiben. Im Übrigen werde der NO2-Stundenmittelwert mittlerweile eingehalten. Überschreitungen des Jahresmittelwertes für NO2 lägen zwischen 50 µg/m³ und 60 µg/m³ an 5 Prozent des Hauptstraßennetzes in München vor, von mehr als 60 µg/m³ lediglich an 3 Prozent. Bezogen auf das gesamte Straßennetz würden an 95 Prozent der Straßen in München die Grenzwerte eingehalten. Im Übrigen stehe der Anwendung der zivilprozessualen Vollstreckungsvorschriften entgegen, dass die Möglichkeiten des § 172 VwGO noch nicht ausgeschöpft seien. Erstmalig mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 sei ein Zwangsgeld angedroht und anschließend erst- und einmalig durch das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 26. Oktober 2017 festgesetzt worden. Soweit der Antragsteller hilfsweise die erneute Festsetzung des im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 in Nr. II.2. angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 4.000 Euro beantrage, fehle es am Rechtsschutzbedürfnis. Die Festsetzung eines Zwangsgeldes verlange nach dem Wortlaut des § 172 Satz 2 VwGO auch im Wiederholungsfalle zunächst einen Antrag auf Androhung des Zwangsgeldes. Das zunächst durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof angedrohte Zwangsgeld sei mit der bereits erfolgten Zwangsgeldfestsetzung verbraucht.
Am 16. Januar 2018 veröffentlichte der Antragsgegner ein „Konzept für eine 7. Fortschreibung“ zum Luftreinhalteplan für die Stadt München auf der Internetseite der Regierung von Oberbayern sowie in der Sonderausgabe des Amtsblatts der Regierung von Oberbayern vom 16. Januar 2018 und wies darauf hin, dass dieses Konzept der 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München zugrunde liegen werde. Stellungnahmen hierzu würden bis 5. März 2018 schriftlich bei der Regierung von Oberbayern entgegen genommen. In diesem Konzept wird der Jahresmittelwert hinsichtlich Stickstoffdioxid für das Jahr 2017 in München wie folgt dargestellt:
Weiter wird ausgeführt, dass Immissionsberechnungen zur Schadstoffbelastung in München durchgeführt worden seien. Das Modellierungsergebnis weise für 24 Prozent des betrachteten 511 km langen Hauptverkehrsstraßennetzes innerhalb des Stadtgebiets der Landeshauptstadt München eine NO2-Belastung größer 40 µg/m³ und damit eine Überschreitung des NO2-Grenzwertes der 39. BImSchV für das Jahresmittel auf. Bezogen auf das betrachtete Hauptverkehrsstraßennetz mit vorhandener Randbebauung (330 km) betrage der Anteil mit einer Überschreitung des NO2-Grenzwertes 37 Prozent. Streckenbezogene Verkehrsverbote seien in München nach der gutachterlichen Bewertung des Ingenieurbüros … nicht zielführend zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte. Die spezielle Konfiguration der Hauptverkehrsstraßen in München führe lediglich zu einer Verlagerung der Verkehrsströme auf noch aufnahmefähige Straßen. Für die Verwaltung sei es nicht möglich, zum jetzigen Zeitpunkt über die vom Gericht gewünschten Fahrverbote genaueres zu sagen. Fahrverbote seien in den Maßnahmenpaketen des Bundes und des Landes nicht vorgesehen. Die Politik wolle diese Verbote vermeiden und habe daher ein nachhaltiges, aber anderes Vorgehen u.a. mit einer deutlichen Modernisierung der Flotten und Stärkung des ÖPNV begonnen. Das Minderungspotential von Software-Updates für Dieselfahrzeuge am Standort Landshuter Allee werde im optimistischen Szenario mit ca. 3 µg/m³ abgeschätzt. In Kombination mit dem Rückkauf von 25 Prozent der älteren Diesel-Pkw der Euro-Normen 1 bis 4 und Ersatz durch Diesel der Euro-Norm 6 und Euro-6 Benziner ergäbe sich an der Landshuter Allee ein Minderungspotential von etwa 5 µg/m³. Nach den Berechnungen des Bayerischen Landesamts für Umwelt würde sich für die Landshuter Allee im Falle der durchgeführten Software-Updates eine NO2-Minderung von 5,6 µg/m³ ergeben. Zum Minderungspotential hinsichtlich der Nachrüstmöglichkeiten zur Stickoxid-Emissionsminderung bei Diesel-Kraftfahrzeugen durch Hardware-Lösungen lägen bislang keine abschließenden Aussagen vor. Neben dem tatsächlichen NOx-Minderungspotential seien noch viele weitere Fragen, wie beispielsweise zu möglichen technischen Problemen, offen.
Weitere Prognosen hinsichtlich der Einhaltung des Jahresmittelgrenzwertes enthält das Konzept zur 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht. Keine der in dem Konzept aufgelisteten Maßnahmen M 1.1 bis M 7.3 enthält bezifferte Angaben über das mit ihrer Umsetzung einhergehende Immissionsminderungspotential hinsichtlich Stickstoffdioxid.
Die Beigeladene trat mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2017 dem Vollstreckungsantrag entgegen.
Soweit der Antragsteller hilfsweise eine erneute Zwangsgeldandrohung gegen den Antragsgegner beantragte, stellte die Beigeladene keinen Antrag.
Im Übrigen beantragte sie,
die Anträge abzulehnen.
Neben § 172 VwGO sei kein Raum für die Anwendung des § 167 Abs. 1 VwGO. Die Anordnung einer Zwangshaft für ein Mitglied der Staatsregierung verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung und die Vorschriften der Ministeranklage in der Bayerischen Verfassung (BV). Zudem scheitere eine Zwangshaft an den fehlenden Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 BV, da sowohl die Umweltministerin als auch der Ministerpräsident zugleich Mitglieder des Landtags seien. Die Beigeladene übermittelte Unterlagen zum Stadtratsbeschluss vom 24. Januar 2018.
Mit Schriftsatz vom … Januar 2018 beantragte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München (Verfahren M 19 X 18.130) die Festsetzung des mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 in Nr. II.3. des Tenors angedrohten Zwangsgeldes.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (M 19 X 17.5464 und M 19 X 18.130) nebst Sitzungsniederschrift vom 29. Januar 2018 Bezug genommen.
II.
Soweit der Antragsteller die Festsetzung einer Zwangshaft bzw. eines Zwangsgeldes bis zu 25.000 Euro sowie hilfsweise die erneute Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000 Euro gegen den Antragsgegner begehrt, bleiben die Anträge ohne Erfolg. Auf den weiteren Hilfsantrag hin war ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro anzudrohen für den Fall, dass der Antragsgegner nicht innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 (22 C 16.1427) einleitet.
1. Der Antrag auf Festsetzung einer Zwangshaft gegen die Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz des Freistaats Bayern – hilfsweise auf Festsetzung eines Zwangsgeldes bis zu 25.000 Euro gegen den Antragsgegner –, um diesen anzuhalten, die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 einzuleiten, hat jedenfalls derzeit keinen Erfolg.
Die Vollstreckung von Urteilen, die die Verpflichtung zum Erlass oder zur Fortschreibung von Luftreinhalteplänen aussprechen, richtet sich grundsätzlich nach § 172 VwGO in entsprechender Anwendung (BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 22 C 16.1427 – juris Rn. 67). Nach dieser Vorschrift kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen die Behörde ein Zwangsgeld bis zu 10.000 Euro durch Beschluss androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken, wenn sie in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 VwGO und des § 123 VwGO der ihr im Urteil oder der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Die spezielle Regelung des § 172 VwGO für eine Vollstreckung gegen einen Hoheitsträger schließt grundsätzlich eine Anwendung des § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. 888 ZPO aus (Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 21. EL Juni 2011, § 172 Rn. 11), der die Möglichkeit der Anordnung von Zwangshaft oder der Festsetzung eines Zwangsgeldes bis zu 25.000 Euro vorsieht. Das für die Vollstreckung gegenüber der öffentlichen Hand spezielle Vollstreckungssystem der §§ 170, 172 VwGO ist geprägt vom Schutz des Schuldners. Sofern aber das endgültige Misslingen der Vollstreckung abzusehen ist, wird dieses – die öffentliche Hand privilegierende – Vollstreckungssystem ergänzt durch eine zweite Stufe der Vollstreckung, in der subsidiär über § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Zwangsmaßnahmen der ZPO angewendet werden können: Das Gericht hat dann die Möglichkeit, von den Instrumenten, die die ZPO zur Verfügung stellt, uneingeschränkt Gebrauch zu machen (Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 21. EL Juni 2011, § 172 Rn. 13). Denn die Justizgewährleistungspflicht und das Gebot effektiven Rechtsschutzes erfordern, von der nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO möglichen „entsprechenden“ Anwendung zivilprozessualer Vorschriften Gebrauch zu machen und einschneidendere Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, um die Behörde zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten, wenn etwa aufgrund vorangegangener Erfahrungen, aufgrund eindeutiger Bekundungen oder aufgrund mehrfacher erfolgloser Zwangsgeldandrohungen klar erkennbar ist, dass die Behörde unter dem Druck des Zwangsgeldes nicht einlenkt (vgl. BVerfG, B.v. 9.8.1999 – 1 BvR 2245/98 – juris Rn. 9). Welche der in den §§ 885 bis 896 ZPO geregelten, einschneidenderen Zwangsmittel in welcher Reihenfolge und in welcher Form bei der Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen erforderlichenfalls zum Einsatz kommen, obliegt vorrangig der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung (BVerfG, B.v. 9.8.1999 a.a.O.).
Die vom Bundesverfassungsgericht genannten Voraussetzungen für eine Anwendung von § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO liegen nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls derzeit noch nicht vor. Aus dem bisherigen Verhalten des Antragsgegners kann (noch) nicht geschlossen werden, dass er seiner Verpflichtung aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2012 nicht nachzukommen gedenkt. Der Antragsgegner hat in Umsetzung von Nr. II.1. des Beschlusses vom 27. Februar 2017 – wenngleich um knapp drei Wochen verspätet – ein Straßenverzeichnis nach den Maßgaben des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 bekannt gemacht. Weiter hat er die 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans München mit einem Maßnahmenkatalog mit dem Ziel der weiteren Reduzierung der Stickstoffdioxidwerte in die Wege geleitet. Zudem wurden die Stundenmittelwerte für Stickstoffdioxid in den Jahren 2016 und 2017 bereits eingehalten. Ebenso werden die Werte nach § 4 Abs. 1 der 39. BImSchV für Partikel PM10 in München nicht mehr überschritten. Von einer Weigerung, der Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 nachzukommen, kann deshalb (noch) nicht ausgegangen werden. Im Übrigen ist ausgehend vom Normzweck des § 172 VwGO zunächst das dortige Instrumentarium auszuschöpfen, bevor die einscheidenderen Maßnahmen der ZPO zur Anwendung kommen. Wie sich aus dem Wortlaut des § 172 Satz 2 VwGO ergibt, sind in dessen Anwendungsbereich auch wiederholte Androhungen, Festsetzungen und Beitreibungen von Zwangsgeldern möglich. Da bislang noch keine wiederholte Androhung eines Zwangsgeldes erfolgt ist und ferner der in § 172 Satz 1 VwGO vorgesehene Höchstbetrag noch nicht festgesetzt wurde, kommen jedenfalls derzeit die Vorschriften des § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 888 ZPO nicht zur Anwendung, so dass weder eine Zwangshaft gegen die Bayerische Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, noch ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro festzusetzen war.
2. Der hilfsweise gestellte Antrag auf erneute Festsetzung des mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 unter Nr. II.2. angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 4.000 Euro bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Es fehlt insoweit an der besonderen Vollstreckungsvoraussetzung einer erneuten Zwangsgeldandrohung.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat auf der Grundlage der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter Nr. II.2. des Beschlusses vom 27. Februar 2017 ausgesprochenen Zwangsgeldandrohung bereits mit Beschluss vom 26. Oktober 2017 im Verfahren M 19 X 17.3931 das Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro festgesetzt, das in der Folge vom Antragsgegner auch beglichen wurde. Aus dem Wortlaut des § 172 Satz 2 VwGO ergibt sich, dass vor einer erneuten Zwangsgeldfestsetzung auch eine erneute Zwangsgeldandrohung erfolgt sein muss (Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 172 Rn. 48, 49). Diese Auffassung steht auch im Einklang mit dem Normzweck des § 172 VwGO. Hiernach wird ein Hoheitsträger im Rahmen der Vollstreckung dergestalt privilegiert, dass ihm gegenüber die Verhängung eines Zwangsgeldes jeweils zunächst anzudrohen ist, um ihm vor Augen zu führen, dass konkrete Zwangsmaßnahmen bevor stehen und ihm damit die Möglichkeit zu geben, selbst abzuhelfen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim (B.v. 29.8.2012 – 10 S 1085/12 – juris), da dieser Entscheidung die Vollstreckung aus einer im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs eingegangenen Unterlassungsverpflichtung zugrunde lag, die auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 890 ZPO beruht und mit dem hier inmitten stehenden Fall der Vollstreckung einer nicht vertretbaren Handlung nicht vergleichbar ist.
3. Der weitere Hilfsantrag, dem Antragsgegner ein erneutes Zwangsgeld anzudrohen für den Fall, dass er nicht den Maßgaben von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist nachkommt, hat Erfolg.
a) Die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Erweiterung des Klagebegehrens um den hilfsweise gestellten Antrag auf eine erneute Zwangsgeldandrohung stellt eine zulässige Änderung des Antrags dar, die sachdienlich ist (§ 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO analog). Mit dieser Änderung wird es möglich, den inhaltlich zusammenhängenden Streitstoff innerhalb eines Gerichtsverfahrens zu klären.
b) Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für eine erneute Zwangsgeldandrohung nach § 172 Satz 2 VwGO liegen vor.
aa) Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 (M 1 K 12.1046) ist vollstreckbar. Es statuiert eine Verpflichtung des Antragsgegners, deren Inhalt und Umfang sich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels, hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs, in Ansehung dessen dieses Ziel zu verwirklichen ist, sowie hinsichtlich eines einzelnen zu diesem Zweck zu ergreifenden Mittels – nämlich der Aufnahme von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München – im Wege der Auslegung eindeutig bestimmen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O. Rn. 71). Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils wurde dem Antragsteller ausgestellt.
bb) Der Antragsgegner ist der sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebenden Verpflichtung, den Luftreinhalteplan für die Stadt München so zu ändern, dass der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid von 40 µg/m³ im gesamten Stadtgebiet eingehalten wird, nicht nachgekommen (vgl. hierzu VG München, B.v. 21.6.2016 – M 1 V 15.5203 – juris Rn. 35; BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O. Rn. 100). Er hat weder den im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 unter Nr. II.2. und II.3. statuierten Maßgaben Genüge getan noch anderweitig geeignete Maßnahmen ergriffen, die die schnellstmögliche Einhaltung dieses Jahresmittelgrenzwertes sicherstellen.
Die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München stellt aus den im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juni 2016 (M 1 V 15.5203) unter II.3.b. dargestellten Gründen keine ausreichende Erfüllung des Urteils dar (vgl. auch BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O Rn. 102). Der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid wird im Stadtgebiet München auch weiterhin nicht eingehalten. So wurde an den Messstellen in der Landshuter Allee im Jahr 2017 ein Wert von 78 µg/m³ ermittelt, am Stachus ein Wert von 53 µg/m³. Aus der vom Antragsgegner am 18. Juli 2017 veröffentlichten Liste der von Stickstoffdioxid-Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßenabschnitte sowie der Übersichtskarte, die anhand von Berechnungen erstellt wurden, ergibt sich, dass an 24 Prozent des Hauptverkehrsstraßennetzes innerhalb des Stadtgebiets der Landeshauptstadt München der Jahresmittelwert von 40 µg/m³ überschritten wird. Bezogen auf das Hauptverkehrsstraßennetz mit vorhandener Randbebauung beträgt der Anteil der Straßen mit einer Überschreitung des NO2-Grenzwertes 37 Prozent (vgl. S. 20 des Konzepts zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München).
cc) Der Antragsgegner ist den Maßgaben aus Nr. II.2. und II.3. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 nicht nachgekommen. Zur Umsetzung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 besteht (jedenfalls derzeit) nach den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 27. Februar 2017 (Rn. 141) keine andere Möglichkeit, als die Zahl der Dieselfahrzeuge zu verringern, die auf den von den NO2-Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen verkehren. Da derzeit allerdings noch rechtliche Ungewissheiten im Zusammenhang mit der Anordnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge bestehen (vgl. hierzu das beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 7 C 26.16 anhängige Revisionsverfahren, das nach der Terminvorschau des Bundesverwaltungsgerichts am 22.2.2018 zur mündlichen Verhandlung ansteht), folgt nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 zunächst die Verpflichtung des Antragsgegners, als Minus zu der aus dem zu vollstreckenden Urteil eigentlich geschuldeten Aufnahme von Verkehrsverboten vorab die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung nach § 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG einzuleiten mit der Maßgabe, dass in den Luftreinhalteplan für die Stadt München zukünftig Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge aufgenommen werden sollen, und anschließend ein Konzept bezüglich der Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge zu erstellen und zu veröffentlichen. Dieser Verpflichtung ist der Antragsgegner nicht nachgekommen.
dd) Für das Gericht ist nicht erkennbar, dass sich seit dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 eine wesentliche Änderung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ergeben hat. Der Antragsgegner hat auch sonst keine Maßnahmen getroffen, mit denen er die Verpflichtung aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 erfüllen und die schnellstmögliche Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für NO2 sicherstellen könnte. Insbesondere hat er durch das zwischenzeitlich erstellte und veröffentliche Konzept zur 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München seine sich derzeit aus dem Urteil ergebende Verpflichtung weiterhin nicht erfüllt.
Das veröffentlichte Konzept zur 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans beinhaltet keine Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge, so dass hierdurch den Maßgaben von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht Rechnung getragen wurde. Es stellt auch keinen adäquaten Ersatz der in Erfüllung des Urteils derzeit geschuldeten Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dar. Denn es enthält – mit Ausnahme von Ausführungen zum Minderungspotential durch Software-Updates von Dieselfahrzeugen – weder in zeitlicher noch in quantifizierbarer Hinsicht belastbare Angaben zum Minderungspotential im Hinblick auf Stickstoffdioxid. In diesem Konzept wurde bereits bei der Darstellung der Maßnahmen M 1 bis M 7.3 – anders als bei der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans – auf Angaben zum Minderungspotential der einzelnen Maßnahmen gänzlich verzichtet. Angaben hinsichtlich der Realisierung bzw. zum Zeitplan der einzelnen Maßnahmen finden sich in diesem Konzept entweder gar nicht (M 1.3, M 2.1, M 2.2, M 2.3, M 3.1, M 3.4, M 4.3) oder sie bleiben vage. Hinsichtlich der Maßnahmen zur Reduktion des Emissionsverhaltens von Fahrzeugen (M 1.1) steht dem Antragsgegner keine Regelungsbefugnis zu (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O. Rn. 143). Ob und in welchem Umfang Nachrüstmöglichkeiten zur NOx-Emissionsminderung bei Dieselkraftfahrzeugen durch Hardware-Lösungen überhaupt zum Tragen kommen, ist nach den Ausführungen im Konzept zur 7. Fortschreibung ebenfalls derzeit noch offen (vgl. S. 32 des Konzepts). Die in dem Konzept genannten Maßnahmen mögen zwar – sofern sie denn tatsächlich umgesetzt werden – zu einer Reduzierung von Stickstoffdioxid führen. Allerdings ergibt sich anhand dieses Konzepts nicht hinreichend konkret, wann diese Maßnahmen umgesetzt werden und welche Auswirkungen ab welchem Zeitpunkt sie auf den Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid haben werden. Das Konzept zur 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München vermag daher die dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zugrunde liegende Einschätzung, dass derzeit allein ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge das verbleibende Mittel zur schnellstmöglichen Erfüllung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 folgenden Verpflichtung des Antragsgegners ist, nicht in Frage zu stellen.
Dasselbe gilt für die vom Antragsgegner genannten umfassenden Bemühungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zur Verbesserung der Luftqualität in Städten. Aus den oben genannten Gründen lässt sich nicht einmal im Ansatz ersehen, welche konkreten Auswirkungen die geschilderten Bemühungen für die Einhaltung des Jahresmittelgrenzwertes für Stickstoffdioxid in München haben.
ee) Dass dem Antragsgegner die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer weiteren Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Stadt München nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs innerhalb der gesetzten Frist bis 31. August 2017 objektiv nicht möglich war und auch weiterhin nicht möglich ist, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst für das Gericht erkennbar.
Der Antragsgegner ist vielmehr hinsichtlich der Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 weiterhin grundlos säumig.
(1) Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass der Antragsgegner aufgrund einer Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) seit August 2017 zu einer strategischen Umweltprüfung verpflichtet sei und diese innerhalb der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist nicht habe durchgeführt werden können, ist dem entgegenzuhalten, dass der Antragsgegner im Konzept zur 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans selbst davon ausgeht, dass eine Verpflichtung zur Durchführung einer strategischen Umweltprüfung nicht besteht (S. 9 des Konzepts). Diese Auffassung steht im Einklang mit § 35 Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. Anlage 5 Nr. 2.2 zum UVPG n.F..
(2) Der Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stehen keine rechtlichen Bedenken entgegen. § 47 Abs. 5a BImSchG stellt hierfür eine ausreichende Rechtsgrundlage dar. § 47 Abs. 5 und Abs. 5a BImSchG sehen bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen explizit eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Der Umstand, dass derzeit noch nicht abschließend geklärt ist, ob Dieselfahrverbote auf der Basis des geltenden Rechts verhängt werden können, lässt die Verpflichtung zur Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung hierzu unberührt. Zwar setzt § 47 Abs. 5a S. 2 BImSchG grundsätzlich voraus, dass die bekanntgemachten Maßnahmen sich rechtlich auch verwirklichen lassen. § 47 Abs. 5a Satz 2 BImSchG steht jedoch seinem Sinn und Zweck nach einer Veröffentlichung von solchen Maßnahmen, für die jedenfalls aufgrund des staatlichen Schutzauftrags bzw. aufgrund europarechtlicher Verpflichtungen die entsprechenden Rechtsgrundlagen zeitnah geschaffen werden müssen, nicht entgegen. Hiervon ging im Übrigen auch der Antragsgegner aus, der noch in der 6. Fortschreibung unter Maßnahme Nr. 2 „Anpassungen der bestehenden Umweltzone zur Reduzierung der NO2-Belastung“ auf die Einführung einer „blauen Plakette“ im Bewusstsein abgestellt hat, dass es hierfür noch keine Rechtsgrundlage gab. Die mit der Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung einhergehende Grundrechtsbetroffenheit ist im Hinblick auf die ohnehin bereits seit längerem bestehende breite öffentliche Diskussion über Dieselfahrverbote gering und durch den staatlichen Schutzauftrag für Gesundheit und Leben gerechtfertigt. Der Antragsgegner hat zudem selbst die Möglichkeit, im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung umfassend darüber zu informieren, dass das Konzept erst nach Klärung bzw. Schaffung der Rechtsgrundlagen in die Praxis umgesetzt wird.
(3) Ohne Erfolg macht der Antragsgegner weiter geltend, dass Dieselfahrverbote in München nicht möglich seien, weil sich derartige Verkehrsbeschränkungen im Hinblick auf die besondere Hauptstraßenkonfiguration in München als unverhältnismäßig erweisen würden. Er lässt insoweit außer Betracht, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 27. Februar 2017 ausgeführt hat, die mit Verkehrsbeschränkungen einhergehenden – ggf. erheblichen – Beschränkungen grundrechtlich verbürgter Freiheiten von Verkehrsteilnehmern müssten in Relation zu der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der betroffenen Anwohner gesetzt werden, die aus unzulässig hohen Stickstoffdioxidkonzentrationen resultiere. Angesichts der herausragenden Bedeutung, die dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in der Wertordnung des Grundgesetzes zukommt, wird nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge auf von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßen(abschnitten) deshalb allenfalls in atypisch gelagerten Ausnahmefällen vollständig abgesehen werden dürfen. Aufgabe des Antragsgegners ist es daher, ein entsprechendes Konzept zu erstellen, das zum einen dem Gesundheitsschutz der betroffenen Anwohner, zum anderen aber auch im verfassungsrechtlich gebotenen Umfang der grundrechtlich verbürgten Freiheit der Verkehrsteilnehmer Rechnung trägt. Nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt hierbei auch ein Vorgehen in mehreren Stufen in Betracht. Sollte sich bei Erstellung des Konzepts die Anordnung von Dieselfahrverboten auf sämtlichen Straßen(abschnitten) auch in Ansehung von erforderlichen Ausnahmen als unverhältnismäßig erweisen, so hätte der Antragsgegner in einem nächsten Schritt Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge jedenfalls für einzelne, am stärksten von Grenzwertüberschreitungen betroffene Straßen(abschnitte) zu prüfen und darauf beruhend ein entsprechendes Konzept zu erstellen und zu veröffentlichen. Weiter erscheinen zeitliche Staffelungen oder Staffelungen nach Fahrzeugarten für die Verkehrsverbote denkbar. Dass ein solches Vorgehen tatsächlich nicht möglich ist, wurde vom Antragsgegner nicht substantiiert vorgetragen und ist auch für das Gericht nicht erkennbar. Dem Antragsgegner kommt bei der Ausgestaltung der Dieselfahrverbote unter Abwägung der einander gegenüberstehenden Grundrechtsinteressen ein Gestaltungsspielraum zu; zu einer pauschale Ablehnung von Verkehrsbeschränkungen ist er nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs jedenfalls derzeit nicht berechtigt.
(4) Die vom Antragsgegner vorgetragenen Schwierigkeiten der Kontrolle von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge lassen die Eignung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge zur Zielerreichung nicht entfallen (BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O. Rn. 155). Der Antragsgegner wird für eine entsprechende Überwachung Sorge zu tragen haben.
(5) Soweit der Antragsgegner einwendet, dass selbst bei einem vollständigen Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge in München immer noch ein geringer Anteil an Grenzwertwertüberschreitungen verbleiben würde und somit durch die im Urteil vom 9. Oktober 2012 enthaltene Forderung nach einer Einhaltung der Grenzwerte im gesamten Stadtgebiet von München tatsächlich Unmögliches verlangt werde, hat er bereits nicht substantiiert dargelegt, worauf diese Annahme beruht. Im Übrigen greift dieser Einwand nicht durch. Aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 RL 2008/50/EG, § 47 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG und § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 39. BImSchV ergibt sich Pflicht des Antragsgegners, in den Luftreinhalteplan geeignete Maßnahmen aufzunehmen, um den Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten. Die Schadstoffbelastung der Luft soll im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes möglichst schnell auf das ausweislich des Immissionsgrenzwertes als noch zumutbar erachtete Ausmaß zurückgeführt werden. An diesem Minimierungsgebot muss sich die Entscheidung der Behörde ausrichten. Selbst wenn die Grenzwerte trotz Einsatzes aller zur Verfügung stehenden Mittel nicht eingehalten werden könnten, wäre der Antragsgegner verpflichtet, die Überschreitung jedenfalls so gering wie möglich zu halten.
(6) Die gerichtliche Vorgabe an den Antragsgegner, zur derzeitigen Erfüllung der sich aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 ergebenden Verpflichtungen die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs einzuleiten, stellt auch keinen Verstoß gegen die Gewaltenteilung dar. Dem Antragsgegner wurde durch das Urteil vom 9. Oktober 2012 hinsichtlich der Mittel zur Zielerreichung ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt, von dem er nicht in dem von Rechts wegen gebotenen Umfang Gebrauch gemacht hat. Die von ihm in den Blick genommen Maßnahmen sind sämtlich nicht ausreichend, um die aus dem Urteil geschuldete „schnellstmögliche“ Erreichung des Jahresmittelgrenzwertes für Stickstoffdioxid zu erreichen. Der Antragsgegner geht in der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans selbst unter prognostischem Blickwinkel davon aus, dass an der Landshuter Allee der gesetzliche Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid erst nach dem Jahr 2030 und damit erst rund 16 Jahre nach Rechtskraft des Urteils vom 9. Oktober 2012 eingehalten werden wird. Das Konzept zur 7. Fortschreibung des Luftreinhalteplans enthält selbst keine Prognose mehr, so dass insoweit weiterhin die Prognose aus der 6. Fortschreibung maßgeblich ist. Reichen jedoch die vom Antragsgegner bislang in die Luftreinhalteplanung eingeführten Maßnahmen nicht aus, um die Grenzwertüberschreitung auf einen kürzest möglichen Zeitraum zu beschränken, so konzentriert sich der Gestaltungsspielraum auf die – jedenfalls nach derzeitigem Kenntnisstand – alleinige Möglichkeit der Verringerung von Dieselfahrzeugen auf den von Grenzwertüberschreitungen hinsichtlich Stickstoffdioxid betroffenen Straßen(abschnitten). Die verhältnismäßige Ausgestaltung der Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge obliegt weiterhin dem Gestaltungsspielraum des Antragsgegners. Wenn das Gericht im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens auf diese nach dem derzeitigen Kenntnisstand allein verbliebene Maßnahme abstellt, vermag dies keinen Verstoß gegen die Gewaltenteilung zu begründen.
(7) Der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht bislang nicht über die Zulässigkeit von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen für Dieselfahrzeuge entschieden hat, lässt die Verpflichtung des Antragsgegners zur Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung unberührt. Selbst für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dem Erlass von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge würden derzeit rechtliche Hindernisse entgegenstehen, ist im Hinblick auf die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Richtlinie 2008/50/EG unionsrechtlich vorgegebenen Umweltschutzstandards einzuhalten, sowie im Licht des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG resultierenden Schutzauftrags für das Leben und die Gesundheit von Menschen davon auszugehen, dass entsprechende Regelungen im nationalen Recht schnellstmöglich angepasst werden, um die rechtlichen Grundlagen für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge schaffen (BayVGH, B.v. 27.2.2017 a.a.O Rn. 184). Vom Antragsgegner wird daher durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht eine gegebenenfalls überflüssige Vorarbeit verlangt, sondern es steht zu erwarten, dass das auf Basis der zu erfolgenden Öffentlichkeitsbeteiligung erstellte Konzept auch tatsächlich (nach Klärung der Rechtsfragen bzw. Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen) – ggf. nach angemessener Übergangszeit – in die Praxis umgesetzt werden kann.
Das bereits mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 unter Nr. II.2. angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro ist daher in Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens unter Berücksichtigung des hohen Rangs des Gesundheitsschutzes und des Verhaltens des Antragsgegners, das ohne Zwangsmaßnahmen eine Umsetzung der aus dem Urteil vom 9. Oktober 2012 erwachsenden Verpflichtungen jedenfalls zeitnah nicht mehr erwarten lässt, nach § 172 Satz 2 VwGO erneut anzudrohen. Die Fristsetzung von vier Monaten ab Zustellung dieses Beschlusses trägt dem Umstand des erheblichen Aufwands auf Seiten des Antragsgegners zur Vorbereitung der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Maßgabe von Nr. II.2. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Rechnung, zum anderen aber auch dem Vollstreckungsinteresse des Antragstellers.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der in Nr. 5301 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) festgelegten gesetzlichen Festgebühr nicht (Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 32. EL 2016, § 172 Rn. 61).