Baurecht

Vorläufige Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans – Ausfertigungsmangel – Bebauungsplan der Innenentwicklung

Aktenzeichen  2 NE 17.989

Datum:
4.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 10 Abs. 3 S. 1, § 13a Abs. 1 S. 1, § 13b, § 35, § 214 Abs. 1 Nr. 3
GO Art. 26 Abs. 2 S. 1
VwGO VwGO § 47 Abs. 2 S. 4, Abs. 6
BVerfGG BVerfGG § 32 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Erfolgt die Ausfertigung (Schaffung der Originalurkunde) der Satzung über einen Bebauungsplan erst nach dessen Bekanntmachung, führt dies dazu, dass der Bebauungsplan nicht wirksam geworden ist. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen des § 13a Abs. 1 S. 1 BauBG dürfen nur Flächen überplant werden, die von einem Siedlungsbereich mit dem Gewicht eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils umschlossen werden. Die äußeren Grenzen des Siedlungsbereichs dürfen durch den Bebauungsplan nicht in den Außenbereich hinein erweitert werden. (Rn. 19 – 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Beiladung der Herren C … und K … M … wird abgelehnt.
II. Der Bebauungsplan Nr. … – Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB – für das Gebiet westlich der P … zwischen J … und H …, bekanntgemacht am 24. März 2017, wird bis zur Entscheidung über einen noch einzulegenden Normenkontrollantrag des Antragstellers außer Vollzug gesetzt.
III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke FlNr. 2783/5, 2778/10 und 2778/6 der Gemarkung C … Zudem ist er Miteigentümer des Grundstücks FlNr. 2786 der Gemarkung C … verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohneinheit. Das Grundstück FlNr. 2786 grenzt an den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … unmittelbar an, die anderen Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. …
Am 12. November 2014 beschloss der Bau- und Umweltsenat die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung für das Gebiet westlich der P … zwischen J … und H … Nach dem Billigungsbeschluss vom 18. November 2015 fand in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis 22. Januar 2016 die öffentliche Auslegung statt. Da der Entwurf in Folge dieser öffentlichen Auslegung in mehreren Punkten geändert wurde, erfolgte ein erneuter Billigungsbeschluss am 13. April 2016 mit einer erneuten öffentlichen Auslegung in der Zeit vom 3. Mai 2016 bis 10. Juni 2016. Der Antragsteller erhob fristgerecht während beider Auslegungen Einwendungen, zuletzt mit Schreiben vom 9. Juni 2016. In der Sitzung vom 16. November 2016 fand die Abwägung der Einwendungen durch den Bau- und Umweltsenat statt. Am 15. März 2017 beschloss der Bau- und Umweltsenat den Bebauungsplan Nr. … als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde durch Anschlag an den Ratstafeln des Rathauses in der Zeit vom 24. März 2017 bis 24. April 2017 amtlich bekannt gemacht. Zudem erfolgte eine Veröffentlichung im C … Amtsblatt Nr. 11 vom 24. März 2017. Auf der nur in Kopie vorliegenden Satzungsurkunde befinden sich zwei Unterschriften der zweiten Bürgermeisterin, zum einen unter den Verfahrensvermerken betreffend den Aufstellungsbeschluss bis zum Satzungsbeschluss und zum anderen unter der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses. Beide Unterschriften sind mit dem 2. Mai 2017 datiert.
Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2017 beantragt der Antragsteller im Weg einer einstweiligen Anordnung,
den Bebauungsplan Nr. … – Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB – für das Gebiet westlich der P … zwischen J … und H … bis zur Entscheidung über einen Normenkontrollantrag des Antragsstellers außer Vollzug zu setzen.
Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, dass er beabsichtige noch fristgerecht einen Normenkontrollantrag zu stellen. Er beruft sich insbesondere auf einen beachtlichen Verfahrensfehler gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB, da die Voraussetzungen für einen Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB nicht vorlägen. Es handle sich um unbebaute, überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen im planungsrechtlichen Außenbereich. Lediglich ein abzubrechendes landwirtschaftliches Gebäude sowie Gartenhäuser seien vorhanden. Der planungsrechtliche Innenbereich ende mit der letzten zusammenhängenden Bebauung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könnten keine Außenbereichsflächen in einen Bebauungsplan der Innenentwicklung einbezogen werden. Weiterhin rügt der Antragsteller die Erforderlichkeit der Planung und macht Verstöße gegen das Abwägungsgebot geltend. Dem Antragsteller drohe auch ein schwerer Nachteil. Es sei bereits eine Baugenehmigung nach § 33 BauGB erteilt worden. Zudem fänden bereits Rodungs- und Erdarbeiten insbesondere auch zur Herstellung der Erschließungsstraßen statt. Dies würde die erforderliche Nachholung der Umweltprüfung durch Schaffung vollendeter Tatsachen unmöglich machen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Es handle sich sehr wohl um einen Bebauungsplan der Innenentwicklung, so dass von einer Umweltprüfung abgesehen hätte werden können. Der Antragsteller sei nicht antragsbefugt. Es läge die notwendige Erforderlichkeit der Planung vor. Die Abwägung sei ordnungsgemäß erfolgt.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2017 beantragte der Bevollmächtigte von zwei anderen Grundstückseigentümern im Geltungsbereich des Bebauungsplans deren Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO. Diese Grundstückseigentümer sind Inhaber der Firma, zu deren Gunsten die Baugenehmigung vom 13. März 2017 erteilt wurde.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat Erfolg.
1. Der Antrag des Antragstellers nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig.
Die insoweit erforderliche Antragsbefugnis entsprechend § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann hier angenommen werden. Antragsbefugt sind natürliche und juristische Personen, wenn sie geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt werden zu können. Dies setzt voraus, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Norm in seinen Rechten verletzt wird (ständige Rechtsprechung vgl. nur BVerwG, U.v. 18.11.2002 – 9 CN 1.02 – BVerwGE 117,209). Nur dann, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet, kann die Antragsbefugnis verneint werden. Insbesondere im Fall eines Antragsstellers, dessen Grundstücke innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans liegen, ist in der Regel von einer möglichen Betroffenheit in abwägungserheblichen Belangen auszugehen. Der Antragsteller hat sich insbesondere auf erhöhte Lärm- und Schadstoffimmissionen durch den zu erwartenden Erschließungsverkehr berufen, was vorliegend im Rahmen der Antragsbefugnis nicht gänzlich auszuschließen ist.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO setzt voraus, dass dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung des Vollzugs von Rechtsvorschriften hat, ist dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.1995 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 93, 181). Eine einstweilige Anordnung darf nur ergehen, wenn die dafür sprechenden Gründe so schwerwiegend sind, dass sie unabweisbar ist. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens können für die Entscheidung nach § 47 Abs. 6 VwGO von Bedeutung sein, wenn sie sich im Eilverfahren bereits mit hinreichender Wahrscheinlichkeit überschauen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 27.7.1999 – 2 NE 99.1535 – juris; B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris).
Bereits die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotene summarische Prüfung ergibt, dass der inmitten stehende Bebauungsplan offensichtlich an schweren, zu seiner Unwirksamkeit führenden Mängeln leidet. Angesichts dessen sprechen gewichtige Gründe für die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans.
a) Der Bebauungsplan wurde nicht gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB i.V.m. Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO ordnungsgemäß bekannt gemacht. Satzungen sind als Rechtsnormen nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO auszufertigen und bekanntzumachen. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich bereits, dass die Ausfertigung vor der Bekanntmachung zu erfolgen hat. Mit der Ausfertigung einer Satzung wird die Originalurkunde geschaffen und bezeugt, dass der Inhalt der Urkunde (Satzung) mit dem Beschluss des zuständigen Organs des Normgebers übereinstimmt (Authentizität) und die für die Rechtswirksamkeit maßgeblichen Umstände beachtet worden sind (Legalität). Die Ausfertigung muss spätestens unmittelbar vor der amtlichen Bekanntmachung der Satzung erfolgen. Zum Zweck der Ausfertigung hat der erste Bürgermeister oder sein Stellvertreter den beschlossenen Normtext unter Angabe des Datums handschriftlich zu unterzeichnen (vgl. dazu bereits grundlegend BayVGH, U.v. 16.3.1990 – 23 B 88.00567 – BayVBl 1991, 23).
Auf der dem Senat vorliegenden Kopie der Originalurkunde findet sich die Unterschrift der zweiten Bürgermeisterin unter den Verfahrensvermerken bis zur Bekanntmachung sowie unter dem Verfahrensvermerk zur Bekanntmachung selbst. Beide Unterschriften tragen das Datum vom 2. Mai 2017. Die Bekanntmachung des Bebauungsplans fand jedoch bereits am 24. März 2017 durch Aushang an den Ratstafeln sowie Veröffentlichung im C … Amtsblatt vom selben Tag statt. Damit erfolgte die Ausfertigung der Satzung erst nach deren Bekanntmachung. Somit liegt ein Ausfertigungsmangel vor, welcher dazu führt, dass der Bebauungsplan nicht wirksam geworden ist.
b) Weiterhin hätte der Bebauungsplan nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgestellt werden dürfen.
Nach dieser Bestimmung kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Begriff der Innenentwicklung ist dabei nicht legal definiert, sondern wird vom Gesetzgeber als städtebaulicher Terminus vorausgesetzt (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2017, § 13a Rn. 24). Die Interpretation dieses städtebaulichen Terminus durch die Gemeinde unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Kontrolle. Einen Beurteilungsspielraum hat die Gemeinde nicht. Denn der Begriff der Innenentwicklung ist nicht wegen hoher Komplexität oder besonderer Dynamik der geregelten Materie so vage und seine Konkretisierung so schwierig, dass die richterliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt und deshalb der Gemeinde ein begrenzter Entscheidungsfreiraum zuzubilligen wäre (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 -BVerfGE 84, 34; BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174).
Mit dem Tatbestandsmerkmal der Innenentwicklung beschränkt § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB seinen räumlichen Anwendungsbereich. Überplant werden dürfen nur Flächen, die von einem Siedlungsbereich mit dem Gewicht eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils umschlossen werden. Die äußeren Grenzen des Siedlungsbereichs dürfen durch den Bebauungsplan nicht in den Außenbereich hinein erweitert werden (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174). Dies folgt aus der Gesetzessystematik, dem Sinn und Zweck des § 13a BauGB sowie aus der Gesetzesbegründung. Als Gebiete, die für Bebauungspläne der Innenentwicklung in Betracht kommen, nennt der Gesetzgeber beispielhaft die im Zusammenhang bebauten Ortsteile im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB, innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche brachgefallene Flächen sowie innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Gebiete mit einem Bebauungsplan, der infolge notwendiger Anpassungsmaßnahmen geändert oder durch einen neuen Bebauungsplan abgelöst werden soll (vgl. BT-Drs. 16/2496 S. 12 zu Nummer 8 und Absatz 1). Mit dem beschleunigten Verfahren und den damit verbundenen Verfahrenserleichterungen, u.a. dem Verzicht auf die Durchführung einer Umweltprüfung, will der Gesetzgeber einen Anreiz dafür setzten, dass die Gemeinden von der Neuinanspruchnahme von Flächen durch Überplanung und Zersiedelung des Außenbereichs absehen und darauf verzichten, den äußeren Umgriff vorhandener Siedlungsbereiche zu erweitern. Dem Bebauungsplan der Innenentwicklung ist nach alledem die Inanspruchnahme von Außenbereichsgrundstücken versagt.
Nach den vorgenannten Maßstäben liegt zumindest ein erheblicher Teil des Bebauungsplangebiets im planungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB. Vorliegend handelt es sich um ein 3,48 ha großes Gelände mit vorwiegend landwirtschaftlich bzw. kleingärtnerisch genutzten Grundstücken. Lediglich ein zum Abbruch vorgesehenes ehemaliges landwirtschaftliches Gebäude war vorhanden. Westlich des Bebauungsplangebiets befindet sich keine weitere Bebauung. Vielmehr schließt sich im weiteren Verlauf ein kleines Waldgebiet an. Im Übrigens sind lediglich kleinere Nebengebäude wie Gartenhäuschen vorhanden. Ausweislich der Lagepläne sowie der verfügbaren Luftbilder im Bayern Atlas befindet sich nördlich der Straße J … ein Schulkomplex, der den westlichen Rand des Bebauungszusammenhangs begrenzt. Östlich daran schließt sich ein Wohngebiet an. Südlich der Straße am J … endet die geschlossene Bebauung westlich der Grundstücke FlNr. 2785/2, 2785/4 und 2785. Südlich davon endet erneut die Bebauung und wird durch einen breiten Streifen (Grundstücke FlNr. 2783/5 bis 2778/3 und 2777) unterbrochen. Daran schließt sich weiter südlich wieder die Bebauung entlang der Straße H … an. Diese endet westlich mit den Grundstücken 2775/36 und 2775/35. Es kann dahinstehen, ob der sich in den Bebauungszusammenhang erstreckende breite, unbebaute Streifen (Grundstücke FlNr. 2783/5 bis 2778/3 und 2777) als sogenannter Außenbereich im Innenbereich zu beurteilen ist, dessen Möglichkeit der Einbeziehung in einen Bebauungsplan der Innenentwicklung das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174) ausdrücklich offen gelassen hat. Entscheidend ist hier, dass jedenfalls die Flächen westlich davon (also westlich der im Bebauungsplan festgesetzten in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Erschließungs Straße) als bauplanungsrechtlicher Außenbereich im Sinn von § 35 BauGB einzustufen ist. Damit würde auf jeden Fall die äußere Grenze des bestehenden Siedlungsbereichs in den Außenbereich hinein verschoben. Mithin scheidet die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB im vorliegenden Fall aus.
Für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob es sich bei dem hier gegenständlichen Bereich um einen bauplanungsrechtlichen Außenbereich handelt, kommt es allein auf die tatsächlichen Gegebenheiten und nicht auf die Darstellungen im Flächennutzungsplan oder das Integrierte Stadtentwicklungskonzept der Antragsgegnerin an. Dort mögen die Flächen für eine Wohnnutzung vorgesehen sein. Dies entbindet die Antragsgegnerin jedoch nicht von der Einhaltung der Verfahrensvorschriften bei der Aufstellung von Bebauungsplänen.
Auch eine Anwendung der erst am 12. Mai 2017 und damit nach Bekanntmachung des hier verfahrensgegenständlichen Bebauungsplans in Kraft getretenen Regelung des § 13b BauGB, welche für die Ausweisung von Wohnnutzungen die Einbeziehung von Außenbereichsflächen ermöglicht, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, dürfte für den Fall einer Neuaufstellung ausscheiden. Die überbaubare Fläche beträgt vorliegend 10.082 m² und überschreitet damit die zulässige Grenze von 10.000 m² wenn auch nur geringfügig.
Die Wahl des beschleunigten Verfahrens anstelle des Regelverfahrens unter Verstoß gegen § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB zählt zwar nicht zu den beachtlichen Fehlern nach § 214 Abs. 1 BauGB, führt aber zu Folgefehlern. Denn die Antragsgegnerin unterließ eine Umweltprüfung im Sinn des § 2 Abs. 4 BauGB und erstellte entgegen § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB keinen Umweltbericht, der als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB) nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf öffentlich auszulegen und nach § 9 Abs. 8 BauGB der Begründung beizufügen gewesen wäre. Diese Fehler sind nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beachtlich.
3. Es liegt kein Fall der notwendigen Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO vor. Nach § 47 Abs. 2 Satz 4 VwGO ist allenfalls eine einfache Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO möglich. Hier liegt für die Grundstücke der Personen, welche die Beiladung beantragt haben, bereits eine Baugenehmigung nach § 33 BauGB vor. Deren Wirksamkeit bleibt grundsätzlich von der einstweiligen Anordnung unberührt, so dass die rechtlichen Interessen nicht unmittelbar berührt werden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Es wird davon ausgegangen, dass der Antragsteller zeitnah einen Normenkontollantrag stellen wird.
Entsprechend § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ist die Ziffer II. der Entscheidungsformel allgemein verbindlich und muss von der Antragsgegnerin in derselben Weise veröffentlicht werden, wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).

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