Baurecht

Wahlrecht der Gemeinde zwischen Verlängerung oder Erneuerung einer Veränderungssperre

Aktenzeichen  M 11 K 16.3940

Datum:
13.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26488
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 14, § 16, § 17 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

1 Die Erneuerung einer außer Kraft getretenen Veränderungssperre setzt nicht voraus, dass die Gemeinde zuvor die Verlängerungsmöglichkeiten des § 17 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BauGB ausgeschöpft hat. Erneuerung und Verlängerung stehen prinzipiell gleichwertig zur Sicherung der Bauleitplanung nebeneinander. Es ist deshalb zulässig, anstelle der ersten Verlängerung eine erneute Sperre zu erlassen, auch wenn dadurch sogleich eine Bindung für vier Jahre eintritt. Insofern liegt verfahrensmäßig ein Wahlrecht der Gemeinde vor. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für den wirksamen Erlass einer Veränderungssperre kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses eine hinreichend konkrete Planung vorliegt. Selbst falls sich die Planung zwischenzeitlich inhaltlich ändert, behält eine beschlossene Veränderungssperre ihre Wirksamkeit bei und es bedarf keines erneuten Beschlusses der Veränderungssperre, sofern der allgemeine Rahmen des Aufstellungsbeschlusses hierdurch nicht gesprengt wird. Insoweit schadet es insbesondere auch nicht, wenn einzelne Ziele aufgegeben werden. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten der Veränderungssperre am 26.07.2018 verpflichtet war, den Klägern einen Vorbescheid gemäß Antrag vom 11.04.2016 zu erteilen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger 2/3. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens zu 1/3. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten zu 1/3 selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat lediglich im zweiten Hilfsantrag, überwiegend jedoch keinen Erfolg.
1. Der zulässige Hauptantrag, der auf Erteilung des begehrten Vorbescheids gerichtet ist, ist unbegründet.
Zum im Rahmen der vorliegenden Verpflichtungssituation maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über diesen Antrag, haben die Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Vorbescheid. Der Ablehnungsbescheid des Landratsamts vom 18. August 2016 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Der Erteilung des Vorbescheids steht die von der Beigeladenen am 24. Juli 2018 erlassene und am 26. Juli 2018 in Kraft getretene Veränderungssperre entgegen, die u.a. zur Folge hat, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB).
Die am 24. Juli 2018 beschlossene und mit ihrer Bekanntmachung am 26. Juli 2018 in Kraft getretene Veränderungssperre ist wirksam.
Der Ansicht der Kläger, dieser Veränderungssperre liege mangels ausreichender Konkretisierung keine sicherungsfähige Planung zugrunde, kann nicht gefolgt werden.
Im Hinblick auf die weitreichende Einschränkung der Baufreiheit von u.U. bis zu vier Jahren, kann eine Veränderungssperre ihre Sicherungsfunktion rechtmäßig nur erfüllen, wenn die in Aussicht genommene Planung so hinreichend deutliche Konturen erlangt hat, dass sie als Maßstab zur Beurteilung möglicherweise entgegenstehender Vorhaben taugt. Um Genehmigungsentscheidungen steuern zu können, muss die Planung im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung bereits einen Stand erreicht haben, der ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen lässt. Die Anforderungen an die Konkretisierung dürfen im Interesse eines effektiven Schutzes der Planungshoheit also nicht überspannt werden. Die Gemeinde muss dazu positive planerische Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickeln. Im Allgemeinen genügt es dazu, dass die Ziele und Zwecke der Planung und diejenigen Elemente, welche die Nutzung im Wesentlichen bestimmen, beim Erlass der Sperre vorliegen. Die Art der Planung kann häufig noch nicht im Einzelnen angegeben werden. Einzelheiten der Planung stehen nicht selten unter dem Vorbehalt von Änderungen im weiteren Planverfahren. Nicht verlangt werden kann daher, dass Art und Maß der vorgesehenen baulichen Nutzung bereits detailliert und abgewogen dargelegt werden können. Dies wäre erst mit der Auslegung des Planentwurfs möglich (vgl. zu all dem Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 129. EL Mai 2018, § 14, Rn. 43 f.).
Die Planung der Beigeladenen wies im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung auf. So wurde hinsichtlich des beabsichtigten Maßes der baulichen Nutzung u.a. formuliert, eine Grundflächenzahl von maximal 0,3 sowie auf den FlNrn. … und … eine gestaffelte Höhenentwicklung von zwei Geschossen und nur in kleinen Bereichen von drei Geschossen festsetzen zu wollen. Hierbei handelt es sich um hinreichend konkrete positive Planungsaussagen. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen schadet es auch gerade nicht, dass noch nicht im Einzelnen räumlich festgelegt ist, in welchen Bereichen eine Bebauung nur mit zwei Geschossen und in welchen Bereichen mit drei Geschossen zulässig sein soll. Detaillierte Aussagen hierzu können zulässigerweise einer näheren Konkretisierung im Verlauf des weiteren Bebauungsplanaufstellungsverfahrens, insbesondere der Erstellung eines zur Auslegung bestimmten Planentwurfs vorbehalten bleiben. Ebenso handelt es sich bei den Zielen der Festsetzung der Bauräume abgerückt von den Grundstücksgrenzen, insbesondere auf FlNr. … aufgrund der mit der Bebauung verbundenen Fernwirkung und der Vermeidung von Hangrutschgefahren sowie der Schaffung einer Wendemöglichkeit im Bereich des …wegs um hinreichend konkrete und positive Planungsaussagen.
Auch stehen der Veränderungssperre keine sonstigen Wirksamkeitshindernisse, insbesondere im Hinblick auf die zulässige Geltungsdauer gemäß § 17 BauGB, entgegen. Sie wurde gemäß § 17 Abs. 3 BauGB in zulässiger Weise erneut beschlossen.
Eine Veränderungssperre darf erneuert werden, gleich aus welchen Gründen eine rechtzeitige Verlängerung nicht erfolgt oder gescheitert ist. Die Erneuerung einer außer Kraft getretenen Veränderungssperre setzt insbesondere nicht voraus, dass die Gemeinde zuvor die Verlängerungsmöglichkeiten des § 17 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BauGB ausgeschöpft hat. Erneuerung und Verlängerung stehen prinzipiell gleichwertig zur Sicherung der Bauleitplanung nebeneinander. Es ist deshalb zulässig, anstelle der ersten Verlängerung eine erneute Sperre zu erlassen, auch wenn dadurch sogleich eine Bindung für vier Jahre eintritt. Das BVerwG erkennt damit verfahrensmäßig ein Wahlrecht der Gemeinde an. § 17 Abs. 3 BauGB sieht nach seinem Wortlaut keine Befristung der Geltungsdauer der Sperre vor. Für die erneute Veränderungssperre gilt die Höchstdauer des § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Übersteigt die Gesamtdauer der vorangegangenen und der erneuten Sperre drei Jahre, sind jedoch die erschwerten materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB zu beachten (vgl. zu all dem Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 129. EL Mai 2018, § 17, Rn. 46 f.).
Gemäß § 3 der Satzung über die Veränderungssperre tritt die Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 spätestens mit Ablauf des 31. Mai 2019 außer Kraft. Damit beträgt der Zeitraum seit Inkrafttreten der ersten wirksamen Veränderungssperre vom 10. Mai 2016 (siehe dazu unten 2.) am 1. Juni 2016 bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Veränderungssperre vom 28. Juli 2018 insgesamt genau drei Jahre. Die Veränderungssperre vom 19. September 2017 ist bei dieser Betrachtung außer Acht zu lassen, da sie unwirksam ist (siehe unten 3.). Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB ist die Verlängerung der Geltungsdauer einer Veränderungssperre um ein Jahr auf insgesamt drei Jahre grundsätzlich ohne weiteres zulässig. Dies folgt eindeutig aus dem Umkehrschluss zu § 17 Abs. 2 BauGB, der die nochmalige Verlängerung der Geltungsdauer einer Veränderungssperre um ein weiteres Jahr, auf also maximal vier Jahre, ausdrücklich nur zulässt, wenn besondere Umstände es erfordern. Dieser anhand des Zusammenspiels von § 17 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BauGB erkennbare Zeitraum, innerhalb dessen eine Veränderungssperre verlängert oder erneut beschlossen werden kann, ohne dass es hierfür besonderer Umstände bedarf, ist vorliegend eingehalten.
§ 17 Abs. 3 BauGB ist vorliegend anwendbar, da es sich nach wie vor um dieselbe Planung handelt, die durch den Erlass der Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 gesichert werden soll. Ihr liegt nach wie vor derselbe Aufstellungsbeschluss zugrunde und auch inhaltlich hat sich die Planung mit dem fortschreitenden Aufstellungsverfahren – trotz zwischenzeitlicher Konkretisierung – nicht so sehr vom Inhalt des Aufstellungsbeschlusses entfernt, dass bei wertender Betrachtung nicht mehr von derselben Planung die Rede sein könnte. Letztlich könnte dies sogar dahinstehen, da selbst bei Annahme, die mit der Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 gesicherte Planung sei eine andere als diejenige, die mit der Veränderungssperre vom 10. Mai 2016 gesichert werden sollte, sodass es sich bei der Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 mithin um keine erneute Veränderungssperre i.S.d. § 17 Abs. 3 BauGB, sondern um eine selbstständige neue Veränderungssperre handeln würde (vgl. zur Abgrenzung einer erneuten von einer selbstständigen neuen Veränderungssperre eingehend VG München, U. v. 30.06.2016 – M 11 K 15.2224 – juris Rn. 92 ff.), sich nichts am Ergebnis für den vorliegenden Fall ändern würde. Würde es sich nämlich bei den den Veränderungssperren zugrunde liegenden Planungen nicht jeweils um dieselben handeln, würde dies lediglich dazu führen, dass für die Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 die Beschränkungen des § 17 Abs. 1 Satz 3 sowie des Abs. 2 BauGB von vorneherein nicht zu beachten wären und die Veränderungssperre ohne weiteres für die Dauer von zwei Jahren – mit der zusätzlichen Möglichkeit der Verlängerung nach § 17 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BauGB – hätte beschlossen werden können.
2. Der erste Hilfsantrag, über den aufgrund der Erfolglosigkeit des Hauptantrags zu entscheiden war, hat ebenfalls keinen Erfolg.
Letztlich kann offen bleiben, ob vorliegend eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO oder eine Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft ist. In beiden Varianten ist ein Feststellungsinteresse nämlich schon aufgrund der beabsichtigten Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen, die nicht von vorneherein aussichtslos sind, gegeben. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere würde eine allgemeine Feststellungsklage nicht an der Subsidiarität gemäß § 43 Abs. 2 VwGO scheitern. Aufgrund der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids vom 18. August 2016 allein anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung, könnte mit dem als Hauptantrag gestellten Verpflichtungsantrag alleine die rechtsverbindliche Feststellung der etwaigen Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheids zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt nicht getroffen werden.
Der erste Hilfsantrag ist jedoch unbegründet.
Zum begehrten Feststellungszeitpunkt des Inkrafttretens der Veränderungssperre vom 19. September 2017 war der Ablehnungsbescheid des Landratsamts rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten.
Vorliegend kann noch dahinstehen, ob die Veränderungssperre vom 19. September 2017 wirksam ist. Die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Ablehnungsbescheids folgt für den bzgl. dieses Antrags relevanten Zeitpunkt bereits daraus, dass die am 10. Mai 2016 für die Dauer von zwei Jahren beschlossene und am 1. Juni 2016 in Kraft getretene Veränderungssperre zum Zeitpunkt des beabsichtigten Inkrafttretens der Veränderungssperre vom 19. September 2017 am 21. September 2017 noch wirksam war.
Entgegen der Auffassung der Kläger liegt dieser Veränderungssperre eine ausreichend konkrete und damit sicherungsfähige Planung zugrunde.
Hinsichtlich der Anforderungen an eine sicherungsfähige Planung und das Mindestmaß an Konkretisierung gelten die gleichen Grundsätze wie unter 1. dargelegt.
Danach wies die Planung der Beigeladenen im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung auf.
Gemäß Aufstellungsbeschluss vom 10. Mai 2016 war Ziel der Aufstellung des Bebauungsplans, durch die Festsetzung von Baufenstern die auf den Grundstücken bebaubaren Bereiche festzulegen.
Hierbei handelt es sich gemäß den unter 1. dargelegten Anforderungen um eine hinreichend konkrete Aussage über den Inhalt eines künftigen Bebauungsplans. Hieraus lässt sich entnehmen, dass Regelungen zur überbaubaren Grundstücksfläche gemäß § 23 BauNVO und positive Aussagen zur Situierung von Gebäuden getroffen werden sollen. Zwar ist zweifelhaft, ob das weitere genannte Ziel, nämlich die Baufenster so zu situieren, dass die Abstandsflächen jeweils in jedem Fall auf dem eigenen Grundstück eingehalten werden, ein – wenn auch entgegen dem Vorbringen der Klagepartei nicht bereits völlig unkonkretes – legitimes städtebauliches Ziel ist, da es sich bei der Einhaltung der Abstandsflächen um eine bauordnungsrechtliche Fragstellung handelt. Letztlich kann dies dahinstehen, ebenso wie die Frage, ob diese Zielvorstellung durch die dem Konkretisierungsbeschluss vom 14. Juni 2016 beigefügte Skizze, auf der entgegen der formulierten Zielvorstellung ein Teil der Abstandsflächen des auf FlNr. … schemenhaft dargestellten Gebäudes eindeutig auf dem Grundstück FlNr. … zu liegen kommt, was zweifellos einen auffälligen Widerspruch zur zuvor formulierten Zielvorstellung darstellt, obsolet geworden ist. Letzteres folgt bereits daraus, dass es für den wirksamen Erlass einer Veränderungssperre darauf ankommt, ob im Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses eine hinreichend konkrete Planung vorliegt. Selbst falls sich die Planung zwischenzeitlich inhaltlich ändert, behält eine beschlossene Veränderungssperre ihre Wirksamkeit bei und es bedarf keines erneuten Beschlusses der Veränderungssperre, sofern der allgemeine Rahmen des Aufstellungsbeschlusses hierdurch nicht gesprengt wird. Insoweit schadet es insbesondere auch nicht, wenn einzelne Ziele aufgegeben werden (vgl. hierzu VG München, U. v. 30.06.2016 – M 11 K 15.2224 – juris Rn. 89). Entscheidend ist vorliegend letztlich allein, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre vom 10. Mai 2016 im Aufstellungsbeschluss vom 10. Mai 2016 die positive Planungsaussage hinsichtlich der Festlegung der überbaubaren Bereiche enthalten ist. Selbst im Falle, dass bereits in diesem Moment die Planaussage zur beabsichtigten Einhaltung der Abstandsflächen auf dem jeweils eigenen Grundstück unzulässig gewesen sein sollte, würde dies jedenfalls von der positiven Planungsaussage zur Regelung der überbaubaren Grundstücksfläche überlagert.
Ebenso wenig verfangen die übrigen Einwendungen der Kläger.
Zwar mag durchaus zutreffen, dass Anlass der Bauleitplanung der Beigeladenen jedenfalls eine durch die Kläger zur Genehmigung gestellte Vorbescheidsvariante gewesen ist, bei der in zulässiger Weise ein Teil der Abstandsflächen auf dem Grundstück FlNr. … zu liegen gekommen wäre und dass deshalb auch zugleich die Änderung des Bebauungsplans Nr. 46 beschlossen worden ist. Jedoch ist es zum einen einer Gemeinde erlaubt, eine bestimmte zur Genehmigung gestellte Planung konkret zum Anlass zu nehmen, um bauleitplanerisch tätig zu werden und zum anderen ist es gerade nicht unzulässig sondern im Gegenteil aus städtebaulicher Sicht gerade sinnvoll, dass aneinander angrenzende Bebauungspläne aufeinander abgestimmt sind.
3. Der zweite Hilfsantrag, über den aufgrund der Erfolglosigkeit des ersten Hilfsantrags zu entscheiden war, hat allerdings Erfolg.
Der zulässige (insoweit gelten die Ausführungen zum ersten Hilfsantrag entsprechend) zweite Hilfsantrag ist begründet.
Im Zeitpunkt unmittelbar vor Inkrafttreten der Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 am 26. Juli 2018 hatten die Kläger einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids gemäß Antrag vom 11. April 2016. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid war in diesem Zeitpunkt rechtswidrig und verletzte die Kläger in ihren Rechten.
Die für zwei Jahre beschlossene Veränderungssperre vom 10. Mai 2016 ist am 1. Juni 2016 bekannt gemacht worden und daher zwischenzeitlich – vor Inkrafttreten der Veränderungssperre vom 24. Juli 2018 – mit Ablauf des 31. Mai 2018 außer Kraft getreten.
Die am 19. September 2017 beschlossene und am 21. September 2017 bekannt gemachte Veränderungssperre, die ausweislich ihres § 3 ebenfalls eine Geltungsdauer von zwei Jahren haben sollte und somit dem Erfolg des zweiten Hilfsantrags entgegenstünde, ist unwirksam.
Es spricht viel dafür, dass die Unwirksamkeit bereits daraus folgt, dass bei der angeordneten Geltungsdauer von zwei Jahren unter Hinzurechnung der durch die am 1. Juni 2016 bekannt gemachte Veränderungssperre bereits seit diesem Zeitpunkt verstrichene Sperrzeit, eine Geltungsdauer von über drei Jahren ergibt, ohne dass jedoch etwas für das in diesem Fall grundsätzlich notwendige Vorliegen besonderer Umstände gemäß § 17 Abs. 2 BauGB ersichtlich ist. Die Beigeladene hat in ihrem diesbezüglichen Beschluss auch keine etwaigen besonderen Umstände angeführt, weshalb eine längere Sperrzeit als drei Jahre im vorliegenden Fall notwendig sei.
Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da – wie die Klagepartei zutreffend ausführt – die Satzung über die Veränderungssperre nicht mit dem beschlossenen Inhalt bekannt gemacht worden ist und sie daher unwirksam ist. Ausweislich der mit Schriftsatz vom 20. September 2017 übersandten Beschlussvorlage sowie ausweislich des mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 vorgelegten beglaubigten Beschlussbuchauszugs ist die Veränderungssperre mit dem in § 1 geregelten räumlichen Geltungsbereich der FlNrn. …, … und … beschlossen worden. In der bekannt gemachten Version der Satzung vom 21. September 2017 sind jedoch zusätzlich zu den drei vorgenannten Grundstücken im Geltungsbereich nach § 1 der Satzung die FlNrn. … und … (Teilfläche) benannt. Die Behauptung der Beigeladenen, die Beschlussvorlage vom 15. September 2017 sei in der Bauausschusssitzung um diese beiden Flurstücke erweitert und letztlich genau dasjenige beschlossen worden, was auch am 21. September 2017 bekannt gemacht worden ist und dass lediglich der Beschlussbuchauszug unrichtig sei, ist in der Folge nicht durch Vorlage eines entsprechenden berichtigten Beschlussbuchauszugs belegt worden. Die von der Beigeladenen gemäß § 16 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossene Veränderungssperre ist mithin nicht mit diesem Inhalt gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB i.V.m. Art. 26 Abs. 1 GO bekannt gemacht worden. Hieraus folgt die Unwirksamkeit der Satzung insgesamt. Eine geltungserhaltende Reduktion etwa dahingehend, dass die Veränderungssperre jedenfalls für die drei im Beschlussbuchauszug genannten Flurstücke (darunter dasjenige der Kläger) gilt, scheidet unabhängig von der Frage der Teilbarkeit des räumlichen Geltungsbereichs aus. Bereits eine etwaige inhaltliche Teilbarkeit des räumlichen Geltungsbereichs erscheint mehr als fraglich, da insoweit ein über den Beschluss hinausgehender Lageplan bekannt gemacht worden ist, der auch die Grundstücke FlNr. … und … (Teilfläche) umfasst. Jedenfalls kann im Hinblick auf die gemäß dem Beschlussbuchauszug beschlossenen Konkretisierungen, insbesondere dass zur Schaffung einer Wendemöglichkeit der Teil des …wegs im Bereich u.a. des Grundstücks FlNr. … in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen werden soll, in entsprechender Anwendung des § 139 BGB nicht davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene die Veränderungssperre nur mit dem Inhalt, dass der Geltungsbereich nur die FlNrn. …, … und … umfassen soll, beschlossen hätte.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen den Klägern aufzuerlegen, soweit letztere unterlegen sind, da die Beigeladene sich durch Stellung eines Sachantrags dem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat. Soweit die Kläger obsiegen, trägt die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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