Aktenzeichen 1 NE 19.85
Leitsatz
1 Auch Gebiete mit gemischter Nutzungsstruktur wie ein Dorfgebiet können die erforderliche Prägung, die das Charakteristikum der zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehörenden Flächen ist, bewirken (vgl. BVerwG BeckRS 2009, 42535). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für eine Ergänzungssatzung wird keine Erforderlichkeit im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB verlangt, sondern nur die Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, die in § 34 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 BauGB als eigenständige und insoweit speziellere Tatbestandsvoraussetzung ausgestaltet ist (vgl. BayVGH BeckRS 2003, 27233 Rn. 15). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ergänzungssatzung „N… Südost“, die die Antragsgegnerin am 12. November 2018 beschlossen und am 6. Dezember 2018 bekanntgemacht hat (im Folgenden: Satzung). Mit der Satzung sollen auf dem nördlichen Teil des Grundstücks FlNr. … die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung eines Einzelwohnhauses geschaffen werden. Der Antragsteller ist Eigentümer u.a. der außerhalb des Umgriffs der Satzung gelegenen Grundstücke FlNr. … und … der Gemarkung B… Er betreibt auf diesen und weiteren Grundstücken einen landwirtschaftlichen Betrieb und befürchtet durch die heranrückende Wohnbebauung Nachteile für seinen landwirtschaftlichen Betrieb.
Mit dem am 10. Januar 2019 eingereichten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz macht der Antragsteller geltend, dass der Antrag dringend geboten sei, um schwere Nachteile abzuwehren, die ihm durch den Vollzug der Satzung entstünden. Bei einer Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nach § 34 BauGB sei mit der Erteilung einer Baugenehmigung zu rechnen. Er sei antragsbefugt, weil er in abwägungserheblichen Rechten verletzt werde. Seine betrieblichen landwirtschaftlichen Belange seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der Abstand zwischen dem landwirtschaftlichen Stallgebäude auf seinem Grundstück und dem in den Innenbereich einzubeziehenden Grundstück betrage lediglich 35 m. Als zertifizierter Naturlandhof sei die Tierhaltung im Offenlaufstall Pflicht. Zur Gewährleistung der Offenhaltung der Tiere bestehe eine Erweiterungspflicht dahingehend, dass an seinen Stall eine eingezäunte Fläche errichtet werden müsse. Auch liege die alleinige Hofzufahrt zu seinem landwirtschaftlichen Grundstück direkt gegenüber dem Teil des Grundstücks, auf dem ein Wohngebäude errichtet werden solle. Die Satzung sei formell rechtswidrig, weil sie unter Nummer 1.3 die ursprünglich (größere) Fläche bezeichne, die als Wohnbaufläche umgewidmet werden solle. Sie sei auch aus materiellen Gründen unwirksam. Sie entspreche nicht den Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage, weil die Antragsgegnerin davon ausgehe, dass sich die maßgebliche Prägung u.a. aus der im Jahr 2008 beschlossenen Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB ergebe. Eine Prägung könne aber nur durch eine tatsächlich vorhandene Bebauung erfolgen, die auf dem Grundstück FlNr. … fehle. Es solle lediglich eine Möglichkeit geschaffen werden, die Bebauung in den Außenbereich fortzusetzen. Im Übrigen sei die Einbeziehungssatzung aus dem Jahr 2008 unwirksam, da die Gemeinde im Rahmen einer Klarstellungssatzung nur die Grenzen des tatsächlichen Innenbereichs festlegen könne, ihr dagegen kein planerischer Spielraum zukomme. Die in diesem Zusammenhang überplanten Grundstücke nähmen bis heute nicht an dem in Zusammenhang bebauten Ortsteilcharakter teil. Es handle sich um eine Gefälligkeitsplanung, da es ausschließlich um die Wohnraumbeschaffung für eine einzige Familie gehe. Zudem bestünden städtebauliche Spannungen, und zwar bedingt durch die – gegenüber einer „normalen“ Landwirtschaft – durch den Naturlandhof entstehenden stärkeren Emissionen und den zu erwartenden erheblichen Konflikten gerade auch aufgrund der Zufahrtssituation. Dies hätte den Erlass eines Bebauungsplans erfordert. Die Antragsgegnerin habe auch nicht dargelegt, warum eine Beeinträchtigung seines in die Denkmalliste aufgenommen Hofes nicht zu erwarten sei. Mangels Erstellung eines emissionstechnischen Gutachtens sei nicht verständlich, dass nicht mit einer Beeinträchtigung der Nutzung seines landwirtschaftlichen Betriebs zu rechnen sei. Auch sei übersehen worden, dass sowohl durch die Zufahrtssituation als auch durch den Einsatz von Kreissägen und Holzspaltern in seinem landwirtschaftlichen Betrieb mit verstärktem Lärm zu rechnen sei. Die Festsetzungen zur Baukörpergröße, zur Wandhöhe und zur Errichtung eines Einzelhauses entsprächen nicht der Umgebungsbebauung, sondern vielmehr einem Bebauungsplan.
Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen. Der Antrag sei unzulässig, da dem Antragsteller die erforderliche Antragsbefugnis fehle. Unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens scheide das Vorliegen einer möglichen Rechtsverletzung aus. Eine Verletzung privater Rechte des Antragstellers bei der Abwägung ergebe sich nach der Stellungnahme des Landratsamts vom 4. September 2017, das von einer zutreffenden Betriebsgröße des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers ausgegangen sei, nicht. Soweit der Antragsteller sich auf die Eintragung seines Hofes in die Denkmalliste berufe, fehle es an einer erheblichen Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des Anwesens des Antragstellers. Die Antragsgegnerin habe die von ihm vorgetragenen und mit Lärm verbundenen Tätigkeiten ausreichend abgewogen. Diese seien in einem Dorfgebiet ortsüblich und könnten von Nachbarn nicht abgewehrt werden.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Normaufstellungsakte sowie auf die Gerichtsakten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und im Verfahren der Normenkontrolle verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Antragsteller ist antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (stRspr vgl. BVerwG, B.v. 14.9.2015 – 4 BN 4.15 – ZfBR 2016, 154). An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es um das Recht auf gerechte Abwägung geht (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215). Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange als möglich erscheinen lassen. Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 a.a.O.). Diese Anforderungen gelten gleichermaßen für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2011 – 1 NE 10.2657 – juris Rn. 20).
Für einen Normenkontrollantrag gegen eine Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB gilt dieser Maßstab entsprechend. Die Belange betroffener Eigentümer sind auch insoweit bei Aufstellung einer Satzung in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 3 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB zu ermitteln und zu bewerten sowie mit den berührten öffentlichen und anderen privaten Belangen abzuwägen (vgl. BayVGH, U.v. 8.6.2010 – 15 N 08.3172 – BeckRS 2010, 31407; U.v. 29.10.2008 – 1 N 07.3048 – juris Rn. 16 f.). Gemessen an diesen Grundsätzen ist es nach dem tatsächlichen Vorbringen des Antragstellers nicht ausgeschlossen, dass er durch die Festsetzungen der Satzung in seinem Recht auf gerechte Abwägung seiner privaten Interessen verletzt wird (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 a.a.O., B.v. 8.6.2011 – 4 BN 42.10 – BauR 2011, 1641). Der Antragsteller kann als dem Satzungsgebiet benachbarter Grundstückseigentümer geltend machen, in seinem Recht auf Abwägung in Bezug auf mögliche Einschränkungen der Nutzungs- und Erweiterungsmöglichkeiten seines landwirtschaftlichen Betriebs durch die heranrückende Wohnbebauung betroffen zu sein. Ob diese Interessen des Antragstellers sich gegenüber den Gründen der Antragsgegnerin, die Wohnbebauung in dem vorgesehenen Gebiet anzusiedeln, durchsetzen können, ist eine Frage der Kontrolle der planerischen Abwägung selbst. Die Antragsgegnerin hat die von dem Antragsteller geltend gemachten Belange zwar gesehen und in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt. Gleichwohl ist es nach dem tatsächlichen Vorbringen des Antragstellers auch unter Berücksichtigung der (vorläufigen) Berechnung der Unteren Immissionsschutzbehörde des Landratsamtes vom 4. September 2017 zur Geruchs- und Lärmimmissionen nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass diese Belange nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt wurden (vgl. BVerwG, B.v. 8.6.2011 a.a.O.). Dem Antragsteller kann daher die Antragsbefugnis nicht abgesprochen werden.
Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller gegen die Errichtung des Wohnhauses vorgehen könnte. Angesichts des unterschiedlichen Streitgegenstands und Prüfungsumfangs der Verfahren kommt den Rechtsschutzmöglichkeiten nach § 80a Abs. 3 und § 123 VwGO nicht der Vorrang vor einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu; vielmehr können die Verfahren grundsätzlich nebeneinander in Anspruch genommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 3.1.2013 – 1 NE 12.2151 – NVwZ-RR 2013, 406).
2. Der Antrag hat keinen Erfolg. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung des Vollzugs von Rechtsvorschriften hat, ist dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.1995 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 93, 181; BayVGH, B.v. 3.1.2013 – 1 NE 12.2151 – BayVBl 2013, 406; BayVGH, B.v. 16.5.2011 – 1 NE 10.2657 – juris Rn. 29). Vorläufiger Rechtsschutz im Vorgriff auf eine Normenkontrollentscheidung setzt nach § 47 Abs. 6 VwGO voraus, dass die Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Angesichts der mit E-Mail vom 11. März 2019 zum Ausdruck gebrachten Bauabsicht der Eigentümerin des betroffenen Plangrundstücks kann ungeachtet der Frage der ausreichenden Darlegung durch den Antragsteller (noch) von der gebotenen Dringlichkeit bzw. einem Anordnungsgrund ausgegangen werden. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung spricht jedoch viel dafür, dass der Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht erfolgreich sein wird.
Bedenken gegen die Gültigkeit der Satzung bestehen nicht.
2.1 Die Unwirksamkeit der Satzung folgt nicht aus der in Nummer 1.3. der Planungsrechtlichen Voraussetzungen trotz der Reduzierung der Planung von ursprünglich zwei Bauparzellen auf nur noch eine Bauparzelle unzutreffend bezeichneten Größe der umzuwidmenden Wohnbaufläche mit 1.225 m². Dass es sich dabei um ein redaktionelles Versehen handelt, verdeutlicht die (zutreffende) Bezeichnung der Größe der umzuwidmenden Wohnbaufläche in Nummer 2 der Begründung der Satzung mit rd. 700 m². Auch der Antragsteller selbst bezieht sich in seiner Sachverhaltsdarstellung auf den reduzierten Umfang.
2.2 Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegen vor. Danach kann die Gemeinde durch Satzung einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind. Dabei müssen die Außenbereichsflächen, die einbezogen werden, unmittelbar an im Zusammenhang bebaute Ortsteile angrenzen. So liegt der Fall hier.
Der Bebauung in N… kommt das für eine nach der Siedlungsstruktur angemessene bauliche Fortentwicklung notwendige Gewicht zu. Ein (im Zusammenhang bebauter) Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt einen Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde voraus, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – BVerwGE 152, 275). Bei der Bebauung in N… handelt es sich um einen ländlich geprägten Weiler, der ausweislich der vorliegenden Unterlagen von einer Mischnutzung aus vier Landwirtschaften mit ein bzw. zwei Wohneinheiten sowie einer größeren Anzahl von Wohngebäuden und ehemals landwirtschaftlichen Anwesen geprägt wird. Die vorhandenen Nebenanlagen sind als Teil der landwirtschaftlichen Hofstellen für eine organische dörfliche Siedlungsstruktur kennzeichnend. Dazu gehören alle Gebäude, die räumlich und funktional unmittelbar dem Betriebs- und Wohnsitz des Landwirts zugeordnet sind. Ein ausreichendes siedlungsstrukturelles Gewicht für eine angemessene bauliche Fortentwicklung ist damit gegeben. Insoweit bestehen keine Bedenken, dass die Antragsgegnerin von der Satzungsermächtigung in § 34 Abs. 4 Satz 1 BauGB – wie hier im Jahr 2008 – Gebrauch gemacht hat. Im Übrigen kommt einer sogenannten Klarstellungssatzung nur eine deklaratorische Wirkung zu; der Erlass einer Ergänzungssatzung ist nicht (mehr) vom Erlass einer Klarstellungssatzung abhängig.
Die Teilfläche des Grundstücks FlNr. … stellt eine Ergänzung der vorhandenen Bebauung dar (vgl. OVG NW, U.v. 17.4.2009 – 7 D 102/07 NE – NVwZ-RR 2009, 798). Die einzelne Außenbereichsfläche hat nach ihrer Lage oder Größe kein solches städtebauliches Gewicht, dass eine weitere Bebauung dieser Fläche das Erfordernis der Aufstellung eines Bebauungsplans im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB auslösen würde. Die einbezogene Fläche ist auch durch die bauliche Nutzung der im Norden und Westen vorhandenen Bebauung geprägt. Denn auch Gebiete mit gemischter Nutzungsstruktur wie vorliegend ein Dorfgebiet können die erforderliche Prägung, die das Charakteristikum der zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehörenden Flächen ist, bewirken (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2009 – 4 BN 31.09 – BauR 2010, 444; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB Stand Oktober 2018, § 34 Rn. 117). Angesichts dieser als Dorfgebiet anzusehenden maßgeblich prägenden Umgebung erzeugt es grundsätzlich keine beachtlichen bodenrechtlichen Spannungen, wenn im Satzungsgebiet entsprechend § 5 Abs. 1 BauNVO auch zusätzliche Wohnbebauung an die emittierenden landwirtschaftlichen Betriebe heranrücken kann.
Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen durch Satzung – wie hier – eine Wohnbebauung in der Nachbarschaft eines vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebs zulässig ist, hat der Satzungsgeber bei der Aufstellung der Satzung im Rahmen der Abwägung zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) und die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB).
Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Abwägung mit der Frage befasst, ob auf dem Satzungsgrundstück ein Wohnhaus gebaut werden darf. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann mit Blick auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls nicht angenommen werden, dass die Satzung gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstößt. Die Antragsgegnerin hat den Sachverhalt hinsichtlich der gegenläufigen Belange, die sich aus dem Interesse an einem störungsfreien Wohnen und dem Belang des Antragstellers an einer ungehinderten Betriebsführung ergeben, zutreffend ermittelt und einer Lösung zugeführt. Nach der vorliegenden (vorläufigen) Berechnung der Unteren Immissionsschutzbehörde des Landratsamtes vom 4. September 2017, die sich die Antragsgegnerin zu eigen gemacht hat, ist bei Einhaltung eines Mindestabstands zwischen Stallaußenwand und Wohngebäude von 28 m zum bestehenden Stall auf dem Grundstück FlNr. … bzw. 34 m zum genehmigten Stall auf dem Grundstück FlNr. … nicht mit unzulässigen Geruchsimmissionen zu rechnen. Diese Berechnung, der eine zutreffende Betriebsgröße des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers zugrunde gelegt wurde, beruht auf dem Arbeitspapier des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ („Arbeitspapier“). Für den erforderlichen Sicherheitsabstand wird auf das Abstandsdiagramm für ein Dorfgebiet abgestellt. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Antragsteller kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er als Betreiber eines Naturlandhofs, der eine Tierhaltung im Offenlaufstall erfordert, eine Erweiterung der Offenhaltung der Tiere im Bereich einer eingezäunten Fläche angrenzend an seinen Stall beabsichtigt, die zu noch stärkeren Geruchsimmissionen führen wird. Denn auch insoweit ist nach dem der Berechnung zutreffend zugrunde gelegten Arbeitspapier maßgeblich auf den Abstand der Stallung oder Tierhaltung abzustellen, der sich durch die vorstehend beschriebene Erweiterung nicht verändert. Auch in Bezug auf mögliche Lärmimmissionen liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung nicht vor. Nach der (vorläufigen) Berechnung sind im Dorfgebiet – wie hier – Belästigungen durch herkömmliche Geräusche im ländlichen Raum in der Regel als nicht erheblich einzustufen. Zudem hat sich die Antragsgegnerin in den Sitzungen des Gemeinderats vom 19. Februar 2018 und 12. November 2018 eingehend mit den Einwendungen des Antragstellers, insbesondere auch in Bezug auf die vom Antragsteller aufgeführten Tätigkeiten im Zusammenhang mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb, befasst. Die Zufahrtssituation war der Antragsgegnerin aufgrund der Ortskenntnis bekannt. Die Einschätzung, es handle sich angesichts der Betriebsgröße, der zur Verfügung stehenden Gebäude und Räumlichkeiten sowie der Anzahl der auf dem Hof beschäftigten Personen um Tätigkeiten und damit verbundenen Immissionen, die sich in einem ortsüblichen Rahmen bewegen, ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers bedurfte es daher nicht der Einholung eines Gutachtens.
2.3 Soweit der Antragsteller geltend macht, dass die Satzung städtebaulich nicht erforderlich sei, insbesondere weil es ausschließlich um die Wohnraumbeschaffung für eine einzige Familie gehe und es sich daher um eine unzulässige Gefälligkeitsplanung handle, kommt es hierauf rechtlich nicht an. Das Gesetz verlangt für eine Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz1 Nr. 3 BauGB keine Erforderlichkeit im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB, sondern nur die Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, die in § 34 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BauGB als eigenständige und insoweit speziellere Tatbestandsvoraussetzung ausgestaltet ist (vgl. BayVGH, U.v. 15.7.2003 – 20 N 02.1591 – juris Rn. 15). Die geforderte Vereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung stellt Anforderungen in Richtung auf die nach § 1 Abs. 7 BauGB in der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belange. Nach den Zulässigkeitsregeln des § 34 Abs. 1 bis 3 BauGB nicht zu bewältigende Spannungen können nur durch die Aufstellung eines Bebauungsplans gelöst werden. Davon, dass die Schaffung einer neuen Bauparzelle im Außenbereich hier zu derartigen städtebaulichen Spannungen führt, dass der Erlass einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB ausgeschlossen ist, kann nach den Angaben des Antragstellers zu Art und Umfang seiner land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit jedoch nicht ausgegangen werden.
2.4 Das Erfordernis einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nach § 34 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BauGB schließt grundsätzlich mit ein, dass die Ergänzungssatzung den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht widerspricht (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2018, § 34 Rn.118b). Ob ein solcher Widerspruch besteht, da in der Begründung der Satzung unter Nummer 1 u.a. ausgeführt wird, dass die im Flächennutzungsplan ausgewiesene Fläche für einen Bauhof obsolet geworden ist, da sich auf dem Grundstück FlNr. … kein denkmalgeschütztes Gebäude befindet, oder ob es sich auch insoweit um ein redaktionelles Versehen handelt, kann dahinstehen. Denn insoweit sind die Grundsätze des sogenannten Entwicklungsgebots nach § 8 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden (vgl. VGH BW, U.v. 8.4.2009 – 5 S 1054.08 – juris Rn. 41; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger a.a.O.). Im Rahmen der dabei vorzunehmenden Konkretisierung sind auch Abweichungen zulässig, wenn sie sich aus dem Übergang in eine konkretere Planstufe rechtfertigen und die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans unberührt lassen (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.1975 – IV C 74.72 – BVerwGE 48, 70; U.v. 26.2.1999 – 4 CN 6.98 – NVwZ 2000, 197; B.v. 11.2.2004 – 4 BN 1.04 – juris Rn. 7). Gemessen daran konnte die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgehen, dass durch die kleinräumige Umwidmung zu Wohnbauzwecken die Vorgaben im Sinn des Flächennutzungsplans zum Erhalt der dörflichen Struktur und des Ortsbildes umgesetzt werden. Die Abweichung ist daher noch vom sogenannten Entwicklungsspielraum gedeckt.
2.5 Auch ein Verstoß gegen § 34 Abs. 5 Satz 2 BauGB lässt sich nicht feststellen. Danach können in Ergänzungssatzungen nur „einzelne“ Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 und 3 Satz 1 und Abs. 4 BauGB getroffen werden. Unzulässig sind damit – wegen der reduzierten Planqualität der Ergänzungssatzung – detaillierte Festsetzungen in der Art eines qualifizierten Bebauungsplans. Da sich die angegriffene Satzung zur Gewährleistung einer harmonischen Ortsrandbebauung zuletzt darauf beschränkt, nur wenige Festsetzungen insbesondere zu der überbaubaren Fläche und der Zulässigkeit eines Satteldachs zu treffen, im Übrigen auf weitere Regelungen verzichtet, ist ein Verstoß gegen § 34 Abs. 5 Satz 2 BauGB nicht zu erkennen.
2.6 Soweit der Antragsteller einen Mangel der Satzung insoweit geltend macht, als nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung nicht von einer Beeinträchtigung seiner denkmalgeschützten Hofstelle ausgegangen sei, liegt dieser nicht vor. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Blickachse durch das geplante Wohngebäude auf seinen Hof ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Aufgrund der Anordnung des Bauraums ist insbesondere eine mögliche Beeinträchtigung mit Blickrichtung von Westen nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).