Baurecht

Zulassung des Ausbaus eines Hafens zu einem trimodalen Umschlagshafen durch Planfeststellungsbeschluss

Aktenzeichen  7 C 11/12

Datum:
19.2.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2015:190215U7C11.12.0
Normen:
§ 73 Abs 4 S 3 VwVfG NW 1999
§ 74 Abs 1 S 2 VwGO
§ 74 Abs 5 S 3 VwVfG NW 1999
§ 75 Abs 1 S 1 VwVfG NW 1999
§ 78 Abs 1 VwVfG NW 1999
§ 3b Abs 1 S 1 UVPG
§ 2 Abs 1 S 4 UVPG
§ 2038 Abs 1 S 2 Halbs 2 BGB
§ 31 Abs 2 S 1 WHG vom 21.08.2002
Art 2 Abs 2 EURL 92/2011
§ 18 Abs 1 S 1 AEG vom 27.07.2001
Spruchkörper:
7. Senat

Leitsatz

1. Die Rüge, die Behörde sei von Rechts wegen daran gehindert, eine zur Genehmigung gestellte Maßnahme – hier den Ausbau eines Hafens – einheitlich im Wege der Planfeststellung zuzulassen, unterliegt nicht der Präklusion nach § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG (juris: VwVfG NW 1999).
2. § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG a.F. bietet keine Rechtsgrundlage für die Planfeststellung eines trimodalen Umschlaghafens als Gesamtheit der erforderlichen gewässerseitigen und landseitigen Teilanlagen.

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 15. März 2011, Az: 20 A 2148/09, Urteilvorgehend VG Köln, 11. August 2009, Az: 14 K 4719/06, Urteil

Tatbestand

1
Die Klage richtet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss, mit dem der Ausbau eines Hafens zur Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für den sogenannten trimodalen Umschlag des Güterverkehrs zwischen den Verkehrsträgern Wasser, Schiene und Straße zugelassen worden ist.
2
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 30. August 2006 stellte der Beklagte den Plan der Beigeladenen zum Ausbau des Hafens K. um ein weiteres Hafenbecken (Hafenbecken IV) fest. Der Plan ist auf § 31 Abs. 2 WHG in der seinerzeit geltenden Fassung gestützt. Er umfasst die gesamte Hafeninfrastruktur, die neben dem neuen Hafenbecken unter anderem aus Umschlags- und Bereitstellungsanlagen für Schüttgut, Stückgut, Container und Wechselbrücken, Zwischenlager- und Bereitstellungsflächen sowie Gleisanlagen und Straßen besteht.
3
Der Kläger ist Mitglied einer Erbengemeinschaft, die Miteigentümerin eines etwa 500 m von der Grenze des Plangebiets entfernten Grundstücks ist. Er hatte im Anhörungsverfahren umfangreiche Einwendungen gegen den Plan erhoben.
4
Auf seine Klage hob das Verwaltungsgericht den Planfeststellungsbeschluss auf. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Die Klage sei zulässig. Sie sei rechtzeitig erhoben worden. Der Kläger sei auf der Grundlage von § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB befugt, die der Erbengemeinschaft zustehenden Rechte an dem Grundstück mittels Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss geltend zu machen. Die Klage sei auch begründet. Es fehle für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bezogen auf in ihm enthaltene Teilregelungen an der erforderlichen Ermächtigung zur Planfeststellung. Dies führe zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses insgesamt. Dem stehe kein Einwendungsausschluss entgegen. Eine den gesamten Regelungsbereich des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses erfassende Entscheidungskompetenz des Beklagten könne weder umfassend aus § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG a.F. noch ergänzend aus anderen Regelungen hergeleitet werden. § 31 WHG a.F. stelle keine Rechtsgrundlage für die Planfeststellung eines Hafens als funktionale Gesamtheit der dem Hafenbetrieb dienenden Anlagen dar. Die erforderliche Rechtsgrundlage für die Planfeststellung der nicht als Gewässerausbau im Sinne dieser Vorschrift anzusehenden Teile des planfestgestellten Vorhabens finde sich auch nicht in § 75 Abs. 1 Satz 1 oder § 78 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Auch unter Einbeziehung von § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG a.F. sei eine umfassende Planfeststellung des Vorhabens nicht gerechtfertigt. Eisenbahnrechtlich planfeststellungsbedürftig seien lediglich Bau und Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn. Nicht alle Teile des planfestgestellten Vorhabens seien indessen als derartige Betriebsanlagen einzuordnen. Das Fehlen der sachlichen Entscheidungskompetenz des Beklagten für die Planfeststellung von Teilen des Vorhabens führe zur Rechtswidrigkeit der Planfeststellung und verletze den Kläger auch in seinen Rechten. Die Möglichkeit einer Behebung des Mangels im ergänzenden Verfahren bestehe nicht. Dies führe zur vollständigen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, der nicht teilweise aufrechterhalten werden könne.
5
Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Revision trägt die Beigeladene vor: Die Klage sei bereits unzulässig. Der Kläger habe die Klagefrist nicht eingehalten; auch fehle es ihm an der Klage- und Prozessführungsbefugnis. Die Klage sei auch unbegründet. Der Kläger sei mit seiner Rüge der fehlenden sachlichen Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde präkludiert. In der Sache verkenne das Oberverwaltungsgericht, dass dem Planfeststellungsrecht ein eigenständiger Vorhabenbegriff innewohne, der nicht durch § 31 Abs. 2 WHG a.F. begrenzt werde, und lege auch den Begriff des Gewässerausbaus in dieser Vorschrift zu eng aus. § 31 Abs. 2 WHG a.F. müsse im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union dahingehend verstanden werden, dass das gesamte Vorhaben einer Zulassung im Wege der Planfeststellung zugänglich sei. Dies folge insbesondere aus der UVP-Richtlinie. Selbst wenn man der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts folgen wolle, lasse sich der Planfeststellungsbeschluss ergänzend auf § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG a.F. i.V.m. § 78 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW stützen. Auch sei der Beklagte für die Zulassung des Vorhabens insgesamt sachlich zuständig. Sollte der Planfeststellungsbeschluss gleichwohl an einem Rechtsfehler leiden, verletze er den Kläger jedenfalls nicht in eigenen Rechten. Zudem sei der Planfeststellungsbeschluss teilbar und habe daher allenfalls teilweise aufgehoben werden dürfen.
6
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. August 2009 und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. März 2011, soweit dieses die Berufung der Beigeladenen zurückgewiesen hat, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Der Beklagte stellt keinen Antrag. Er hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
8
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
9
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
10
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren beteiligt. Er schließt sich im Wesentlichen dem angefochtenen Urteil an, namentlich im Hinblick auf die dort vorgenommene Auslegung des § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG a.F.

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