Aktenzeichen VI 1442/16
Leitsatz
1. Wer sich auf eine als Widerruf zu bewertende Handlung des Erblassers beruft, trägt die Feststellungslast; ist ein Testament verloren oder sonst abhandengekommen, hat das Gericht den Aufhebungswillen festzustellen (Rn. 38 – 39). (redaktioneller Leitsatz)
2. Es kann gegen ein versehentliches Abhandenkommen eines Testaments und für eine Vernichtung sprechen, wenn die sonstigen die Erbfolge betreffenden Unterlagen geordnet waren (Rn. 48). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Der Antrag des Beteiligten Mi. B. auf Erteilung eines Erbscheins, der W.S. als Alleinerben der am 29.04.2016 verstorbenen E.S. ausweist, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1. Am 29.04.2016 verstarb die Erblasserin E.S., zuletzt wohnhaft in der B-Straße x in … Sie war verheiratet mit W.S., der am 03.05.2016 verstarb (Az.: VI 1490/16).
Die Erblasserin hatte keine Nachkommen, ihr Ehemann hinterließ seine Töchter, die Beteiligten T. und M.
Die Erblasserin hatte zwei Brüder, den Beteiligten D.B. sowie den im Jahr 1996 vorverstorbenen Dr. G.B.. Dr. G.B. hatte vier Söhne, die Beteiligten Mi.B., S.B. und F.B. sowie den im Jahr 2008 vorverstorbenen Mar.B. Dessen Söhne sind die Beteiligten Ma.B., C.B. und A.B..
2. Im Nachlassverfahren liegen insbesondere vor:
a) Kopie eines eigenhändigen gemeinschaftlichen Testaments vom 18.07.2010 (Bl. 21/24 d. A.), die von Rechtsanwältin D. an das Nachlassgericht übermittelt wurde.
b) Kopie eines eigenhändigen gemeinschaftliche Testaments vom 20.03.2015 (Bl. 86/88 d. A.), die von Rechtsanwältin D. an das Nachlassgericht übermittelt wurde.
c) Testamentsentwurf aus August / Oktober 2015 (Bl. 122/123 d. A. bzw. Bl. 77/78 d. A. VI 1490/16).
3. Mit notariellem Erbscheinsantrag vom 10.01.2017 beantragte der Beteiligte Mi. B. einen Erbschein nach der Erblasserin des Inhalts, dass diese aufgrund des Testaments vom 18.07.2010 von ihrem Ehemann W.S. allein beerbt worden sei.
4. Der Beteiligte Mi. B. begründet sein Erbrecht mit dem Testament vom 28.07.2010.
Er und seine Ehefrau seien im Jahr 2000 nach St. gezogen, um sich orts- und zeitnah um die Eheleute S. kümmern zu können; 2003 sei sogar ein Umzug in dieselbe Straße erfolgt. Es seien sowohl körperliche Hilfen in Haus und Garten erfolgt, als auch gemeinsame Freizeitaktivitäten durchgeführt worden. Die Eheleute S. seien zu OP- und Behandlungsterminen beim Arzt gefahren worden und während diverser Krankenhausaufenthalte regelmäßig besucht worden. Sie hätten sich über 16 Jahre um das verstorbene Ehepaar S. gekümmert. Ein Zerwürfnis habe es nie gegeben. Es habe zwar Meinungsverschiedenheiten, jedoch nicht von gravierenden Intensität, gegeben.
Anfang 2010 hätten sich die Eheleute S. um die Erstellung eines Testaments gekümmert und hätten mit dem Beteiligten Mi. B. einige Gespräche betreffend Inhalt und Ausgestaltung geführt. Schließlich hätten sich die Eheleute S. für die Lösung gemäß des in Kopie vorliegenden Testaments vom 18.07.2010 entschieden. Der Ausschluss des Beteiligten D.B. sei insbesondere der Erblasserin immer sehr wichtig gewesen. Das Testament sei den Beteiligten Mi.B. und seiner Ehefrau am 18.07.2010 zur Kenntnis gebracht und in deren Beisein vom Ehepaar S. unterschrieben worden.
Bis zuletzt März/April 2016 hätten der Beteiligte Mi.B. mit seiner Ehefrau freundschaftlichen Kontakt zum Ehepaar S. gehabt. Die Besuche im Jahr 2016 seien nicht mehr so häufig wie zuvor gewesen, da der Beteiligte Mi.B. selbst mit einer belastenden Erkrankung zu kämpfen gehabt habe.
Der Beteiligte S.B. habe bis September 2015 mit Sicherheit keinen Kontakt zu den Eheleuten S. gehabt. Dieser habe, genauso wie die Brüder der Erblasserin, keine enge Beziehung zum Ehepaar S. gehabt. Dies habe auf die Behandlung der gemeinsamen Mutter durch die Brüder der Erblasserin beruht. Es habe mindestens 15 Jahre kein Kontakt zwischen dem Beteiligten S.B. und dem Ehepaar S. bestanden.
Das Testament vom 28.07.2010 sei nicht mit Widerrufswillen vernichtet worden; der Verbleib des Originals sei unbekannt. Von einer Änderungsabsicht des Testaments oder Vernichtung von Testamenten habe der Beteiligte M.B. keine Kenntnis. Der Beteiligte S.B. habe jedoch Zugang zum Haus gehabt. Eine beabsichtigte Änderung des Testaments zugunsten des Beteiligten S. B. sei nie erwähnt worden. Hierzu habe es, genauso wie zur Vernichtung keinen Grund gegeben. Noch im Januar/Februar 2016 habe W. S. gegenüber der Ehefrau des Beteiligten Mi. B. wiederholt, dass diese nach wie vor als Erben eingesetzt seien. Auch deshalb sei nicht von einer Vernichtung der Testamente auszugehen. Die gesetzliche Erbfolge habe nicht eintreten sollen. Zu einer Neuerrichtung sei es nicht gekommen. Beiden vorliegenden Testamentskopien lägen wirksame Testamente zugrunde.
5. Die weitere Beteiligten äußerten sich wie folgt:
„a) Der Beteiligte D. B. nahm zum Erbscheinsantrag des Beteiligten Mi. B. dahingehend Stellung, dass er Zweifel habe, ob nicht neben dem Testament vom 18.07.2010 noch ein aktualisiertes Testament existiere. Er habe Kenntnis davon, dass der Beteiligte S. B. in den vergangenen Jahren der Erblasserin in mancher Hinsicht dienstbar gewesen sei (z. B. Gartenpflege) und könne sich deshalb vorstellen, dass das Testament nach 2010 aktualisiert worden sei.“
b) Der Beteiligte S. B. widerspricht dem Erbscheinsantrag, da gesetzliche Erbfolge eingetreten sei.
Die Erbfolge sei wie in der Kopie vom 18.07.2010 bis Anfang 2015 geplant gewesen. Im Frühjahr 2015 hätte das Ehepaar S. ihm mitgeteilt, dass sie ihn neben seinem Bruder bei dem 50-%-Anteil berücksichtigen wollten. Nachdem sie dies dem Beteiligten Mi. B. mitgeteilt hätten, sei es zum Zerwürfnis mit diesem gekommen. Sodann hätten die Eheleute S. geplant, ihn zu 1/2 und die Töchter des Ehemanns zu je 1/4 als Erben einzusetzen. In diesem Zusammenhang sei das Testament vom 08.07.2010 vernichtet worden. Ob das im Schreiben von Rechtsanwältin D. vom 19.10.2015 genannte Testament mit der entsprechenden Regelung handschriftlich ausgeführt worden sei und wo es ggf. verblieben sei, entziehe sich seiner Kenntnis. Im März 2016 hätten die Eheleute S. ihm mündlich mitgeteilt, dass er das Haus bekommen solle und die Tochter den gesamten Rest des Nachlasses. Ob dies schriftlich niedergelegt worden sei, sei ihm nicht bekannt.
c) Die Beteiligte M. teilte mit, dass ihr Vater und seine Ehefrau der Meinung gewesen seien, dass die Erbangelegenheit klar und im Einklang mit dem Gesetz zu regeln sei und hätten deshalb die Rechtsanwältin D. beauftragt. Sie habe gewusst, dass es ein Testament gebe, es aber nie gesehen und dessen Inhalt auch nicht gekannt, jedoch auch gewusst, dass sie und ihre Schwester im Testament berücksichtigt seien. Es sei aber auch die Rede von einer dritten Person, einem Neffen der Ehefrau ihres Vaters, die Rede gewesen, den sie jedoch nicht vom Namen her gekannt habe. In dieser Frage habe es irgendwelche Zwistigkeiten gegeben, da der Ehefrau ihres Vaters das Verhalten des Neffen missfallen habe und in diesem Zusammenhang habe die Berücksichtigung am Erbe geändert werden sollen. Das Thema sei bei Telefonaten mit ihrem Vater im Laufe der mindestens letzten fünf Jahre mehrmals am Rande aufgetaucht. Er habe erwähnt, dass es „wieder“ ein Treffen oder ein Gespräch gegeben habe, weil seine Frau das Testament ändern habe wollen. Einzelheiten hierzu seien mit ihr jedoch nicht besprochen worden. Auch von einem zweiten späteren Testament aus dem Jahr 2015 habe sie konkret nichts gewusst, auch wenn ihr von ihrem Vater der bei seiner Frau bestehende Wille zur Vornahme von Änderungen an den getroffenen Entscheidungen für den Erbfall kommuniziert worden sei.
d) Die Beteiligte T. führte aus, dass die Eheleute S. alle Einzelheiten ihres Testaments mit ihrer Anwältin D. geregelt hätten. Diese habe ihr gegenüber jedenfalls bestätigt, dass sie von ein paar Änderungen des Testaments, die die Eheleute S. vorgenommen hätten bzw. vornehmen haben wollen, wüsste. In dem sehr genau abgehefteten und geordneten Unterlagen der Eheleute S. habe sie kein Testament gefunden. Es seien dort aber Kopien von Entwürfen einer neuen Version des Testaments mit markierten Verbesserungen fertig zur Unterschrift vorhanden gewesen. Sie habe keinen Zweifel, dass die Eheleute neben ihrer Schwester und ihr den Beteiligten S. B. in das Erbe mit einschließen habe wollen. Der Beteiligte Mi. B. habe in den letzten Jahren auf keinen Fall zu den beliebtesten Familienmitgliedern der Eheleute gezählt. Die Erblasserin habe ihm ganz klar erklärt, dass er keinerlei Erbe zu erwarten habe. Der Beteiligte S. B. sei den Eheleuten S. ein richtiger Freund gewesen.
6. Das Gericht erholte im Rahmen der Amtsermittlung verschiedene Stellungnahmen.
a) Aus den Auskünften von Rechtsanwältin D. ergibt sich, dass das Testament vom 18.07.2010 ihr am 13.10.2010 in Kopie übermittelt wurde. Ob sie dieses im Original gesehen hat, kann sie nicht mehr sagen.
Es gab dann im Jahr 2014 eine Arbeitsversion eines Testaments (Bl. 89/92 d.A.), in dem sich das Ehepaar gegenseitig als Erben und als Schlusserben die Töchter des W. S. zu je 1/4 und den Beteiligten Mi. B. zu 1/2 eingesetzt hätten.
Das Testament vom 20.03.2015 ging am 30.03.2015 in Kopie bei ihr ein. Das Original hat Rechtsanwältin D. nie gesehen.
Am 09.07.2015 gab es eine Besprechung zwischen Rechtsanwältin D. und den Eheleuten (vgl. Betreffzeile E-Mail v. 10.07.2015, Bl. 116 d.A.).
Am 10.07.2015 übersandte sie eine Korrektur des Testaments per E-Mail an W. S. (Bl. 116 d.A.).
Am 28.08.2015 kam es zu einer Besprechung zwischen Rechtsanwältin D. und den Eheleuten (vgl. Schreiben vom 19.10.2015, Bl. 10 d.A.).
Am 31.08.2015 übersandte sie aufgrund dieser Besprechung Entwürfe (vgl. Schreiben v. 19.10.2015), in denen die Eheleute sich gegenseitig als Alleinerben und die Töchter des Ehemanns zu je 1/4 und den Neffen S. B. zu 1/2 als Schlusserben eingesetzt hätten.
Am 19.10.2015 (Bl. 10 d.A.) übersandte Rechtsanwältin D. die entsprechenden Entwürfe auch per Post an die Eheleute S. mit dem Hinweis, dass die Kurzversion für das handschriftliche Testament zum Abschreiben gedacht sei.
Der entsprechende Entwurf, nach dem der Beteiligte S. B. Miterbe werden sollte, befindet sich auf Bl. 122/123 d. A. bzw. Bl. 77/78 d. A. VI 1490/16.
Rechtsanwältin D. führte insoweit aus, dass das Testament vom 20.03.2015 nicht die endgültige Version sein sollte. Die Erblasserin habe im Jahr 2015 Änderungen des Testaments vornehmen wollen und statt ihres Neffen Mi. B. den anderen Neffen S. B. als Schlusserben einsetzen wollte. Einige Wochen vor dem Tod habe W. S. ihr mitgeteilt, er sei dabei, das Testament nach dem geänderten Entwurf niederzuschreiben. Ob eine aktuelle Version tatsächlich errichtet worden sei, ist ihr nicht bekannt.
Zur Vernichtung von Testamenten kann Rechtsanwältin D. keine Angaben machen. Entsprechende ist ihr auch nicht berichtet worden. Sie hat die Erblasser aber mehrfach darauf hingewiesen, dass solange ein neues Testament noch nicht formgültig errichtet worden ist, das alte Testament wirksam ist. Die Erblasser seien auch darüber unterrichtet gewesen, dass wenn gar kein Testament vorliege, die gesetzliche Erbfolge eintreten würde, was insbesondere durch die Erblasserin ganz sicher nicht gewollt gewesen sei, da ihr, mit Ausnahme des als Schlusserben eingesetzten Neffen, wichtig gewesen sei, dass keine anderen Familienangehörigen ihre Erben würden.
b) Die Steuerberaterin und Freundin der Eheleute R. teilte mit, dass sie die Eheleute in den Jahren 2013 und 2014 bezüglich der Erstellung eines Testaments beraten habe.
Sie wisse, dass sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen haben wollen und die Töchter des Herrn S. auf ihren Pflichtteil verzichten sollten bzw. haben. Als Schlusserben seien im Jahr 2013 die Töchter (je 1/4) und der Neffe Mi. B. (1/2) vorgesehen gewesen. Der entsprechende Entwurf (Bl. 112/115) – bei dem es sich um die Arbeitsversion des Testaments von Rechtsanwältin D. (Bl. 89/92 d.A.) handelt – sei in ihren Unterlagen (durchgestrichen) vorhanden.
Im März 2016 sei bei einem Besuch bei den Eheleuten ein Testamentsentwurf auf dem Schreibtisch gelegen, der nicht Mi. B., sondern S. B. als Schlusserben vorgesehen habe. Die Erblasserin habe ihr diesbezüglich mitgeteilt, dass sie sich mit ihrem Neffen Mi. überworfen habe und er nichts bekommen solle. Sie habe nun entschlossen, dass ihr Neffe S. als Schlusserbe eingesetzt werde. Am 27.04.2016 habe sie Herrn S. im Krankenhaus besucht und mit ihm auch über das Testament gesprochen. Er habe, wenn seine Tochter L. komme, mit dieser nach Hause gehen und das Testament unterschreiben wollen.
c) Die Freundin der Erblasserin J. teilte mit, dass die Erblasserin gelegentlich angedeutet habe, dass ihr Neffe S. B. „was kriegen soll“. Von einem Testament wisse sie nichts.
II.
Der Erbscheinsantrag des Beteiligten Mi. B. war als unbegründet zurückzuweisen, da mangels wirksamer letztwilliger Verfügung gesetzliche Erbfolge eingetreten ist und der nachverstorbene Ehemann der Erblasserin daher nicht Alleinerbe nach dieser wurde.
Das Gericht ist insoweit davon überzeugt, dass die Erblasser zwar zunächst am 18.07.2010 bzw. 20.03.2015 im Sinn von §§ 2247, 2267 BGB je ein Ehegattentestament erstellt haben. Beide haben sie jedoch im Sinn von § 2255 BGB durch Vernichtung in Widerrufsabsicht widerrufen.
1. Im Erbscheinsverfahren ist der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.
a) Zunächst muss derjenige, der sich auf ein nicht auffindbares Testament beruft, die formgültige Errichtung und den Inhalt des Testaments beweisen (vgl. MüKo-Hagena, § 225, Rn 16).
An der formgültigen Errichtung bzw. dem Inhalt der Testamente vom 18.07.2010 bzw. 20.03.2015 bemängeln jedoch die Beteiligten nichts. Diesbezügliche Mängel sind auch nicht ersichtlich.
b) Wer sich sodann – wie im vorliegenden Fall insbesondere der Beteiligte S. B. – auf den Widerruf oder eine als Widerruf zu bewertende Handlung des Erblassers beruft, trägt insoweit die Feststellungslast (vgl. MüKo-Hagena, § 2255, Rn 16).
Die Tatsache, dass der Erblasser (bzw. eine andere Person als sein Werkzeug) die Testamentsurkunde vernichtet hat, ist daher vom Gericht festzustellen. Ist dies zur Überzeugung des Gerichts der Fall, muss das Vorhandensein des Aufhebungswillens aufgrund der widerleglichen Vermutung des § 2255 Satz 2 BGB nicht festgestellt werden (vgl. BeckOK-Litzenburger, § 2255, Rn 14). Ist ein Testament demgegenüber verloren oder sonst abhandengekommen, so hat das Gericht auch den Aufhebungswillen festzustellen und muss sich von diesem überzeugen, da nicht vermutet wird, dass ein nicht auffindbares Testament vom Erblasser vernichtet worden ist (BeckOK-Litzenburger, § 2255, Rn 15). Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass in solchen Fällen die Anforderungen an die Beweisführung nicht hoch gespannt werden können, da u. U. schon gewisse Indizien ausreichen müssen, um den Nachweis aufgrund tatsächlicher Vermutungen als erbracht zu erachten (vgl. OLG Hamm, Beschluss v. 08.07.1974, Az.: 15 Wx 42/74).
2. Gleichwohl ist das Gericht vorliegend auch unter Anlegung strenger Maßstäbe davon überzeugt, dass die Erblasser ihre Testamente aus dem Jahr 2010 und dem Jahr 2015 in Widerrufsabsicht vernichtet haben.
a) Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Eheleute S. ihr Testament dahingehend ändern wollten, dass der Beteiligte Mi. B. nicht mehr bedacht werden sollte.
(1) Beide (in Kopie) vorliegende Testamente beinhalten eine Schlusserbeneinsetzung (auch) des Beteiligten Mi. B..
(2) Zur Überzeugung des Gerichts steht jedoch fest, dass die Erblasser dessen Schlusserbeneinsetzung jedenfalls ab August 2015 nicht mehr wollten.
Dies ergibt sich zum einen daraus, dass sie mit Rechtsanwältin D. die entsprechende Änderung besprochen hatten und diese ihnen bereist mit E-Mail vom 31.08.2015 aufgrund einer Besprechung vom 28.08.2015 einen entsprechenden Entwurf mit der darin enthaltenen Änderung der Schlusserbeneinsetzung übersandt hat. In diesen Entwurf hat einer der Eheleute darüber hinaus später sogar noch handschriftliche Ausbesserungen aufgenommen. Darüber hinaus ergibt sich auch aus den Ausführungen der weiteren Zeugen und ihren Stellungnahmen, insbesondere aus den Ausführungen der Steuerberaterin und Freundin der Eheleute, R., dass sie eine entsprechende Änderung bis zuletzt vornehmen wollten. Warum dies so war und ob die Eheleute S. davon abweichend gegenüber dem Beteiligten Mi. B. bzw. dessen Ehefrau andere Angaben gemachte haben – die aus vielfältigsten Motiven gemacht worden sein können, obwohl eine Erbenstellung nicht (mehr) beabsichtigt war -, kann insoweit dahinstehen.
Noch kurz vor ihrem Tod wollten die Erblasser den bereits bereit gelegten Entwurf eines Testaments zur Grundlage eines neuen Testaments machen. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus den Ausführungen ihrer früheren Steuerberaterin und auch ihrer Anwältin.
b) Nach Überzeugung des Gerichts haben sie in diesem Zusammenhang die Testamente aus den Jahren 2010 und 2015, die die von ihnen gewünschte Erbfolge nicht mehr widerspiegelten, vernichtet, ohne ein neues Testament in der von ihnen angestrebten und bereits als Entwurf zum Abschreiben vorliegenden Fassung formgültig zu errichten.
Für ein versehentliches Abhandenkommen o.ä. spricht insoweit nichts.
(1) Die Originale der Testamente vom 18.07.2010 und 20.03.2015 liegen nicht vor, obwohl die Eheleute – wie sich insbesondere auch aus der Beauftragung von Rechtsanwältin D., ergänzend aber auch aus den Ausführungen der Tochter des Erblassers ergibt – in diesem Zusammenhang äußerst sorgfältig waren. Auch Kopien der Testamente befanden sich offensichtlich nicht bei den Unterlagen der Eheleute S.. Diese wurden durch die durch die Eheleute beauftragte Rechtsanwältin eingereicht, ohne dass diese zu sagen vermag, ob diese noch gültig sein sollen. Demgegenüber waren die sonstigen die Erbfolge betreffenden Unterlagen, insbesondere auch entsprechende neue Entwürfe, in den Unterlagen der Eheleute vorhanden und konnten unmittelbar von den Beteiligten vorgelegt werden.
Bereits dies spricht dafür, dass beide Testamente durch die Erblasser vernichtet wurden.
(2) Offensichtlich haben die Eheleute S. bereits das Testament aus dem Jahr 2010 nicht nur durch die Verfassung eines neuen Testaments – des Testaments aus dem Jahr 2015 – oder durch Streichung o.ä. widerrufen, sondern haben dieses vernichtet. Eine andere Erklärung für dessen Nichtauffindbarkeit ist kaum denkbar. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass sie mit dem Testament aus dem Jahr 2015 anders verfahren wollten oder anders verfahren wären.
(3) Auch wenn insbesondere die Erblasserin den Eintritt gesetzlicher Erbfolge nicht gewollt haben mag, so wollte sie offensichtlich insbesondere auch nicht mehr, dass Mi. B. Miterbe würde. Offensichtlich waren die Eheleute sich – wie sich aus den handschriftlichen Eintragungen im Testamentsentwurf ergibt – aber noch nicht endgültig im klaren, in welcher konkreten Höhe sie Anteile auf die Töchter des Ehemanns und auf S. B. verteilen sollten. Die Erblasser gingen dabei offensichtlich davon aus, dass sie gesundheitlich noch in der Lage seien, die insoweit durch Vorlage – und Modifizierung – entsprechender Entwürfe begonnene Testamentserrichtung noch abzuschließen. Auch dies ergibt sich aus den Ausführungen ihrer Steuerberaterin. Es spricht daher auch insoweit alles dafür, dass sie das alte – so keinesfalls mehr gewollte – Testament bereits vernichtet haben, um dessen Folgen nicht mehr eintreten zu lassen und schlicht darauf vertraut haben, das neue Testament noch zu erstellen und damit auch die unerwünschte gesetzliche Erbfolge auszuschließen.
Bedauerlicherweise ist ihnen dies jedoch augenscheinlich nicht mehr gelungen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass den Erblassern schließlich schlicht der Lauf der Dinge in die Quere gekommen ist.
c) Insgesamt ist das Gericht daher in der Gesamtschau (insb. unbedingter Änderungswunsch, Vorliegen von Entwürfen, Nichtvorliegen von Originalen und Kopien bei den Eheleuten, überraschendes, kurzfristiges Versterben) der Überzeugung, dass die Erblasser beide Testamente aus den Jahren 2010 und 2015 vernichtet haben und dabei Widerrufswillen hatten. Im Übrigen würde der Widerrufswille gem. § 2255 Satz 2 BGB vermutet und ist eine Widerlegung der Vermutung nicht ersichtlich. .
3. Mangels wirksamen Testaments ist daher – auch wenn die Erblasser dies eigentlich nicht gewollte haben mögen – gesetzliche Erbfolge eingetreten.
Unabhängig davon, dass der Beteiligte Mi. B. seinen Erbscheinsantrag ausschließlich auf das Testament vom 18.07.2010 gestützt hat – und dieses jedenfalls durch das Testament vom 20.03.2015 widerrufen wäre – kann daher von einer testamentarischen Alleinerbenstellung des Ehemanns der Erblasserin nach deren Tod der Erblasserin nicht ausgegangen werden.
Der Erbscheinsantrag war daher zurückzuweisen.
III.
Eine Kostenentscheidung war erscheint nicht veranlasst.