Aktenzeichen 13 A 18.532
VwGO § 42 Abs. 2
BGB § 2032 Abs. 1, § 2033, § 2038 Abs. 1 S. 1, § 2039
Leitsatz
1. Jeder Miterbe ist berechtigt, in eigenem Namen einen zum Nachlass gehörenden Anspruch einer ungeteilten Erbengemeinschaft im Verwaltungsrechtsweg durch Verpflichtungsklage – hier auf Aufhebung und Änderung der Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung – gerichtlich geltend zu machen und Leistung an die Gesamthandsgemeinschaft aller Miterben zu verlangen. (Rn. 11 – 12)
2. Der Erwerber eines Erbteils an einer Erbengemeinschaft tritt nach § 15 Satz 1 FlurbG in die bisherige Verfahrensposition des Veräußerers im Flurbereinigungsverfahren ein und ist befugt, einen Rechtsbehelf im eigenen Namen weiterzuverfolgen. Er ist als Rechtsnachfolger Teilnehmer des Verfahrens geworden mit der Folge, dass der Rechtsvorgänger hierfür die Rechtsmittelbefugnis verliert. (Rn. 13)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 30,- Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klage ist unzulässig. Wie im allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind die Rechtsmittel des Widerspruchs sowie der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage auch im Verfahren vor dem Flurbereinigungsgericht nur zulässig, wenn der Rechtsmittelführer geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO; siehe hierzu Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 141 Rn. 6, 14 und § 142 Rn. 6). Das ist vorliegend nicht (mehr) der Fall.
Der Kläger hat als Mitglied einer Erbengemeinschaft im Sinn von § 2032 Abs. 1 BGB zunächst wirksam Widerspruch erhoben. Da er eine Vollmacht aller Miterben nicht vorgelegt hat, wurde das Verfahren nicht für die Erbengemeinschaft, sondern – auch nach seiner Aussage – im eigenen Namen betrieben. Hierzu war er gemäß § 2039 Satz 1 BGB befugt, wonach jeder Miterbe bei einem zum Nachlass gehörenden Anspruch die Leistung an alle Erben fordern kann, auch wenn den Erben die Verwaltung des Nachlasses nach § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB gemeinschaftlich zusteht. Damit ist jeder Miterbe berechtigt, einen solchen Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen und Leistung an die Gesamthandsgemeinschaft aller Miterben zu verlangen. Dazu gehört auch das Recht des einzelnen Mitglieds einer ungeteilten Erbengemeinschaft, in eigenem Namen einen zum Nachlass gehörenden Anspruch der Erbengemeinschaft durch Verpflichtungsklage – hier auf Aufhebung und Änderung der Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung – gerichtlich geltend zu machen (BVerwG, U.v. 20.5.1998 – 11 C 7.97 – juris; VGH BW, U.v. 3.11.2015 – 7 S 804/13 – n.v.; siehe zum Ganzen: Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 142 Rn. 9 m.w.N.).
Auch wenn der Kläger damit zunächst wirksam im eigenen Namen Rechtsmittel erheben konnte, hat sich die Sachlage jedoch mit der Übertragung des Anteils an der Erbengemeinschaft an seine Ehefrau geändert. Diese ist nach § 15 Satz 1 FlurbG in die bisherige Verfahrensposition des Klägers eingetreten und befugt, den Rechtsbehelf im eigenen Namen weiterzuverfolgen. In diesem Fall muss sie gemäß § 15 FlurbG das bis zur Eintragung im Grundbuch oder bis zur Anmeldung des Erwerbs durchgeführte Verfahren gegen sich gelten lassen. Als Rechtsnachfolgerin des Klägers ist dessen Ehefrau nun Teilnehmerin des Verfahrens geworden mit der Folge, dass sie die Rechtsmittel des Rechtsvorgängers weiterverfolgen kann und jener hierfür die Rechtsmittelbefugnis verliert (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 1.11.1976 – V B 82.74 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 14.7.2015 – 13 A 14.2106 – juris Rn. 22; Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 141 Rn. 14 m.w.N.; siehe allgemein zum Widerspruchsverfahren AVLE 4, abgedruckt unter II.7 bei Linke/Mayr, 2012, AGFlurbG).
Insoweit bedarf es aber einer Differenzierung zwischen der Rechtsstellung als Erbe und der vermögensrechtlichen Rechtsposition, worauf auch der Kläger hinweist. Ein den Erbteil veräußernder Kläger bleibt nämlich grundsätzlich trotz der Verfügung über seinen Anteil gemäß § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB – auf den sich hier der Kläger beruft – „formell“ Miterbe. Diese Position als Miterbe ist und bleibt untrennbar mit seiner Person verknüpft. Der Anteilserwerber tritt danach anstelle des Veräußerers in die Gesamterbengemeinschaft ein, erlangt jedoch nicht völlig dessen Rechtsstellung als Miterbe. Erbe kann nämlich nur werden, wer kraft Todesfall aufgrund eines vom Gesetz anerkannten familienrechtlichen Verhältnisses oder durch letztwillige Verfügung als Rechtsnachfolger des Erblassers berufen ist (vgl. OLG München, U.v. 5.7.2010 – 21 U 1843/10 – juris Rn. 22 unter Berufung auf BGH, U.v. 22.4.1971 – III ZR 46/68 – NJW 1971, 1264).
In die vermögensrechtliche Stellung des Klägers am Nachlass ist jedoch die Ehefrau als Erwerberin eingetreten (vgl. Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 2033 Rn. 6 f.) mit der Folge, dass der Kläger seine Klagebefugnis verloren hat. Gemäß § 15 FlurbG ist nunmehr auf die Ehefrau des Klägers abzustellen. Als Rechtsvorgänger gilt der Kläger vom Zeitpunkt ihrer Grundbucheintragung ab nicht mehr als Beteiligter und das Gericht kann die diesbezüglichen Klagebegehren nicht weiter würdigen (BayVGH, U.v. 14.10.1964 – 141 VII 61 – RzF 13 zu § 141 I). Teilnehmer sind gemäß § 10 Nr. 1 FlurbG nur die Eigentümer der zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke. Eigene Grundstücke im Verfahrensgebiet besitzt der Kläger unstreitig nicht; seinen Anteil an der Erbengemeinschaft, die mit einer Einlagefläche von knapp 28 ha Teilnehmerin des Flurbereinigungsverfahrens G. ist, hat der Kläger an seine Ehefrau übertragen. Diese hat auf Nachfrage mit Schreiben vom 4. November 2017 zunächst mitgeteilt, sie sei nicht Miterbin. Letztendlich führte die Ehefrau des Klägers das Verfahren aber nach ihrer Eintragung im Grundbuch fort, indem sie eine Vollmachtsurkunde vom 27. November 2017 vorlegte, in der sie ihren Ehemann, den Kläger, zu ihrer Vertretung bevollmächtigt hatte. Damit hat die Ehefrau des Klägers zu erkennen gegeben, dass sie die Rechtsmittel ihres Ehemanns weiter verfolgt. Sie ist nunmehr anstelle des Klägers Teilnehmerin des Verfahrens. In der Folge ist der Kläger als Teilnehmer gemäß § 10 Nr. 1 FlurbG ausgeschieden und nicht mehr klagebefugt.
Angesichts der Unzulässigkeit der Klage kommt es auf die inhaltlichen Rügen des Klägers nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 147 Abs. 1 FlurbG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.