Aktenzeichen II R 25/15
§ 14 ErbStG 1997
§ 15 ErbStG 1997
§ 16 ErbStG 1997
§ 3 Abs 2 Nr 4 ErbStG 1997
§ 311b Abs 5 BGB
Leitsatz
Die Besteuerung der Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, richtet sich nach der zwischen den Erben maßgebenden Steuerklasse (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung). Vorerwerbe vom künftigen Erblasser sind nicht zu berücksichtigen.
Verfahrensgang
vorgehend FG Münster, 26. Februar 2015, Az: 3 K 3065/14 Erb, Urteilvorgehend BFH, 16. Mai 2013, Az: II R 21/11, Urteilvorgehend FG Münster, 17. Februar 2011, Az: 3 K 4815/08 Erb, Urteil
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26. Februar 2015 3 K 3065/14 Erb aufgehoben.
Der Schenkungsteuerbescheid vom 19. Februar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. August 2014 wird dahingehend abgeändert, dass die Schenkungsteuer auf 23.647 € festgesetzt wird.
Von den Kosten des gesamten Verfahrens tragen der Kläger 73 % und der Beklagte 27 %.
Tatbestand
I.
1
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verzichtete durch notariell beurkundeten Erbschaftsvertrag vom 14. Februar 2006 gegenüber seinen drei Brüdern für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter (M) ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs einschließlich etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen eine von den Brüdern jeweils zu zahlende Abfindung in Höhe von 150.000 €.
2
Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 16. Mai 2013 II R 21/11 (BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922) entschieden hatte, dass die Zahlung der Abfindungen an den Kläger nicht als Schenkung der M an diesen, sondern als drei freigebige Zuwendungen der Brüder an den Kläger getrennt zu besteuern sind, setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) für die Zuwendung eines Bruders (K) mit Bescheid vom 19. Februar 2014 gegen den Kläger Schenkungsteuer in Höhe von 28.405 € fest. Dabei berücksichtigte das FA die Abfindung abzüglich anteiliger Kosten der Schenkung in Höhe von 520 €. Dem Erwerb rechnete es Vorerwerbe (Schenkungen) von M aus dem Jahr 2002 in Höhe von 1.056.232 € hinzu. Hinsichtlich des Freibetrags (205.000 € gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2006 geltenden Fassung –ErbStG–) und des Steuersatzes (19 % nach § 19 Abs. 1 ErbStG) ging das FA von der im Verhältnis des Klägers zu M geltenden Steuerklasse I Nr. 2 (§ 15 Abs. 1 ErbStG) aus. Für die Vorschenkungen zog es einen Steuerbetrag von 161.728 € ab.
3
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
4
Das Finanzgericht (FG) setzte die Schenkungsteuer auf 10.810 € herab. Vorerwerbe nach M rechnete es nicht hinzu. Entsprechend dem Antrag des Klägers berücksichtigte es einen Freibetrag i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG in Höhe von 51.200 €. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1108 veröffentlicht.
5
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung der §§ 14, 15 und 16 ErbStG.
6
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.