Aktenzeichen 11 O 162/17
Leitsatz
Schließen die Parteien einen Prozessvergleich mit einer umfassenden Abgeltungsklausel ohne Einschränkung bezüglich einer nicht verfahrensgegenständlichen Forderung, so ist aufgrund der Abgeltungsklausel eine spätere Aufrechnung mit dieser Forderung ausgeschlossen. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 6.429,38 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig aber im Ergebnis nicht begründet. Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 01.03.2017 ist nicht unzulässig.
1. Das streitgegenständliche von der Beklagten unstreitig am 23.02.2017 aufgelöste Sparkonto mit der (richtigen) Nummer … war nicht Gegenstand der Zahlungsklage des Vorverfahrens, obwohl sowohl dem Kläger als auch dem Vorerben … als auch der Beklagten bekannt war, dass dieses Konto noch existiert und dass es auf den Namen beider Eheleute … lautete. Gleichwohl wurde auch von der Klägerseite eine umfassende Abgeltungsklausel ohne irgendeine Einschränkung im Vergleich vom 01.03.2017 protokolliert.
2. Soweit sich die Klägerseite darauf beruft, die streitgegenständliche Ausgleichsforderung sei deswegen nicht in das Ausgangsverfahren eingezogen worden, weil der Betrag bei damaliger Klageerhebung noch auf dem Konto gestanden habe und es eine Verfügungssperre gegeben habe, mag dies auf den ersten Blick verständlich sein. Es ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass das Konto und ein etwaiger Ausgleichsanspruch des Erben gegen die Beklagte durch die umfassende Abgeltungsklausel mit erledigt war. Dies gilt umso mehr, als es nach Aktenlage keine schriftlichen Unterlagen der Sparkasse zu der nach klägerischem Vortrag beantragten Kontosperrung gegeben hat, sondern diesbezüglich wohl nur mündlicher Kontakt mit dem damaligen Berater … bestanden hat. Auch ergibt sich aus dem bloßen Schreiben des Zeugen … vom 08.06.2016 nicht automatisch ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe des Hälftebetrages.
3. a)
Entgegen den Behauptungen der Klägerseite konnte auch eine wirksame Vereinbarung bzgl. einer Verrechnung des hälftigen Guthabens mit der Forderung der Beklagten aus dem Vergleich vom 01.03.2017 anlässlich eines Gesprächs in den Geschäftsräumen der Sparkasse am 09.03.2017 nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden. Der Zeuge …, Geschäftsstellenleiter der Sparkasse in … konnte sich an das von den Parteien beschriebene Gespräch erinnern. Er wies darauf hin, dass dieses nach seiner Kenntnis an einem langen Donnerstag, wohl am 30.03.2017 stattgefunden habe. Zwar haben die Parteien im schriftlichen Vorverfahren beide von einem Termin am 09.03.2017 berichtet. Aus dem außergerichtlichen Schreiben der Klägervertreter vom 05.04.2017 ergibt sich jedoch ebenfalls, dass das Treffen am 30.03.2017 stattgefunden habe. Das Gericht orientiert sich daher an den Angaben des Zeugen … und geht daher davon aus, dass die Angabe „09.03.2017“ auf einem Fehler oder Missverständnis beruhte.
b) Der Zeuge … bestätigte zum Ablauf des Gesprächs jedoch im Wesentlichen die Angaben der Beklagten, insbesondere dass die Beklagte nach relativ kurzer Gesprächsdauer emotional angegriffen und berührt den Raum verlassen habe, ohne dass es zuvor zu einer entsprechenden Einigung gekommen sei und ohne dass die Beklagte ausdrücklich der gegen sie erhobenen Zahlungsforderungen zugestimmt habe. Die von der Klägerseite angegebene Einigung wurde von dem Zeugen nicht bestätigt. Der Zeuge wies auch darauf hin, dass er den Beteiligten damals erklärt habe, dass die Beklagte aufgrund der Regelungen des Kontovertrages auch nach dem Tod des Erblassers über das Vermögen habe verfügen dürfen und insbesondere auch berechtigt gewesen sei, das Sparkonto aufzulösen, so wie es im Februar 2017 geschehen sei. Der Zeuge verwies insoweit auf den entsprechenden Passus im Kontoeröffnungs- und Sparvertrag vom 19.10.2009, wonach im Todesfall der überlebende Ehegatte als Kontomitinhaber das Konto auflösen oder auf seinen Namen umschreiben lassen könne. Der Zeuge wies auch darauf hin, dass hiervon unberührt gegebenenfalls Regelungen aufgrund eines Testaments blieben. Nachdem ihm im Zusammenhang mit dem Treffen bei der Sparkasse gesagt worden sei, dass es wohl ein Testament gebe, habe er den Parteien gesagt, dass die Beklagte dann halt den Betrag nach dem Testament zahlen müsse. Er habe jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Bank insoweit rechtliche Fragen nicht prüfe und auch dazu keinen Rat erteile. Dann habe die Beklagte den Raum schon verlassen.
Dies deckt sich im Wesentlichen mit den Angaben der Beklagtenseite. Auch der Zeuge … bestätigte, dass die Beklagte in einer sehr emotional aufgeladenen Situation, nämlich wütend und aufgebracht war, als sie den Raum verließ. Allerdings habe sie unmittelbar vor, dem rausgehen gesagt „… er kriegt sein Geld“. Dem widersprach wiederum die Zeugin …, die genau dies nicht bestätigte, sondern nur erklärte, die Mutter habe bevor sie raus gerannt sei nur gesagt „… macht doch was ihr wollt“. Nachdem auch nicht feststeht, ob ein genauer Geldbetrag bereits ausgerechnet worden war als die Beklagte noch anwesend war, reichen die Erkenntnisse aus der Beweisaufnahme bei umfassender Beweiswürdigung jedenfalls nicht aus um den von der Klägerseite zu führenden Nachweis zu erbringen, dass an diesem Tag eine verbindliche Vereinbarung im Sinne eines Verrechnungsvertrags abgeschlossen wurde. Da die Parteien verfeindet waren, es bei dem Gespräch Streit um Geld gab, sich die Parteien bereits unmittelbar zuvor in einer gerichtliche Auseinandersetzung befunden hatten und nach dem Vortag der Kläger ja letztlich die Abgeltungsklausel aus dem Vergleich modifiziert werden sollte, ist auch die klägerseits behauptete Einigung ohne jegliche Dokumentation völlig lebensfremd.
Im Rahmen der Beweiswürdigung teilt das Gericht letztlich nicht die Auffassung der Klägerseite, die Aussage des Zeugen … sei „grenzwertig gewesen“. Der Zeuge hat nur nicht den Klägervortrag bestätigt. Daraus folgt jedoch nicht automatisch, dass sein Erinnerungsvermögen „sehr getrübt“ war. Denn er konnte sich an den wesentlichen Ablauf des Gesprächs erinnern, insbesondere an das schnelle Verlassen des Raumes durch die erregte Beklagte ohne eine verbindliche Einigung und die Erläuterung des Kontovertrages. Damit hat der Zeuge auch konkret Parteivortrag bestätigt, aber eben den der Beklagtenseite.
4. Der Kläger hat auch keine Ansprüche aufgrund der im Termin vom 11.08.2017 erklärten Aufrechnung. Hierbei ist bereits zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund des dritten Erbvertrags nur Vermächtnisnehmer des gesamten Nachlasses mit Ausnahme sämtlicher Grundstücke und grundstücksgleicher Rechte und dem zugunsten der Beklagten bestehenden Wohnrecht geworden ist. Es ist zwar richtig, dass sich hieraus ergibt, dass der Kläger auch das gesamte Barvermögen erhalten sollte. Seinen Anspruch hat er aber grundsätzlich gegen den Erben, das heißt gegen den Zeugen … zu richten. Dieser wiederum hat im Vorverfahren 11 O 290/16 als Erbe seine Ansprüche gegenüber der Beklagten wegen ungerechtfertigter Verfügung über Konten des Erblassers abgetreten. Diese Abtretung vom 06.12.2016 (Blatt 68 d. Beiakte) bezog sich jedoch nur auf die im Ausgangsverfahren streitgegenständlichen Konten, nicht jedoch auch das vorliegende Konto.
5. Einer Einvernahme des Zeugen … bedurfte es im vorliegenden Verfahren nicht, da dieser bei dem Gespräch von März 2017 unstreitig nicht mit anwesend war und die vom Zeugen … (wohl) beantragte Kontosperre tatsächlich von der Sparkasse … nicht eingerichtet bzw. vermerkt wurde, nachdem die Beklagte das Konto im Februar 2017 problemlos auflösen konnte. Dies ergibt sich im übrigen auch aus den Eintragungen im Abrechnungsbeleg vom 23.02.2017 unter Ziff. 1: „Kontoinhaber verstorben, fehlender Erbnachweis“. Unter Ziff. 2: „sonstige Verfügungsbeschränkungen“ ist nichts aufgeführt. Ob dies vom Kläger selbst, seinem Vater oder der Sparkasse ganz oder teilweise zu vertreten ist, war im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
Es bleibt somit nach der Beweisaufnahme in der vorliegenden Vollstreckungsabwehrklage bei der Abgeltungsklausel aus dem Vergleich, die nicht durch eine anderweitige nachträgliche Vereinbarung oder Verrechnungsregelung geändert wurde. Die Klage unterlag daher der Abweisung.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.