Aktenzeichen 1 AR 543/17
Leitsatz
Eine Prüfung des Tatverdachtes findet bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung nicht statt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Gegen den serbischen Staatsangehörigen P. A., geboren am … in …/S., wird zur Sicherung der Auslieferung an die ungarischen Behörden zur Strafverfolgung Auslieferungshaft angeordnet.
2. Dem Auslieferungshaftbefehl wird der Europäische Haftbefehl des Strafgerichts T. vom 02.11.2017, Gz.: 3.BNY.254/2017/4, zugrunde gelegt.
3. Die Auslieferung des Verfolgten an die ungarischen Behörden zur Strafverfolgung wegen der in dem unter Ziffer 2. bezeichneten Europäischen Haftbefehl aufgeführten Straftat wird für zulässig erklärt.
4. Es wird – auch für den Fall, dass für die Auslieferungshaft nur Überhaft besteht – angeordnet, dass der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen. Besuche, die Telekommunikation und der Schrift – und Paketverkehr sind zu überwachen (§ 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 und S. 3 StPO i.V.m. § 27 IRG).
Die Erteilung der Erlaubnis und die Überwachung werden der Generalstaatsanwaltschaft München übertragen (§ 119 Abs. 2 S. 2 StPO i V. m. § 27 IRG).
Gründe
I.
Die ungarischen Behörden haben um vorläufige Festnahme des serbischen Staatsangehörigen P. A., geboren am … in … /S., zur Sicherung der Auslieferung zur Strafverfolgung ersucht.
Es liegt der unter Ziffer 2. näher bezeichnete Europäische Haftbefehl vor.
Danach liegt dem Verfolgten folgender Sachverhalt zur Last:
P., Vorn. A., und dessen Mittäter, O. M., hatten dem Geschädigten, K., Vorn. Z., Hilfe bei der Erlangung finanzieller Unterstützung bei offiziellen Firmen zwecks Rückzahlung von dessen Schulden im Oktober 2015 angeboten. Der P. hatte 3.060.000 HUF (ca.: 10.000 EURO) von der o.g. Person erlangt und zugesagt, dass er bei den Firmen O. F. Z. und J. I. Anfrage halten werde; er hatte aber keinen offiziellen Kontakt zu diesen Unternehmen und lediglich die Absicht, den Geschädigten zu täuschen.
Der Verfolgte, der aufgrund der Fahndungsmaßnahmen am 27.12.2017 in D.zur Sicherung der Auslieferung vorläufig festgenommen worden war und sich seitdem in der Justizvollzugsanstalt M.-St. befindet, hat sich bei seiner Anhörung durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts D.am 28.12.2017 mit seiner vereinfachten Auslieferung nach U. nicht einverstanden erklärt und nicht auf die Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes verzichtet.
Über seine Rechtsanwältin H. V. trägt der Verfolgte in einem Schriftsatz vom 16.01.2018 Einwendungen gegen seine Auslieferung nach U. vor.
II.
Gegen den Verfolgten ist zur Sicherung und Durchführung der Auslieferung zur Strafverfolgung an die ungarischen Behörden Auslieferungshaftbefehl zu erlassen, §§ 15, 17 IRG.
Dem Auslieferungshaftbefehl ist der im Tenor unter Ziffer 2. näher bezeichnete Europäische Haftbefehl zugrunde zu legen.
Da sich Verfolgte mit seiner vereinfachten Auslieferung nach U. nicht einverstanden erklärt hat, hat der Senat auch über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Auslieferung bestehen nicht.
Bei dem dem Verfolgten im o.g. Europäischen Haftbefehl zur Last liegenden Verhalten handelt es sich um eine Katalogtat gemäß Art. 2 Abs. 2 RbEuHb.
Die Auslieferungsfähigkeit ergibt sich aus § 81 Nr. 1 IRG.
Einer Zulässigkeit der Auslieferung stehen keine Hindernisse nach §§ 2 ff, 80, 81, 83 IRG entgegen.
Eine Tatverdachtsprüfung findet im Auslieferungsverfahren nicht statt.
Einwendungen gegen die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat sind nicht hier, sondern vor den ungarischen Behörden vorzubringen.
Die für die Zulässigkeitsentscheidung erforderlichen Unterlagen liegen in Form des Europäischen Haftbefehls vor, § 83 a Abs. 1 IRG. Insbesondere enthält der übermittelte Europäische Haftbefehl eine ausreichende Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, § 83 a Abs. 1 Nr. 5 IRG.
Zur Sicherung der Auslieferung ist Haft erforderlich und zulässig, §§ 15 ff IRG.
Es besteht die Gefahr, dass sich der Verfolgte dem Auslieferungsverfahren durch Flucht bzw. Untertauchen entziehen wird, wenn er auf freien Fuß käme. Der Verfolgte hat im Inland keinen Wohnsitz und keine ausreichenden fluchthemmenden Bindungen. Aus der in Kopie vorgelegten Meldebestätigung ergibt sich, dass sein Kind S. N. P. sowie die Kindsmutter C. D. seit 05.08.2016 an der Adresse . gemeldet sind. Der Verfolgte selbst ist dort aber eben nicht gemeldet. Ausweislich der Urkunde seiner Anerkennung der Vaterschaft wohnt der Verfolgte in Z. Z., S..
Für eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 25 IRG) fehlt es an der erforderlichen Vertrauensgrundlage, so dass auch die von Rechtsanwältin V. gestellten Hilfsanträge Nr. 3 und Nr. 4 nicht verfangen.
Die Ausgestaltung der Auslieferungshaft erfolgt zur Vermeidung von unzulässigen Absprachen mit in Freiheit befindlichen Personen.