Aktenzeichen B 4 S 16.99
Leitsatz
1 Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug erfordert neben den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist. (redaktioneller Leitsatz)
2 Welches Visum als das erforderliche anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck. (redaktioneller Leitsatz)
3 Macht der Ausländer gegenüber der Auslandsvertretung falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung des Schengen-Visums, besteht ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse. (redaktioneller Leitsatz)
4 Eine vorübergehende Trennung der Eheleute zur Nachholung des Visumsverfahrens ist auch unter Berücksichtigung des Schutzes aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zumutbar. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt … wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist marokkanischer Staatsangehöriger. Mit einem vom 20.12.2015 bis 02.02.2016 gültigen spanischen Schengen-Visum reiste er über Spanien in die Bundesrepublik Deutschland ein und heiratete am 15.01.2016 in Dänemark die im Landkreis Bayreuth wohnhafte deutsche Staatsangehörige C. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18.01.2016 beantragte er beim Landratsamt Bayreuth die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise einer Duldung.
Mit Bescheid vom 25.01.2016 wurden der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie der Antrag auf Aussetzung der Abschiebung und Ausstellung einer Duldungsbescheinigung abgelehnt (Ziffern 1 und 2) und der Antragsteller unter Fristsetzung und Abschiebungsandrohung nach Marokko (Ziffern 3 und 4) zur Ausreise aufgefordert. In den Gründen wird ausgeführt, der Antragsteller erfülle nicht die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, weil er nicht mit einem für den Zweck der Ehegattenzusammenführung erteilten Visum eingereist sei. Er könne den Aufenthaltstitel nicht gemäß § 39 Nr. 3 AufenthV im Bundesgebiet einholen, weil die wesentliche Anspruchsvoraussetzung – die Eheschließung mit C – vor der erneuten Einreise nach Deutschland aus Dänemark entstanden sei. Darüber hinaus bestehe ein Ausweisungsinteresse gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 54 Abs. 2 Nr. 8 a) AufenthG, weil der Antragsteller im Visumverfahren unrichtige Angaben gemacht habe. Er habe als Zweck der Einreise einen Besuch in Spanien und dazu die Adresse eines spanischen Hotels angegeben, obwohl von vorne herein die Eheschließung mit C beabsichtigt gewesen sei. Damit seien die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht erfüllt, so dass vom Visumerfordernis nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abgesehen werden könne. Im Übrigen sei das öffentliche Interesse an der Einhaltung des Visumverfahrens höher zu bewerten als das persönliche Interesse des Antragstellers am weiteren Verbleib in Deutschland, insbesondere deshalb, weil er das Visumverfahren bewusst umgangen habe. Besondere Umstände, wegen derer eine Rückkehr nach Marokko zur Nachholung des Visumverfahrens unzumutbar sein könnte, seien nicht erkennbar. Ein Duldungsanspruch gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bestehe nicht, weil die Abschiebung des Antragstellers weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich sei. Auch dringende humanitäre oder persönliche Gründe für seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG lägen nicht vor. Soweit die Angewiesenheit seiner Ehefrau und ihrer vier Kinder auf den Antragsteller geltend gemacht werde, sei dem entgegenzuhalten, dass sie bisher auch ohne ihn zurechtgekommen sei.
Am 17.02.2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mittels Telefax beim Verwaltungsgericht Bayreuth Klage gegen den Bescheid vom 25.01.2016 mit dem Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise zur Bescheidung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, erhoben (B 4 K 16.100).
Gleichzeitig hat er beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis anzuordnen bzw. wiederherzustellen
sowie
dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt … beizuordnen.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antragsteller sei am 20.12.2015 zunächst nach Spanien und danach in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, wo er seine jetzige Ehefrau kennengelernt habe. Da diese wie auch ihre Kinder sich auf Anhieb wunderbar mit dem Antragsteller verstanden hätten, sei am 15.01.2016 in Dänemark die Ehe geschlossen worden. Die Voraussetzung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sei erfüllt, weil der Antragsteller vor seiner Einreise von Spanien nach Deutschland nicht die Absicht gehabt habe, seine jetzige Ehefrau zu heiraten. Er habe im Visumverfahren keine unrichtigen Angaben gemacht. Zudem habe der Antragsgegner sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt, weil der Antragsteller in der Familie seiner Ehefrau integriert sei und sie bei der Betreuung der Kinder erheblich entlaste, so dass sie nunmehr auf Arbeitssuche sei und den Bezug von Leistungen nach dem SGB II vermeiden oder zumindest reduzieren könne. Die Rückkehr nach Marokko zur Nachholung des Visumverfahrens sei für den Antragsteller unzumutbar, weil seine Ehefrau und ihre Kinder auf seinen tatsächlichen Beistand angewiesen seien.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 23.02.2016 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Dem Vorbringen des Antragstellers wird entgegengehalten, dass seine Eingliederung in die Familie seiner Ehefrau bereits aufgrund der kurzen Dauer von nur zwei Monaten noch nicht im Sinne einer tiefen und intensiven Integration fortgeschritten sein könne. Gründe für eine unmittelbare Angewiesenheit der Ehefrau oder eines ihrer Kinder auf den Antragsteller, z. B. aufgrund einer Behinderung oder Krankheit, lägen nicht vor. Das öffentliche Interesse an der Nachholung des Visumverfahrens überwiege auch deshalb weiterhin, weil der Antragsteller sich das Schengen-Visum durch unrichtige Angaben im Visumantrag habe ausstellen lassen. Die Ehefrau habe bereits am 06.08.2015 bei der Ausländerbehörde vorgesprochen und mitgeteilt, dass sie den Antragsteller heiraten wolle. Dieser habe im Visumantrag unter Vorlage einer Buchungsbestätigung für 6 Nächte angegeben, nach Spanien reisen und in einem Hotel in Madrid absteigen zu wollen. Damit sei nachgewiesen, dass die Beantragung des Schengen-Visums bei der spanischen Auslandsvertretung als Besuchsvisum erfolgt sei, in Wirklichkeit aber der Daueraufenthalt durch Eheschließung angestrebt gewesen sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Originalakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Absatz 1 Satz 1 ZPO abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (siehe dazu 2.). Infolgedessen scheidet auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO aus.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 17.02.2016 gegen den Bescheid vom 25.01.2016 ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber unbegründet.
2.1 Gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gilt der Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt, wenn ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt. Der Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 18.01.2016 war geeignet, die Fiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auszulösen, weil er in diesem Zeitpunkt noch im Besitz des vom 20.12.2015 bis 02.02.2016 gültigen Schengen-Visums war. Gegen den Verlust der mit der Antragsablehnung vom 25.01.2016 endenden verfahrensrechtlichen Fiktion mit der Folge, dass der Antragsteller mit Ablauf seines Visums am 02.02.2016 gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, kann er vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO in Anspruch nehmen, da gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG die Klage gegen die Antragsablehnung keine aufschiebende Wirkung hat.
2.2 Das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt aber nicht das öffentliche Interesse an der Vollziehbarkeit seiner Ausreisepflicht, weil nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage die Klage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird.
Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Vorliegend ist die Sache aller Voraussicht nach spruchreif im Sinne einer Klageabweisung, weil die Ablehnung der beantragten Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid vom 25.01.2016 rechtmäßig und der Antragsteller dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.
Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu einem Deutschen gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 27 Abs. 1 AufenthG erfordert neben dem Vorliegen der dort genannten Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich auch, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erfüllt ist, d. h. dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (Nr. 1) und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat (Nr. 2). Etwas anderes gilt nur, wenn der Ausländer nach § 39 AufenthV berechtigt ist, die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise einzuholen, oder ein Absehen von dieser Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in Betracht kommt.
2.2.1 Der Antragsteller erfüllt die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht, weil er nicht mit einem zum Zweck des Ehegattennachzugs erteilten nationalen Visum gemäß § 6 Abs. 3 AufenthG eingereist ist und die für dessen Erteilung erforderlichen Angaben nicht bereits im Visumantrag gemacht hat.
Der Antragsteller ist mit einem spanischen Schengen-Visum für geplante Aufenthalte im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in das Bundesgebiet eingereist. Für einen längerfristigen Aufenthalt ist aber gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG – vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen – ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird und der Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde bedarf (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthV). Welches Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG als das erforderliche Visum anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im Bundesgebiet beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird (BVerwG, Urteil vom 11.01.2011 – 1 C 23/09 Rn. 20). Da der Antragsteller „nur“ mit einem Schengen-Visum und nicht mit dem nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderlichen nationalen Visum eingereist ist, fehlt es – ungeachtet des Umstandes, dass er auch nicht die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Eheschließung und Eheführung erforderlichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat – an der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
2.2.2 Der Antragsteller ist auch nicht nach den Regelungen der §§ 39 ff. AufenthV ausnahmsweise berechtigt, den Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einzuholen, und damit von dem Visumerfordernis befreit.
Nach der im Fall des Antragstellers allein in Betracht kommenden Regelung des § 39 Nr. 3 Alt. 2 AufenthV kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind.
Der Antragsteller war zwar bei der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug am 18.01.2016 im Besitz eines gültigen Schengen-Visums für kurzfristige Aufenthalte. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sind jedoch nicht nach, sondern vor seiner letzten Einreise in das Bundesgebiet entstanden, weil insoweit nicht die Einreise in den Schengen-Raum, sondern die letzte Einreise des Antragstellers aus Dänemark in das Bundesgebiet maßgeblich ist (BVerwG, a. a. O. Rn. 25).
Für die Beurteilung, wann die Voraussetzungen eines Anspruchs im Sinne des § 39 Nr. 3 AufenthV entstanden sind, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das zentrale Merkmal der jeweiligen Anspruchsnorm, das den Aufenthaltszweck kennzeichnet (hier: Eheschließung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG), erfüllt worden ist (BVerwG, a. a. O. Rn. 26). Dadurch werden drittstaatsangehörige Ausländer, die im Besitz eines gültigen Schengen-Visums sind, einen deutschen Staatsbürger geheiratet haben und mit diesem die eheliche Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland führen wollen, im Hinblick auf das Visumerfordernis für den angestrebten Daueraufenthalt im Bundesgebiet unterschiedlich behandelt: Wurde die Ehe im Schengen-Raum geschlossen, verbleibt es bei der in § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG angeordneten Visumpflicht. Haben die Eheleute in Deutschland geheiratet, ermöglicht es § 39 Nr. 3 AufenthV, die Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet einzuholen. Die Ungleichbehandlung beruht jedoch auf legitimen Erwägungen des Gesetzgebers und ist sowohl verfassungs- als auch unionsrechtlich gerechtfertigt (BVerwG, a. a. O. Rn. 27 ff).
2.2.3 Schließlich konnte auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vom Visumerfordernis abgesehen werden, weil weder die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind noch es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen.
2.2.3.1 Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung sind unabhängig vom Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt, weil gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus setzt, dass kein Ausweisungsinteresse besteht. Vorliegend besteht gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 8 a) AufenthG ein schwer wiegendes Ausweisungsinteresse, weil der Antragsteller gegenüber der spanischen Auslandsvertretung falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung des Schengen-Visums gemacht hat.
Der Inhalt der beigezogenen Behördenakte lässt darauf schließen, dass die Sachverhaltsdarstellung in der Klage- und Antragsbegründung, der Antragsteller und seine jetzige Ehefrau hätten erst nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einander kennengelernt und die Eheschließung beschlossen, nicht den Tatsachen entspricht. Laut einem Aktenvermerk vom 06.08.2015 sprach die Ehefrau des Antragstellers an diesem Tag bei der Ausländerbehörde vor und gab an, den Antragsteller, den sie im Oktober 2013 im Internet kennengelernt habe, heiraten zu wollen. Laut einem weiteren Aktenvermerk vom 27.08.2015 legte sie an diesem Tag beim Standesamt … die Dokumente, auch aus Marokko, für die Ausstellung eines Ehefähigkeitszeugnisses vor. Vor diesem Hintergrund spricht der Umstand, dass der Antragsteller und seine Ehefrau tatsächlich kurz nach seiner Einreise in das Bundesgebiet in Dänemark geheiratet haben, für die Annahme, dass die Eheschließung und ein ehebedingter Daueraufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland schon vor der Ausreise des Antragstellers aus Marokko beabsichtigt waren und er zur Erlangung des Schengen-Visums falsche Angaben gemacht hat, indem er vorgab, lediglich Madrid besuchen zu wollen.
2.2.3.2 Besondere Umstände, die es dem Antragsteller unzumutbar erscheinen ließen, das Bundesgebiet vorübergehend zur Nachholung des Visumverfahrens zu verlassen, liegen nicht vor. Allein der Umstand, dass die Eheleute möglicherweise eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des Visumverfahrens hinnehmen müssen, reicht hierfür auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Ehe durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht aus (BVerwG, a. a. O. Rn. 34). Gleiches gilt für eine vorübergehende Trennung von den Kindern der Ehefrau, die den Antragsteller, der nicht ihr Vater ist, erst kurze Zeit kennen. Auch der Umstand, dass sich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit seitens der Ehefrau des Antragstellers durch die Nachholung des Visumverfahrens möglicherweise verzögert, begründet keine Unzumutbarkeit, weil sie nach der gezielten Umgehung des nationalen Visumverfahrens auf ein Bleiberecht des Antragstellers nicht vertrauen durften.
3. Nach alledem ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abzuweisen.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 S. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG (halber Auffangstreitwert).