Aktenzeichen Au 3 K 15.1241
PBefAusglV PBefAusglV § 3 Abs. 2
Leitsatz
1 Ein Anspruch auf Ausgleichzahlungen für die Beförderung von Personen im Ausbildungsverkehr (§ 45a Abs. PBefG) besteht nicht, wenn die Auslegung der erteilten Linienverkehrsgenehmigung an Hand des zugrunde liegenden Fahrplans wegen des handschriftlichen Vermerks „(Mo.-Fr.)“ ergibt, dass kein Samstagsverkehr genehmigt wurde. Denn Ausgleichsleistungen können nur für den genehmigten Linienverkehr beansprucht werden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Aus der Leistung von Ausgleichszahlungen in der Vergangenheit ergib sich kein Vertrauensschutz. Denn eine rechtswidrige Verwaltungsübung kann unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keinen Anspruch auf ein Verwaltungshandeln gegen das Gesetz begründen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Straßenpersonenverkehr nach § 45a PBefG für das Kalenderjahr 2013 i. H. v. EUR 12.122,- (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
a) Gemäß § 45a Abs. 1 PBefG ist im Verkehr mit Straßenbahnen und Obussen sowie im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach den §§ 42 und 43 Nr. 2 PBefG dem Unternehmer für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs auf Antrag ein Ausgleich nach Maßgabe von § 45a Abs. 2 PBefG zu gewähren, wenn und soweit (1.) der Ertrag aus den für diese Beförderungen genehmigten Beförderungsentgelten zur Deckung der nach § 45a Abs. 2 Satz 2 PBefG zu errechnenden Kosten nicht ausreicht, und (2.) der Unternehmer innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Zustimmung zu einer Anpassung der in den genannten Verkehrsformen erhobenen Beförderungsentgelte an die Ertrags- und Kostenlage beantragt hat.
Als Ausgleich werden nach § 45a Abs. 2 Satz 1 PBefG gewährt 50 v. H. des Unterschiedsbetrags zwischen dem Ertrag, der in den in § 45a Abs. 1 PBefG genannten Verkehrsformen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erzielt worden ist, und dem Produkt aus den in diesem Verkehr geleisteten Personen-Kilometern und den durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten. Als durchschnittliche verkehrsspezifische Kosten i. S. v. § 45a Abs. 2 Satz 1 PBefG gelten gemäß § 45a Abs. 2 Satz 2 PBefG die Kostensätze je Personen-Kilometer, die von den Landesregierungen oder den von ihnen durch Rechtsverordnung ermächtigten Behörden durch Rechtsverordnung nach Durchschnittswerten einzelner repräsentativer Unternehmen, die sparsam wirtschaften und leistungsfähig sind, pauschal festgelegt werden; dabei können entsprechend betrieblichen und verkehrlichen Besonderheiten unterschiedliche Kostensätze für den schienengebundenen und den nichtschienengebundenen Verkehr sowie für verschiedene Verkehrsregionen festgelegt werden.
Der Sinn und Zweck des § 45a PBefG besteht darin, den Verkehrsunternehmen einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass ihnen aus sozialen Gründen Tarifgestaltungen für den Ausbildungsverkehr „zugemutet“ werden, die betriebswirtschaftlich nicht kostendeckend sind. Mit § 45a PBefG soll ein Teil dieser Belastungen ausgeglichen werden, wobei der Ausgleich auf die ausbildungsnotwendigen Verkehre beschränkt ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 3 C 47/06 – juris Rn. 10/18; U.v. 22.3.1995 – 11 C 16/94 – juris Rn. 15).
Ausgleichsberechtigt i. R. v. § 45a PBefG ist der personenbeförderungsrechtliche Unternehmer. Dies ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 PBefG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG u. a., wer i. S. v. § 1 Abs. 1 PBefG mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§§ 42 und 43 PBefG) auf Basis einer Genehmigung Personen befördert. Daneben kann auch ein in der Genehmigungsurkunde aufgenommener Betriebsführer i. S. v. § 3 Abs. 2 PBefG i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 3 PBefG ausgleichsberechtigt sein. Nicht ausgleichsberechtigt ist hingegen ein bloßer Subunternehmer (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 19.10.2006 – 3 C 33/05 – juris Rn. 45; Fiedler in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl. 2014, § 45a Rn. 14; Bidinger, PBefR, Stand: 12/2015, § 45a PBefG Rn. 32).
Den Ausgleich nach § 45a Abs. 1 und 2 PBefG gewährt gemäß § 45a Abs. 3 Satz 1 PBefG das Land, in dessen Gebiet der Verkehr betrieben wird. Über den Ausgleich entscheidet gemäß § 45a Abs. 4 Satz 1 PBefG die Genehmigungsbehörde oder die von der Landesregierung bestimmte Behörde. Zuständige Behörden für den Vollzug des § 45a PBefG waren in Bayern nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ZuStVVerk in der bis zum 30. Juni 2015 geltenden Fassung die Regierungen.
§ 45a PBefG wird durch die auf der Grundlage von § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG ergangene Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (PBefAusglV) ergänzt. Nach § 3 Abs. 1 PBefAusglV werden die Personen-Kilometer i. S. v. § 45a Abs. 2 Satz 1 PBefG durch Multiplikation der Beförderungsfälle mit der mittleren Reiseweite ermittelt. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 PBefAusglV ist die Zahl der Beförderungsfälle nach den verkauften Wochen-, Monats- und Jahreszeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr zu errechnen. Für die Ausnutzung der Zeitfahrausweise sind 2,3 Fahrten je Gültigkeitstag zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 PBefAusglV). Dabei ist gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 PBefAusglV die Woche mit höchstens 6 Tagen, der Monat mit höchstens 26 Tagen und das Jahr mit höchstens 240 Tagen anzusetzen; diese Werte können unterschritten werden, soweit Fahrplanangebote nicht vorhanden sind oder tarifliche Einschränkungen bestehen oder nur ausbildungsnotwendige Tage berücksichtigt werden sollen (§ 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV).
Der zum 1. Januar 2003 eingeführte § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV ermöglicht, dass die in § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 PBefAusglV genannte Anzahl der anrechenbaren Gültigkeitstage – höchstens 6 Tage je Woche, 26 Tage je Monat und 240 Tage je Jahr – von der Ausgleichsbehörde nach den tatsächlichen Verhältnissen – Fahrplanangebote, Tarifbestimmungen und Ausbildungstage – überprüft und ggf. unterschritten werden kann. Entsprechend der Zielrichtung des § 45a PBefG sollen Ausgleichsleistungen nur für tatsächlich erbrachte Beförderungsleistungen im Ausbildungsverkehr gewährt werden müssen. Die Ausgleichsbehörden können daher die Anzahl der Gültigkeitstage herabsetzen, wenn sich aus dem Fahrplan oder den Tarifbestimmungen ergibt, dass an bestimmten Tagen (insbesondere Samstage oder Ferienzeiten) keine Ausbildungsverkehre angeboten werden bzw. die Nutzung des Fahrausweises eingeschränkt ist. Gleiches gilt für den Fall, dass nach den Feststellungen der zuständigen Landesbehörden die Anzahl der Ausbildungstage unter den in den Verordnungen genannten Höchstwerten liegt (vgl. zum Ganzen: amtliche Gesetzesbegründung, BR-Drs. 744/02, S. 4 f.; Bidinger, PBefR, Stand: 12/2015, § 3 PBefAusglV Rn. 34).
b) Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Straßenpersonenverkehr nach § 45a PBefG für das Kalenderjahr 2013 i. H. v. EUR 12.122,-.
aa) Vorliegend könnte bereits argumentiert werden, dass eine Ausgleichsfähigkeit des Samstagsverkehrs i. S. v. § 45a PBefG daran scheitert, dass mangels Samstagsunterrichts kein berücksichtigungsfähiger ausbildungsnotwendiger Tag gegeben ist (§ 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV).
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass § 45a PBefG die Anerkennung von sechs Tagen Gültigkeitsdauer nicht in Fällen ausschließt, in denen nur fünf Unterrichtstage geleistet werden; denn die gesamte Regelung ist auf Pauschalierung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung ausgerichtet (BVerwG, U.v. 7.9.2000 – 3 C 31/99 – juris Rn. 31). Allerdings ist diese Entscheidung zur Rechtslage vor der zum 1. Januar 2003 erfolgten Einführung von § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV ergangen, in dessen amtlicher Begründung ausdrücklich auch auf eine Kürzungsmöglichkeit bei Fehlen von ausbildungsnotwendigen Verkehren an Samstagen Bezug genommen wird. Zudem sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei den Höchstwerten i. S.v. § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 PBefAusglV nur Sonn- und Feiertage nebst sämtlichen Ferientagen (Jahreskarten) bzw. nur Sonn- und Feiertage (Wochen- und Monatskarten) pauschal herausgerechnet – nicht jedoch etwa unterrichtsfreie Samstage (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 3 C 47/06 – juris Rn. 18).
Andererseits hat die Klägerin vorliegend zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht nur eine Schülerbeförderung inmitten steht, sondern auch Auszubildende die jeweiligen Linien nutzen, die ggf. auch am Samstag ihren Ausbildungsbetrieb aufsuchen müssen.
Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob eine Ausgleichsfähigkeit des Samstagsverkehrs i. S. v. § 45a PBefG bereits daran scheitert, dass mangels Samstagsunterrichts insoweit kein ausbildungsnotwendiger Verkehr gegeben ist.
bb) Grund hierfür ist, dass Ausgleichleistungen i. S. v. § 45a PBefG jedenfalls nur für genehmigte Linienverkehre des jeweiligen Unternehmers geleistet werden können. Bei dem inmitten stehenden Samstagsverkehr zwischen … (…) und … (…) im Jahr 2013 handelte es sich jedoch nicht um einen solchen genehmigten Linienverkehr der Klägerin.
(1) Dass Ausgleichleistungen i. S. v. § 45a PBefG nur für genehmigte Linienverkehre geleistet werden können, ergibt sich ohne weiteres unmittelbar aus dem Gesetz. § 45a Abs. 1 Satz 1 PBefG nimmt insoweit ausdrücklich auf „Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach den §§ 42 und 43 Nr. 2“ PBefG Bezug. Wer i. S. v. § 1 Abs. 1 PBefG mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§§ 42 und 43 PBefG) Personen befördert, muss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PBefG im Besitz einer Genehmigung sein. Der Ausgleichsanspruch aus § 45a PBefG ist demnach von vornherein auf den Umfang der Genehmigung beschränkt, ohne dass es insoweit auf jenseits der Genehmigung tatsächlich – ordnungswidrig, § 61 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PBefG – erbrachte Verkehrsleistungen ankäme.
Auch soweit ein Unternehmer einen Linienverkehr fahrplanabweichend betreibt, handelt er ohne Genehmigung. Die Änderung eines Fahrplans im vorliegenden Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen bedarf nach §§ 45 Abs. 2, 40 Abs. 2 PBefG der Zustimmung der Genehmigungsbehörde. Bei der erstmaligen Erteilung der Genehmigung bzw. bei Wiedererteilung nach Ablauf der Geltungsdauer erfolgt die Zustimmung zum Fahrplan im Rahmen der Genehmigungserteilung. Der Fahrplan wird damit Bestandteil der Genehmigung, denn er gibt mit der Nennung der Linienführung, der Ausgangs- und Endpunkte sowie der Haltestellen und Fahrzeiten (§ 40 Abs. 1 PBefG) den Inhalt der genehmigten Liniengestaltung wieder (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, U.v. 24.6.2008 – Au 3 K 07.1310 – juris Rn. 21 unter Bezugnahme auf VGH BW, U.v. 2.5.1995 – 3 S 886/94 – juris; Bidinger, PBefR, Stand: 12/2015, § 40 PBefG Rn. 1a).
(2) Hinsichtlich des streitgegenständlichen Samstagsverkehrs verfügte die Klägerin im Jahr 2013 jedoch nicht über eine Genehmigung. Dies ergibt eine Auslegung der maßgeblichen Genehmigung vom 25. Mai 2010 zur Linie … (Blatt 234-239 der Verwaltungsakte zu § 45a PBefG).
Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG wird die Genehmigung bei einem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Einrichtung, die Linienführung und den Betrieb erteilt.
Ein Bescheid ist an den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB orientiert auszulegen. Dabei ist der objektive Erklärungswert der Behördenregelung zu ermitteln, wie er sich aus der Sicht des Adressaten verständigerweise ergibt. Abzustellen ist dabei darauf, ob aus dem Gesamtinhalt des Bescheids und aus dem Gesamtzusammenhang, vor allem auch aus der von der Behörde gegebenen Begründung der Regelung sowie aus den Beteiligten bekannten näheren Begleitumständen des Falls hinreichende Klarheit gewonnen werden kann. Unklarheiten gehen zulasten der Verwaltung (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 5.11.2009 – 4 C 3.09 – BVerwGE 135, 209 – juris Rn. 21; U.v. 3.3.2005 – 2 C 13/04 – NVwZ-RR 2005, 591 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 1.7.2014 – 20 ZB 14.590 – juris Rn. 7; B.v. 6.5.2014 – 20 CS 14.791 – juris Rn. 3; B.v. 13.8.2009 – 22 ZB 07.1835 – juris Rn. 7).
Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass auf dem der Linienverkehrsgenehmigung vom 25. Mai 2010 zugrunde liegenden und beigefügten Fahrplan (Blatt 239 der Verwaltungsakte zu § 45a PBefG) – dessen Einhaltung unter Nr. 1a des Bescheids beauflagt und dem unter Nr. 2 des Bescheids zugestimmt wurde – in der Titelzeile „Fahrplan Linie … – … und zurück“ ausdrücklich der handschriftliche Vermerk „(Mo. – Fr.)“ angebracht worden ist. Zugleich ist dem unter dem Fahrplan stehenden gedruckten Hinweis „24.12./31.12. und Faschingsdienstag wird wie an Samstagen gefahren“ der handschriftliche Vermerk „siehe Linie … der Firma … GmbH“ hinzugefügt worden.
Angesichts der Tatsache, dass auf dem mit dem Antrag zur Liniengenehmigung durch die Klägerin eingereichten Fahrplan (Blatt 5 der Verwaltungsakte zur Linie …) die genannten handschriftlichen Vermerke fehlen, ist bereits nach Aktenlage davon auszugehen, dass diese seitens der Behörde im Zuge der Genehmigung angebracht worden sind. Die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin vernommene damalige Sachbearbeiterin bei der Regierung von … hat insoweit ausdrücklich bestätigt, dass die handschriftlichen Anmerkungen von ihr bei Genehmigungserteilung vorgenommen worden sind (Blatt 3 der Niederschrift).
Aus dem handschriftlichen behördlichen Vermerk in der Titelzeile des Fahrplans „(Mo. – Fr.)“ ist jedoch ohne weiteres ersichtlich, dass mit dem Bescheid vom 25. Mai 2010 gerade kein samstäglicher Verkehr der Linie … genehmigt worden ist. Diese Auslegung hat auch die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin vernommene damalige Sachbearbeiterin bei der Regierung von … bestätigt (Blatt 3 der Niederschrift). Der weitere handschriftliche Vermerk der Behörde „siehe Linie … der Firma … GmbH“ kann hiervon ausgehend – die als Zeugin vernommene damalige behördliche Sachbearbeiterin konnte zur Bedeutung dieses Vermerks nichts mehr sagen (Blatt 3 f. der Niederschrift) – objektiv nur als klarstellender Hinweis verstanden werden, dass insbesondere am Samstag ein genehmigter Verkehr der rechtlich gesondert zu sehenden Linie … der … GmbH stattfinde.
Der behördliche Hinweis auf die Linie … ist vor dem Hintergrund verständlich, dass die … GmbH im Verwaltungsverfahren zur Wiedererteilung der Genehmigung zur Linie … die Regierung von … mit Schreiben vom 15. März 2010 und 13. April 2010 (Blatt 47 und 52 der Verwaltungsakte zur Linie …) allgemein auf ihre Linie … „auf gleichem Linienweg“ hingewiesen hatte. Die mit Bescheid der Regierung von … vom 27. Mai 2008 (Blatt 24-29 der Verwaltungsakte zur Linie …) genehmigte Linie … der … GmbH sieht ausweislich des dort genehmigten Fahrplans (Blatt 29 der Verwaltungsakte zur Linie …) auch einen Samstagsverkehr von … nach … (…) vor, wobei die zunächst beantragten Haltestellen im … Ortsteil … händisch durch die Behörde durchgestrichen worden sind, nachdem die Klägerin im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 2. April 2008 (Blatt 15 der Verwaltungsakte zur Linie …) auf einen Konflikt mit ihrer bereits damals genehmigten Linie … hingewiesen hatte. Auch in den nachfolgend mit Bescheiden vom 13. Dezember 2011 und 9. Juli 2013 genehmigten Fahrplanänderungen der Linie … (Blatt 109 f. und 141 f. der Verwaltungsakte zur Linie …) waren die entsprechenden Haltestellen in … händisch durch die Behörde durchgestrichen worden.
Im Verwaltungsverfahren zur Linie … hatte die … GmbH im Schreiben vom 15. März 2010 (Blatt 47 der Verwaltungsakte zur Linie …) zwar auf eine „intensive Kooperation“ mit der Klägerin hingewiesen, jedoch zugleich mitgeteilt, dass diese der „vertraglichen Überarbeitung“ bedürfe; mit Schreiben der … GmbH vom 13. April 2010 (Blatt 52 der Verwaltungsakte zur Linie …) wurde schließlich der Regierung von … mitgeteilt dass eine „endgültige Gestaltung“ des „gemeinsamen unternehmerischen Anliegens“ nicht mehr vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens der Linie … zu realisieren sei. Letztere Aussage macht jedoch deutlich, dass gegenüber der Genehmigungsbehörde nicht etwa seitens der Klägerin oder der … GmbH der Wunsch herangetragen worden ist, die Genehmigungen der Linien … und … im Zuge der Wiedererteilung der Genehmigung der Linie … miteinander zu verknüpfen; vielmehr blieb Art und Umfang der (weiteren) Kooperation der Klägerin mit der … GmbH offen. Auf Basis dieses behördlichen Kenntnisstands erfolgte schließlich der Erlass des Bescheids vom 25. Mai 2010 mit seinem – wie ausgeführt – bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nur klarstellenden Hinweis auf die Linie … im genehmigten Fahrplan. Letztlich enthält der klägerseitig in Bezug genommene Hinweis selbst („siehe Linie … der Firma … GmbH“) die klare Aussage, dass hinsichtlich des Samstagsverkehrs personenbeförderungsrechtlich eine separate Linie eines anderen Unternehmens besteht; die Behörde hat gerade nicht angemerkt, dass der Samstagsverkehr der Linie … der … GmbH als Teil der genehmigten Linie … gelte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den schriftlichen Bescheidsgründen, wobei bei der von der Klägerin vertretenen Bescheidsauslegung zu erwarten gewesen wäre, dass eine derartige Ausnahmeregelung zur rechtlichen Verknüpfung zweier Linienverkehre in den textlichen Gründen des Bescheids gesondert erläutert worden wäre.
Die hiervon abweichende klägerseitige Auslegung, dass der Samstagsverkehr der Linie … der insoweit als Subunternehmerin tätigen … GmbH Teil des genehmigten Fahrplans der Linie … gewesen sei, überzeugt auch nicht mit Blick auf den vorgedruckten Hinweis unter dem mit Bescheid vom 9. Juli 2013 zugestimmten Fahrplan der Linie … (Blatt 141 f. der Verwaltungsakte zur Linie …), nach dem zuständiges Unternehmen für alle Haltestellen in … die Klägerin sei. Wie ausgeführt sind auch in diesem Fahrplan behördlich alle Haltestellen der Linie … in … händisch gestrichen worden; somit geht der verbliebene, von der … GmbH selbst im ursprünglich beantragten Fahrplan abgedruckte Hinweis auf die oben aufgeführten Haltestellen ins Leere; ohnehin ist mit Blick auf die genannte händische Streichung der betreffenden Haltestellen davon auszugehen, dass der betreffende vorgedruckte Hinweis nur versehentlich von der Behörde nicht ebenfalls gestrichen worden ist.
Die klägerseitig vertretene Auslegung greift auch mit Blick auf die zwischen der Klägerin und der … GmbH unter dem Datum des 28. November 1996 geschlossene privatrechtliche Kooperationsvereinbarung (Blatt 261-263 der Verwaltungsakte zu § 45a PBefG) nicht durch. Dies gilt selbst dann, wenn man die von den Kooperationspartnern offenbar selbst als „überarbeitungsbedürftig“ erachtete Kooperationsvereinbarung weiterhin als maßgeblich ansieht. Zwar war diese der Regierung von … bei Erlass des Bescheids vom 25. Mai 2010 jedenfalls dem Grunde nach bekannt, wie u. a. der Hinweis im Schreiben der … GmbH vom 15. März 2010 (Blatt 47 der Verwaltungsakte zur Linie …) belegt. Ausweislich der Übertragungsdaten der klägerseitig vorgelegten Telefax-Kopie der Vereinbarung (Blatt 67-69 der Gerichtsakte), die als Absender „RV… ABT. 3“ und das Datum des 21. April 2004 ausweist, ist zudem davon auszugehen, dass auch der Wortlaut der Vereinbarung der Regierung zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses grundsätzlich bekannt war. Auch sieht § 2 der Vereinbarung u. a. vor, dass eine gemeinschaftliche Bedienung der Linien … und … erfolgen solle und die … GmbH den Fahrplan der Linie … um im Fahrplan besonders gekennzeichnete Fahrten erweitere; § 3 regelt, dass die … GmbH in den Fahrplan der Linie … in Fahrtrichtung … die Haltestelle „…, …“ aufnimmt. Jedoch bestimmt § 1 der Kooperationsvereinbarung ausdrücklich, dass die rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit der Vertragspartner durch die Vereinbarung nicht berührt wird. In diesem Sinne ist auch § 2 Satz 3 der Vereinbarung („In der Relation …, … – …, … beantragt die Fa. … die Genehmigung gemäß PBefG.“) zu entnehmen, dass den Vertragsparteien die rechtliche Trennung der jeweiligen Liniengenehmigungen bewusst war. Soweit in § 4 der Vereinbarung geregelt ist, dass die Klägerin die Ausgleichszahlungen nach § 45a PBefG beantragt und behält, so kann diese vertragliche Regelung naturgemäß nicht die öffentlich-rechtliche Anspruchsinhaberschaft i. R. v. § 45a PBefG modifizieren; dies haben die Vertragsparteien offenbar verkannt. Zudem ist festzustellen, dass die Kooperationsvereinbarung in § 3 lediglich vorsieht, dass die … GmbH auf ihrer Linie … in Fahrtrichtung … eine zusätzliche Haltestelle „…“ in ihren Fahrplan aufnimmt; aus der Kooperationsvereinbarung ergibt sich demnach gerade nicht, dass alle Haltestellen der Linie … in … am Samstag von der … GmbH bedient werden sollen. Ohnehin bezieht sich die Kooperationsvereinbarung nicht allein auf den hier streitgegenständlichen Samstagsverkehr, sondern stellte offenbar eine für die gesamte Woche geltende Regelung dar. Letztlich ändert auch die grundsätzliche behördliche Kenntnis von der Kooperationsvereinbarung zwischen der Klägerin und der … GmbH nichts daran, dass zwei unterschiedliche Linienverkehrsgenehmigungen vorliegen, die rechtlich getrennt voneinander zu sehen sind. Auch die als Zeugin vernommene damalige behördliche Sachbearbeiterin hat bestätigt, dass man in der Verwaltungspraxis zwar versucht hat, im Einzelfall bestehende Kooperationen von Verkehrsunternehmen zu berücksichtigen, jedoch die jeweiligen Linienverkehrsgenehmigungen rechtlich stets – so auch bei den Linien … und … – strikt getrennt wurden (Blatt 4 der Niederschrift). Ohnehin ist den Verwaltungsakten zur Genehmigung der Linie … nicht zu entnehmen, dass die behördenseitig unmittelbar handelnden Personen zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses Kenntnis von den Einzelbestimmungen der Kooperationsvereinbarung vom 28. November 1996 hatten; denn diese findet sich in diesem Teil der Verwaltungsakten nicht. Auch der Zeugin war dies nicht mehr erinnerlich.
Nach alledem war ein Samstagsverkehr nicht Teil der der Klägerin mit Bescheid der Regierung von … vom 25. Mai 2010 erteilten Linienverkehrsgenehmigung zur Linie …. Hiervon ist überdies auch die Klägerin selbst in der ihrem Antrag nach § 45a PBefG beigefügten Anlage „Zusammenfassung 2013 – Nutzwagen-/-platzkilometer“ (Blatt 25 der Verwaltungsakte zu § 45a PBefG) ausgegangen.
(3) Der Beklagte hat somit i. R. v. § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV richtigerweise nicht den Höchstsatz an Gültigkeitstagen i. S. v. § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 PBefAusglV zum Ansatz gebracht, sondern ist insoweit von einem genehmigten Verkehr der Linie … nur von Montag bis Freitag ausgegangen (5 Geltungstage für Wochenkarten sowie 22 Geltungstage für Monatskarten).
cc) Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen.
Dies gilt auch mit Blick auf den Umstand, dass behördlich nach Bestätigung des Beklagten in der Vergangenheit bei den Anträgen der Klägerin nach § 45a PBefG – insbesondere offenbar hinsichtlich der streitgegenständlichen Linie … in den Jahren 2011 und 2012 – i. R. v. § 3 Abs. 2 PBefAusglV jeweils die Höchstwerte hinsichtlich der Geltungstage anerkannt worden sind. Der Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass er diese Verwaltungspraxis beendet hat, da diese aufgrund des fehlenden Fahrplanangebots bei den Linienverkehren der Klägerin nicht mit § 3 Abs. 2 PBefAusglV vereinbar gewesen sei.
Eine solche Änderung der Verwaltungspraxis durch den Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden.
So mag zwar eine ständige begünstigende Verwaltungsübung – etwa aufgrund von internen Verwaltungsvorschriften – unter bestimmten Voraussetzungen bei dem potentiell Betroffenen zum Vertrauen in den Fortbestand der Verwaltungspraxis und zur Erwartung ihrer Anwendung auch in seinem Fall führen; dies kann jedoch, wenn die Verwaltungsübung rechtswidrig ist, unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensgrundsatzes keinen Anspruch auf ein Verwaltungshandeln gegen das Gesetz begründen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 10.12.1969 – VIII C 104.69 – BVerwGE 34, 378 – juris Rn. 18; HessLSG, U.v. 23.4.2015 – L 1 KR 17/14 KL – juris Rn. 46).
So liegt der Fall auch hier. Die Klägerin durfte nicht darauf vertrauen, dass eine – wie dargelegt – mangels genehmigten Samstagsverkehrs rechtswidrige Handhabung von § 3 Abs. 2 PBefAusglV zur Linie … fortgesetzt wird.
Auch die behördliche Begründung, dass eine rückwirkende Zustimmung zu einem Samstagsfahrplan bei der Linie … aufgrund eines Behördenversehens bei der Linienverkehrsgenehmigung möglich war (vgl. Bescheid vom 21.1.2015, Blatt 128-134 der Verwaltungsakte zur Genehmigung der Linie …), während dies bei der Linie … aufgrund einer bewussten behördlichen Beschränkung auf Montag bis Freitag ausscheiden musste, ist aus Sicht des Gerichts plausibel und nachvollziehbar. Hiergegen ist auch mit Blick auf das Gebot einer einheitlichen Verwaltungspraxis nichts zu erinnern.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach § 45a PBefG nicht nur einen genehmigten Linienverkehr voraussetzt, sondern auch die tatsächliche Durchführung des genehmigten Verkehrs einschließlich des zugrundeliegenden Fahrplans. Dies erfordert auch bei der grundsätzlich zulässigen Bedienung der Linie durch einen Subunternehmer, dass sämtliche in dem genehmigten Fahrplan angegebene Haltestellen angefahren werden.
2. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 12.122,- festgesetzt.
Gründe:
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.