Aktenzeichen RN 5 K 18.1401
Leitsatz
Unter dem Gesichtspunkt, dass der Glückspielstaatsvertrag unter Umständen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 GlüStV am 30.06.2021 außer Kraft tritt, ist eine Fristdauer von rund drei Jahren nicht zu beanstanden. Die gewählte Fristdauer fügt sich in das im GlüStV angelegte Fristensystem kohärent ein. (vgl. zur nur um ein Jahr kürzeren Fristdauer von 4 Jahren: VG München, U. v. 17.12.2013 – M 16 K 13.1477). Nur so kann aber auf eventuelle Änderungen nach dem Ende der Geltungsdauer des GlüStV reagiert werden. Dem Gesetzgeber stand es dabei frei, sich für ein effektiveres Mittel als z.B. die Möglichkeiten der Art. 48/49 BayVwVfG zu entscheiden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Gründe
Soweit die Klage nicht zurückgenommen wurde, ist sie zulässig, aber unbegründet.
1. Die unter Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids des Landratsamtes als Befristung ausgestaltete Nebenbestimmung ist isoliert anfechtbar.
Eine isolierte Anfechtung ist hinsichtlich aller objektiv abgrenz- und bezeichenbaren Teile eines Verwaltungsaktes möglich, insbesondere hinsichtlich aller Nebenbestimmungen i.S.d. Art. 36 BayVwVfG. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht rechtswidrige Verwaltungsakte teilweise aufheben. Damit muss im Umkehrschluss der Klägerin eine teilweise Anfechtung möglich sein, um eine kostenpflichtige Teilabweisung seiner Klage a priori zu vermeiden. Dies gilt insbesondere auch für Bedingungen und Befristungen. Weder Wortlaut noch Systematik des Art. 36 BayVwVfG lassen eine Differenzierung hinsichtlich der verschiedenen Arten von Nebenbestimmungen erkennen. (vgl. W.-R. Schenke/R. P. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, § 42 Rn. 21 f.).
2. Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffene Befristung (Ziff. 2) des Bescheids des Landratsamtes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine großzügiger bemessene Befristung der glückspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle.
Die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle ist gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV zu befristen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Pflicht zur Befristung ist es, die staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten sicherzustellen. Die Befristung der Erlaubnis verschafft der Genehmigungsbehörde bei Anträgen auf Verlängerung der Betriebserlaubnis eine umfassende Kontrollmöglichkeit, unter Berücksichtigung der Entwicklung des betroffenen Betriebs und seines Umfelds sowie die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse zur Spielsuchtprävention, die seit der Ersterlaubnis erlangt wurden.
Die gesetzlich zwingende Befristung ist geeignet den Gesetzeszweck zu fördern. Die Regelung ist im Hinblick auf das bestehende Risiko des Betreibers, nach Ablauf der Genehmigung unter Umständen keine Folgegenehmigung mehr zu erhalten, auch angemessen, solange die Behörde von der Befristungsbefugnis angemessen Gebrauch macht und die Fristdauer entsprechend wählt (vgl. BayVGH, B. v. 26.3.2014 – 22 ZB 14.221 – juris, Rn. 20).
Der Beklagte hat im angefochtenen Bescheid eine Ermessensentscheidung getroffen, die frei von Rechtsfehlern ist (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO).
Bei der Entscheidung über die Fristdauer orientierte sich die Behörde an der Geltungsdauer glückspielrechtlicher Erlaubnisse für Wettvermittler (4 Jahre) und der Laufzeit des GlüStV. Dabei handelt es sich um sachgerechte Gesichtspunkte.
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Glückspielstaatsvertrag unter Umständen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 GlüStV am 30.06.2021 außer Kraft tritt, ist eine Fristdauer von rund drei Jahren nicht zu beanstanden. Die gewählte Fristdauer fügt sich in das im GlüStV angelegte Fristensystem kohärent ein. (vgl. zur nur um ein Jahr kürzeren Fristdauer von 4 Jahren: VG München, U. v. 17.12.2013 – M 16 K 13.1477). Nur so kann aber auf eventuelle Änderungen nach dem Ende der Geltungsdauer des GlüStV reagiert werden. Dem Gesetzgeber stand es dabei frei, sich für ein effektiveres Mittel als z.B. die Möglichkeiten der Art. 48/49 BayVwVfG zu entscheiden (VG München, Urteil vom 17. Dezember 2013 – M 16 K 13.1477 -, Rn. 16, juris).
Der Einwand der Klägerin, erfahrungsgemäß amortisierten sich die Investitionen in eine Spielhalle nicht innerhalb der Befristungsdauer, greift nicht durch. Zum einen ist der Vortrag unsubstantiiert geblieben und in Bezug auf die streitgegenständliche Spielhalle nicht näher dargelegt und nachgewiesen worden. Zum anderen muss jedenfalls vorliegend das wirtschaftliche Interesse der Klägerin gegenüber dem Interesse an der Verwirklichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages zurücktreten. Die Beeinträchtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, auf das sich die Klägerin als juristische Person nach Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann (vgl. BVerfG, U. v. 17.12.2002 – 1 BvL 28/95, BVerfGE 106, 275 ff.), ist gerechtfertigt. Bei der Befristung einer Erlaubnis handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung, da sie nicht den Zugang zum Beruf eines Spielhallenbetreibers, sondern lediglich die zeitliche Ausübung dieser beruflichen Tätigkeit regelt. Regelungen der Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des gemeinen Wohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, U. v. 13.12.2000 – 1 BvR 335/97, BVerfGE 103, 1 ff.; Scholz in Maunz/Dürig, GG, 69. EL 2013, Art. 12 Rn. 335 m.w.N.; vgl. auch BayVerfGH, E. v. 28.6.2013 – Vf. 10-VII-12 u.a. – juris Rn. 95). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt die angegriffene Regelung. Wie oben bereits dargelegt, gewährleistet die Befristung die Überwachung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages (§ 1 GlüStV), die wiederum dem Wohl der Allgemeinheit, das Glücksspielangebot im Hinblick auf die Gefahren des Glücksspiels strikt zu regulieren und zu begrenzen, dienen (vgl. BayVGH, B. v. 30.9.2013 – 10 CE 13.1802 – juris Rn. 34; B. v. 22.10.2013 – 10 CE 13.2008 – juris Rn. 35; BayVerfGH, E. v. 28.6.2013 – Vf. 10-VII-12 – juris Rn. 102).
Die erst im Gerichtsverfahren genannten Umbaukosten und die mietvertragliche Bindung von 10 Jahren sind Dispositionsentscheidungen der Klägerin, die sie eingegangen ist, ohne sicher zu wissen, wie lange die zwingend zu erfolgende Befristung ausfallen wird. Einer solchen Unsicherheit hat sie auch bereits mit einem vertraglichen Rücktrittsrecht Rechnung getragen. Zudem betreibt sie nach ihrer Eigendarstellung im Internet (https://www.fair-play-casino.de/pages/01_01.html, zuletzt aufgerufen am 24.07.2019) über 40 Spielhallen in Deutschland. Es ist damit von der unternehmerischen Freiheit der Klägerin umfasst und ebenso ihr unternehmerisches Risiko, ob sie diese Unsicherheit bzgl. einzelner neuer Standorte eingeht und sich die Betriebe voraussichtlich nur insgesamt für das ganze Unternehmen tragen oder ob sie nur neue Betriebe eröffnet, wenn für die Klägerin absehbar ist, dass jeder Standort für sich Gewinne hervorbringen kann. Zudem sind allein die bisherigen Kosten und nicht erwartbare Einnahmen vorgetragen, sodass sich nach wie vor nicht einmal eine Aussage zur Amortisation treffen lässt, geschweige denn zu den Auswirkungen für das Gesamtunternehmen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.