Aktenzeichen 14 O 3919/16
Leitsatz
1. Aus dem Antrag auf Wiedereinsetzung muss sich ergeben, wann der Antragsteller Kenntnis erlangt, damit beurteilt werden kann, ob das Wiedereinsetzungsgesuch rechtzeitig gestellt wurde. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mangelnde Deutschkenntnisse des Antragstellers entschuldigen das Fristversäumnis nicht. Der Antragsteller muss sich bei Erhalt eines amtlichen Schriftstücks um eine Übersetzung kümmern. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2. Der gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 10.01.2012, Az. 11-7808952-1-3 eingelegte Einspruch wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist lagen nicht vor:
1. Das Landgericht München II ist zuständig für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung: Gem. § 237 ZPO ist für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung das Gericht zuständig, das über den Einspruch zu entscheiden hat (§ 237 ZPO), somit das Gericht, an das das Verfahren nach § 700 Abs. 3 Satz 1 ZPO nach dem Einspruch abgegeben wird.
1. Die Wiedereinsetzung muss innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses eingelegt werden, vgl. § 234 I S. 1, II ZPO. Aus dem Antrag auf Wiedereinsetzung muss sich ergeben, dass das Wiedereinsetzungsgesuch rechtzeitig gestellt wurde (Th/P § 236 ZPO, Rn. 5). Zum konkreten Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist weiter nichts vorgetragen („… in der späteren Korrespondenz des Gerichtsvollziehers …“), sodass nicht nachvollzogen werden kann, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der genannten Frist gestellt wurde.
2. Zudem rechtfertigen die vorgetragenen Tatsachen die Annahme einer Fristversäumnis „ohne Verschulden“ i.S.d. § 233 I ZPO nicht: Der Beklagte bestätigt in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 7.9.2016, dass er seit ca. 2010 in der Münchner Straße 7 in 85757 Karlsfeld (– bei der Ortsbezeichnung „Krefeld“ handelt es sich ausweislich der Postleitzahl um ein offensichtliches Schreibversehen –) gemeldet und wohnhaft ist. Dort wurde nach Aktenlage sowohl der Mahnbescheid als auch der Vollstreckungsbescheid jeweils gemäß § 181 ZPO zugestellt durch Niederlegung an der zuständigen Niederlegungsstelle in Karlsfeld und Mitteilung hiervon unter der genannten Anschrift. Dass der dort vorhandene Briefkasten für eine Vielzahl der Bewohner der Mitarbeiterunterkunft dient, steht der Wirksamkeit nicht entgegen. § 181 ZPO sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor für den Fall der Zustellung in einer Gemeinschaftsunterkunft gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Der Beklagte behauptet auch nicht einmal, dass er die Mitteilung über die Niederlegung nicht erhalten hat. Soweit er auf mangelnde Deutschkenntnisse verweist, muss er sich bei Erhalt eines amtlichen Schriftstücks um eine Übersetzung kümmern (Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 233, RN 23, Stichwort „Ausländer“). Die Bedeutung einer Zustellungsmitteilung kann im Zweifel sogar bei dem Personal der Unterkunft erfragt werden. Dem Beklagten war zudem bekannt, dass sein damaliger Arbeitgeber Schadensersatzansprüche gegen ihn erhob, sodass mit der Geltendmachung zu rechnen war.
II. Der Einspruch ist unzulässig und daher gemäß §§ 700 Abs. 1, 341 ZPO zu verwerfen. Der Einspruch wurde nicht innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist (§ 339 Abs. 1 ZPO) eingelegt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 3 ZPO.