Aktenzeichen W 8 K 18.926
TierSchG § 2
Leitsatz
1 Durch eine aus Gründen des Tierschutzes erlassene Veräußerungsanordnung in Form eines Verwaltungsakts erlangt die Behörde die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung an einen Dritten. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der behördliche Verkauf aus Gründen des Tierschutzes weggenommener Tiere unter dem eigentlichen Wert der Tiere ist zur Vermeidung weiterer Unterbringungs- und Versorgungskosten seitens der Behörde rechtlich zulässig, wenn sich ergibt, dass der freie Markt das Erzielen von Verkaufserlösen, die dem ermittelten Verkehrswert zumindest nahekommen, nicht zulässt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist als Leistungsklage auf Herausgabe der Pferde bzw. auf Leistung von Schadenersatz zulässig.
Die Klage ist aber unbegründet, weil die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.
Das Gericht hat schon im Sofortverfahren (vgl. VG Würzburg, B.v. 26.07.2018 – W 8 E 18.927 – juris Rn 22 ff., S. 7 f. des Beschlussabdrucks) ausgeführt, dass die Klägerin gegen den Beklagten keinen Herausgabeanspruch als Eigentümerin hat. Der Beklagte hat aufgrund der Veräußerungsanordnung im Bescheid vom 6. Februar 2018, den sie gegen den Lebensgefährten der Klägerin als Halter der Tiere gerichtet hat, in Form eines Verwaltungsakts die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung erhalten und infolgedessen auch die Ponys an Dritte übereignet. Hinzu kommt, dass der Beklagte mittlerweile einen Duldungsbescheid gegenüber der Klägerin erlassen hat, der sofort vollziehbar ist. Die betreffende Klage hat das Gericht im Verfahren W 8 K 18.1040 mit Urteil vom 11. Februar 2019 abgewiesen. Auf die dortigen Ausführungen wird ergänzend Bezug genommen. Damit spricht Alles dafür, dass die Klägerin mittlerweile ihr Eigentum verloren hat. Darüber hinaus schlägt zu Buche, dass der Beklagte jedenfalls nicht mehr Besitzer der beiden Pferde ist, so dass ein unmittelbarer Herausgabeanspruch gegen ihn ohnedies ins Leere geht.
Darüber hinaus und unabhängig davon sprechen durchgreifende tierschutzrechtliche Gründe gegen eine Herausgabe der Pferde an die Klägerin. Dazu hat das Gericht schon im Sofortverfahren auf S. 10 des Beschlussabdrucks ausdrücklich ausgeführt (VG Würzburg, B.v. 26.07.2018 – W 8 E 18.927 – juris Rn. 30):
„Darüber hinaus ist weiter zu erwägen, dass einer Rückgabe der Pferde an die Klägerin auch tierschutzrechtliche Einwände entgegenstehen könnten. Denn wie in den Verfahren gegen den Lebensgefährten (vgl. VG Würzburg, B.v. 7.3.2018 – W 8 S 18.206 – juris; VG Würzburg, U.v. 16.7.2018 – W 8 K 18.205) ausgeführt, waren die Tiere beim Lebensgefährten der Klägerin unter tierschutzwidrigen Umständen untergebracht und versorgt, worauf diesem auch die Haltung und Betreuung der Pferde untersagt wurde. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018 im Verfahren W 8 K 18.205 als Zeugin ausgesagt, dass sie selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, die Pferde zu versorgen. Demnach darf der Lebensgefährte der Klägerin die Betreuung der Pferde von Rechts wegen nicht mehr übernehmen und die Klägerin selbst kann dies aus gesundheitlichen Gründen nicht. Darüber hinaus hat die Klägerin als Eigentümerin in der Vergangenheit nichts Durchgreifendes unternommen, um die tierschutzwidrigen Zustände und die tierschutzwidrige Behandlung durch den Lebensgefährten zu unterbinden. Bei einer Rückgabe der Pferde an die Klägerin müsste aber eine mangelfreie Tierhaltung gewährleistet sein, die den Anforderungen des § 2 TierSchG gerecht wird. Insoweit hat die Antragstellerin keine belastbaren und konkreten Angaben über das etwaige Vorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit gemacht und auch nicht erklärt, wie sie in der Folgezeit eine artgerechte Unterbringung und Versorgung der Tiere gewährleisten können will (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2016 – 9 CS 16.539 – KommunalPraxis BY 2016, 309 – juris). Eine hinreichend verfestigte Stabilisierung tierschutzgerechter Haltungsbedingungen müsste gewährleistet sein (vgl. OVG NRW, B.v. 19.1.2009 – 20 B 1748/08 – juris; vgl. auch VG Karlsruhe, B.v. 5.5.2008 – 11 K 645/08 – juris). Bei Herausgabe wäre zu befürchten, dass die Pferde erneut unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten würden wie vor der Wegnahme. Unter diesen Vorzeichen steht einer Rückgabe der Pferde der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen (VG Bayreuth, B.v. 11.12.2013 – B 1 E 13.384 – juris; vgl. auch VG Aachen, B.v. 9.3.2009 – 6 L 14/09 – juris).“
An dem vorstehenden Befund und den damit verbundenen Rechtsfolgen hat sich bis heute nichts geändert. Die Klägerin hat weder gegenüber der Behörde noch im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass sie in der Vergangenheit versucht habe, die tierschutzwidrige Haltung zu verbessern. Sie hat auch keine dahingehende Einsicht gezeigt. Die Klägerin hat weiter bis heute nicht plausibel erklärt, dass und wie sie bei einer theoretischen Rückgabe für eine tierschutzgemäße Haltung der beiden Pferde sorgen will und kann. Die Behauptung der Klägerin, sie habe vorgehabt, die Pferde anderweitig unterzustellen, bzw. wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2019, sie habe die Pferde bereits verkauft bzw. verkaufen wollen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit hat sie nicht substanziiert und auch keinerlei Belege, etwa von möglichen Kaufinteressenten, vorgelegt, erst Recht hat sie nicht vorgebracht, dass sie im fraglichen Zeitraum, insbesondere ab Erlass des Bescheides gegen ihren Lebensgefährten vom 6. Februar 2018 bzw. nach Wegnahme der Pferde Mitte März 2018 bis zur Weiterveräußerung der Pferde im April 2018 konkret an das Landratsamt herangetreten wäre und dort substanziierte Vorschläge zur anderweitigen tierschutzgemäßen Unterbringung gemacht hätte. Das Gericht geht davon aus, dass die Klägerin über ihren Lebensgefährten frühzeitig über die Maßnahmen und das Vorgehen des Landratsamtes informiert gewesen ist, zumal sie auch beim Gericht entsprechende Facebook-Einträge vorgelegt hat, die die Verkaufsabsichten des Landratsamtes betreffend ihrer Pferde dokumentieren. Ergänzend wird auf die Ausführungen im Urteil vom 11. Februar 2019 im Parallelverfahren W 8 K 18.1040 Bezug genommen.
Nach alledem ist eine Rückgabe der Pferde an die Klägerin ausgeschlossen. Soweit die Klägerin ersatzweise Geldleistungen verlangt, geht diese Forderung ebenfalls ins Leere, weil schon ein Hauptanspruch nicht besteht. Zudem ist anzumerken, dass die Pferde wegen ihres schlechten Zustandes nach Mitteilung des Landratsamtes nur gegen einen symbolischen Wert von 1,00 EUR verkauft werden konnte. Der Unterwertverkauf ist zur Vermeidung von weiteren Unterbringungs- und Versorgungskosten seitens der Behörde rechtlich zulässig, wenn sich ergibt, dass – wie hier – der freie Markt das Erzielen von Verkaufserlösen, die dem ermittelten Verkehrswert (hier laut Aussage des Veterinäramtes wohl der Schlachtwert) zumindest nahekommen, nicht zulässt (vgl. dazu VG Augsburg, U.v. 25.2.2011 – AU 2 K 09.1471 – juris).