Aktenzeichen 8 U 7548/19
GKG § 47, § 48
Leitsatz
Nimmt der Kläger den Hersteller eines Dieselfahrzeugs im Zusammenhang mit dem “Dieselskandal” auf Schadensersatz in Anspruch, muss er die Art der angeblich unzulässigen Abschalteinrichtung und deren Funktionsweise konkret darlegen (Abgrenzung zu BGH BeckRS 2020, 2119). (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
8 U 7448/19 2020-06-02 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München
Tenor
1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 29.11.2019, Aktenzeichen 4 ü 118/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Passau ist ohne Sicherheitsleistung vorlaufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 11 ü % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Hohe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Passau ist ohne Sicherheitsleistung vorlaufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 11 ü % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Hohe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird auf 19.429,90 € festgesetzt.
Gründe
Tatsachliche Feststellungen:
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche nach einem PKW-Kauf im Zusammenhang mit dem sogenannten “Dieselskandal“ geltend. Er kaufte am 24.10.2016 bei einer naher bezeichneten Firma den streitgegenstandlichen Pkw Daimler 8180 CDI als Gebrauchtwagen für 20.500,00 € bei einem Kilometerstand von 19.900 km. Die Beklagte ist Herstellerin des Fahrzeugs, das mit einem Dieselmotor üM 607 ausgestattet ist.
Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klagers, der seine erstinstanzlichen Antrage weiterverfolgt. Die Beklagte hat die Zurückweisung der Berufung beantragt.
Mit Hinweisbeschluss des Senats vom 02.06.2020, auf den gleichfalls Bezug genommen wird, wurde der Klager darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, seine Berufung gemar., § 522 Abs. 2 ZPü als unbegründet zurückzuweisen. Erganzend wird auf die Schriftsatze der Parteien im Berufungsverfahren Bezug genommen.
Begründung:
1. Die Berufung des Klägers ist gemä., § 522 Abs. 2 ZPü im Beschlussweg als unbegründet zurückzuweisen, da der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Der Senat halt das Urteil des Landgerichts zumindest im Ergebnis für offensichtlich zutreffend. lnsoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Hinweise vom 02.06.2020 verwiesen, in welchen eingehend dargelegt worden ist, weshalb die Berufung gemä., § 522 Abs. 2 ZPü für unbegründet zu erachten ist.
Eine Stellungnahme des Klagers hierzu ist innerhalb der hierfür gesetzten Frist nicht erfolgt. Allerdings hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.06.2020 darauf hingewiesen, dass das streitgegenstandliche Fahrzeug seit 25.06.2020 von einem Bescheid des KBA betroffen sei. Dieser Bescheid sei aber nicht mit einer unzulassigen Abschalteinrichtung begründet worden, die auch nicht vorliege.
Die Berufung hat danach weiterhin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
a. Wie im Hinweisbeschluss dargelegt, wäre zur konkreten Schädigungshandlung schlüssig vorzutragen und diese gegebenenfalls hinreichend unter Beweis zu stellen gewesen.
Der Vortrag des Klägers zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung hat sich indessen in erster lnstanz in einer blof1en Rechtsbehauptung erschöpft. Den Ausführungen in der Berufungsbegründung war, bei offenkundiger Vermengung verschiedener Mechanismen zur Beeinflussung der Abgasreinigung, gleichfalls keine ausreichende Behauptung subsumtionsfähiger Tatsachen zu entnehmen, d.h. der Vortrag zur behaupteten Schädigungshandlung blieb sowohl im Hinblick auf die Art der angeblich unzulässigen Abschalteinrichtung wie auch im Hinblick auf deren behauptete Funktionsweise unverständlich.
Darüber hinaus war und ist unklar, worauf sich die diesbezüglichen Behauptungen des Klagers überhaupt stotzen, d.h. es fehlt am Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte hierfür.
Zwar hat es der BGH (Beschluss vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19, zum Daimler-Motor üM 651) in einer den Motorentyp üM 651 betreffenden Entscheidung insoweit als genügend angesehen, dass der dortige Kläger unter Beweisantritt vorgetragen hat, dass der in das erworbene Fahrzeug eingebaute Motor zu dem Motorentyp üM 651 gehöre, zu dem aufgrund von Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft im Rahmen eines eingeleiteten Ermittlungsverfahrens bekannt geworden sei, dass in Motoren der Typen üM 651 und üM 642 eine unzulässige Thermosoftware verbaut worden sei. Aus einer von dem dortigen Hersteller selbst geführten Liste ergebe sich, dass bereits im Jahr 2018 mehrere Fahrzeugtypen der dortigen Beklagten, die mit dem Motor üM 651 ausgestattet sind, von einer Rückrufaktion betroffen gewesen seien. Diese Gesichtspunkte boten zusammen mit dem Vortrag des Klägers, sein Fahrzeug weise ebenfalls einen Motor des Typs üM 651 auf und die Staatsanwaltschaft habe hinsichtlich dieses Motorentyps im Marz 2017 ein Ermittlungsverfahren wegen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung eingeleitet, sowie im Hinblick auf die – wenn auch allgemein beschriebene – Funktionsweise einer in zweifacher Hinsicht vermuteten Abschalteinrichtung hinreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines Sachmangels.
Anders liegt der Fall aber hier betreffend dem Motor üM 607, d.h. allein das bloße Vorliegen eines irgendwie gearteten Rückrufs seitens des KBA begründet auch danach noch keine greifbaren Anhaltspunkte für den hier erfolgten Vortrag.
b. Zudem traf den Kläger, wie ebenfalls im Hinweisbeschluss des Senats ausgeführt, grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für den Schädigungsvorsatz und die tatsächlichen Voraussetzungen für eine sittenwidrige Schädigung.
Auch hierzu fehlte und fehlt zureichender Vortrag, wobei umfänglich auf die diesbezüglichen Darlegungen des Senats vom 02.06.2020 verwiesen wird. Insbesondere kann nicht vom Vorliegen jedweder unzulässigen Abschalteinrichtung, unterstellt, eine solche läge vor, ohne weiteres auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung und betrügerische Absicht seitens der Beklagten geschlossen werden.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPü und die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPü.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 48 GKG, 3 ZPü.