Aktenzeichen W 8 K 17.50655
AsylG § 34a, § 77 Abs. 2
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1
Leitsatz
1 Die Schweiz nimmt – obwohl sie kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist – an den Regelungen der Dublin-Verordnungen teil. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Mängel im Asylsystem der Schweiz. (Rn. 17 und 18) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die medizinische Versorgung in der Schweiz deckt auch psychische Erkrankungen sowie die Behandlung durch einen Psychiater ab. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Das Vorbringen der Klägerseite führt zu keiner anderen Beurteilung, zumal der Kläger entgegen seiner Ankündigung seine Klage bislang nicht begründet hat.
Ergänzend wird angemerkt:
Die Schweiz ist gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO zuständig für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz. Die Schweizer Behörden haben ausdrücklich ihre dahingehende Zuständigkeit bejaht.
Die Schweiz nimmt – obwohl sie kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist (insoweit ist die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid fehlerhaft) – an den Regelungen der Dublin-Verordnungen teil (vgl. Abkommen v. 26.10.2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrages sowie Notenaustausch vom 14.8.2013 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Dublin III-VO zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist). Gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 des Abkommens wendet die Schweiz die Dublin-Verordnungen in ihren Beziehungen zu den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an und umgekehrt. Bezugnahmen auf die Mitgliedsstaaten schließen die Schweiz ein, Art. 1 Abs. 5 des Abkommens (vgl. VG Greifswald, B.v.6.12.2017 – 6 B 2236/17 As HGW – juris; OVG Berlin-BBG, U.v. 22.1.2016 – OVG 3 B 2.16 – Asylmagazin 2017, 115).
Die Überstellung in die Schweiz ist auch nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34 a AsylG). Außergewöhnliche Umstände die möglicherweise für einen Selbsteintritt gemäß § 3 Abs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend weder substanziiert vorgebracht noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. OGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u.a. – NVWZ 2012, 417) nicht davon auszugehen, dass das Asylsystem der Schweiz an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt wären.
Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im Asylsystem der Schweiz, zumal der Kläger dahingehend nicht Substanziiertes vorgebracht hat. Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in der Schweiz keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Grundsätzlich erhalten Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, Verpflegung, medizinische Versorgung und finanzielle Unterstützung, sofern sie bedürftig sind (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Schweiz, v. 16.11.2017, S. 8 ff.). Die Schweiz beachtet die Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Insofern besteht kein Anlass zu zweifeln, dass die Schweiz die rechtlichen Vorgaben nicht einhält (vgl. m.w.N. VG Greifswald, B.v.6.12.2017 – 6 B 2236/17 As HGW – juris; VG Gelsenkirchen, B.v.22.11.2017 – 6a L 3327/17.A – juris; VG Würzburg, B.v. 9.11.2017 – W 4 S 17.50715).
Des Weiteren sind auch so keine Anhaltspunkte ersichtlich, die sonst einer Überstellung in die Schweiz entgegenstünden (vgl. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG). Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen ersichtlich – vorgebracht wurden zuletzt psychische Probleme (persönliche Schizophrenie) –, die in der Schweiz nicht behandelt bzw. nicht weiterbehandelt werden könnten. Ärztliche Atteste wurden keine vorgelegt, geschweige denn qualifizierte ärztliche Bescheinigungen im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG. Die medizinische Versorgung in der Schweiz deckt auch psychische Erkrankungen sowie die Behandlung durch einen Psychiater ab (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Schweiz, v. 16.11.2017, S. 11).
Schließlich bestehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse, die die Beklagte selbst zu berücksichtigten hätte. Insbesondere eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde vom Kläger nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich .
Die Entscheidung über das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in vertretbarer Weise ermessensfehlerfrei die Befristung des Einreiseverbotes auf 18 Monate festgesetzt, da es sich um eine wiederholte Befristung handelt. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen werden (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.