Europarecht

Einstellung des Asylverfahrens aufgrund Verletzung der Mitwirkungspflicht

Aktenzeichen  M 4 K 16.33452

Datum:
22.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 25, § 33 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

1 Ein Asylbewerber muss sich Zustellungen unter den angegebenen Namen zurechnen lassen, wenn er im Laufe des Verfahrens mehrfach den Namen ändert. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist Aufgabe eines Asylbewerbers, der mehrere Namen verwendet, sein Asylverfahren so zu betreiben, dass er für die Behörde postalisch erreichbar ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1.) Die Klage ist bereits unzulässig.
Die 2-Wochenfrist nach § 74 AsylG wurde nicht eingehalten; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO war nicht zu gewähren.
Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Bescheid wurde ordnungsgemäß mit Einschreiben zugestellt (zur Post gegeben am 6. Juli 2016; damit zugestellt am 11. Juli 2016 – vgl. § 4 Abs. 2 VwZG). Die Klagefrist lief damit am 25. Juli 2016, 24 Uhr ab (§ 31 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz -VwVfG-), weshalb die erst am 25. August 2016 eingegangene Klage verfristet ist.
Der Klägerin kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Für das Verschulden ist darauf abzustellen, ob die Klägerin diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und ihr nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (Kopp, VwGO, 17. Aufl. 2011, Rn. 9 zu § 60). Es kommt damit darauf an, ob der Klägerin ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass sie die Frist versäumt hat. Dies ist der Fall.
Es ist Aufgabe der Klägerin, ihr Asylverfahren unter den richtigen Personalien zu betreiben. Die Beklagte hat die Klägerin unter den ihr von der Klägerin genannten Personalien zur Anhörung geladen. Soweit die Bevollmächtigte vorträgt, Schreiben/Bescheide hätten die Klägerin nicht erreicht, weil sie falsch adressiert gewesen seien, ist dies auf eine gröbliche Verletzung der Mitwirkungspflicht der Klägerin zurückzuführen. Wenn die Klägerin im Laufe des Verfahrens mehrfach ihren Namen ändert, muss sie sich Zustellungen unter den angegebenen Namen zurechnen lassen. Es mutet schon sehr befremdlich an, wenn die Klägerin einen anderen Namen verwendet und danach wieder ihren „alten“ Namen und sogar die Bevollmächtigte den „alten“ Namen im Klageverfahren als den richtigen angibt. Zumindest hätte die Klägerin in ihrem Asylverfahren dafür sorgen können und müssen, dass sie dort unter dem Namen, den sie im Asylverfahren verwendet, postalisch erreichbar ist.
Dass im konkreten Fall Zustellungen aus anderen Gründen nicht ordnungsgemäß erfolgten, ist nicht vorgetragen/nachgewiesen.
2.) Die Klage ist auch nicht begründet.
Nach § 33 Abs. 1 AsylG in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 390 f.) gilt der Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AsylG n.F. wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen ist. Dieser Tatbestand ist im Falle der Klägerin erfüllt.
Der Bescheid ist daher rechtmäßig. Das Gericht folgt zunächst den Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird ausgeführt:
Die Klägerin hat ihre Mitwirkungspflichten gröblich verletzt; ein Nichtvertreten ist nicht erkennbar. Es ist Aufgabe der Klägerin, ihr Asylverfahren so zu betreiben, dass sie für die Behörde postalisch erreichbar ist. Die Beklagte hat die Klägerin unter der ihr von der Antragstellerin genannten Namen zur Anhörung geladen und auch entsprechend § 33 Abs. 4 AsylG belehrt (Bl. 5 der Bundesamtsakte). Soweit die Klägerin vorträgt, das Schreiben hätte sie nicht erreicht, weil sie an den „falschen Namen“ adressiert gewesen seien bzw. sie in der Unterkunft unter einen anderen Namen geführt wurde, ist dies auf eine gröbliche Verletzung der Mitwirkungspflichten der Klägerin zurückzuführen. Wenn die Klägerin offensichtlich mehrere Namen verwendet, muss sie sicherstellen, dass sie Post unter dem selbst im Asylverfahren genannten Namen erreicht. Diesen Namen hat die Klägerin auch für die Klage verwendet. Die Klägerin hätte in der Unterkunft dafür sorgen müssen, dass Post sie unter ihren im Asylverfahren verwendeten Namen erreicht. Dafür hatte sie mehr als sechs Monate Zeit.
3.) Die Verneinung des Vorliegens von (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls rechtmäßig. Auch insoweit hat die Klägerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nichts vorgetragen.
4.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

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