Aktenzeichen B 6 S 17.51015
AsylG § 34a Abs. 1 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 5 u. 7
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 12 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Malta verfügt sowohl im Hinblick auf das dortige Rechtssystem als auch auf die Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes Asylverfahren. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten der Verfahren.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ihre drohende Überstellung nach Malta im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.
Die Antragsteller, ein afghanisches Ehepaar und seine 9, 13, 15 und 16 Jahre alten Kinder sind Tadschiken und sunnitische Muslime. Vor ihrer Ausreise lebten sie in … (Provinz …). Nach eigenen Angaben verließen sie Ende Februar/Anfang März 2017 ihr Herkunftsland und gelangten mit Hilfe von Schleusern über den Iran in die Türkei. Von der Türkei aus flogen sie nach Italien und reisten nach einer Zugfahrt am 08.05.2017 im Bundesgebiet ein. Dabei führten die Eltern gültige Pässe und alle Familienmitglieder jeweils eine Tazkira im Original mit sich. Im Bundesgebiet leben u.a. drei Brüder des Antragstellers zu 1, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, und ein weiterer Bruder mit Niederlassungserlaubnis.
Während eine Eurodac-Anfrage keinen Treffer erbrachte, ergab eine am 11.05.2017 eingeholte VIS-Antragsauskunft, dass das Maltesische Generalkonsulat in Dubai am 28.03.2017 den Antragstellern Schengen-Visa für dieses Land ausgestellt hatte, die von 06.04. bis 20.05.2017 gültig waren.
Am 12.05.2017 stellten die Antragsteller zu 1 und 2 jeweils für sich und die Antragsteller zu 3 bis 6 in Bamberg Asylanträge.
Beim persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und der persönlichen Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des Asylantrages am 12.05.2017, die in Dari durchgeführt wurde, erklärten die Antragsteller zu 1 und 2 jeweils, die Visa hätten der Schleuser beschafft. Sie wüssten nicht, welches Land sie ausgestellt habe. Bei der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrages am 15.05.2017 gemäß § 25 AsylG erklärte der Antragsteller zu 1, sie hätten von Anfang an nur nach Deutschland gewollt. Ihre Pässe habe ihnen der Schleuser abgenommen. Die Antragstellerin zu 2 bekräftigte, von einem Land Malta hätten sie nichts gehört.
Am 28.06.2017 richtete die Antragsgegnerin wegen der erteilten Visa ein Aufnahmeersuchen für die Antragstellerin zu 2 und die Antragsteller zu 3 bis 6 sowie ein weiteres Aufnahmeersuchen für den Antragsteller zu 1 an die Republik Malta. Die zuständige maltesische Stelle äußerte sich nicht dazu. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) geht deshalb davon aus, dass dem Gesuch fiktiv stattgegeben wurde und dass die Überstellungsfrist nach Malta am 29.08.2017 begann und bis 29.02.2018 läuft.
Mit Bescheid vom 31.08.2017, der den Antragstellern zu 1 und 2 in der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken am 06.09.2017 ausgehändigt wurde, lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegen (Ziff. 2), ordnete die Abschiebung nach Malta an (Ziff. 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Auf die Begründung des Bescheides wird verwiesen.
Mit Telefax vom 07.09.2017 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller jeweils Klage beim Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben. Sie haben beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 31.08.2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragstellern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Hilfsweise wird beantragt, subsidiären Schutz zuzuerkennen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Dieses Verfahren wird unter dem Az. B 6 K 17.51022 geführt.
Ebenfalls am 07.09.2017 haben sie beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, es erschließe sich nicht, warum Malta, das ein Visum erteilt habe, dem Aufnahmegesuch nicht stattgegeben habe. Außerdem sei nicht gesichert, dass Malta eine Unterbringung für eine sechsköpfige Familie gewährleisten könne, ohne dass in den anstehenden Herbst- und Wintermonaten die Gesundheit der Kinder in Gefahr sei. Darüber hinaus wird ausgeführt, der Anlass für die Flucht der Antragsteller sei gewesen, dass der Antragsteller zu 1 sich geweigert habe, den Taliban das Wohnhaus der Familie für Anschläge auf die gegenüber untergebrachten Polizeidienststellen zu nutzen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 19.09.2017 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist sie auf die angefochtene Entscheidung.
Der volljährige Sohn bzw. Bruder der Antragsteller, …, reiste zusammen mit ihnen aus Afghanistan aus, verlor nach ihren Angaben dann aber die Antragsteller in der Türkei aus den Augen. Nachdem er nach eigenen Angaben von der Türkei nach Dubai und von dort nach Deutschland „abgeschoben“ worden war, ohne im Besitz eines Visums zu sein, am 27.05.2017 ins Bundesgebiet ein und stellte am 02.06.2017 einen Asylantrag. Er ist verpflichtet, in … (Landkreis Bamberg) seinen Wohnsitz zu nehmen. Das Bundesamt führte bei ihm kein Dublinverfahren, sondern ein Asylverfahren durch. Mit Bescheid vom 25.09.2017 lehnte die Behörde den Asylantrag vollumfänglich ab. Dagegen erhob er am 04.10.2017 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth, über die noch nicht entschieden ist (B 6 K 17.33179).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Gegenstand der Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO ist gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG (allein) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der auf Aufhebung der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3 des Bescheides v. 31.08.2017) gerichteten Klage, die vom Antrag zu 1 im Klageverfahren (mit) umfasst wird.
Es kann deshalb im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dahingestellt bleiben, dass die Klageanträge zu 2 und 3, wie sie derzeit gestellt sind, unzulässig sind. Denn die Anfechtungsklage ist die allein statthafte Klageart, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrages nach der Dublin III-Verordnung begehrt. Der Erhebung einer auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Verpflichtungsklage steht entgegen, dass die Dublin III-VO ein von der materiellen Prüfung eines Asylantrages gesondertes behördliches Verfahren für die Bestimmung des hierfür zuständigen Staates vorsieht. Die Trennung der Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung und zur materiellen Prüfung des Asylbegehrens darf nicht dadurch umgangen werden, dass das Verwaltungsgericht im Fall der Aufhebung der Zuständigkeitsentscheidung sogleich über die Begründetheit des Asylantrages entscheidet. (so für die Dublin II-VO BVerwG, U. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 – BVerwGE 153, 162/165f. = NVwZ 2016, 154/155 jew. Rn.13f.; zur Dublin III-VO neuestens VG München, U. v. 05.10.2017 – M 9 K 17.51567 – juris Rn. 18).
2. Die zulässigen Anträge sind unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage anordnen, wenn die Klage nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen und bei offenen Erfolgsaussichten das Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsbehelfe mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen.
Die angegriffene Abschiebungsanordnung stellt sich bei der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar. Deshalb hat das Aussetzungsinteresse der Antragsteller hinter das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung zurückzutreten.
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angeordnet, wenn der Ausländer in einen aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 AsylG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Abschiebungsanordnung darf als Festsetzung eines Zwangsmittels erst dann ergehen, wenn alle Voraussetzungen für die Abschiebung erfüllt sind, also feststeht, dass der andere Staat zuständig ist und die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht – wenn auch nur vorübergehend – aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist.
Diese notwendigen Voraussetzungen liegen hier im Hinblick auf die beabsichtigte Abschiebung der Antragsteller nach Malta vor.
a) Für die Durchführung des Asylverfahrens ist die Republik Malta zuständig.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO ist bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
aa) Die Zuständigkeit Maltas leitet sich aus Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ab.
aaa) Gemäß Art. 10 Dublin III-VO ist dann, wenn ein Antragsteller in einem Mitgliedsstaat einen Familienangehörigen hat, über dessen Antrag auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung ergangen ist, dieser Mitgliedsstaat für die Prüfung auf internationalen Schutz zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun.
Familienangehörige sind gemäß Art. 2 g Spiegelstrich 2 Dublin III-VO die minderjährigen Kinder eines Ehepaares. Sie müssen ihren Antrag gestellt haben, bevor der Familienangehörige seinen Antrag stellt (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Mai 2017, § 29 AsylG Rn. 97).
Da der älteste Sohn der Familie volljährig ist und seinen Antrag erst gestellt hat, als die Antragsteller bereits ihre Anträge gestellt hatten, begründet Art. 10 Dublin III-VO keine Zuständigkeit Deutschlands.
bbb) Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist dann, wenn der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig.
Als die Antragsteller am 12.05.2017 in Bamberg Asylerstanträge stellten, hatte das Generalkonsulat der Republik Malta in Dubai ihnen am 28.03.2017 ein Schengen-Visum für einen Aufenthalt in Malta ausgestellt, das bis 20.05.2017 gültig war – ein auch aus der Entscheidungspraxis auch anderer Gerichte bekannter Vorgang (vgl. Österreichisches Bundesverwaltungsgericht ÖBVwG, Erkenntnis v. 19.06.2017 – W 240 2150819-1 Ziffer II. 1 – abzurufen unter www.ris.bka.gv.at). Den Beweis dafür konnte die Antragsgegnerin durch einen von VIS übermittelten Treffer erbringen (Verzeichnis A Beweise I Ziff. 5 Spiegelstrich 3 Durchführungsverordnung Nr. 118/2014 zur Dublin III-VO). Widerlegen können die Antragsteller die Erteilung der Visa nicht, weil die Antragsteller zu 1 und 2 ihre Pässe dem Schlepper übergeben haben. Die gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO zuständige Republik Malta ist deshalb gemäß Art. 22 Abs. 7 Alt. 1 Dublin III-VO nach Ablauf der dort vorgesehenen Frist von zwei Monaten nach Eingang der Aufnahmeersuchen vom 28.06.2017 zur Aufnahme der Antragsteller verpflichtet.
bb) Die Zuständigkeit Maltas ist auch nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Die sechsmonatige Überstellungsfrist, die gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO mit der (fiktiven) Annahme des Aufnahmegesuchs durch die maltesische Dublin-Einheit am 29.08.2017 zu laufen begann, endet am 29.02.2018 und ist damit noch nicht abgelaufen.
cc) Weiter ergibt sich die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung der Asylanträge der Antragsteller auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO. Insbesondere können die Antragsteller einer Überstellung nach Malta nicht mit Erfolg mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Malta systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Malta unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO).
Dazu wäre es zunächst erforderlich gewesen, dass die Antragsteller konkretisiert hätten, worin die systemrelevanten Schwachstellen liegen sollen, weil das europäische Asylsystem von der Vermutung ausgeht, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta der Europäischen Union und der Genfer Flüchtlingskonvention steht (BayVGH, B. v. 08.09.2016 – 13a ZB 16.50052 – juris Rn. 5). Dies haben die Antragsteller jedoch nicht getan.
Nach eigener Prüfung der vorliegenden aktuellen Erkenntnisse steht für das Gericht fest, dass Malta sowohl im Hinblick auf das dortige Rechtssystem als auch auf die Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes Asylverfahren verfügt.
In Malta sind Asyl- und Flüchtlingsschutz gesetzlich vorgesehen und die Regierung hat ein System errichtet, das den Flüchtlingen Schutz bietet. Es besteht die Möglichkeit gegen ablehnende Entscheidungen Beschwerde einzulegen und Klage zu erheben.
Asylbewerber, die erstmals einen Asylantrag stellen, werden einem der acht Zentren für Erstaufnahme und länger dauernde Unterbringung zugewiesen. Während früher die Überbelegung ein großes Problem war, wurden die Lager inzwischen wesentlich erweitert, so dass bei weitem nicht mehr alle zur Verfügung gestellten Plätze belegt sind (Ende 2016 673 von insgesamt 2.200 Plätzen). Die Bedingungen in den Unterkünften, die ebenfalls verbessert wurden, unterscheiden sich von Zentrum zu Zentrum, gewähren jedoch eine Mindestversorgung. Insbesondere haben Asylbewerber kostenlosen Zugang zu staatlichen Gesundheitsdiensten (AIDA, Country Report Malta Februar 2017, Stand Dezember 2016, S. 45, 48).
Deshalb schließt sich das Gericht der auch von anderen Gerichten aktuell vertretenen Auffassung an, dass das Asylverfahren in Malta keine systemischen Mängel aufweist (ÖBVwG, a.a.O., Ziff. II 3.3.1; VG Gelsenkirchen, U. v. 18.08.2017 – 9a K 961/16.A – juris Rn. 33-54).
b) Weiter hat die Antragsgegnerin zu Recht die Feststellung getroffen, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen. Ein Abschiebungsverbot ergibt sich insbesondere auch nicht daraus, dass ein Ehepaar mit vier minderjährigen Kindern überstellt werden soll.
Bei der Überstellung von Familien hat das Bundesamt zwar die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und die aus der Dublin-III-VO abzuleitenden Grundsätze der uneingeschränkten Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. Erwägungsgrund 16 Dublin III-VO) zu beachten. Sie gebieten jedoch nur dann eine Überstellung nicht durchzuführen, bevor die Behörden des Zielstaates garantiert haben, dass eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung steht, die Gesundheitsgefahren ausschließt, wenn Neugeborene und Kleinstkinder betroffen sind und wenn aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte bestehen, dass bei der Unterbringung von überstellten Ausländern Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung bestehen (BVerfG – Kammer, B. v. 17.09.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 14-16).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil das jüngste Kind der Familie bereits neun Jahre alt ist und keine belastbaren Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Unterbringung der Familie zu den in Malta üblichen Standards nicht möglich ist.
c) Schließlich ist die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ihr zielstaatsbezogene oder in der Person der Antragsteller begründete inlandsbezogene Abschiebungshindernisse entgegenstünden.
Die zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse müssen dabei hinsichtlich der angeordneten Überstellung nach Malta bestehen und nicht hinsichtlich des Herkunftslandes Afghanistan. Abgesehen von der Antragsschrift haben sich die Antragsteller jedoch, insbesondere im Schriftsatz vom 26.10.2017, nur zu der Frage geäußert, was einer Abschiebung nach Afghanistan entgegenstünde.
Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ergibt sich insbesondere nicht aus einem Anspruch auf Duldung aus rechtlichen Gründen gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Die Antragsteller haben keinen offenbaren Anspruch gemäß § 28 Abs. 4, § 36 Abs. 2
AufenthG auf Nachzug zu den deutschen Brüdern des Antragstellers zu 1 bzw. gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG zum Nachzug dem afghanischen Bruder des Antragstellers zu 2, der eine Niederlassungserlaubnis besitzt. Denn der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund einer Ermessensvorschrift im laufenden Asylverfahren steht die Titelerteilungssperre gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG. Außerdem ist die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht, wie in § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorausgesetzt, erforderlich, um eine besondere Härte zu vermeiden.
Eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung leitet sich auch nicht aus Art. 8 EMRK ab.
Der Schutz des Familienlebens verbietet eine Abschiebung nur dann, wenn mit anderen Mitgliedern der Kernfamilie, die sich rechtmäßig aufhalten, wirklich ein Familienleben geführt wird und die Abschiebung deshalb unverhältnismäßig ist (Nettesheim in Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer, EMRK, 4. Aufl. 2017, Art. 8 EMRK, Rn. 81f.).
Der älteste Sohn/Bruder der Antragsteller hält sich zwar derzeit rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil er über eine Aufenthaltsgestattung verfügt. Doch ist ihre Überstellung deshalb nicht unverhältnismäßig, weil er bereits erwachsen ist, nicht zusammen mit den Antragstellern untergebracht ist und auch er über keine verlässliche Perspektive auf einen Daueraufenthalt verfügt. Denn das Bundesamt hat seinen Asylantrag bereits abgelehnt, so dass sein Aufenthalt nur deshalb rechtmäßig ist, weil über seine Klage dagegen noch nicht entschieden wurde.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.
Hinweis:
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.