Europarecht

Fortbestand des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB im “Dieselskandal” trotz zwischenzeitlichen Weiterverkaufs des Kfz

Aktenzeichen  12 U 4409/19

Datum:
23.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 20759
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 204, § 826
ZPO § 608

 

Leitsatz

1. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen sittenwidrig vorsätzlicher Schädigung nach §§ 826, 31 BGB eines Käufers eines Fahrzeugs, das eine fehlerhafte Motorsteuerung aufwies, entfällt nicht durch dessen zwischenzeitlichen Weiterverkauf. (Rn. 31 – 38)
2. Die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB beginnt mit Erhebung der Musterfeststellungsklage, wenn der Kläger seinen Anspruch zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam nach § 608 ZPO angemeldet hat, unabhängig davon, wann der Kläger der Musterfeststellungsklage beitrat. (Rn. 71)
Der Umstand, dass sich eine Partei einer erhobenen Musterfeststellungsklage zunächst angeschlossen hat und zu einem späteren Zeitpunkt ihre Anmeldung wieder zurückgenommen hat, rechtfertigt nicht die Annahme des Rechtsmissbrauchs. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Abmeldung vom Klageregister einer Musterfeststellungsklage und der Geltendmachung der Ansprüche der Kläger im Wege der Individualklage bis zu dem in § 608 Abs. 3 ZPO geregelten Zeitpunkt bewusst geschaffen und für diesen Fall eine nachlaufende Verjährungshemmung von sechsmonatiger Dauer vorgesehen (§ 204 Abs. 1 S. 1 BGB). Damit ist dem Verbraucher ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet worden, seine Entscheidung, in welcher Weise Rechtsschutz gesucht wird, zu ändern und gleichwohl für einen gewissen Zeitraum von der durch die Anmeldung zum Klageregister bewirkten Verjährungshemmung nachlaufend zu profitieren. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 O 3379/19 2019-10-28 Endurteil LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

I. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.10.2019, Az. 9 O 3379/19, im Tatbestand berichtigt durch Beschluss vom 19.11.2019, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 14.308,41 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.06.2019 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ihres Rechtsanwalts H. in Höhe von 1.242,84 € freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen
II. Die weitergehende Berufung der Klagepartei wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen
– im ersten Rechtszug die Klagepartei 59% und die Beklagte 41% und
– im zweiten Rechtszug die Klagepartei 64% und die Beklagte 36%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.10.2019 ist, soweit die hiergegen gerichteten Berufung zurückgewiesen wird, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 26.610,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klagepartei begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
Bei den von der Beklagten hergestellten Dieselmotoren (EA 189) wurde ab Anfang 2008 ein elektronisches Programm zur Steuerung der Abgase verwendet. Diese Software erkannte Messungen auf dem Prüfstand. In solchen Fällen (Modus 1) wurden höhere Mengen an Abgas dem Motor zugeführt, um den Ausstoß von Stickoxiden zu verringern. Diese erhöhte Rückführung von Abgasen unterblieb beim Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen (Modus 0).
Ein Motor mit dieser Software war in den von der Klagepartei am 18.03.2009 bei der A. GmbH für einen Kaufpreis von 34.500,00 € mit einem Kilometerstand von 14.000 km gebraucht erworbenen Pkw A. FIN: … eingebaut worden.
Die Klagepartei forderte mit Schreiben ihres Anwalts vom 08.03.2019 von der Beklagten, die für das Fahrzeug gezahlte Summe gegen dessen Übergabe bis zum 22.03.2019 zu erstatten. Die Beklagte lehnte dies ab.
Die Klagepartei meldete sich am 05.04.2019 zum Klageregister der beim Oberlandesgericht Braunschweig unter Az. … geführten Musterfeststellungsklage an.
Am 13.05.2019 veräußerte die Klagepartei das streitgegenständliche Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 98.150 km für 7.890,00 €.
Nachfolgend meldete sich die Klagepartei am 28.05.2019 wieder vom Klageregister der vorgenannten Musterfeststellungsklage ab.
Die am 04.06.2019 beim Landgericht Nürnberg-Fürth eingegangene Klage wurde der Beklagten am 26.06.2019 zugestellt.
Die Klagepartei beruft sich auf vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte. Deren verantwortlichen Personen sei bekannt gewesen, dass entgegen gesetzlichen Vorschriften das auf dem Prüfstand erhöhte Verringern von Abgasen beim Betrieb der Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen abgeschaltet gewesen sei. Ihr selbst sei dieser Umstand nicht bekannt gewesen. Ihr Schaden bestehe darin, dass sie bei Kenntnis der Sachlage das Fahrzeug nicht erworben hätte. Deshalb sei sie so zu stellen, als ob sie das Fahrzeug nicht erworben hätte.
Erstinstanzlich hat die Klagepartei zuletzt beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 26.610,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.03.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ihres Rechtsanwaltes H. in Höhe von 2.033,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die Steuerung der auf dem Prüfstand erfolgenden sowie im Normalbetrieb unterbleibenden Rückführung von Abgasen in den Motor habe keine gesetzlichen Regelungen verletzt. Daher liege auch kein Mangel vor. Zudem sei allgemein bekannt, dass die nach normierten Vorgaben (NEFZ) auf dem Prüfstand gemessenen Werte von den bei Fahrten auf Straßen ausgestoßenen Abgasen abweichen würden. Das vorsorglich entwickelte und kostenlos angebotene Update sei für den betroffenen Motor unschädlich. Der Klagepartei sei kein Schaden entstanden. Typgenehmigung und Zulassung seien weiter gültig. Der Wert des Fahrzeugs habe sich nicht gemindert. Die Beklagte bestreitet auch, dass Mitgliedern ihres Vorstandes der Einsatz einer den Ausstoß an Stickoxiden nur auf dem Prüfstand verringernden Software bekannt gewesen sei.
Die Beklagte hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben.
Der Kläger ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage vollumfänglich mit der Begründung abgewiesen, dass etwaige Schadensersatzansprüche der Klagepartei gegen die Beklagte verjährt seien.
Auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen dieser Entscheidung wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Klagepartei verfolgt mit ihrer Berufung ihr Klageziel unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter und beantragt im zweiten Rechtszug,
1. unter Abänderung des am 28.10.2019 verkündeten Urteils des LG Nürnberg-Fürth, Az.: 9 O 3379/19 die Beklagte zu verurteilen, an den Klagepartei 26.610,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.03.2009 zu zahlen, und
2. unter Abänderung des am 28.10.2019 verkündeten Urteils des LG Nürnberg-Fürth, Az.: 9 O 3379/19 die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten seines Rechtsanwaltes H. in Höhe von 2.033,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ebenfalls ihr Vorbringen und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf die eingereichten Schriftsätze und die gerichtlichen Sitzungsprotokolle verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Klagepartei ist teilweise begründet.
1. Die Beklagte ist hinsichtlich der erhobenen Klage passivlegitimiert.
Sie ist die Herstellerin des im streitgegenständlichen Fahrzeug, einem A., verbauten Motors. Nach ihrer Intention sollte dieses Fahrzeug einschließlich des bezeichneten Motors im Vertriebsweg den Endkunden erreichen.
2. Die Klagepartei hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung).
Hierbei kann sie Erstattung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises verlangen, muss sich aber den gezogenen Nutzungsvorteil sowie den Erlös aus dem Weiterverkauf des Fahrzeugs anrechnen lassen.
a) Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 = NJW 2020, 1962).
Danach steht es wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung des Fahrzeugkäufers gleich, wenn ein Fahrzeughersteller – wie hier – im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung die Typgenehmigungen der Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrtbundesamts erschleicht und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Verkehr bringt und dadurch die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt.
Im vorliegenden Fall bestehen zudem hinreichende Anhaltspunkte für die Kenntnis zumindest eines vormaligen Mitglieds des Vorstands von einer so getroffenen strategischen Entscheidung. Deshalb trägt die Beklagte als Herstellerin des Motors die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, eine solche Kenntnis habe nicht vorgelegen.
Dieser Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen.
b) Der der Klagepartei kausal entstandene Schaden liegt im Abschluss eines Kaufvertrags über ein infolge der erschlichenen Typgenehmigung bemakeltes Fahrzeug, den sie bei Kenntnis der Fakten nicht geschlossen hätte. Denn bei einem Kaufvertrag über einen Pkw ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass ein Käufer kein Fahrzeug erwerben würde, dem eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung droht und bei dem zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht absehbar ist, ob dieses Problem behoben werden kann.
c) Zur Rückgängigmachung der Folgen des Abschlusses des Kaufvertrags hat die Beklagte an die Klagepartei grundsätzlich eine Zahlung in Höhe des von dieser geleisteten Kaufpreises zu erbringen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die Klagepartei.
3. Der Umstand, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zwischenzeitlich veräußert wurde, lässt die Schadensersatzpflicht nicht entfallen. Die Klagepartei hat sich aber den Verkaufserlös anrechnen zu lassen.
a) Die Frage der Auswirkung der Weiterveräußerung des Fahrzeugs, dessen Erwerb Folge der sittenwidrigen Schädigung ist, ist höchstgerichtlich noch nicht geklärt.
b) Der Senat schließt sich insoweit den Oberlandesgerichten Stuttgart (Urteil vom 29. September 2020 – 12 U 449/19 -, Rn. 33, juris), Koblenz (Urteil vom 26. Januar 2021 – 3 U 1283/20 -, Rn. 25, juris), Frankfurt (Urteil vom 18. Dezember 2020 – 13 U 326/19 -, Rn. 23, juris; Urteil vom 17. Februar 2021 – 17 U 210/19 -, Rn. 28, juris) und Oldenburg (Urteil vom 21. Februar 2020 – 6 U 286/19 -, Rn. 61, juris) an, welche ein Entfallen des Schadenersatzanspruchs allein durch Weiterveräußerung des Fahrzeugs verneinen.
aa) Der Schaden besteht im Eingehen einer ungewollten Verpflichtung, in einem als unvernünftig anzusehenden Vertragsschluss. Der Geschädigte hat durch den ungewollten Vertragsschluss über das Fahrzeug mit einem Motor EA 189 eine Leistung erhalten, die für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 48ff). Dies begründet einen Schadensersatzanspruch, der darauf gerichtet ist, so gestellt zu werden, als ob der Geschädigte den Vertrag nicht abgeschlossen hätte (BGH ebenda Rn 55).
bb) Dieser Schaden entfällt nicht durch einen Weiterverkauf des Fahrzeugs.
Der Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB ist mit Vertragsschluss entstanden und richtet sich nach dem negativen Interesse. Die Klagepartei ist so zu stellen, wie sie ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde. Nach einer Weiterveräußerung, die in einem Zeitpunkt stattfand, als der Klagepartei der Schadensersatz bereits zustand, ist eine Rückabwicklung gegen Anrechnung des Vorteilsausgleichs zwar nicht mehr möglich. Die Klagepartei hat jedoch durch ihre Eigeninitiative den Schaden aus ihrer Sicht gemindert, indem sie nicht abwartete, sondern das Fahrzeug veräußerte. Ihre Belastung, die sie mit dem bemakelten Fahrzeug zu tragen hatte, hat sie zeitlich begrenzt. Mit dieser Schadensminderung hat die Klagepartei ihre bereits zuvor erworbenen Schadensersatzansprüche grundsätzlich nicht gänzlich verloren. Das OLG Stuttgart argumentiert in seiner Entscheidung vom 29.09.2020, Az. 12 U 449/19, die Manipulation der Klagepartei, die zu dem Kaufvertrag über das Fahrzeug geführt habe, könne nicht im Nachhinein durch einen erfolgten Weiterverkauf an einen Dritten rückgängig gemacht werden. Die Weiterveräußerung führe lediglich in der Zukunft dazu, dass der Käufer das gekaufte Fahrzeug nicht mehr nutzen muss. Der Schutzbereich des § 826 BGB sei in einem solchen Fall weiterhin betroffen.
Zutreffend führt das OLG Koblenz (Urteil vom 26. Januar 2021 – 3 U 1283/20 -, Rn. 25) aus, dass sich der Fahrzeugkäufer aufgrund der Weiterveräußerung zwar einiger Folgen des ungewollten Vertragsschlusses, namentlich des Eigentums und des Besitzes am erworbenen Fahrzeug, gegen Kaufpreiserlös entledigen kann. Damit wird der ungewollte Vertragsschluss aber nicht zwingend vollständig kompensiert. Mit dem OLG Koblenz ist eine Wiederherstellung des vor dem Erwerb bestehenden Zustands durch Weiterverkauf (so aber Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22. November 2019 – 17 U 70/19 -, Rn. 28, juris) zu verneinen. Auch lässt sich die Sachlage nicht mit derjenigen vergleichen, wenn eine zu reparierende Sache veräußert wird und damit eine Herstellung des geschuldeten Zustands im Wege der Naturalrestitution nicht mehr möglich ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Dezember 2020 – 13 U 326/19 -, Rn. 24, juris). Vorliegend bezweckt § 826 BGB den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und speziell des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen (vgl. BGH Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, Rn. 47). Gerade im Hinblick auf diesen Schutzzweck ist auch zu beachten, dass der durch den Abschluss eines ungewollten Vertrags Geschädigte ein weiteres Mal in seiner Dispositionsfreiheit beeinträchtigt wäre, wenn er zur Vermeidung eines Entfallens des Schadens von einem möglichen Weiterverkauf des durch den ungewollten Vertrag erlangten Fahrzeugs absehen müsste (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 26. Januar 2021 – 3 U 1283/20 -, Rn. 25) oder anderenfalls unbilligerweise (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 29. September 2020 – 12 U 449/19 -, Rn. 33, juris; OLG Koblenz a.a.O.) Gefahr liefe, dass sich das ihm mit Vertragsabschluss aufgedrängte Risiko eines Mindererlöses bei Weiterverkauf verwirklicht.
cc) Den grundsätzlichen Fortbestand eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB hat der BGH im Fall eines Schadensausgleichs in Form der Naturalrestitution infolge eines durch sittenwidrige Täuschung verursachten Aktienerwerbs trotz Weiterverkaufs der Aktien durch die geschädigten Anleger bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 09. Mai 2005 – II ZR 287/02 -, Rn. 13, Rn. 18, juris).
c) Auch wenn der Ersatzsanspruch durch den Weiterverkauf nicht grundsätzlich entfällt, hat sich die Klagepartei aber den Erlös aus dem Weiterverkauf anrechnen zu lassen.
aa) Hierbei handelt es sich um einen mit dem schadensbegründenden Vertragsschluss in adäquatem Zusammenhang stehenden Vorteil der Klagepartei. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB.
bb) Ein solcher Vorteil führt nach ständiger Rechtsprechung des BGH zu einer Schadensersatzpflicht nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 – XI ZR 536/14 -, Rn. 22, juris) bzw. im Fall der Gleichartigkeit der Ansprüche – wie vorliegend – zu einer Anrechnung (vgl. BGH, Urteil vom 09. Mai 2005 – II ZR 287/02 -, Rn. 13, juris).
cc) Der auf Ersatz des Kaufpreises von 34.500,00 € gerichtete Anspruch ist folglich – wie auch von der Klagepartei zuletzt zugestanden – um den unstreitig gebliebenen Weiterverkaufserlös in Höhe von 7.890,00 € zu kürzen.
Anhaltspunkte dafür, dass das Fahrzeug unter dem Marktwert weiterveräußert wurde, sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat den A. als Gebrauchtwagen am 18.03.2009 mit einer Fahrleistung von 14.000 km für 34.500,00 € erworben und etwa 10 Jahre später mit 98.150 km am 15.05.2019 für 7.890,00 € verkauft. Dies entspricht einem gerundeten Wertverlust pro Jahr von 2.600,00 € oder 7,5% des Gebrauchtwagenpreises. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen, relativ geringen Laufleistung pro Jahr von etwa 8.400 km erscheint der für einen A. mit einem EA189-Dieselmotor erzielte Verkaufspreis dem Senat daher insgesamt marktgerecht und plausibel.
4. Die Klagepartei hat sich ferner die von ihr durch die Nutzung des Fahrzeugs gezogenen Vorteile anrechnen zu lassen.
a) Die Höhe des anzurechnenden Nutzungsvorteils hat der Senat nach folgender Formel ermittelt:
Nutzungsvorteil = [Bruttokaufpreis x gefahrene Strecke (seit Erwerb) ] / erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt.
Dabei geht der Senat von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 250.000 km aus (§ 287 ZPO).
b) Die Klagepartei hat das streitgegenständliche Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 34.500,00 € bei einem Kilometerstand von 14.000 km erworben (vgl. Anlage K1).
c) Zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs am 13.05.2019 wies dieses Fahrzeug eine Fahrleistung von 98.150 km auf. Dies ergibt einen anzurechnenden Nutzungsvorteil von 12.301,59 €.
5. Damit reduziert sich der Anspruch der Klagepartei auf 14.308,41 €. Auf den ursprünglichen Kaufpreis von 34.500,00 € hat sie sich sowohl den Vorteilsausgleich infolge der Nutzung des Fahrzeugs in Höhe von 12.301,59 € als auch infolge des Weiterverkaufs den Verkaufserlös in Höhe von 7.890,00 €, anrechnen zu lassen. Somit verbleibt ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 14.308,41, der der Klagepartei zugesprochen wird.
6. Ein Anspruch auf Zinsen besteht für die Zeit ab 27.06.2019.
a) Deliktszinsen gemäß § 849 BGB stehen der Klagepartei nicht zu.
Sie hat für die Hingabe ihres Geldes beim Kauf des Fahrzeugs – im Wege des Leistungsaustauschs – eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung erhalten. In diesem Fall kompensiert die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes (BGH, Urteile vom 30.07.2020, VI ZR 354/19 und VI ZR 397/19).
b) Auch unter Verzugsgesichtspunkten besteht kein Zinsanspruch zu Gunsten der Klagepartei (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 86).
Der Schuldner kann nur in Verzug geraten, wenn der Gläubiger die ihm obliegende Gegenleistung ordnungsgemäß anbietet. Das war hier nicht der Fall. Die Klagepartei hat, weil sie einen Nutzungsersatz nicht in Abzug gebracht hat (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten die Klagepartei vom 08.03.2019), die Zahlung eines deutlich höheren Betrags verlangt, als sie ihn hätte beanspruchen können.
c) Die Klagepartei kann aber gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Prozesszinsen seit Rechtshängigkeit der Klage geltend machen.
Die Rechtshängigkeit ist mit Zustellung der Klage am 26.06.2019 eingetreten (§ 261 Abs. 1 ZPO). Deshalb sind der Klagepartei Zinsen aus der zuzuerkennenden Schadensersatzforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem auf die Zustellung folgenden Tag zuzusprechen (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 – XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172, Rn. 103).
7. Der Klagepartei wurden Anwaltskosten für außergerichtliches Vorgehen bei Ansatz einer 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 22.198,41 € zugesprochen.
a) Grundsätzlich können vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten beansprucht werden. Als Teil des Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB besteht ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten erstreckt sich nämlich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten, insbesondere auf Rechtsanwaltskosten.
Diese Ersatzpflicht setzt allerdings voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 249 Rn. 56, 57 m.w.N.). Bei der vorliegenden Fallgestaltung ist dies nach Ansicht des Senats gegeben.
b) Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG sieht das Gesetz einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 vor, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist aber weder konkret dargelegt noch bei der vorliegenden Fallgestaltung – insbesondere unter Berücksichtigung der anwaltlichen Tätigkeit in einer Vielzahl gleichgelagerter Parallelverfahren – ohne weiteres anzunehmen.
c) Der von der Klagepartei angesetzte Gegenstandswert berücksichtigt ferner nicht, dass die als Schadensersatz verlangte Rückzahlung des Kaufpreises nur unter Abzug von Nutzungsentschädigung beansprucht werden kann. Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltstätigkeit ist deshalb hier nur die Forderung, die der Klagepartei zum Zeitpunkt des anwaltlichen Tätigwerdens zustand.
Entsprechend der von den Parteien dahin erzielten Einigung, insoweit den Kilometerstand zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verhandlung – vorliegend in Gestalt des unstreitigen Kilometerstands bei Veräußerung – (98.150 km), die sich hieraus ergebende Nutzungsentschädigung (12.301,59 €) und die bei Abzug dieser Nutzungsentschädigung errechnete Forderungshöhe (22.198,41 €) als gerechtfertigt anzusehen, hat der Senat einen Gegenstandswert von 22.198,41 € angenommen.
Der Umstand, dass sich der der Klagepartei zuzusprechende Betrag im Hinblick auf den Verkauf des Fahrzeugs weitergehend auf 14.308,41 € reduziert hat, wirkt sich auf den maßgeblichen Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nicht aus, weil der Verkauf erst nach Beauftragung der späteren Prozessbevollmächtigten erfolgt ist.
d) Hieraus ergibt sich folgende Berechnung:
1.024,40 € (= 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG)
20,00 € (= Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 RVG)
1.044,40 € (= Zwischensumme) 198,44 € (= 19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV-RVG)
1.242,84 € (= Summe)
Die Klagepartei hat insoweit lediglich Freistellung beantragt. Dieser Anspruch ist – da keine Geldschuld – nicht zu verzinsen.
8. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) bleibt ohne Erfolg.
Die Ansprüche der Klagepartei sind nicht verjährt. Sowohl die regelmäßige kenntnisabhängige (relative) Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB als auch die kenntnisunabhängige (absolute) Verjährungsfrist von 10 Jahren gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB wurden vor ihrem Ablauf durch die Beteiligung der Klagepartei an dem vor dem Oberlandesgericht Braunschweig geführten Musterfeststellungsverfahren Az. … gehemmt. Bevor diese Hemmung wegen der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister des Musterverstellungsverfahrens endete, wurde die Verjährung zusätzlich durch die Klageerhebung im hiesigen Verfahren gehemmt.
a) Verjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB:
Vorliegend ist – anders als in Fällen, in denen der von der Beklagten hergestellte Dieselmotor EA 189 in ein ebenfalls von der Beklagten hergestelltes Fahrzeug eingebaut wurde – nicht davon auszugehen, dass die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB bereits mit Schluss des Jahres 2015 zu laufen begonnen hat; vielmehr hat die Verjährung erst Ende 2016 zu laufen begonnen. Zwar war der Schadensersatzanspruch der Klagepartei bereits aufgrund des Fahrzeugerwerbs entstanden. Ferner hatte diese, ohne sich dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auszusetzen, aufgrund der Aufarbeitung des sogenannten Diesel-Abgas-Skandals durch die Medien und aufgrund der öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen der Beklagten Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Beklagten als Herstellerin des EA 189-Motors erlangen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2020 – VI ZR 739/20, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 30.06.2020 – 3 U 1785/19, juris). Jedoch hat die Klagepartei ein Fahrzeug der Marke A. erworben, das von der A. hergestellt worden war. Die Beklagte entwickelte lediglich den in das Fahrzeug eingebauten Motor, der mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehen ist, und haftet deshalb auch für Fahrzeuge mit diesem Motor, die von anderen Unternehmen des Konzerns hergestellt wurden. Die jeweiligen Verantwortlichkeiten für Motor- und Fahrzeugherstellung mussten sich der Klagepartei jedoch jedenfalls im Jahr 2015 nicht aufdrängen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 30.06.2020 – 3 U 1869/19, juris). Demgemäß wären die Ansprüche der Klagepartei erst mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt.
Zuvor wurde die Verjährung jedoch (rechtzeitig) gehemmt.
aa) Die Klagepartei hat sich am 05.04.2019 an dem gegen die Beklagte wegen der verwendeten Abgassteuerungssoftware beim Oberlandesgericht Braunschweig unter Az. … geführten Musterfeststellungsverfahren gemäß §§ 606ff. ZPO beteiligt. Diese Musterfeststellungsklage wurde unmittelbar nach Inkrafttreten der §§ 606ff. ZPO am 01.11.2018 beim Oberlandesgericht Braunschweig eingereicht. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB hat bereits die Erhebung dieser Musterfeststellungsklage die Verjährung des – auch erst später – angemeldeten Anspruchs eines Gläubigers gehemmt.
Diese Hemmung endete erst sechs Monate nach der seitens der Klagepartei am 28.05.2019 erfolgten Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister (§ 204 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Zuvor wurde der Lauf der Verjährungsfrist jedoch (zusätzlich) durch die Klageerhebung im hiesigen Verfahren unterbrochen; die Klage wurde am 04.06.2019 bei Gericht eingereicht und demnächst – am 26.06.2019 – zugestellt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO).
bb) In der Literatur und in der Rechtsprechung wird zwar vertreten, dass ein Berufen auf eine derart eingetretene Verjährungshemmung als Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtsmissbräuchlich sein könne, wenn die Anmeldung zu einer Musterfeststellungsklage ganz offensichtlich nur zum Ausschluss der Verjährung vorgenommen werde (vgl. OLG München, Beschluss vom 09.06.2020 – 3 U 2049/20, juris; a.A. LG Saarbrücken, Urteil vom 13.12.2019 – 12 O 100/19 = ZfSch 2020, 199).
Es kann dahinstehen, ob dem zu folgen ist. Hinreichende Anhaltspunkte für eine entsprechende Motivation der Klagepartei vermag der Senat im Streitfall nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass sie sich der erhobenen Musterfeststellungsklage zunächst angeschlossen hat und zu einem späteren Zeitpunkt ihre Anmeldung wieder zurückgenommen hat, rechtfertigt nicht die Annahme des Rechtsmissbrauchs (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.07.2020 – 13 U 1253/19; OLG Koblenz, Urteil vom 30.06.2020 – 3 U 123/20, juris). Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Abmeldung vom Klageregister einer Musterfeststellungsklage und der Geltendmachung der Ansprüche der Kläger im Wege der Individualklage bis zu dem in § 608 Abs. 3 ZPO geregelten Zeitpunkt bewusst geschaffen und für diesen Fall eine nachlaufende Verjährungshemmung von sechsmonatiger Dauer vorgesehen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 BGB). Damit ist dem Verbraucher ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet worden, seine Entscheidung, in welcher Weise Rechtsschutz gesucht wird, zu ändern und gleichwohl für einen gewissen Zeitraum von der durch die Anmeldung zum Klageregister bewirkten Verjährungshemmung nachlaufend zu profitieren.
b) Verjährung nach § 199 Abs. 3 BGB:
Nach dem Sachvortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass der Lauf der absoluten Verjährungsfrist zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch die Klagepartei, somit am 18.03.2009, begann und daher mit Ablauf des 18.03.2019 endete.
Auch diese Verjährungsfrist wurde jedoch vor ihrem Ablauf rückwirkend durch die (zeitweise) Beteiligung der Klagepartei an der Musterfeststellungsklage gehemmt.
Der Umstand, dass die Anmeldung zum Klageregister erst zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als die absolute Verjährungsfrist bereits abgelaufen war, ändert hieran nichts.
Die Rückwirkung erfasst jedenfalls auch Fälle, in denen ein Anspruch zwar zum Zeitpunkt der Anmeldung zum Klageregister der Musterfeststellungsklagen bereits – wie hier – absolut verjährt gewesen wäre, es jedoch noch nicht zum Zeitpunkt der Erhebung der Musterfeststellungsklage war. Der Gesetzgeber wollte ausweislich der Gesetzesmaterialien den Eintritt der Hemmungswirkung auf den Zeitpunkt der Klageerhebung festschreiben und bezeichnete die Anmeldung bloß als auflösende Bedingung. Begründung hierfür ist, dass der beklagte Unternehmer durch eine erhobene Musterfeststellungsklage hinreichend gewarnt ist und ab deren Erhebung damit rechnen muss, dass nachfolgend betroffene Verbraucher sich zu deren Klageregister anmelden. Solange im Zeitpunkt der Klageerhebung der Anspruch gegen den Musterbeklagten noch nicht verjährt ist, genügt jede Anmeldung des Verbrauchers in der Frist des § 608 Abs. 1 ZPO (vgl. hierzu etwa Staudinger/Peters/Jacobi (2019) BGB, § 204 Rn. 48h m.w.N.).
Etwas anderes gilt – wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat – nur in Fällen, in denen die kenntnisunabhängige Verjährung bereits vor Erhebung der Musterfeststellungsklage eingetreten war, da eine bereits eingetretene Verjährung nicht rückwirkend wieder entfallen kann.
Ergänzend wird auf die Ausführungen unter II. 8. a) zur zusätzlichen Hemmung durch die Klageerhebung im hiesigen Verfahren sowie zum – hinsichtlich der Beteiligung an der Musterfeststellungsklage nicht gegebenen – Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verwiesen.
9. Soweit die Klagepartei weitergehende Forderungen geltend gemacht hat, ist die Klage abzuweisen.
III.
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien.
Für den ersten Rechtszug errechnen sich auf der Grundlage des gemäß § 40 GKG maßgeblichen Streitwerts von 34.500,00 € Kostenanteile der Klagepartei von 59% und der Beklagten von 41%.
Hinsichtlich des zweiten Rechtszugs ist auch das Teilunterliegen der Klagepartei mit deren Zinsforderungen zu berücksichtigen, auch wenn diese Zinsen sich nicht streitwerterhöhend auswirken (BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91, Rn. 108). Die von der Klagepartei im Berufungsverfahren erstmals geforderten Deliktszinsen haben bis zur Rechtshängigkeit einen Wert von 12.650,12 €. Die Kostenverteilung für den zweiten Rechtszug ist daher auf der Grundlage eines fiktiven Streitwerts in Höhe von 39.260,12 € (26.610,00 € + 12.650,12 €) vorzunehmen. Damit entfällt auf die Klagepartei ein Kostenanteil von 64% und auf die Beklagte ein Kostenanteil von 36%.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Revision ist zuzulassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Die Frage der Auswirkung des Weiterverkaufs der Sache, die Gegenstand des ungewollten Vertrags ist, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung gegensätzlich beantwortet. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts geboten; es liegen widersprüchliche Entscheidungen zu dieser Rechtsfrage vor.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO.

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