Aktenzeichen W 4 K 18.540
16. BImSchV § 2 Abs. 1
BayVwVfG Art. 40
Leitsatz
1. Die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung, bei deren Überschreitung ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des Lärmschutzes für bestehende Straßen nach § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO besteht, ist nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt; die nicht unmittelbar anwendbaren Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) können aber als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze herangezogen werden (vgl. BVerwG BeckRS 9998, 164066; BayVGH BeckRS 2012, 25875 Rn. 27f. mwN; OVG NRW BeckRS 2007, 20307; HessVGH BeckRS 9998, 38138). (Rn. 20 und 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es stellt einen Ermessensausfall zur Frage verkehrsbeschränkender Maßnahmen dar, wenn die Behörde das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO allein deshalb verneint, weil die Grenzwerte der Lärmschutz-Richtlinien-StV nicht überschritten seien, und den Grenzwerten der Verkehrslärmschutzverordnung dagegen keinerlei Relevanz zumisst. (Rn. 27 und 28) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Verfügung des Landratsamts A. vom 24. Januar 2018 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 24. Februar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
1. Die Klage ist zulässig.
Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich vorliegend aus § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO. Nach dieser Vorschrift können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten. Die Vorschrift gibt dem Einzelnen einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss (BVerwG vom 4.6.1986 BVerwGE 74, 234). Einen solchen Anspruch macht der Kläger hier – gestützt auf eine entsprechende Schallimmissionsprognose – geltend. Die Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO ist damit zu bejahen.
Die Klage ist zudem fristgerecht erhoben. Zwar hat das Landratsamt A. dem Kläger bereits mit E-Mail vom 24. Januar 2018 mitgeteilt, dass eine Reduzierung der innerörtlichen Verkehrsgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h nicht zulässig sei und hat damit den entsprechenden Antrag des Klägers vom 24. Februar 2016 endgültig abgelehnt. Der E-Mail vom 24. Januar 2018, die insoweit einen ablehnenden Verwaltungsakt gem. Art. 35 BayVwVfG enthielt, war jedoch keine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt. Nach § 58 Abs. 2 VwGO stand dem Kläger damit die einjährige Klagefrist offen, die vorliegend eingehalten ist.
2. Die Klage ist auch begründet.
Der Kläger hat nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die von ihm beantragte straßenverkehrsrechtliche Anordnung. Da der Beklagte über den klägerischen Antrag vom 24. Februar 2016 noch nicht ermessensfehlerfrei entschieden hat, war der Beklagte zu verpflichten, über diesen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Die Vorschrift gibt dem Einzelnen einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76/84 – BVerwGE 74, 234; BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris). Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift sind erfüllt (2.1.), eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über den Antrag der Klägerin liegt bislang nicht vor (2.2.).
Im Rahmen der Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO bestimmt dabei kein bestimmter Schallpegel oder Abgaswert die Grenze der Zumutbarkeit. Abzustellen ist vielmehr auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Anlieger sowie auf eine eventuell gegebene Vorbelastung. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind ferner die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen. Schließlich sind die Interessen anderer Anlieger, die durch lärm- oder abgasreduzierende Maßnahmen ihrerseits übermäßig durch Lärm oder Abgase beeinträchtigt würden, in Rechnung zu stellen. Dabei darf die Behörde in Wahrung allgemeiner Verkehrsrücksichten und sonstiger entgegenstehender Belange von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen umso eher absehen, je geringer der Grad der Lärm- oder Abgasbeeinträchtigung ist, der entgegengewirkt werden soll. Umgekehrt müssen bei erheblichen Lärm- oder Abgasbeeinträchtigungen die verkehrsberuhigenden oder verkehrslenkenden Maßnahmen entgegenstehenden Verkehrsbedürfnisse und Anliegerinteressen schon von einigem Gewicht sein, wenn mit Rücksicht auf diese Belange ein Handeln der Behörde unterbleibt. Die zuständige Behörde darf jedoch selbst bei erheblichen Lärm- oder Abgasbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76/84 – BVerwGE 74,234; BVerwG, U.v. 22.12.1993 – 11 C 45/92 – NZV 1994, 244; BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris).
2.1. Die vom Kläger geltend gemachte Lärmbelastung seines Anwesens überschreitet die nach den vorstehenden Kriterien bestimmte Grenze der Zumutbarkeit.
Die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung, bei deren Überschreitung ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO besteht, ist allerdings nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt. Auch durch die in den Vorläufigen Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) vom 23. November 2007 (VkBl 2007, 767 ff.) enthaltenen Schallpegel wird diese Grenze, wie der Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1986, a.a.O.) entschieden hat (vgl. BayVGH, U.v. 26.11.1998 – 11 B 95.2934 – juris; BayVGH, U.v. 11.5.1999 – 11 B 97.695 – juris), nicht bestimmt. Ebenso wenig können die Vorschriften der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990 (BGBl I S. 1036), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO vom 18.12.2014 (BGBl. I S. 2269) bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO unmittelbar angewendet werden. Diese Verordnung bestimmt durch Festlegung von Immissionsgrenzwerten die Schwelle der Zumutbarkeit von Verkehrslärm nämlich nur für den Bau und die wesentliche Änderung u.a. von öffentlichen Straßen (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Verkehrslärmschutzverordnung). Desgleichen gelten die Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes VLärmSchR 97 vom 2. Juni 1997 (VkBl 1997, 434) lediglich für planerische Maßnahmen bei der Linienführung und Trassierung (Lärmschutz durch Planung), für bauliche Maßnahmen an der Straße (aktiver Lärmschutz) und an lärmbetroffenen baulichen Anlagen (passiver Lärmschutz) beim Neubau und bei der wesentlichen Änderung von Straßen (Lärmvorsorge) und zur Verminderung der Lärmbelastung an bestehenden Straßen (Lärmsanierung) sowie für die Entschädigung wegen verbleibender Beeinträchtigungen (vgl. insbesondere Abschnitte A. I., II.; B. IV.; C. VI. 11 bis 13; D. XIV.; E.XVII.). Demgegenüber geht es bei § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO um straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des Lärmschutzes für bestehende Straßen.
Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) können aber im Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze, deren Überschreitung die Behörde zur Ermessensausübung verpflichtet, herangezogen werden (so ausdrücklich BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76/84 – BVerwGE 74, 234; BVerwG, U.v. 22.12.1993 – 11 C 45/92 – NZV 1994, 244; BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris; OVG Münster, U.v. 6.12.2006 – 8 A 4840/05 – BeckRS 2007, 20307; VGH Kassel vom 7.3.1989, NJW 1989, 2767). Denn die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung bringen ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion, zumindest auch dem Wohnen zu dienen, anzunehmen ist (vgl. BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris Rn. 28). Eine Unterschreitung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung ist danach jedenfalls ein Indiz dafür, dass die Lärmbelastung auch die Zumutbarkeitsschwelle in straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht nicht erreicht. Umgekehrt kommt bei einer Überschreitung dieser Immissionsgrenzwerte eine zur fehlerfreien Ermessensausübung verpflichtende Überschreitung der straßenverkehrsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle in Betracht (BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris Rn. 28).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben und unter Berücksichtigung der vom Beklagten selbst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung des Staatlichen Bauamts A. für den streitgegenständlichen Straßenabschnitt (vgl. hierzu Blatt 18 der BA) kommt man im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:
Laut der schalltechnischen Untersuchung des Staatlichen Bauamts A. liegen bezüglich des klägerischen Anwesens die Lärmpegel bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h tags bei 66,9 dB(A) und nachts bei 59,6 dB(A). Bei dieser schalltechnischen Untersuchung wurde bereits der neu eingebaute, lärmarme Fahrbahnbelag berücksichtigt, wie sich aus der E-Mail des Staatlichen Bauamts A. vom 18. Januar 2018 (Blatt 18 der BA) zweifelsfrei ergibt. Die danach ermittelten Lärmpegel von 66,9 bzw. 59,6 dB(A) tags/nachts am klägerischen Grundstück überschreiten zwar nicht die Grenzwerte der Lärmschutz-Richtlinie-StV von 72 bzw. 62 dB(A) tags/nachts (vgl. Ziffer 2.1 der genannten Richtlinie), wie der Beklagte richtig festgestellt hat. Dagegen werden die Grenzwerte der VLärmSchR 97, die bei 69 bzw. 59 dB(A) tags/nachts liegen (vgl. hierzu das Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 25.6.2010), in der Nacht bereits leicht um 0,6 dB(A) überschritten. Eine deutliche Überschreitung liegt schließlich mit Blick auf die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung für Mischgebiete vor (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 16. BImSchV), die bei 64 bzw. 54 dB(A) tags/nachts liegen. Denn insoweit liegt der Lärmpegel am klägerischen Grundstück tags um 2,9 dB(A) und nachts um 5,6 dB(A) über den Grenzwerten der Verkehrslärmschutzverordnung.
Bei dieser Sachlage erachtet das Gericht die Lärmbelastung des klägerischen Grundstücks im Sinn des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO als unzumutbar, auch wenn die am klägerischen Grundstück gemessenen Lärmpegel insbesondere unter den Grenzwerten der Lärmschutz-Richtlinie-StV liegen. Denn dabei ist zu berücksichtigen, dass die Überschreitung der Grenzwerte der Lärmschutz-Richtlinie-StV nach der Rechtsprechung nicht erst einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO auslöst, sondern bereits die Verdichtung des Ermessens der Behörde zu einer Pflicht zum Einschreiten zur Folge haben kann (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76/84 – BVerwGE 74, 234; BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris Rn. 30).
Die Tatbestandseite der Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO ist damit vorliegend erfüllt.
2.2. Die Ermessensentscheidung über verkehrsbeschränkende Maßnahmen, die der Kläger aufgrund der die Grenze des Zumutbaren überschreitenden Lärmbelastung seines Grundstücks beanspruchen kann, ist vom Beklagten bislang allerdings nicht fehlerfrei getroffen worden.
Voraussetzung für die Eröffnung des behördlichen Ermessens in Bezug auf die Frage, ob überhaupt verkehrsbeschränkende Maßnahmen – und falls ja, welche – ergriffen werden sollen, ist das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift, nämlich das Bestehen unzumutbarer Lärm- und/oder Abgasbelastungen. Insoweit ging der Beklagte ausweislich der E-Mail vom 24. Januar 2018 (vgl. Blatt 20 der Behördenakten) irrig (siehe oben unter 2.1.) davon aus, dass gerade keine solchen unzumutbaren Belastungen vorhanden seien, weil für die Behörde insoweit allein die Grenzwerte der Lärmschutz-Richtlinien-StV maßgebend seien, die vorliegend gerade nicht überschritten seien. Den Grenzwerten der Verkehrslärmschutzverordnung hat der Beklagte dagegen – entgegen der hier einschlägigen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76/84 – BVerwGE 74,234; BVerwG, U.v. 22.12.1993 – 11 C 45/92 – NZV 1994, 244; BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris; OVG Münster, U.v. 6.12.2006 – 8 A 4840/05 – BeckRS 2007, 20307; VGH Kassel vom 7.3.1989, NJW 1989, 2767) – keinerlei Relevanz zugemessen. Diese Ansicht wurde seitens des Beklagten auch im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens wiederholt. Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte bereits nicht erkannt, dass im Rahmen der Entscheidung über den vom Kläger gestellten Antrag überhaupt das Ermessen eröffnet war. Insoweit ist hier von einem Ermessensausfall auszugehen.
Es ist demnach nicht erkennbar, dass die vom Beklagten getroffene Entscheidung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung (vgl. Art. 40 BayVwVfG) entspricht. Voraussetzung hierfür ist nämlich, dass eine solche Abwägung überhaupt nachvollziehbar stattgefunden hat. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen. Eine entsprechende Abwägung unter Einstellung aller vorliegend zu berücksichtigen öffentlichen und privaten Interessen hat aufgrund der rechtsirrigen Auffassung des Beklagten, die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung wären vorliegend irrelevant bzw. nicht einschlägig, nicht stattgefunden. Allein die Behauptung, das Ermessen fehlerfrei ausgeübt zu haben (vgl. hierzu insbesondere den Schriftsatz des Landratsamts A. vom 16.5.2018, S. 2), genügt hierzu nicht.
Der Anspruch des Klägers auf fehlerfreie Ausübung des dem Beklagten eingeräumten Ermessens ist nach alledem nicht erfüllt, so dass der Beklagte über den Antrag des Klägers erneut entscheiden muss. Bei der Entscheidung wird insbesondere zu berücksichtigen sein, dass die Wohnruhe – Mischgebiete dienen auch dem Wohnen, vgl. § 6 Abs. 1 BauNVO – ein mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besonders berücksichtigungswürdiges Anliegen ist und daher mit dem entsprechenden Gewicht in die Ermessensüberlegungen zusammen mit den übrigen privaten oder öffentlichen Interessen auf der Basis einer zutreffenden rechtlichen und tatsächlichen Ermittlung abgewogen werden muss (BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B 10.1657 – juris; OVG Münster, U.v. 21.8.1989 – NJW 1981, 701). Weiterhin wird der Beklagte mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG mit zu berücksichtigen haben, inwieweit die Schutzwürdigkeit des hier streitgegenständlichen Straßenabschnittes mit dem östlichen Abschnitt der Ortsdurchfahrt (ab Kreuzung R …-Straße), bei dem bereits die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziert wurde, vergleichbar ist bzw. ob tragfähige Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Andererseits wird insbesondere auch zu berücksichtigen sein, welche negativen Auswirkungen eine Geschwindigkeitsreduzierung haben würde und ob der streitgegenständliche Straßenabschnitt dann noch in der Lage wäre, den über ihn abgewickelten Verkehr aufzunehmen.
Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.