Europarecht

Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches

Aktenzeichen  RO 9 E 19.50172

Datum:
13.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 4481
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Dublin III-VO Art. 24, Art. 29 Abs. 2
VwVfG § 48, § 51
AufenthG § 60 Abs. 5 u. 7 S. 1
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1,§ 34a Abs. 1 S. 1, § 60 a Abs. 2c, § 75 S. 1, § 76 Abs. 4 S. 1, § 77 Abs. 1 S. 1
EMRK Art. 3
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1,§ 88, § 122 Abs. 1, § 123 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Es fehlt an einer ausreichenden Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nach § 48 VwVfG, wenn eine bereits bestandskräftige Abschiebungsanordnung rechtmäßig ist und keine Ermessensreduktion auf null vorliegt. (Rn. 21 und 22)
2. Ein Anordnungsanspruch kann nicht auf § 51 VwVfG gestützt werden, wenn die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO noch nicht abgelaufen ist. (Rn. 23)

Tenor

I. Der Eilantrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im einstweiligen Rechtsschutz das Absehen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen.
Der Antragsteller, geboren am … 2000, nach eigenen Angaben irakischer Staatsangehöriger, dem Volk der Kurden zugehörig und islamischen Glaubens, stellte am 25. April 2018 in der Bundesrepublik Deutschland einen Antrag auf Asyl, welcher am 24. Mai 2018 abgelehnt wurde. Nach seiner Rücküberstellung nach Polen am 19. Juli 2018 reiste er am 21. Juli 2018 erneut unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Mit Schreiben vom 21. August 2018 wurde das Wiederaufnahmegesuch der Antragsgegnerin vom 15. August 2018 vom Department for Refugee Proceedings Office for Foreigners of the Republic of Poland angenommen und die Zuständigkeit Polens gemäß Art. 18 Abs. 1 c) Dublin III-VO erklärt.
Mit E-Mail vom 17. August 2018 teilte die Zentrale Ausländerbehörde der Regierung der Oberpfalz der Antragsgegnerin mit, dass der Antragsteller rückwirkend zum 24. Juli 2018 im AZR als untergetaucht gemeldet worden sei, da er bei derselben seit seiner Überstellung nach Polen nicht mehr erschienen sei, obwohl er hierzu mit Schreiben der Landesdirektion Sachsen vom 23. Juli 2018 (Bl. 8 der Bundesamtsakte Gz.: 7580370 – 438) aufgefordert worden sei.
Mit Schreiben vom 21. August 2018 teilte die Antragsgegnerin dem Office for Repatriation and Aliens Refugee and Asylum Procedures Department Dublin Bureau in Warschau mit, dass der Antragsteller flüchtig sei und die 18-monatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO gelte. Das Fristende sei am 21. Februar 2020.
Mit Bescheid vom 21. August 2018, zugestellt am 26. August 2018, ordnete die Antragsgegnerin die Abschiebung nach Polen an (Ziffer 1) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 24 Monate. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die Abschiebung nach Polen gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anzuordnen sei, da dieser Staat gemäß Art. 18 Abs. 1 c) Dublin III-VO für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die gegen eine Überstellung nach Polen sprechen könnten, seien nicht ersichtlich. Der Ausländer gelte seit dem 24. Juli 2018 als untergetaucht i.S.v. Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO, da er sich laut der zuständigen Ausländerbehörde nicht bei der zuständigen Aufnahmeeinrichtung gemeldet habe. Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen. Der Bescheid wurde am 4. September 2019 bestandskräftig.
Der Antragsteller reiste nach eigenen Angaben am 27. Januar 2019 auf dem Landweg von Frankreich in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 30. Januar 2019 einen Antrag auf Asyl. Eine EURODAC-Abfrage der Antragsgegnerin ergab eine Trefferanzahl mit der Ziffer 1/1. Zuletzt wurde ein Antrag gemäß Art. 11 b) EURODAC II-VO in Warschau am 19. Juli 2018 gestellt.
Mit Bescheid vom 13. Februar 2019, zugestellt am 18. Februar 2019, hielt die Antragsgegnerin den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. August 2018 (Az.: 7580370) aufrecht (Ziffer 1), lehnte den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 2) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der Bescheid des Bundesamtes vom 21. August 2018 aufrechterhalten werde, da die Gründe für eine Rücknahme gemäß § 48 VwVfG nicht vorlägen. Der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Polen auf Grund des während der Antragsprüfung zurückgezogenen Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c) Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nach Erkenntnissen des Bundesamtes nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Polen würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorläge. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Ebenso würden Gründe für die Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 4 EU-Grundrechtcharta vorläge, fehlen. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG habe der Antragsteller bei seiner Anhörung am 7. Februar 2019 vorgetragen, dass er psychische Probleme habe. Er sei sehr nervös und werde schnell aggressiv. Er könne sich nicht kontrollieren. In Frankreich sei er deshalb beim Arzt gewesen und habe Medikamente bekommen. Bis zum heutigen Tage habe der Antragsteller dem Bundesamt aber keine fachärztlichen Gutachten oder sonstigen Nachweise über die vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerden vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass dessen Erkrankung als so schwerwiegend zu beurteilen sei, als dass ihm bei einer Überstellung nach Polen eine erheblich konkrete Gesundheitsgefahr drohe. Aufgrund der Zuständigkeit Polens sei gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsanordnung zu erlassen. Einer solchen bedürfe es im vorliegenden Fall aber nicht, da mit bereits bestandskräftigem Bescheid vom 21. August 2018 eine vollziehbare Abschiebungsanordnung, aus der weiterhin vollzogen werden könne, vorläge. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
Mit am 21. Februar 2019 bei Gericht eingegangenem Schreiben erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2019. Zudem begehrt er die Feststellung, dass die Überstellungsfrist am 21. Februar 2019 abgelaufen sei. Über die Klage in der Hauptsache wurde noch nicht entschieden. Des Weiteren hat er vorliegenden Eilantrag gestellt. Zur Begründung trägt er vor, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei und er einen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland habe. Aus seinem Bescheid gehe hervor, dass die Überstellungsfrist am 21. Februar 2019 ablaufe. Er sei zu keinem Zeitpunkt untergetaucht gewesen oder habe sich der Abschiebung anderweitig entzogen.
Der Antragsteller beantragt,
gemäß § 123 VwGO im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, bis über die Klage entscheiden worden ist.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung der angegriffenen Entscheidung vom 13. Februar 2019 mit Schreiben vom 28. Februar 2019, den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im Eil- und Hauptsacheverfahren sowie die Behördenakten (Gz.: 7727906 – 4378 und 7580370 – 438) Bezug genommen.
II.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin.
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Antragssteller begehrt unter Auslegung seines Antrags und unter Zugrundelegung seines Rechtsschutzzieles (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) die Verpflichtung der Antragsgegnerin, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen des Antragstellers aufgrund der Abschiebungsanordnung vom 21. August 2018 und des angegriffenen Bescheides vom 13. Februar 2019 abzusehen.
1. Der Antrag ist zulässig.
Insbesondere ist er statthaft, weil der Antragsteller nur durch eine einstweilige Anordnung über die Entscheidung, ob der Bescheid vom 21. August 2018 zurückgenommen werden kann, das Absehen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erreichen kann. Will der Ausländer die Aussetzung der Abschiebung erreichen, kommt für ihn grundsätzlich nur ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in Betracht, vgl. § 123 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO, § 34a Abs. 2 AsylG. Denn die vorgesehene Abschiebung des Antragstellers beruht auf der Anordnung der Abschiebung der Antragsteller nach Polen gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist vorliegend aber nicht zulässig, weil die Abschiebungsanordnung aus Ziffer 1 des Bescheid des Bundesamts vom 21. August 2018 bereits bestandskräftig ist. Einer – hier nicht erhobenen – Anfechtungsklage gegen die in Ziffer 1 des Bescheid des Bundesamts vom 21. August 2018 angeordnete Abschiebung wäre keine aufschiebende Wirkung zugekommen (vgl. § 75 Satz 1 AsylG). Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO muss nach der gesetzlichen Anordnung in § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung gestellt werden. Einen solchen Antrag hat der Antragsteller in Bezug auf den Bescheid vom 21. August 2018 nicht gestellt und dieser wäre nun auch verfristet.
Eine Umdeutung gemäß §§ 122, 88 VwGO des Antrages auf einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO in einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Bezug auf Ziffer 1 des angegriffenen Bescheides vom 13. Februar 2019 ist dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nicht zweckdienlich, da mit der vorstehend genannten Ziffer keine neue Abschiebungsanordnung des Bundesamtes getroffen wurde. Für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des zuvor bezeichneten Bescheides fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers, da er durch die Anordnung ihn begünstigende Rechtsposition erlangen würde. Auch bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung bliebe die bereits bestandskräftige Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. August 2018 aufgrund derer der Antragsteller nach Polen abgeschoben werden könnte, bestehen.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes darf nur ergehen, wenn der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG.
Vorliegend fehlt es bereits an einer ausreichenden Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches, da weder Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung vorliegen noch solche aus dem Vortrag des Antragstellers im Rahmen seines Folgeantrages zu entnehmen sind, welche eine neue Beurteilung der Abschiebungsanordnung unter den Voraussetzungen des § 51 VwVfG veranlassen.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Abschiebungsanordnung gemäß § 48 VwVfG, da bereits kein rechtswidriger Verwaltungsakt und zudem keine Ermessensreduktion auf null vorliegt. Die Abschiebungsanordnung erging rechtmäßig auf Grundlage des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, da für das Asylverfahren des Antragstellers Polen zuständig ist. Die Zuständigkeit Polens für die Durchführung des Asylverfahrens ergibt sich aus einem vom Staat Polen am 21. August 2018 angenommenen Wiederaufnahmegesuchs gemäß Art. 24 Abs. 1 Dublin III-VO. Dabei erklärte Polen seine Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 c) Dublin III-VO. Der Antragsteller reiste am 21. Juli 2018 ohne Aufenthaltstitel in das Bundesgebiet ein und stellte keinen neuen Antrag auf Asyl. Daher lagen die Voraussetzungen für ein Wiederaufnahmegesuch nach Art. 24 Abs. 1 Dublin III-VO vor.
Dem Antragsteller steht auch kein Anspruch gemäß § 51 VwVfG hinsichtlich einer Entscheidung über die Aufhebung oder Änderung der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung zu, da die Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorliegen. Die Regelung des § 51 VwVfG ist heranzuziehen, da der Antragsteller einen erneuten Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland während eines noch offenen Dublin-Verfahrens gestellt hat. Es handelt sich sozusagen um einen „Dublin-Folgeantrag“. Insbesondere hat sich die der Abschiebungsanordnung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht nachträglich zugunsten des Antragstellers geändert (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), so dass es keiner Entscheidung der Antragsgegnerin über die Aufhebung oder Änderung der Abschiebungsanordnung bedarf. Es ist keine den Antragsteller begünstigende Sach- und Rechtslage seit Bestandskraft der Abschiebungsanordnung eingetreten, da die Zuständigkeit Polens für die Durchführung seines Asylverfahrens immer noch gegeben ist. Die Überstellungsfrist ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht schon am 21. Februar 2019 abgelaufen, sondern wurde wirksam bis zum 21. Februar 2020 verlängert. Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Gemäß Satz 2 der vorstehenden Regelung kann die Frist auf höchstens achtzehn Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Im vorliegenden Fall war der Antragsteller flüchtig im Sinne dieser Regelung. Er wurde ab dem 24. Juli 2018 als untergetaucht gemeldet, weil er sich entgegen der Aufforderung der Landesdirektion Sachsen nicht bei der zuständigen Ausländerbehörde meldete. Ein Asylbewerber gilt als „flüchtig“ im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bei jeder Form eines unbekannten Aufenthalts, mit der er sich vorsätzlich und unentschuldigt seiner Abschiebung entzieht (BayVGH, B.v. 29.4.2016 – 11 ZB 16.50024 – juris Rn. 8). Dieses subjektive Moment im Sinne eines dolus eventualis ergibt sich aus dem Wort „flüchtig“, das eben mehr voraussetzt als nur „abwesend“ oder „nicht erreichbar“, aber die Inkaufnahme einer vergeblichen Abschiebung genügen lässt. „Flüchtig“ ist also eine Person im Ergebnis dann, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum hinweg aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht auffindbar ist.
Des Weiteren hat sich die Sach- oder Rechtslage nicht durch die erneute Antragstellung am 30. Januar 2019 nachträglich zugunsten des Antragstellers geändert. Die nachträgliche Änderung ist im Hinblick auf die Abschiebungsanordnung zu sehen, da im Rahmen des Wiederaufgreifen des Verfahrens über deren Aufhebung oder Änderung entschieden wird. Die Sach- und Rechtslage hat sich durch den erneuten Asylantrag insoweit zugunsten des Antragstellers geändert, als dass nun über seinen Antrag sowie über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG durch die Antragsgegnerin zu entscheiden ist. Dadurch ergibt sich für die Frage nach dem für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedsstaates vorerst keine Änderung. Diese liegt erst dann vor, wenn die Antragsgegnerin Abschiebungsverbote in Bezug auf den Antragsteller annimmt. Vorliegend ist dies aber nicht geschehen und es sind hierfür auch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Insbesondere ist das Gericht mit dem Bundesamt der Auffassung, dass kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt, da der Antragsteller seine vorgetragenen gesundheitlichen Probleme nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 60 a Abs. 2c AsylG glaubhaft gemacht hat. Zudem tritt keine Änderung zugunsten des Antragstellers dadurch ein, dass ein erneutes Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 23 Abs. 1 Dublin III-VO durch die Antragsgegnerin gestellt werden kann. Von dieser Möglichkeit kann die Antragsgegnerin Gebrauch machen, wenn sie der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist. Vorliegend wurde aber bereits die Zuständigkeit Polens für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers durch die ausdrückliche Zustimmung am 21. August 2018 geklärt, so dass das Entschließungsermessen der Antragsgegnerin aus Art. 23 Abs. 1 Dublin III-VO allein durch die reine erneute Antragstellung nicht auf null reduziert wurde. Sofern die Frist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nach einem erfolgreichen Wiederaufnahmeersuchen nicht abgelaufen ist, ist es zulässig, dass sich die Antragsgegnerin auch bei erneuten Asylanträgen auf die bereits festgestellte Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates beruft. Etwas anderes würde auch dem Sinn und Zweck der Dublin III-VO wiedersprechen. Diese regelt Zuständigkeiten für die Durchführung von Asylverfahren. Ist hierüber eine Entscheidung getroffen worden, hat der ersuchende Mitgliedstaat die Möglichkeit den Antragsteller innerhalb der Überstellungsfrist in den ersuchten Mitgliedstaat zu bringen. Würde die reine Antragstellung jedes Mal das komplette Durchlaufen der Feststellung der Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates auslösen, würde dies zu einer ausufernden Infragestellung der bereits getroffenen Zuständigkeitsentscheidungen führen. Für eine erneute Überprüfung der Zuständigkeiten nach der Dublin III-VO bedarf es daher weiterer neu eingetretener über die Antragstellung an sich hinausgehender Umstände. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 51 VwVfG. Danach hat die Behörde auf Antrag zu entscheiden, wenn eine Änderung eingetreten ist. Das bedeutet, dass der Antrag an sich noch nicht die Änderung ist, sondern auf einen Antrag hin die Sach- oder Rechtslage auf eine Änderung hin überprüft wird.
Zuletzt wird noch darauf hingewiesen, dass es unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 71 Abs. 5 AsylG keiner erneuten Abschiebungsanordnung bedurfte. Gemäß § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG bedarf es, sofern ein Ausländer, nachdem eine nach Stellung eines früheren Asylantrages ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag stellt, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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