Aktenzeichen AN 14 E 19.01217
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die
Antragstellerin.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Veröffentlichung eines Verstoßes gegen Lebensmittelrecht.
Die Antragstellerin betreibt das Restaurant „…, …“ in … Bereits in der Vergangenheit kam es zu lebensmittelrechtlichen Beanstandungen durch die Lebensmittelüberwachung der Antragsgegnerin. Es ergingen bereits mehrere Bescheide der Antragsgegnerin zur Beseitigung der festgestellten Mängel unter Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung.
Bei einer Kontrolle (Auflagennachschau) durch die Lebensmittelüberwachung der Antragsgegnerin im Betrieb der Antragstellerin am 5. Juni 2019 wurden im Lebensmittellagerraum/Trockenlager mehrere Packungen verschiedener Lebensmittel vorgefunden, welche von Mäusen angefressen waren. Auf einigen Lebensmitteln, auf den Regalen, den Kunststoff-Bottichen (in denen Mehl etc. gelagert wird) sowie dem Boden lag Mäusekot. Auch in der Küche lag zwischen Backofen und Kühl-Gefrier-Kombination Mäusekot. Diese Feststellungen wurden von der Antragsgegnerin mittels Fotos dokumentiert. Frau …, die Ehefrau des Betriebsinhabers, wurde mündlich angewiesen, das Trockenlager sofort komplett auszuräumen, die betroffenen Lebensmittel sofort unschädlich zu beseitigen und den gesamten Lagerraum, einschließlich der Regale und Böden, gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Darüber hinaus wurde sie angewiesen, die bereits beauftragten und eingeleiteten Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen zu intensivieren. Für den folgenden Tag wurde eine Nachschau angekündigt.
Mit Formblatt der Antragsgegnerin vom 5. Juni 2019, unterschrieben von der Ehefrau des Betriebsinhabers und dem zuständigen Lebensmittelkontrolleur, wurde folgender Mangel festgehalten:
Im Trocken/Lebensmittelager wurden haufenweise Mäusekot sowie von Mäusen angefressene Lebensmittel wie Gewürze etc. gefunden.
Für den genannten Mangel sei mit einem Bußgeld in Höhe von mindestens 350,00 EUR zu rechnen. Die Antragsgegnerin sei nach § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet, folgende Daten auf der Internetseite des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (www.lgl.bayern.de) zu veröffentlichen:
– Name des Lebensmittelunternehmers
– Gründe der behördlichen Beanstandung
– Datum der Betriebskontrolle
– Datum der erfolgten Mängelbeseitigung
– Datum für den Zeitraum der Veröffentlichung
Es werde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Bei der Nachschau am 6. Juni 2019, bei der der Betriebsinhaber und dessen Ehefrau anwesend waren, wurde im Trockenlager erneut Mäusekot auf den Regalen und am Boden gefunden. Auf den Regalen lagerten zum Teil immer noch vereinzelt Packungen, die von Mäusen angefressen waren. Auch diese Feststellungen wurden von der Antragsgegnerin mittels Fotos dokumentiert.
Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens an. Durch die festgestellten Mängel seien die Lebensmittel derart nachteilig beeinflusst, dass sie zum Verzehr durch den Menschen ungeeignet seien. Der Verantwortliche sei seiner Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Lebensmitteln nicht in dem erforderlichen Maß nachgekommen. Bei einem normal empfindenden Verbraucher würde die Kenntnis dieser Herstellungs- und Behandlungsbedingungen Ekel und Widerwillen hervorrufen.
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 17. Juni 2019 an die Antragstellerin wurde mitgeteilt, dass die festgestellten Mängel auf § 3 LMHV sowie § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB beruhten. Die Veröffentlichung erfolge nach einer Wartefrist von sieben Werktagen ab Zustellung dieses Schreibens, wenn bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei. Auf die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO werde hingewiesen.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 23. Juni 2019, bei Gericht am 24. Juni 2019 eingegangen, Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO gestellt.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antrag sei zulässig, weil es sich bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 17. Juni 2019 um keinen Verwaltungsakt handele. Der Antrag sei auch begründet. Ein Anordnungsgrund sei darin zu sehen, dass die geplante Veröffentlichung der Informationen für die Antragstellerin ganz erhebliche negative Konsequenzen habe, die auch bei einem Obsiegen der Antragstellerin in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Auch ein Anordnungsanspruch liege vor. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Veröffentlichung. Diese verletzte die Antragstellerin in ihrer Berufsausübungsfreiheit und sei nicht von § 40 Abs. 1a LFGB gedeckt. Insbesondere fehle es an dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB. Vorliegend sei der Sachverhalt schon nicht ausermittelt, sodass nicht feststehe, dass der Antragstellerin ein lebensmittelrechtlicher Verstoß, der ein Bußgeld von mehr als 350,00 EUR nach sich ziehe, zugerechnet werden könne. § 40 Abs. 1a LFGB verfolge generalpräventive Zwecke. Unternehmen sollen dazu angehalten werden, sich rechtskonform zu verhalten. Daher dürfe nicht auf das individuelle Verhalten einzelner Mitarbeiter abgestellt werden. Die festgestellten Mängel basierten allerdings vorliegend auf einem Fehlverhalten der Reinigungskraft der Antragstellerin. Vorliegend fehle es auch an der Richtigkeit der Information. Von der Veröffentlichung würden auch Nicht-Lebensmittel erfasst. Unter § 40 Abs. 1a LFGB sei immer ein konkretes Lebensmittel zu nennen. Der Mäusekot sei allerdings weder im Restaurant, noch in der Küche, sondern im Trockenraum, in dem sich unter anderem Reinigungsmittel befänden, festgestellt worden. Auch habe er sich nicht an Lebensmitteln befunden, sondern ausschließlich auf dem Boden, dem Regal und dem Bottich, wo keine Lebensmittel gewesen seien. Eine Nennung des Betriebes der Antragstellerin sei unverhältnismäßig, wenn sich der Mäusekot auf einen Raum ohne Lebensmittel beschränke. Es sei auch kein Schadnagerbiss an Lebensmitteln oder in der Küche festgestellt worden, sondern ausschließlich an Produkten, deren Eigenschaft als Lebensmittel nicht mehr bestanden habe, weil diese für die Entsorgung aus der Küche hinaus verbracht worden waren. Damit fehle den Feststellungen der Lebensmittelkontrolle der Bezug zum Lebensmittel. Die Mäusekotspuren und die angefressenen ehemaligen Lebensmittel seien auch umgehend beseitigt worden, was ebenfalls einer Veröffentlichung entgegenstehe. Ferner blieben Schutzvorkehrungen des Betriebes unberücksichtigt. So bestehe etwa eine Zusammenarbeit mit einem Schädlingsbekämpfer. Dies werde sich bußgeldrechtlich auswirken. Die Abfallentsorgung obliege der Reinigungskraft … Diese sei krankheitsbedingt kurzfristig ausgefallen. Daher seien die Gewürze und Kartoffeln nicht rechtzeitig in die Mülltonne gekommen, sondern bedauerlicherweise als Produkte mit abgesprochener Lebensmitteleigenschaft, da zur Entsorgung vorgesehen, im Trockenraum verblieben. Schließlich sei die genannte Normkette unzutreffend und unverständlich. § 3 LMHV verstoße gegen EU-Recht. Das Hygienerecht der EU sei abschließend geregelt. Es enthalte auch speziellere Tatbestände, vorliegend Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 852/2002 i.V.m. Anhang II Kapitel I Nr. 1 und Kapitel V Nr. 1 und Kapitel IX Nr. 3 und Nr. 4. § 3 LMHV sei überdies zu unbestimmt. Auch § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB sei unionsrechtswidrig. Art. 7 LMIV sei vorrangig und abschließend. Ferner sei das Bußgeldverfahren noch nicht abgeschlossen, sodass ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vorliege. Zudem sei allein die Nennung der Rechtsgrundlagen irreführend. Schließlich sei die beabsichtigte Veröffentlichung auch unverhältnismäßig, weil sie den gesamten Betrieb der Antragstellerin nenne, der behauptete Verstoß sich jedoch auf Produkte beschränke, die ihre Lebensmitteleigenschaft verloren hätten. Die Antragsgegnerin habe sich nicht vergewissert, dass die Verstöße abgestellt worden seien. Die Androhung der Veröffentlichung stelle eine ausreichende Warnung dar.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu untersagen, auf ihrer Internetseite www.lgl-bayern.de zu veröffentlichen:
„Im Trocken/Lebensmittellager wurden haufenweise Mäusekot sowie von Mäusen angefressene Lebensmittel wie Gewürze etc. vorgefunden.“
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antrag in der vorliegenden Form führe zu einer Vorwegnahme der Hauptsache. Die Darstellung der Antragstellerin zum Ausmaß der Hygienemängel sei in zentralen Punkten nicht zutreffend. Mäusekot sei nicht nur im Lagerraum, sondern auch in der Küche gefunden worden. Noch nicht einmal am nächsten Tag sei der Mäusekot beseitigt gewesen. Gegen die Antragstellerin mussten bereits zuvor wiederholt lebensmittelrechtliche Maßnahmen getroffen werden. Mit § 40 Abs. 1a LFGB stehe eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage für die beabsichtigte Veröffentlichung zur Verfügung. Das Bundesverfassungsgericht nehme auch keine Sperrwirkung des Unionsrechts an, die nationale lebensmittelrechtliche Vorschriften ausschließen würden. Vorliegend seien die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB erfüllt. Der Sachverhalt sei ausermittelt. Die Antragstellerin habe die Verstöße selbst eingeräumt. Mit Schreiben des Betriebsinhabers der Antragstellerin, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 24. Juni 2019, habe die Antragstellerin nochmals die Hintergründe dargestellt. Daraus ergebe sich, dass die wesentlichen Ursachen der Missstände eine Überforderung der Antragstellerin und eine unzureichende Organisation des Gaststättenbetriebes gewesen seien. Der erforderliche Lebensmittelbezug sei gegeben. Bei dem Raum, in dem die mit Mäusekot verunreinigten und von Mäusen angefressenen Lebensmittel vorgefunden worden seien, handele es sich gemäß Stellungnahme des Lebensmittelkontrolleurs vom 25. Juni 2019 „um einen reinen Vorratsraum, in dem alle für die Produktion verwendeten Zutaten und Lebensmittel vorrätig gehalten werden“. Hierin liege kein für die Lagerung von Lebensmitteln geeignetes Umfeld. Nur auf diese unhygienischen Lagerungsbedingungen komme es im Rahmen des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB i.V.m. §§ 3 Satz 1 LMHV und 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB an. Die Unterstellung, dass unrichtige Informationen veröffentlicht würden, entbehre jeder Grundlage. Sollte sich bei der zeitnah erfolgenden nächsten Kontrolle die nunmehrige Behauptung, dass ausreichend Abhilfe geschaffen sei, bestätigen, würde darauf in der Veröffentlichung hingewiesen. Der Verstoß gegen § 3 LMHV sowie § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB sei nicht nur unerheblich. Von den Hygienemängeln sei jeder Gaststättenbesucher und damit eine Vielzahl von Personen betroffen. Mäusekot und von Mäusen angefressene Lebensmittel seien Ekel erregend. Daher sei die Verhängung eines Bußgeldes von deutlich mehr als 350,00 EUR zu erwarten. Dies belegten Beispiele aus der … Praxis. Vorliegend sei voraussichtlich ein Bußgeld von 1.000,00 EUR zu erwarten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
1. Der Antrag nach § 123 VwGO ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 123 Abs. 5 VwGO. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt nicht in Betracht, weil es an einem sofort vollziehbaren Verwaltungsakt fehlt. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 17. Juni 2019 stellt – darauf haben beide Beteiligte zutreffend hingewiesen – keinen Verwaltungsakt dar.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Antragstellerin kann jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO).
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung), oder zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für die Antragstellerin abzuwenden (Regelungsanordnung). Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den die Antragstellerin vorläufig Rechtsschutz ersucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung.
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die von der Antragsgegnerin geplante Veröffentlichung der hygienischen Mängel im Betrieb der Antragstellerin rechtswidrig ist.
Rechtsgrundlage der anvisierten Veröffentlichung ist § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB. Dessen Voraussetzungen liegen nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung vor (2.1). Auch steht die Veröffentlichung im Einklang mit Grundgesetz (2.2) und Unionsrecht (2.3).
2.1 Gemäß § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,00 EUR zu erwarten ist.
Die Antragsgegnerin geht zutreffend von einem durch Tatsachen hinreichend begründeten Verdacht aus, dass die Antragstellerin gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich des LFGB, die der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, verstoßen hat. Die Feststellungen der Antragsgegnerin, nach denen vorliegend § 3 Satz 1 LMHV sowie § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB verletzt wurden, sind nicht zu beanstanden.
Nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB ist es verboten, andere als dem Verbot des Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b der VO (EG) Nr. 178/2002 unterliegende Lebensmittel, die für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind, in den Verkehr zu bringen. Für den Verzehr nicht geeignet sind etwa Ekel erregende Lebensmittel. In Ergänzung zu Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b der VO (EG) Nr. 178/2002 erfasst diese Vorschrift Fälle, in denen ein Lebensmittel ohne äußerlich erkennbare Veränderung Ekel oder Widerwillen bei einem normal empfindenden Verbraucher auslösen würde, wenn er von bestimmten Herstellungs- oder Behandlungsverfahren Kenntnis hätte (vgl. Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Aufl. 2012, § 11 Rn. 124). Dies betrifft etwa Lebensmittel, die in Lagerräumen mit Mäusebefall gelagert werden (vgl. Meyer, in: Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Aufl. 2012, § 11 Rn. 128). Nach anderer Auffassung ist dieser Verstoß bereits durch Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b der VO (EG) Nr. 178/2002 abgedeckt (vgl. Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht 172. EL November 2018, § 11 LFGB Rn. 34). Angesichts der ausführlichen schriftlichen und bildlichen Dokumentation der Antragsgegnerin bestehen für das erkennende Gericht keine Zweifel, dass im Lagerraum bei den amtlichen Kontrollen vom 5. Juni 2019 und 6. Juni 2019 Mäusekot am Boden, auf den Regalen und den dort lagernden Bottichen sowie angefressene Lebensmittel gefunden wurden. Diese Tatsachen wurden von der Antragstellerin, zuletzt mit bei der Antragsgegnerin am 24. Juni 2019 eingegangenen Schreiben, auch nicht in Frage gestellt. Ob es sich dabei um einen Verstoß gegen § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB oder Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b der VO (EG) Nr. 178/2002 handelt, ist nicht entscheidend. Ein Verstoß liegt jedenfalls vor. Informiert die Antragsgegnerin über einen Verstoß gegen § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB, ist die Information der Öffentlichkeit nach Auffassung des Gerichts nicht unrichtig.
Angesichts des Umfangs des Mäusekots ist nach Auffassung des Gerichts auch der erforderliche Lebensmittelbezug gegeben. Das Gericht hält die Behauptung des Bevollmächtigten der Antragstellerin, die Lebensmittel seien zur Entsorgung in den Trockenraum verbracht worden, für eine Schutzbehauptung. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin handelt es sich bei dem Trockenraum um einen reinen Vorratsraum, in dem alle für die Produktion verwendeten Zutaten und Lebensmittel vorrätig gehalten werden (vgl. Stellungnahme des Lebensmittelkontrolleurs vom 25. Juni 2019). Dies wird auch durch die Fotodokumentation bestätigt. So sind auf den Lichtbildern beispielsweise auch Ananasdosen, Essiggurkengläser, Backpulver und Zucker zu sehen. Auch nach Auffassung des Gerichts handelt es sich daher um eine Vorratskammer. Dass dort auch Putzmittel aufbewahrt werden, steht dem nicht entgegen. Die bei laufendem Betrieb getroffenen Feststellungen des Lebensmittelkontrolleurs begründen vor diesem Hintergrund jedenfalls die Gefahr, dass Lebensmittel aus der mit Mäusekot verunreinigten Vorratskammer in den Herstellungs- bzw. Verkaufsprozess gelangt sind.
Nach Auffassung des Gerichts liegt auch ein Verstoß gegen § 3 Satz 1 LMHV vor. Nach dieser Vorschrift dürfen Lebensmittel nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. Das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln, das diesen Anforderungen nicht genügt, ist damit verboten. Abzustellen ist dabei auf die Umsicht, die nach dem Urteil gewissenhafter Angehöriger der an dem professionellen Umgang mit Lebensmitteln beteiligten Verkehrskreise notwendig ist. Diese Voraussetzungen sind bei Mäusekot und angefressenen Lebensmitteln in der Speisekammer eines Lebensmittelunternehmens gegeben. Aufgrund der Weite der Regelung bestehen zwar Bedenken, ob § 3 Satz 1 LMHV dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normklarheit genügt (siehe etwa Rohnfelder, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 224. EL März 2019, § 3 LMHV Rn. 5). § 3 Satz 1 hat Auffangcharakter und soll in Fällen, in denen zwar spezielle unionsrechtliche lebensmittelhygienische Anforderungen – wie vorliegend Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel I Nr. 1, Kapitel V Nr. 1, Kapitel IX Nrn. 3 und 4 der VO (EG) Nr. 852/2002 – greifen, aber nicht bußgeldbewehrt sind (siehe dazu § 2 Lebensmittelrechtliche Straf- und Bußgeldvorordnung) eine Bußgeldbewehrung schaffen. Vorliegend ist zwar der Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel I Nr. 1 lit. a der VO (EG) Nr. 852/2002 bußgeldbewehrt, die hier getroffenen Feststellungen gehen jedoch nach Art und Schwere über die dortigen Anforderungen noch hinaus. Im Vordergrund steht die massive Nichtbeachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Ein Verstoß gegen § 3 Satz 1 LMHV ist daher zu bejahen.
Der vorliegende Verstoß ist der Antragstellerin entgegen den Ausführungen ihres Bevollmächtigten auch zurechenbar. Bei der Antragstellerin handelt es sich um die verantwortliche Lebensmittelunternehmerin. Der Begriff des Lebensmittelunternehmers, der auch hinsichtlich der oben genannten Vorschriften einschlägig ist (vgl. etwa Rathke/Sosnitza, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht 172. EL November 2018, § 3 LMHV Rn. 8), ist in Art. 3 Ziffer 3 VO (EG) Nr. 178/2002 definiert und bezeichnet die natürliche oder juristische Person, die dafür verantwortlich ist, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Unter einem Lebensmittelunternehmen versteht die VO (EG) Nr. 178/2002 in Art. 3 Ziffer 2 ein Unternehmen, das eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausführt, was bei der Antragstellerin ohne weiteres anzunehmen ist. Der Begriff der „Verantwortlichkeit“ kann nicht im Sinne straf- oder bußgeldrechtlichen Vorschriften verstanden werden, weil eine juristische Person als solche nicht strafrechtlich verantwortlich sein kann. Er ist deshalb im Sinne einer Zuständigkeit für die Kontrolle des Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Sind mehrere natürliche Personen für die Kontrolle des Unternehmens zuständig, ist jede dieser Personen Lebensmittelunternehmer (vgl. Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht 172. EL November 2018, EG-Basisverordnung Art. 3 Rn. 18; siehe auch VG Düsseldorf, U.v. 27.5.2009 – 16 K 7649/08 -, juris Rn. 19). Vor diesem Hintergrund kann sich die Antragstellerin nicht mit dem Vortrag, die für die Reinigung zuständige Kraft habe es aufgrund einer Erkrankung nicht geschafft, die Lebensmittel wegzuwerfen, exkulpieren. Im Übrigen bestehen für das Gericht angesichts der Bildertafel erhebliche Zweifel, dass es sich bei den angebissenen Lebensmitteln und den weiteren im Trockenraum gelagerten Lebensmitteln um aussortierte, für die Entsorgung bestimmte Lebensmittel handelte.
Die Antragsgegnerin geht nach Überzeugung der Kammer auch zutreffend von einem Verstoß mit nicht nur unerheblichem Ausmaß und einem zu erwartenden Bußgeld von über 350,00 EUR aus. Die Erheblichkeitsschwelle sieht die Antragsgegnerin zu Recht als überschritten an. Hierfür spricht bereits die anhand der Fotodokumentation gut ersichtliche Tatsache, dass es sich im Lagerraum der Antragstellerin um eine massive Verunreinigung mit Mäusekot handelt. Dass die Antragsgegnerin im konkreten Fall ein Bußgeld von über 350,00 EUR erwartet, ist nachvollziehbar dargelegt. In vergleichbaren Fällen legte die Antragsgegnerin ausweislich der vorgelegten Behördenakten Bußgelder von 800,00 bis 1.000,00 EUR zu Grunde. Auch im konkreten Fall erwartet die Antragsgegnerin ein Bußgeld in Höhe von 1.000,00 EUR. Zwar hat sich die Antragsgegnerin für die unhygienischen Verhältnisse entschuldigt und kooperativ gezeigt. So arbeitet sie nach eigenen Angaben mit einem Schädlingsbekämpfer zusammen. Angesichts des beträchtlichen Ausmaßes des vorliegenden Verstoßes, der Tatsache, dass die Antragstellerin den Lagerraum trotz der für den nächsten Tag angekündigten Nachkontrolle nur unzureichend reinigen ließ und dem Umstand, dass die Antragstellerin ausweislich der Behördenakten in kurzer Zeit wiederholt mit dem Lebensmittelrecht in Konflikt geriet, ist ein Bußgeld in Höhe von 1.000,00 EUR auch nach Auffassung der Kammer zu erwarten, wobei dies noch im untersten Bereich angesiedelt sein dürfte.
2.2 Die Veröffentlichung ist verfassungskonform. Insbesondere steht ihr nicht die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin gemäß Art. 12 Abs. 1 GG entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – entschieden, dass eine Pflicht zur aktiven staatlichen Information der Öffentlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen verhältnismäßig ist. So sind Informationen mit der Mitteilung zu versehen, ob und wann ein Verstoß behoben wurde (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 40 f.). Informiert werden darf ferner nur, wenn eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten ist. Insbesondere muss zumindest der Verdacht eines wiederholten Verstoßes oder eines Verstoßes in nicht nur unerheblichem Ausmaß vorliegen und zusätzlich die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,00 EUR zu erwarten sein. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „nicht nur unerheblichen Ausmaßes“ ist durch die zuständigen Behörden und Verwaltungsgerichte anhand von quantitativen und qualitativen Kriterien zu konkretisieren. Dabei können nur solche Verstöße als erheblich gelten, die von hinreichendem Gewicht sind, um für die betroffenen Unternehmen potentiell gravierende Folgen zu rechtfertigen (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 50 ff.). Zudem ist die Informationsverbreitung zeitlich zu begrenzen. Je länger die Verbreitung andauert, umso größer ist die Diskrepanz zwischen der über die Zeit steigenden Gesamtbelastung des Unternehmens einerseits und dem abnehmenden Wert der Information für die Verbraucher andererseits und umso weniger ist den Betroffenen die Veröffentlichung zuzumuten (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 -, juris Rn. 56 ff.). Diese Anforderungen hat der Gesetzgeber mit § 40 Abs. 1a LFGB in der neuen Fassung, die seit 30. April 2019 in Kraft ist, umgesetzt. Vor diesem Hintergrund ist die Veröffentlichung, die die Antragsgegnerin zu Recht auf § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB stützt (siehe oben), als verfassungskonform anzusehen. Aus dem Formblatt vom 5. Juni 2018 sowie dem Vortrag der Antragsgegnerin ergibt sich, dass die von Bundesverfassungsgericht und Gesetzgeber geforderten Kriterien für die aktive staatliche Information der Öffentlichkeit in vorliegendem Fall eingehalten werden. Insbesondere wird eine etwaige Beseitigung des Verstoßes in die Veröffentlichung mit aufgenommen.
2.3 Auch das Unionsrecht steht einer Veröffentlichung vorliegend nicht entgegen. Es spricht vieles dafür, dass die Informationspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB mit dem europäischen Sekundärrecht vereinbar ist. So hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. April 2013 – Rechtsache C-636/11 – entschieden, dass Art. 10 der VO (EG) Nr. 178/2002 dahin auszulegen sei, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der eine Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels und des Unternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt, behandelt oder in Verkehr gebracht wurde, zulässig ist, wenn ein Lebensmittel zwar nicht gesundheitsschädlich, aber für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist. Diese für § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 LFGB getroffene Aussage ist auch auf § 40 Abs. 1a LFGB übertragbar (siehe insgesamt auch Rathke, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht 172 EL November 2018, § 40 LFGB Rn. 3 c ff.; Rn. 61 ff.). Eine abschließende unionsrechtliche Regelung liegt damit nicht vor.
3. Die Kostenfestsetzung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG ist der Streitwert in Höhe des Auffangwertes festzusetzen. Anhaltspunkte hinsichtlich der Höhe der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen im Falle der Veröffentlichung hat das Gericht nicht (Ziffer 25.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Eine Reduktion des Regelstreitwertes auf die Hälfte kommt nicht in Betracht, weil eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Hauptsache vorwegnimmt (Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).