Aktenzeichen S 8 AS 364/17 ER
Leitsatz
Legt ein Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes trotz Aufforderung durch das Gericht keine Kontoauszüge für seine Konten vor, fehlt es an der Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit. Dies schließt die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch aus. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 17.02.2017 wird abgelehnt.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt Leistungen nach dem SGB II in Höhe von mindestens dem Regelbedarf zuzüglich tatsächlicher Kosten der Unterkunft in Höhe von 293,90 Euro monatlich sowie die Übernahme von Krankenversicherungskosten entgegen einem Ablehnungsbescheid vom 09.02.2017.
Der Antragsteller war bis 2005 selbständiger Pflasterbauer. In der folgenden Zeit wurde ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Seit 23.09.2005 bezog er zusammen mit seiner Frau Leistungen nach dem SGB II.
Im Jahr 2006 wurde eine Firma auf den Namen des Sohnes ( C. Mietpark GmbH) eröffnet. Ab 2009 war der Antragsteller alleiniger Geschäftsführer dieser Firma.
Im August 2014, nach Anforderung im Handelsregister, wurde dem Antragsgegner bekannt, dass der Antragsteller der Firma nicht mehr nur als Geschäftsführer vorstand. Der Antragsteller hatte die Firma vielmehr bereits zum 01.01.2013 als alleiniger Geschäftsführer übernommen. Die Firma samt Fahrzeugen und Geräten wurde ohne Zahlung eines Kaufpreises übernommen. Als Unterlagen zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit angefordert wurden, verzichtete der Antragsteller ab 18.11.2014 auf Leistungen nach dem SGB II.
Der Antragsteller verkaufte die Firma im Juli 2016 an einen Bekannten, Herrn D.. Der Bekannte ist Zeitsoldat.
Für die Zeit ab dem 01.07.2016 wurde ein Mietvertrag zwischen Herrn l D. und dem Antragsteller über einen Wohnwagen geschlossen. Der Wohnwagen stand ursprünglich im Eigentum des Antragstellers. Er ist laut Inventarliste der GmbH nicht Betriebsvermögen der GmbH. Auch ein anderer Nachweis über einen Eigentumsübergang auf die GmbH oder Herrn D. liegt nicht vor.
Für die Zeit vom 01.07.2016 bis 14.04.2017 liegt zudem ein Mietvertrag über einen Stellplatz für einen Wohnwagen mit Vorzelt und PKW auf den Namen des Antragstellers vor über einen Gesamtpreis von 892,80 Euro für den Mietzeitraum. Davon sind laut handschriftlichem vom Vermieter unterzeichneten Vermerk auf dem Mietvertrag 700 Euro am 27.06.2016 bezahlt worden. Weiterhin befindet sich ein wie folgt lautender handschriftlicher Vermerk in einer anderen Handschrift auf einer Preisliste zu Stellplätzen auf dem Campingplatz: „zzgl. 2×22,- Gasflasche pro Woche.“
Am 02.11.2016 beantragte der Antragsteller erneut Leistungen nach dem SGB II. Aus gesundheitlichen Gründen arbeite er nicht mehr selbst, er koordiniere nur.
Nach vorgelegten Unterlagen zur Geschäftstätigkeit für das 1. Halbjahr 2016 hatte der Antragsteller jedoch von Januar 2016 bis Juni 2016 selbst gearbeitet.
Der Antragsteller verfügt über ein Konto in Deutschland sowie über ein Konto bei der E.-… Bank für Arbeit und Wirtschaft und österreichische P. AG (S. 188 Behördenakte).
Am 17.02.2017 stellte der Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Sozialgericht München. Er habe seine Firma im Juli 2016 aus gesundheitlichen Gründen verkaufen müssen. Der Käufer sei zwar noch Zeitsoldat, beabsichtige aber, die Firma später weiterzuführen und sorge auch jetzt in Eigenregie für die Instandhaltung. Der Antragsteller verdiene nur 100 Euro im Monat. Sein Konto sei seit Dezember 2016 gesperrt. Die Krankenversicherung treibe die Beiträge per Zwangsvollstreckung ein. Er habe kein Fahrzeug mehr. Es sei zwangsabgemeldet worden, da er die Versicherung nicht mehr habe bezahlen können. Er sei hoch verschuldet. Seine bisherigen Darlehensgeber wollten ihn nicht mehr unterstützen, deshalb müsse er sich jetzt an das Gericht wenden. Er könne auch nicht mehr in seinem Wohnwagen schlafen, da er kein Geld habe, um sich Heizgas zu kaufen. Er sei bei Bekannten untergebracht oder schlafe im Büro, was aber sein Chef nicht wolle. Er lebe nicht in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Frau. Sie hätten sich vor längerer Zeit getrennt und seien auch keine Wirtschaftsgemeinschaft.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
ihm vorläufig ab dem 17.02.2017 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es sei aufgrund der Arbeitstätigkeit im ersten Halbjahr 2016 davon auszugehen, dass der Antragsteller auch im zweiten Halbjahr 2016 und darüber hinaus gearbeitet habe. Der Antragsteller habe seit 2006 immer wieder vorgetragen, er arbeite nicht, habe dann aber doch gearbeitet. Sein entsprechender Vortrag für den Zeitraum ab Juli 2016 sei daher nicht glaubwürdig. Es sei davon auszugehen, dass die Firma von Beginn an nur wegen des Insolvenzverfahrens auf den Namen des Sohnes gegründet worden sei, dass aber der Antragsteller von Beginn an die Firma geführt habe. Weiterhingehe man davon aus, dass der Antragsteller und seine Frau weiterhin in einer Bedarfsgemeinschaft lebten. Der Die Kosten der Wohnwagenmiete könnten zudem gar keine Kosten der Unterkunft und Heizung sein. Denn der Wohnwagen gehöre gar nicht Herrn D. und könne daher auch nicht durch diesen vermietet werden; der Wohnwagen gehöre dem Antragsteller selbst.
Das Gericht hat mit Schreiben vom 27.02.2017 beim Antragsteller die Vorlage der Kontoauszüge aller privaten und geschäftlichen Konten der letzten drei Monate, chronologisch sortiert und vollständig beim Antragsteller binnen einer Woche angefordert. Bis zum 16.03.2017 sind diese beim Gericht nicht eingetroffen; auch hat der Antragsteller sich auch nicht anderweitig auf das Schreiben vom 27.02.2017 zurückgemeldet.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft, weil der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von SGB-II-Leistungen und damit eine Erweiterung seiner Rechtsposition anstrebt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen. Dabei bedeutet Glaubhaftigkeit, dass ein geringerer Grad von Wahrscheinlichkeit ausreicht als die volle richterliche Überzeugung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO).
Vorliegend fehlt es sowohl an einer Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches als auch eines Anordnungsgrundes. Der Antragsteller hat vorgetragen, sein Konto sei seit Dezember 2016 gesperrt. Er hat jedoch auf Nachfrage des Gerichts die Kontoauszüge, aus denen dies hervorgehen würde, nicht vorgelegt. Auch die Kontoauszüge über sein österreichisches Konto wurden nicht vorgelegt. Der Antragsteller hat sich auch nicht anderweitig auf das Schreiben des Gerichts vom 27.02.2017 hin gemeldet, etwa um mitzuteilen, warum er keine Kontoauszüge vorlegen könne. Die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ist daher nicht glaubhaft gemacht und es fehlt damit an einem glaubhaften Anordnungsanspruch. Weiterhin ist dadurch auch die Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht.
Der Antrag war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.