Aktenzeichen M 9 S 16.51296
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
Leitsatz
1. Im Hinblick auf die Lebensverhältnisse in Polen besteht nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh wegen systemischer Mängel. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Tatsache, dass der Asylsuchende neben seinem Asylantrag ein Verfahren zur Anerkennung als Spätaussiedler eingeleitet hat, führt nicht dazu, dass die (nach der Dublin III-VO unzuständige) Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchzuführen hätte. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt für dieses und für das Verfahren M 9 K 16.51295.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind ukrainische Staatsangehörige und reisten am 15. August 2016 mit einem von den polnischen Behörden erteilten Visum in die Bundesrepublik ein. Sie stellten am 24. August 2016 Asylanträge.
Am 31. Oktober 2016 wurden aufgrund der Einreise mit einem polnischen Visum ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Polen gerichtet. Mit Schreiben vom 9. November 2016 erklärten die polnischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 11a, Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.
Bei ihrer Befragung hatten die Antragsteller erklärt, dass sie in Deutschland Verwandte hätten. Der Antragsteller zu 3) habe Herzprobleme.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab, stellte das Fehlen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7
AufenthG fest, ordnete die Abschiebung nach Polen an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung. Die Asylanträge seien gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Polen aufgrund der Wahrung der Familieneinheit und der erteilten Visa gemäß Art. 11a, Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Bezüglich der Herzprobleme des Antragstellers zu 3) sei kein ärztliches Attest vorgelegt worden und die Einnahme von Medikamenten nach Angaben der Eltern nicht erforderlich, so dass nicht ersichtlich sei, ob und welche Behandlung erforderlich sei und inwiefern die Erkrankung eine Reiseunfähigkeit darstellten könnte. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.
Der Bevollmächtigte der Antragsteller erhob mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 23. Dezember 2016, Klage (M 9 K 16.51295) und beantragte,
1.Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2016.
2.Bewilligung von Prozesskostenhilfe für beide Verfahren.
Die Antragsteller seien ukrainische Staatsangehörige mit deutscher Volkszugehörigkeit und sehr guten Deutschsprachkenntnissen. Die Mutter des Antragstellers zu 1) sei deutsche Staatsangehörige und anerkannte Spätaussiedlerin. Die Einbeziehung der Antragsteller in den Aufnahmebescheid als Abkömmlinge sei beantragt worden. Deshalb hätte die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen. Ärztliche Unterlagen für den Antragsteller zu 3), der nicht reisefähig sei, aus der Ukraine lägen bei (ohne Übersetzung).
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die zulässigen Anträge haben keinen Erfolg.
Die Asylanträge wurden zu Recht als unzulässig abgelehnt, da Polen nach der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, Art. 12 Abs. 2, Art. 11. Die Antragsteller hatten ein Visum für Polen.
Abschiebungshindernisse sind nicht erkennbar. Im Hinblick auf die Lebensverhältnisse in Polen besteht nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechtecharta wegen systemischer Mängel. Sonstige Gründe für ein Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland bestehen nicht. Die Tatsache, dass die Antragsteller ein Verfahren als Spätaussiedler eingeleitet haben, führt nicht dazu, dass die Bundesrepublik ein Asylverfahren für die Antragsteller durchzuführen hätte. Abschiebungshindernisse im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Antragstellers zu 3) oder aufgrund eines aufenthaltsrechtlichen Titels wurden nicht nachvollziehbar belegt. Nach dieser Sachlage bestehen auch keine Bedenken gegen die vorgenommene Befristung auf sechs Monate gemäß § 11 AufenthG.
Aus diesem Grunde war auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen.
Der Antrag war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG. Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.