Europarecht

Landwirtschaftliches Kostenprivileg bei familieninterner Verpachtung des überlassenen Betriebs

Aktenzeichen  8 W 2148/16

Datum:
1.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ErbR – 2017, 290
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GNotKG § 48 Abs. 1, § 127, § 129
FamFG § 81 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Einer Anwendung des landwirtschaftlichen Kostenprivilegs nach § 48 Abs. 1 GNotKG steht nicht entgegen, dass der von der Mutter an die Tochter überlassene Betrieb (Hofstelle nebst Land) hauptsächlich von einem Familienangehörigen (hier: Ehemann der Tochter) auf der Grundlage eines Pachtvertrages geführt wird.
2. Wenn der Notar im Rahmen seiner Gebührenrechnung zu Unrecht die Berücksichtigung einer Kostenbegünstigung nach § 48 Abs. 1 GNotKG abgelehnt hat, ist es nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG gerechtfertigt, ihn zur Kostenerstattung für das gerichtliche Verfahren nach § 127 GNotKG sowie zur Kostentragung für ein nachfolgendes Beschwerdeverfahren nach § 129 GNotKG zu verurteilen.
3. Der Gesetzgeber wollte die landwirtschaftliche Kostenprivilegierung des § 48 Abs. 1 GNotKG gegenüber dem früher geltenden § 19 Abs. 4 KostO in Fällen familieninterner Verpachtung von Betriebsgrundstücken nicht einschränken oder eingrenzen. Vielmehr ist insoweit von einer inhaltlich unverändert fortgeltenden Rechtslage auszugehen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

14 T 174/16 2016-09-15 Bes LGWEIDEN LG Weiden

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 15.09.2016 abgeändert.
2. Die Kostenberechnung der Beschwerdegegnerin (Notarin) vom 09.03.2016 (Nr. …) wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Geb.-Ziffer
Rechnungstext
Wertvorschrift
Wert
Gebühr
21100
Übergabevertrag
KV 21100
Beurkundung: Übergabevertrag (§§ 46, 97 GNotKG)
63.800,00 €
384,00 €
22110 Vollzug
KV 22110, 22112, 22113
Vollzug eines Geschäfts (§ 112 GNotKG)
63.800,00 €
96,00 €
32001
KV 32001 Auslagen: Dokumentenpauschale s/w
21,60 €
32004
KV 32004 Auslagen:
Entgelte f. Post- und Telekommunikationsdienstleistungen
19,00 €
32011
KV 32011 Auslagen: Abrufgebühren Registereinsichten
8,00 €
Zwischensumme
528,60 €
19,00% Mehrwertsteuer
100,43 €
Endsumme
629,03 €
3. Die Notarin hat die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Kostenschuldnerin zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Notarin zu tragen.
4. Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.448,43 € festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Unter dem 19.02.2016 wurde die Überlassung einer landwirtschaftlichen Hofstelle, Anwesen in G., nebst zugehörigem Grund (Wald, Ackerland, Grünland) durch die Beschwerdegegnerin als Notarin beurkundet. In der Urkunde ist die Antragstellerin als „Erwerber“ bezeichnet, als „Veräußerer“ deren Mutter (vgl. Ziff. 2.1., Bl. 5 d. A.). Unter Ziff. 12.1. des Übergabevertrages (vgl. Bl. 10Rs d. A.) ist geregelt, dass sämtliche Kosten, insbesondere solche der Errichtung und des Vollzugs der Urkunde, vom „Erwerber“ zu tragen sind.
Mit Kostenrechnung vom 09.03.2016 (Nr. …, vgl. Bl. 3 d. A.) hat die Notarin der Antragstellerin einen Gesamtbetrag in Höhe von brutto 3.077,46 € in Rechnung gestellt, ausgehend von einem gemäß §§ 46, 47, 97 GNotKG zugrunde gelegten Wert von 540.657,90 € und einer sich daraus ergebenden Beurkundungsgebühr von 2.030,00 € netto.
Hiergegen wandte sich die Kostenschuldnerin unter dem 10.06.2016 an das Landgericht Weiden i.d. OPf. mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Sie begehrte eine Herabsetzung der Notargebühren, da die Privilegierung der Hofüberlassung von der Mutter an die Tochter gemäß § 48 GNotKG nicht beachtet worden sei, anstelle des Verkehrswertes hätte lediglich das deutlich geringere Vierfache des steuerlichen Einheitswertes als Berechnungsgrundlage herangezogen werden dürfen.
Nach Anhörung der Beteiligten – Notarin, Notarkasse und Landgerichtspräsident – hat das Landgericht Weiden i.d. OPf. mit Beschluss vom 15.09.2016 den Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 GNotKG vom 10.06.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Ausweislich des eindeutigen Wortlauts von § 48 Abs. 1 Satz 1 GNotKG, der als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei, greife die Privilegierung der genannten Norm nur dann, wenn die unmittelbare Fortführung des Betriebes durch den Erwerber selbst beabsichtigt sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Betrieb wurde und werde (aufgrund eines Pachtvertrages) durch den Ehemann der Antragstellerin geführt und somit nicht unmittelbar durch diese selbst fortgeführt. Weil der Betrieb somit von Familienangehörigen der Erwerberin weitergeführt werde, habe die Notarin zu Recht den Verkehrswert der überlassenen Grundstücke als Wertansatz gewählt.
Gegen diese ihr am 20.09.2016 zugestellte Entscheidung hat die Kostenschuldnerin mit Schreiben vom 11.10.2016, beim Landgericht eingegangen am 17.10.2016, Beschwerde eingelegt. Sie beharrt auf ihrem Rechtsstandpunkt, dass die familieninterne Betriebsfortführung einer Privilegierung nach § 48 Abs. 1 GNotKG nicht entgegenstehe.
Mit Beschluss vom 18.10.2016 hat das Landgericht Weiden i.d.OPf. eine Abhilfe abgelehnt und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg als Beschwerdegericht vorgelegt.
Der Senat hat wiederholt die Beschwerdeführerin, die Notarin und die Notarkasse jeweils zu dem wechselseitigen schriftlichen Vorbringen angehört. Die Beschwerdegegnerin ist in Übereinstimmung mit der Notarkasse der Auffassung, insbesondere nach der im Jahre 2013 erfolgten Gesetzesänderung (Ablösung der KostO durch das GNotKG) stehe jegliche Fremdverpachtung des Überlassungsobjektes einer Anwendung des landwirtschaftlichen Kostenprivilegs nach § 48 GNotKG entgegen. Auf den entsprechenden Akteninhalt wird bezugnehmend verwiesen.
II.
Die Einwendungen der Kostenschuldnerin gegen die streitgegenständliche Notarkostenrechnung sind berechtigt. Die Beschwerde der Kostenschuldnerin ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Die beanstandete Kostenrechnung ist – unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts – aufzuheben und neu zu fassen wie im Tenor geschehen.
1. Gegen die Entscheidung des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 15.09.2016, durch welche der Antrag der Beschwerdeführerin auf gerichtliche Entscheidung über die Notarkostenrechnung vom 09.03.2016 zurückgewiesen wurde, ist gemäß § 129 Abs. 1 GNotKG die Beschwerde ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands statthaft.
Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 130 Abs. 3 GNotKG i. V. m. §§ 63, 64 FamFG sind gewahrt.
2. Für die Entscheidung des Falles ist nach Aktenlage von folgenden Tatsachen auszugehen:
Der streitgegenständliche Landwirtschaftsbetrieb umfasst insgesamt eine Fläche von 18,7417 ha, davon 0,4684 ha entfallend auf die Hofstelle. Außerdem hat der Betrieb noch Fremdflächen von insgesamt 4,33 ha zur Bewirtschaftung gepachtet.
Eine Teilfläche des Grünlandes von ca. 2,55 ha ist zur Zeit noch an einen Dritten zur Bewirtschaftung verpachtet, der Pachtvertrag endet im Oktober 2018 und soll nicht verlängert werden.
Der Betrieb wurde zuvor über mehr als 30 Jahre hinweg von den Großeltern und nachfolgend von den Eltern der Kostenschuldnerin (nach deren Scheidung: von der Mutter alleine) im Vollerwerb geführt, bevor ihn der Vater des Ehemanns der Kostenschuldnerin gepachtet hatte.
Seit 2013 bewirtschaftet die Kostenschuldnerin gemeinsam mit ihrem Ehemann den Betrieb. An der Hofstelle sind die Hofwerkstatt, das Festmistlager, die Holzaufbereitung, das Heu- und Getreidelager sowie eine Maschinenhalle angesiedelt, zudem werden weitere Zupachtflächen von dort aus bewirtschaftet. Seit 2013 hat die Kostenschuldnerin eine Ausbildung zur Landwirtin durchlaufen und diese im Juli 2016 erfolgreich abgeschlossen.
Zum 01.07.2015 hat der Ehemann der Kostenschuldnerin, der zeitgleich mit der Kostenschuldnerin im Juli 2016 die Abschlussprüfung im staatlich anerkannten Ausbildungsberuf des Landwirts erfolgreich absolviert hat, den Betrieb komplett gepachtet und führt ihn fort.
Seit Sommer 2015 führen die Eheleute gleichberechtigt und mit ebensolcher Verantwortlichkeit den Betrieb (die Kostenschuldnerin spricht von einem „gemeinsam bewirtschafteten Familienbetrieb“). Die Kostenschuldnerin besitzt eine umfassende Generalvollmacht ihres Mannes und erledigt im Zusammenhang mit dem Betrieb insbesondere jegliche Behördenvorgänge, Bank- und Versicherungsangelegenheiten sowie Einkäufe und Verkäufe eigenverantwortlich. Das Einkommen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb stellt einen wesentlichen Anteil am Gesamteinkommen der Eheleute dar und bildet deren Existenzgrundlage.
Der von der Notarin in Ansatz gebrachte „Verkehrswert“ des Betriebes von 540.657,90 € wird nicht in Frage gestellt (vgl. § 46 Abs. 4 GNotKG).
Der Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung auf den 01.01.1994) des Finanzamts Weiden i.d.OPf. vom 21.01.1994 setzt den Einheitswert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft auf DM 6.800,00 fest.
Auf Veranlassung des Senats hat die Notarin mit Schriftsatz vom 05.12.2016 eine alternative Gebührenberechnung unter Anwendung des Kostenprivilegs nach § 48 Abs. 1 GNotKG angefertigt; demnach ergibt sich unter Berücksichtigung des steuerlichen Einheitswertes (zur Bemessung der Leistung des Veräußerers: vierfacher Wert umgerechnet in EURO = 13.907,14 €) und sämtlicher von dem Überlassungsvertrag erfasster Gegenleistungen ein – für die Gebührenberechnung – einzusetzender Wert von 63.800,00 € als gemäß § 97 Abs. 3 GNotKG in Ansatz zu bringende höhere Gegenleistung des „Erwerbers“ (Wohnungsrechte, Leibgeding, Wohnnebenkosten, Beerdigungskosten). Gegen diese Wertberechnungen wurden keine Einwendungen erhoben.
3. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Entscheidung der Streitfrage stellen sich wie folgt dar:
Bis 31.07.2013 galt das Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Kostenordnung, KostO), wonach folgende Regelung galt (Hervorhebungen durch den Senat):
§ 19 Sachen
(1) Der Wert einer Sache ist der gemeine Wert. Er wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre; ungewöhnliche oder nur persönliche Verhältnisse bleiben außer Betracht.
(2) Bei der Bewertung von Grundbesitz ist der letzte Einheitswert maßgebend, der zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellt ist, sofern sich nicht aus dem Inhalt des Geschäfts, den Angaben der Beteiligten, Grundstücksbelastungen, amtlich bekannten oder aus den Grundakten ersichtlichen Tatsachen oder Vergleichswerten oder aus sonstigen ausreichenden Anhaltspunkten ein höherer Wert ergibt; jedoch soll von einer Beweisaufnahme zur Feststellung eines höheren Wertes abgesehen werden. Wird der Einheitswert nicht nachgewiesen, so ist das Finanzamt um Auskunft über die Höhe des Einheitswerts zu ersuchen; § 30 der Abgabenordnung steht der Auskunft nicht entgegen. Ist der Einheitswert noch nicht festgestellt, so ist dieser vorläufig zu schätzen; die Schätzung ist nach der ersten Feststellung des Einheitswerts zu berichtigen; die Frist des § 15 Abs. 1 beginnt erst mit der Feststellung des Einheitswerts.
(3) Ist der Einheitswert maßgebend, weicht aber der Gegenstand des gebührenpflichtigen Geschäfts vom Gegenstand der Einheitsbewertung wesentlich ab oder hat sich der Wert infolge bestimmter Umstände, die nach dem Feststellungszeitpunkt des Einheitswerts eingetreten sind, wesentlich verändert, so ist der nach den Grundsätzen der Einheitsbewertung geschätzte Wert maßgebend.
(4) Bei einem Geschäft, das die Überlassung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes mit Hofstelle durch Übergabevertrag, Erbvertrag oder Testament, Erb- oder Gesamtgutsauseinandersetzung oder die Fortführung des Betriebes in sonstiger Weise einschließlich der Abfindung weichender Erben betrifft, ist das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes mit dem Vierfachen des letzten Einheitswertes, der zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellt ist, zu bewerten; Absatz 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 gelten entsprechend. …
Mit Wirkung ab 01.08.2013 wurde mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23.07.2013 die KostO durch das Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (Gerichts- und Notarkostengesetz – GNotKG) abgelöst.
Dort ist nunmehr bestimmt:
§ 46 Sache
(1) Der Wert einer Sache wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert). …
§ 48 Land- und forstwirtschaftliches Vermögen
(1) Im Zusammenhang mit der Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle an eine oder mehrere natürliche Personen einschließlich der Abfindung weichender Erben beträgt der Wert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Sinne des Bewertungsgesetzes höchstens das Vierfache des letzten Einheitswerts, der zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellt ist, wenn
1. die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst beabsichtigt ist und
2. der Betrieb unmittelbar nach Vollzug der Übergabe oder Zuwendung einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers bildet. ..
4. Mit der Kostenschuldnerin und entgegen der Auffassung der rechnungsstellenden Notarin und der am Verfahren beteiligten Notarkasse M. (Anstalt des öffentlichen Rechts) – Prüfungsabteilung – ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen zur Anwendung des § 48 Abs. 1 GNotKG erfüllt sind.
a) Wie die Notarin und auch die Notarkasse zunächst einräumen, sind die sich aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 GNotKG ergebenden nachfolgenden Tatbestandsmerkmale unstreitig erfüllt:
– Es liegt eine Übergabe oder Zuwendung vor.
– Es handelt sich um einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb mit Hofstelle.
– Der Betrieb stellt einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers dar.
b) Die Notarin und auch die Notarkasse meinen aber, dass es – wegen des mit dem Ehemann der Erwerberin bestehenden Pachtvertrages – an dem Tatbestandsmerkmal der „vom Erwerber selbst beabsichtigten Fortführung des Betriebs“ mangele und deshalb eine Anwendung von § 48 Abs. 1 GNotKG ausscheide. Denn nach dem Willen des Reformgesetzgebers schließe jegliche über den Übergabezeitpunkt hinausgehende Nutzung eines Dritten, insbesondere eines Pächters, die Kostenbegünstigung nach § 48 Abs. 1 GNotKG aus.
Dem kann – unter den hier zu berücksichtigenden Einzelfallumständen – nicht gefolgt werden.
c) Zu der überkommenen Rechtslage nach § 19 Abs. 4 KostO hatte das Bayerische Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 03.09.1997 (3Z BR 98/97 Rn. 9-10 juris, MittBayNot 1997, 382, JurBüro 1998, 41) entschieden (Hervorhebungen durch den Senat):
„Der Rechtsbeschwerde ist zuzugeben, dass die Privilegierung des § 19 Abs. 4 KostO davon abhängig ist, dass – so sämtliche in ihm aufgeführten Beispiele – die Überlassung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes der Fortführung dieses Betriebes dient. Die Entscheidung des Senats in BayObLGZ 1994, 110 kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass die schenkungsweise Überlassung eines auch weiterhin an Dritte verpachteten landwirtschaftlichen Betriebes die Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes i. S. des § 19 Abs. 4 KostO nicht betrifft (vgl. auch Faßbender Das Kostenprivileg der Landwirtschaft S. 237 Stichwort „verpachtete Betriebe“). Diese Fortführung des Betriebes war der Erwerberin weder möglich noch von ihr beabsichtigt. Sie wurde weiterhin allein vom Pächter vorgenommen. Die bloße theoretische Möglichkeit, irgendwann den Betrieb selbst zu führen, begründet – so die Entscheidung des Senats – die Voraussetzung der Privilegierung nicht. Im Gegensatz zu der genannten Senatsentscheidung steht vorliegend die tatsächliche Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes durch den Erwerber nicht in Zweifel. Nach den fehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts wird der Betrieb nach wie vor vom Beteiligten zu 1 und seiner Ehefrau gemeinsam bewirtschaftet und dient der bäuerlichen Familie als Existenzgrundlage. Dass die Bewirtschaftung in „üblicher“ Arbeitsteilung erfolgt, steht der Privilegierung nicht entgegen (vgl. BayObLGZ 1993, 40/44). Auch die innerfamiliäre Verpachtung des Betriebes an die Ehefrau des Beteiligten zu 1 hindert die Fortführung durch den Erwerber selbst nicht. Sie ist nach den Feststellungen des Landgerichts ausschließlich aus sozialrechtlichen Überlegungen erfolgt, um auf die Gestaltung des Krankenversicherungsverhältnisses Einfluss zu nehmen. Der Gesetzeszweck des § 19 Abs. 4 KostO, eine frühzeitige Regelung der Hofnachfolge zu fördern und der Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in der Hand bäuerlicher Familien zu dienen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfes des Bundesrates BT- Drucks. 11/2343 S. 6 f.), läßt die vorliegende Ausgestaltung der Hofübergabe zu.“
Zudem hat das Bayerische Oberste Landesgericht mit einem weiteren Beschluss vom 20.05. 1998 (3Z BR 445/97 juris, MittBayNot 1998, 462, NJW-RR 1999, 224) entschieden, dass eine erst in die Zukunft gerichtete „Fortsetzungsabsicht des Übernehmers zur Zeit des Abschlusses des Übergabevertrags“ ausreichend für eine Anwendung des Kostenprivilegs nach § 19 Abs. 4 KostO ist, selbst wenn einer – dem Abschluss des Übergabevertrages unmittelbar nachfolgenden – Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs durch den Erwerber zunächst ein dem Übergeber eingeräumter Nießbrauch entgegensteht (vgl. Rn. 14-15 juris, Hervorhebungen durch den Senat):
„Im Gegensatz zum Sachverhalt der genannten Senatsentscheidung steht vorliegend die Fortsetzungsabsicht des Übernehmers zur Zeit des Abschlusses des Übergabevertrags nicht in Zweifel. Privilegiert ist das Geschäft dann, wenn der landwirtschaftliche Betrieb objektiv fortführbar ist und auch fortgeführt werden soll (vgl. BayObLGZ 1991, 382/383). Das Landgericht zieht offensichtlich nicht in Zweifel, dass die Vertragspartner – dem Sachvortrag des Beteiligten entsprechend – im Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabevertrages die Absicht hatten, der Beteiligte solle den (gesamten) Hof nach Ablauf des dem Übergeber eingeräumten Nießbrauchs fortführen. Dafür spricht auch die Vereinbarung eines Bruchteilsnießbrauchs, der eine Nutzungs- und Verwaltungsgemeinschaft zwischen Eigentümer und Nießbrauchsberechtigtem entstehen läßt (vgl. Palandt/Bassenge BGB 57. Aufl. § 1066 Rn. 2), sowie die in vorliegendem Fall nur zweijährige Dauer des Nießbrauchs. Das Landgericht sieht es jedoch wegen des vereinbarten Nießbrauchs – verfahrensentscheidend – derzeit als völlig offen an, ob der Beteiligte den Betrieb im Jahr 1998, also nach Ablauf des Nießbrauchs, fortführt. Eine solche dem Abschluss des Übergabevertrages unmittelbar nachfolgende Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs durch den Erwerber setzt die Privilegierung des § 19 Abs. 4 KostO aber nicht voraus (BayObLGZ 1997, 240). Das zeigen die im Gesetz aufgeführten, dem vorliegenden Fall ähnlichen Beispiele der Überlassung des Betriebs durch Erbvertrag oder Testament, die unstreitig der Privilegierung unterliegen. Auch bei ihnen ist im Regelfall im Zeitpunkt der Beurkundung der letztwilligen Verfügung nicht an eine alsbaldige Betriebsfortführung durch den Begünstigten gedacht, sondern diese nur für die Zukunft vorgesehen. Dementsprechend hat der Senat in BayObLGZ 1991, 200 auch die – dem Erhalt des Betriebs dienende – Tätigkeit des Gerichts im Rahmen der Vormundschaft über einen Minderjährigen als ein die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle in sonstiger Weise betreffendes Geschäft gewertet, obgleich die Betriebsfortführung durch den Betroffenen aus Alters- und Ausbildungsgründen noch auf längere Zeit hinaus nicht möglich war. Auch die „gleitende Hofübergabe“, bei der Übergeber und Nachfolger eine Landwirtschaft als Gesellschafter bürgerlichen Rechts betreiben, unterfällt dann dem § 19 Abs.4 KostO, wenn gleichzeitig eine vollständige Nachfolgeregelung getroffen ist (so Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 13. Aufl. § 19 Rn. 84; vgl. auch zur sog. „Interimsverpachtung“ Faßbender Das Kostenprivileg der Landwirtschaft Rn. 24).“
An dieser Gesetzesauslegung zu zweifeln, sieht der Senat keine Veranlassung. Die Argumentation des BayObLG überzeugt, der Senat macht sich diese zu eigen. Demnach steht fest, dass nach der alten Rechtslage im vorliegenden Fall die Kostenschuldnerin zweifelsohne in den Genuss des Kostenprivilegs nach § 19 Abs. 4 KostO gelangt wäre, da jedenfalls die familieninterne Verpachtung an den eigenen Ehemann einer Fortführung des Betriebs nicht entgegensteht.
d) Die Argumentation der Notarkasse, diese Entscheidung des BayObLG (gemeint: jene vom 03.09.1997) könne „aufgrund der Eingrenzungen des § 48 Abs. 1 GNotKG gegenüber § 19 Abs. 4 KostO seit 1.8.2013 nicht mehr angewandt werden“, § 48 GNotKG habe „den Anwendungsbereich gegenüber § 19 Abs. 4 KostO deutlich eingeschränkt“, der „vom BayObLG mit dem Beschluss vom 3.9.1997 entschiedene Sachverhalt werde durch § 48 GNotKG nicht mehr abgebildet“ und könne „daher auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragen werden“, überzeugt nicht.
Eindeutige Anhaltspunkte dafür, dass der Reformgesetzgeber die landwirtschaftliche Kostenprivilegierung in Fällen familieninterner Verpachtung von Betriebsgrundstücken „deutlich einschränken“ oder „eingrenzen“ wollte, sind nicht ersichtlich.
e) Auch in der das Inkrafttreten des GNotKG begleitenden Fachliteratur wird derartiges nicht vertreten, vielmehr insoweit eine inhaltlich unverändert fortgeltende Rechtslage insinuiert.
„Das Landwirtschaftsprivileg des § 19 Abs. 4 KostO (vierfacher Einheitswert) wurde allerdings – wohl eher aus politischen Gründen – übernommen (§ 48 GNotKG ). Verpachtete Betriebe sind jedoch entsprechend der gegenwärtigen Rechtslage mit dem Verkehrswert zu bewerten“ (vgl. Notar a. D. Prof. Dr. W. Reimann, Das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts und die Neuordnung der Notarkosten, FamRZ 2013, 1257, >1261< unter III.1.).
„Der mit dem am 1.7.1989 in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung des Geschäftswerts bei land- und forstwirtschaftlichen Betriebsübergaben und zur Änderung sonstiger kostenrechtlicher Vorschriften vom 15.6.1989 (BGBl. I 1083) eingefügte § 19 Abs. 4 und 5 KostO wird mit § 48 fortgeführt. Die Privilegierungen sollen dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Fortführung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in Familienbesitz Rechnung tragen. Gegen die Neuregelung sind mit beachtlichen Argumenten, vor allem im Hinblick auf Art. 3 und 12 GG, verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden. Eine Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen. Zu den Zweifelsfragen im Anwendungsbereich des § 48 (früher § 19 Abs. 4 KostO) liegt eine Reihe von Entscheidungen vor. § 48 regelt keine generelle Privilegierung von Land- und Forstwirtschaften, vielmehr sind nur ganz bestimmte Fortführungsgeschäfte privilegiert, nämlich Übergaben und Zuwendungsgeschäfte. Es handelt sich dabei um eng auszulegende Tatbestände“ (Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, 19. Aufl. 2015, § 48 Vorbemerkung Rn. 1-2).
„§ 19 Abs. 4 KostO regelte einen weit umfangreicheren Anwendungsbereich als nunmehr § 48. Vor allem der sehr weit gefasste Begriff der „Fortführung in sonstiger Weise“ war sehr streitig. Der Gesetzgeber sah sich deshalb veranlasst, den Anwendungsbereich klarer zu regeln und vor allem Vorgänge aus der Begünstigung herauszunehmen, die ersichtlich nicht vom Privileg erfasst werden sollten. Vor allem der technisch unpräzise Begriff der „Überlassung“ wurde durch „Übergabe“ (lebzeitige Übertragung) und „Zuwendung“ (durch letztwillige Verfügung) ersetzt. Von der letztwilligen Verfügung werden auch Erbscheinsanträge erfasst, eine besondere Nennung war somit entbehrlich. Darüber hinaus wurden die Bewertungsgrundlagen des bisherigen § 19 Abs. 4 KostO weitgehend mit § 48 übernommen, jedoch mit verschiedenen Modifikationen, wie z. B. das Erfordernis der unmittelbaren Fortführung des Betriebes durch den Erwerber, Betrieb muss einen nicht unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des Übernehmers sichern, beim Übernehmer muss es sich um eine oder mehrere natürliche Personen handeln. An den sonstigen Anforderungen, nämlich dass es sich weiterhin um einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb mit Hofstelle iSd BewG handeln muss, wurde festgehalten. Die Anforderungen für das Vorliegen der Betriebsfortführung werden deutlicher gefasst. Eine Begünstigung liegt dann vor, wenn der Erwerber dem bisherigen Eigentümer unmittelbar als Bewirtschafter nachfolgt. Damit wird die „gleitende“ Übergabe, beispielsweise durch lebzeitige Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt, auch zukünftig vom Privileg umfasst. Die Anwendung des Bewertungsprivilegs scheidet jedoch dann aus, wenn für eine Übergangszeit der Betrieb durch einen Verwalter im Auftrag des Erwerbers bewirtschaftet wird. Damit wird eine Privilegierung auch dann ausgeschlossen, wenn ein Betrieb betroffen ist, der im Zeitpunkt der Vornahme des Geschäfts nicht vom Eigentümer bewirtschaftet wird, sondern beispielsweise überwiegend verpachtet ist, brachliegt oder anderweitig genutzt wird“ (Korintenberg/Tiedtke, a. a. O., Rn. 7-9).
„§ 48 privilegiert nicht den Landwirt oder generell ein Rechtsgeschäft über landwirtschaftlichen Grundbesitz, sondern ausschließlich die vom – als Ausnahmetatbestand eng auszulegenden – Gesetzestext erfassten Vorgänge“ (Korintenberg/Tiedtke, a. a. O., Rn. 13).
Soweit Korintenberg/Tiedtke dann unter Rn. 15 ausführen,
„Nicht begünstigt nach § 48 sind insbesondere folgende Geschäfte: Übergabe eines weiterhin verpachteten Betriebes (gleich ob die Verpachtung an Dritte oder Familienangehörige erfolgt ist), anders jedoch, wenn der Pachtvertrag mit der Übergabe aufgelöst wird und der Betrieb durch den Übernehmer unmittelbar fortgeführt wird, auch bei Verpachtung an den Übernehmer…“
wird diese Meinung nicht weiter begründet und vermag deshalb nicht zu überzeugen.
f) Auch in dem weit verbreiteten Praxiskommentar von Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl. 2017, wird zu § 48 GNotKG unter Rn. 1-2 die inhaltliche Kontinuität der Rechtslage statuiert, die zu § 19 Abs. 4 KostO ergangene Rechtsprechung wird unverändert für anwendbar erachtet und explizit zur Verpachtungsproblematik wird auf die althergebrachten Rechtsprechungsnachweise Bezug genommen (vgl. Rn. 4 „Verpachtung“, u. a. mit Hinweis auf die obengenannte Entscheidung des BayObLG vom 03.09.1997).
g) Auch aus der bislang zu § 48 Abs. 1 GNotKG veröffentlichen obergerichtlichen Rechtsprechung ist – soweit ersichtlich – nicht zu entnehmen, dass ein zwischen Ehegatten bestehendes Pachtverhältnis dem Tatbestandsmerkmal der „Betriebsfortführung“ entgegenstehen würde.
Der der Entscheidung des OLG Hamm vom 11.08.2016 (10 W 14/16 juris, RNotZ 2016, 696) zugrunde liegende Fall ist insoweit nicht einschlägig, da dort „für die landwirtschaftlichen Flächen“ bis „zum 30.09.2021 ein Folgepachtvertrag mit einem Dritten“ bestand (vgl. Rn. 1 juris) und deshalb entschieden wurde, dass „eine Bemessung nach dem vierfachen Einheitswert des Hofes gemäß § 48 Abs. 1 GNotKG“ nicht in Betracht komme. Die tragenden Erwägungen des OLG Hamm, es könne
„nicht davon ausgegangen werden, dass die Beteiligte zu 2. den Betrieb ihres Vaters unmittelbar fortführen wird. Dies ist ihr wegen des bestehenden langfristigen Pachtvertrages schon objektiv nicht möglich. Es reicht nicht aus, dass sie „avisiert“, die landwirtschaftlichen Flächen zur Bewirtschaftung übernehmen zu wollen und daran denkt, nach Übernahme des Hofes und noch offener finanzieller Vorbereitung den Hof „im Kleinen“ weiter zu führen. Das objektive Fortführungselement ist bei einem bestehenden langfristigen Pachtvertrag nicht gegeben. Die bloße Möglichkeit, irgendwann den Betrieb selbst zu führen, genügt nicht. Bei Pachtverträgen gilt das auch dann, wenn der Übernehmer vorträgt, die Pachtverträge irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt auflösen zu wollen, ohne dass konkrete (objektive) Anhaltspunkte für den Zeitpunkt und die zu diesem Zeitpunkt gegeben Fortführbarkeit bestehen (vgl. Rn. 10 m. w. N.).“
erfassen nicht den hier zu beurteilenden Fall, in welchem die Übernehmerin gemeinsam mit dem Pächter, ihrem Ehemann, bereits in der Vergangenheit den landwirtschaftlichen Betrieb geführt hat und diese arbeitsteilige Bewirtschaftung einvernehmlich fortgeführt werden soll.
Auch die Entscheidung des OLG München vom 28.01.2014 (34 Wx 576/11 juris, MittBayNot 2014, 380), wenngleich zu einem noch der Regelung des § 19 Abs. 4 KostO unterliegenden Altfall und zu dem Tatbestandsmerkmal „Übergabe einer Hofstelle“ ergangen, geht argumentativ in diese Richtung, wenn es dort heißt (vgl. Rn. 11, 16):
„Dass zu einer Hofstelle zwingend auch eine Wohnung gehört, ergibt sich mit der herrschenden Meinung für den Senat bereits aus der agrarpolitischen Zielsetzung der Bestimmung, nämlich eine frühzeitige Regelung der Hofnachfolge zu fördern und der Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe zu dienen, die vielfach seit Generationen in der Hand bäuerlicher Familien geführt werden. Dabei ist aus verfassungsrechtlichen Gründen eine eng an diesem Zweck orientierte Auslegung geboten; denn gefördert werden soll die Fortführung als „bäuerlicher Familienbetrieb“. Nach der Vorgabe des Gesetzgebers soll gerade die traditionelle Form der Bewirtschaftung gefördert werden (siehe BT-Drucksache 11/2343 S. 7), offensichtlich also nicht die „Agrarfabrik“ (vgl. Rn. 11- 12).
„Die Senatsmeinung wird durch die seit 1.8.2013 in Kraft befindliche Regelung in § 48 Abs. 1 GNotKG gestützt, die insoweit dem früheren § 19 Abs. 4 KostO entspricht, als es auf die Übergabe des Betriebs „mit Hofstelle“ ankommt. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen in der nun gewählten Formulierung die Erhaltung und Fortführung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe in Familienbesitz und das öffentliche Interesse hieran klarer zum Ausdruck kommen (BT-Drucksache 517/12, S. 243). Dass für die Anwendung des Privilegs die Übergabemodalitäten aufgelockert werden sollten, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen, zumal diese ausdrücklich auf die überkommene Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (MittBayNot 1992, 416) Bezug nimmt“ (vgl. Rn. 16).
Gerade der letzte Satz des vorstehenden Zitats lässt erkennen, dass jedenfalls eine behauptete Absicht des Gesetzgebers, eine Kostenprivilegierung bäuerlicher Familienbetriebe generell einengen oder strenger handhaben zu wollen, nicht anhand objektiver Kriterien nachweisbar ist.
Aus alledem folgert der Senat, dass jedenfalls bei den konkreten Einzelfallumständen hier eine Anwendung des Kostenprivilegs nach § 48 Abs. 1 GNotKG nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass neben der antragstellenden Kostenschuldnerin als Übernehmerin /Eigentümerin auch noch deren Ehemann, an den ein überwiegender Anteil der landwirtschaftlichen Flächen formal verpachtet ist, den landwirtschaftlichen Betrieb von der mit überlassenen Hofstelle aus fortführt.
5. Rechtsfolge der gebotenen Anwendung des § 48 Abs. 1 GNotKG im vorliegenden Fall ist die Bewertung der in der Überlassung des landwirtschaftlichen Betriebes verkörperten „Veräußerer“-Leistung mit dem Vierfachen des letzten Einheitswerts, hier umgerechnet 13.907,14 €.
Nach der Wertvorschrift des § 97 Abs. 3 GNotKG ist bei Verträgen, die den Austausch von Leistungen zum Gegenstand haben, nur der Wert der Leistung des einen Teils maßgebend; wenn der Wert der Leistungen verschieden ist, ist der höhere maßgebend.
Demnach ist es im Rahmen der Gebührenberechnung für die Beurkundung des Überlassungsvertrages erforderlich, die von der Kostenschuldnerin als „Übernehmerin“ bzw. „Erwerberin“ übernommenen Leistungspflichten gesondert zu bewerten. Dies hat die Notarin auf Veranlassung des Senats mit Schriftsatz vom 05.12.2016 getan; demnach ergibt sich für sämtliche von dem Überlassungsvertrag erfassten Gegenleistungen (Wohnungsrechte, Leibgeding, Wohnnebenkosten, Beerdigungskosten) ein einzusetzender Wert von 63.800,00 €. Gegen diese Wertberechnungen wurden keine Einwendungen erhoben, auch der Senat vermag keine Unrichtigkeiten zu erkennen.
Unter Ansatz dieses – höheren – Wertes ergeben sich demnach Beurkundungskosten von insgesamt 629,03 €. Die aus dem Entscheidungstenor ersichtliche Aufschlüsselung nach einzelnen Gebührentatbeständen folgt der von der Beschwerdegegnerin unter dem 05.12.2016 eingereichten Alternativberechnung.
6. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die sorgsam begründete und veröffentlichte Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 25.03.2015 (9 W 42/14 Rn. 13 ff. juris m. w. N., MDR 2015, 675) ist im Hinblick auf die Kostenentscheidung auszuführen:
Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen, es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. Diese Vorschrift geht nicht (mehr) von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis aus, wonach etwa die Tragung der Gerichtskosten durch den Antragsteller oder die Nichterstattung außergerichtlicher Kosten die Regel, die Kostenerstattung mithin die Ausnahme darstellen würde. Vielmehr knüpft sie die Anordnung der Kostenerstattung allgemein an das Ergebnis einer stets erforderlichen Billigkeitsabwägung, ohne dass es darauf ankäme, die Hürde einer Regelwirkung zu überwinden. Nach dem Willen des Reformgesetzgebers soll den Gerichten mit der Neuregelung des § 81 FamFG die Möglichkeit gegeben werden, im jeweiligen Einzelfall darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 215). Die nach früherem Recht in § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG enthaltene Grundregel, dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, wurde deshalb bewusst nicht in die Neuregelung übernommen. Mit dieser im Hinblick auf die Ermöglichung einer für den jeweiligen Einzelfall sachgerechten Kostenentscheidung in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeräumten Gestaltungsfreiheit der Gerichte ist es nicht zu vereinbaren, die Kostenverteilung nach einem von dem konkreten Einzelfall unabhängigen Regel-Ausnahme-Verhältnis vorzunehmen. Das Gericht hat vielmehr in jedem konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblichen Umstände die Kostenentscheidung zu treffen. Die Neuregelung stellt mithin eine Abkehr von dem herkömmlichen Grundsatz dar. Soweit in Rechtsprechung und Literatur teilweise noch vertreten wird, § 81 FamFG bestimme keine grundlegende Abkehr von dem anerkannten Grundsatz, dass jeder Beteiligte in der Regel seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe, an diesem Grundsatz habe sich nichts geändert, widerspricht dies dem erklärten Ziel des Gesetzgebers.
Es entspricht im vorliegenden Fall der Billigkeit im Sinne von § 81 Absatz 1 FamFG, die Kosten erster Instanz (hier nur die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Kostenschuldnerin, Gerichtskosten sowie Auslagen sind nicht angefallen – vgl. Sikora in: Korintenberg, GNotKG, 19. Auflage 2015, § 128 Rn. 53) der Notarin aufzuerlegen.
Die Vorschrift stellt es in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist und räumt dem Gericht einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden, welches eine Beschränkung nur durch § 81 Abs. 2 FamFG erfährt, wonach in den dort genannten Fällen die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden sollen. Dem genügt jedes Abwägungsergebnis, das nach den Umständen des Einzelfalles die Kostentragung durch einen bestimmten Beteiligten billig erscheinen lässt, nicht hingegen ist es, um einem Beteiligten die Kosten auferlegen zu können, erforderlich, dass Umstände vorliegen, die nach Art und Bedeutung den Regelbeispielen des § 81 Abs. 2 FamFG gleichkommen.
Das in § 81 FamFG eingeräumte Ermessen ermöglicht die Berücksichtigung verschiedenster Kriterien: Verfahrensart, Beteiligtenrolle, Unterliegen oder Obsiegen, Anlass zur Antragstellung, Antragsrücknahme und Erledigungserklärung, Verhalten im Verfahren (Mitwirkungspflichten, verspätetes Vorbringen), auch wirtschaftliche Verhältnisse und persönliche Lage oder Bedeutung für die Beteiligten.
Auch wenn das Unterliegen eines Beteiligten nicht zwingend zu einer Kostenauferlegung führen muss, so kann in Antragsverfahren ein Kriterium der Billigkeit doch das Maß des Antragserfolges sein. Mag insoweit das bloße Unterliegen eines Beteiligten in einem Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit für sich allein regelmäßig nicht ausreichen, um diesem eine Kostenerstattung aufzuerlegen, so ist es mittlerweile doch allgemein anerkannt, dass jedenfalls in echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Orientierung am Erfolg der Beteiligten der Billigkeit entspricht. In diesen Verfahren entscheidet das Gericht verbindlich über subjektive Rechte der Beteiligten, die sich mit entgegengesetzten Interessen gegenüber stehen. Der Gegenstand des Verfahrens besteht nicht in persönlichen Beziehungen der Beteiligten zu einander oder der Fürsorge für einen Dritten, sondern ist rein vermögensrechtlicher Art. Angesichts der Nähe dieser Verfahren zu den zivilprozessualen Verfahren entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kostenentscheidung entsprechend den in diesen Verfahren geltenden Grundsätzen an dem Obsiegen und Unterliegen zu orientieren.
Diese Gesichtspunkte treffen auch auf die gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen zu, auf die gemäß § 130 Absatz 3 Satz 2 GNotKG die Vorschriften des FamFG anzuwenden sind.
Zwar ist jeder Notar verpflichtet, die entstandenen öffentlich-rechtlichen Gebührenforderungen einzufordern und sie bei Nichtzahlung im Regelfall auch beizutreiben (vgl. Ziff. VI. 3.1. Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer DNotZ 1999, 258). Aus dem hoheitlichen Charakter der Aufgabenwahrnehmung folgt, dass grundsätzlich die gesetzlich festgelegten Kosten erhoben werden müssen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass der Notar ein gerichtliches Verfahren über eine Kostenberechnung gemäß § 127 GNotKG selbst bei für ihn unsicherer Beweislage zu führen hat.
Andererseits beruht in gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen ein Unterliegen des Notars regelmäßig darauf, dass die Notarkostenberechnung keinen Bestand hatte. Von einem Notar muss aber erwartet werden, dass er rechtmäßige Kostenberechnungen erstellt, insbesondere Kosten nur dann einfordert, wenn diese tatsächlich angefallen sind, d. h. wenn die Tätigkeit des Notars einen Gebührentatbestand erfüllt bzw. Auslagen entsprechend entstanden sind. In diesem Sinne entspricht es auch in gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen regelmäßig der Billigkeit gemäß § 81 Absatz 1 Satz 1 FamFG, die Kostenentscheidung jedenfalls dann, wenn die Kostenberechnung einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand hält, grundsätzlich am Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten zu orientieren. Dies schließt es nicht aus, im Einzelfall trotz Unterliegens eines Beteiligten von einer Auferlegung der Kosten abzusehen, weil besondere Umstände dies rechtfertigen.
Damit ist im vorliegenden Fall die weitgehende Aufhebung der Kostenberechnungen und das daraus folgende Unterliegen der Notarin mit der Hauptsacheentscheidung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 81 Absatz 1 FamFG zu deren Lasten zu berücksichtigen, wohingegen ins Gewicht fallende Billigkeitsgründe, die zulasten der Kostenschuldnerin bzw. zugunsten der Notarin sprechen, nicht ersichtlich sind.
Trotz des teilweisen Obsiegens der Notarin hat der Senat die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Kostenschuldnerin der Notarin insgesamt auferlegt, weil die Kostenschuldnerin lediglich in einem verhältnismäßig geringfügigen Umfang unterlegen war und die von der Notarin in der Alternativberechnung unter Geltung des Kostenprivilegs nach § 48 GNotKG geltend gemachten Kosten nicht beanstandet hätte, wenn diese von vornherein in dieser auf rund 1/5 ermäßigten Größenordnung berechnet worden wären.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 81 FamFG in Verbindung mit § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG.
Insoweit ist auch hier maßgeblich, dass die Notarin aufgrund ihrer weitgehend aufzuhebenden Kostenberechnungen Anlass zu dem vorliegenden gerichtlichen Verfahren gegeben hat und im Beschwerdeverfahren unterlegen ist.
Andere Billigkeitsgründe, die eine abweichende Kostenentscheidung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.
Insbesondere fällt neben den genannten Umständen nicht ins Gewicht, dass die von dem Senat abzuändernde landgerichtliche Entscheidung Anlass der Beschwerde der Kostenschuldnerin war, da die hieraus erwachsenden Kosten noch Folge des durch die weitgehend fehlerhaften Kostenberechnungen veranlassten gerichtlichen Verfahrens sind.
6. Die Rechtsbeschwerde war nach § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 70 Absatz 1 und 2 FamFG nicht zuzulassen.
Ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse an einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Anwendungsbereich des § 48 GNotKG ist nicht gegeben. Der Senat weicht – soweit ersichtlich – nicht von einer entgegenstehenden Auffassung eines anderen Oberlandesgerichts ab, im Gegenteil führt der Senat die zitierte Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts aus dem Jahr 1997 fort.
7. Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 61 Absatz 1 GNotKG, wobei das Kosteninteresse der Kostenschuldnerin maßgeblich war, das sich hier aus der Differenz zwischen ursprünglichem Rechnungsbetrag (3.077,46 €) und letztlich rechtmäßigem Rechnungsbetrag (629,03 €) errechnet.

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