Aktenzeichen W 8 E 19.766
LFGB § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 1a Nr. 3, § 59 Abs. 1 Nr. 7
VO(EU)(LMIV) Nr. 1169/2011 Art. 7 Abs. 1 lit. a
Leitsatz
1. Als Maßstab für irreführende Informationen über Lebensmittel i.S.d. Art. 7 LMIV ist auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen. Zu fragen ist, wie ein solcher Verbraucher eine Information oder eine Aufmachung wahrscheinlich auffassen wird, ohne dass es eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung bedarf. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird ein Produkt jedenfalls zum Zeitpunkt der Probeentnahme und jedenfalls bis zur Veröffentlichung des Gutachtensergebnisses noch von dem Unternehmen vertrieben und auch im Internet angeboten, so ist für die Beurteilung nach Art. 7 LMIV eine Überarbeitung oder Neuetikettierung des Produkts irrelevant. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Täuschung i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 LMIV setzt nur voraus, dass die Angabe oder Aufmachung zur Täuschung geeignet ist. Das ist eine Information dann, wenn sie den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht und daher geeignet ist, bei den angesprochenen Verkehrskreisen zumindest auch unrichtige Vorstellungen über das Produkt zu erwecken. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Veröffentlichung ist nicht zu beanstanden, wenn sie inhaltlich richtig ist und möglichst schonend für den Betroffenen erfolgt sowie dem Zweck der Vorschrift dient. Einzelne Normen müssen nicht zwingend bezeichnet werden. Die Umschreibung des Verstoßes mit der am Gesetzeswortlaut angelehnten Formulierung „Verbrauchertäuschung“ ist für den juristischen Laien hinreichend verständlich. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die vom Antragsgegner (vertreten durch das Landratsamt Würzburg) beabsichtigte Internetveröffentlichung von einer auf ein Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) basierenden Beanstandung eines Nahrungsergänzungsmittels für Kinder wegen der Täuschung des Verbrauchers.
1. Die Lebensmittelüberwachung des Antragsgegners beim Landratsamt Würzburg nahm am 8. Februar 2019 eine Planprobe des von der Antragstellerin vertriebenen Nahrungsergänzungsmittels …. Das LGL kam in seinem Befund/Gutachten vom 16. Mai 2019 aufgrund unabhängiger Untersuchungen zu einer durchschnittlichen Abweichung zwischen deklariertem und analysiertem Mangangehalt in zwei Pastillen von 61,6%, zu einer durchschnittlichen Abweichung zwischen deklariertem und analysiertem Kaliumgehalt in zwei Pastillen von 669% und zu einer durchschnittlichen Abweichung zwischen deklariertem und analysiertem Folsäuregehalt in zwei Pastillen von 882%. Die nach den EU-Leitlinien tolerierten Abweichungen von + 45% für Mineralstoffe bzw. + 50% für Vitamine würden zum Teil erheblich überschritten. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) dürften Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, unter anderem in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften und Zusammensetzung. Die mit der Einnahme von zwei Pastillen täglich aufzunehmenden Gehalte an Kalium und Mangan würden im Rahmen der Kennzeichnung auf den Zusatz in Form von „Mangangluconat“ wie „Kaliumcitrat“ beschränkt. Eine zusätzliche Aufnahme von Kalium und Mangan über andere Zutaten im Produkt werde hierbei nicht berücksichtigt und sei damit geeignet, den Verbraucher über die Gesamtaufnahme mit dem Produkt zu täuschen. Der ermittelte Gehalt an Folsäure weiche fast um das 10-fache von dem deklarierten Gehalt ab. Ein Nahrungsergänzungsmittel dürfe nach § 4 Abs. 3 der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (Nahrungsergänzungsmittelverordnung – NemV) nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn auf der Verpackung zusätzlich: 1. die Menge der Nährstoffe oder sonstigen Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung der Nahrungsergänzungsmittel, bezogen auf die auf dem Etikett angegebene tägliche Verzehrmenge in den in Anhang I der Richtlinie 2002/46/EG jeweils genannten Maßeinheiten der Durchschnittswerte, die auf die Analyse der Erzeugnisse durch den Hersteller beruhten, und 2. die in dem Nahrungsergänzungsmittel enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe jeweils als Prozentsatz der in Anhang XIII Teil A der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 angegebenen Referenzwerte, sofern dort für diese Stoffe Referenzwerte festgelegt seien. Die deklarierten Gehalte an Vitaminen und Mineralstoffen seien somit auf die mit der Tagesverzehrmenge aufzunehmende Gesamtmenge an diesen für das Produkt wertgebenden Stoffen zu beziehen und nicht auf einzelne Verbindungen als Quelle zu beschränken, wenn eine zusätzliche Aufnahme durch andere Quellen im Produkt möglich sei.
Laut einem Aktenvermerk des Landratsamts Würzburg vom 22. Mai 2019 bestehe aufgrund der Tatsachenfeststellung durch das Gutachten des LGL vom 16. Mai 2019 ein hinreichender begründeter Verdacht einer Straftat. Es liege eine Täuschung hier in nicht nur unerheblichem Ausmaß vor. Laut dem Gutachten würden die tolerierten Abweichungen bei Mineralstoffen und Vitaminen für die ermittelten Gehalte an Mangan, Kalium sowie Folsäure pro Tagesverzehrmenge von zwei Tabletten zum Teil erheblich überschritten. Die tatsächlichen Gehalte an Mangan, Kalium und Folsäure seien 61,60%, 669% und 882% höher als auf dem Produkt angegeben. Die auf dem Produkt der Antragstellerin angegebenen Gehalte an Mangan, Kalium und Folsäure seien somit aufgrund erheblicher Abweichungen von den durch das LGL analysierten Werten als irreführend im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Buchst. a VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) zu beurteilen. Da Anhaltspunkte vorhanden seien, dass eine Straftat vorliege, sei eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfolgt. Das Tatbestandsmerkmal eines zu erwartenden Bußgelds von 350,00 EUR sei somit im Sinne eines „Erst-Recht-Schlusses“ erfüllt. Sofern die Staatsanwaltschaft die Voraussetzungen für eine Straftat als nicht erfüllt ansehe, sei aus heutiger Sicht ein Bußgeld von über 350,00 EUR zu erwarten. Gegen den Beschuldigten seien seit 2017 bereits zweimal Bußgelder wegen Irreführung festgesetzt worden.
Das Landratsamt Würzburg erstattete mit Schreiben vom 24. Mai 2019 mit Bezug auf das Gutachten des LGL vom 16. Mai 2019 Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Verdachts einer Straftat nach § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1169/2011. Es ergäben sich Anhaltspunkte für eine Straftat. Die tatsächlichen Gehalte an Mangan, Kalium und Folsäure seien 61,60%, 669% und 882% höher als auf dem Produkt angegeben. Sie seien somit irreführend. Des Weiteren seien noch Kennzeichnungsmängel beanstandet worden. Des Weiteren seien seit 2017 insgesamt elf Produkte der Antragstellerin bzw. einer weiteren Firma mit demselben Geschäftsführer beanstandet worden. In sieben Fällen seien Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den alleinigen Geschäftsführer durchgeführt worden, davon zwei wegen Irreführung. Aufgrund des geschilderten Sachverhalts und den seit dem Jahr 2017 festgestellten Beanstandungen sei anzunehmen, dass hier keine Fahrlässigkeit, sondern zumindest bedingter Vorsatz vorliege. Der Geschäftsführer nehme zumindest seit zwei Jahren billigend in Kauf, dass immer wieder lebensmittel- und arzneimittelrechtliche Verstöße bei seinen Produkten festgestellt würden.
Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2019 wurde die Antragstellerin zu einer Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB angehört.
Der damalige Bevollmächtigte der Antragstellerin brachte mit Schriftsatz vom 14. Juni 2019 im Wesentlichen vor: Die Planprobe entspreche nicht dem aktuellen Produktstand. Eine technische Überarbeitung des Produkts sei erfolgt. Dies hätte schließlich zur Folge, dass weder die Kennzeichnung noch das eigentliche Produkt dem Probemuster entsprochen hätten. Die Beprobung beziehe sich auf eine veraltete Produktprobe. Der Antragstellerin sei nicht bekannt gewesen, dass eine entsprechende Diskrepanz bestanden habe. Das Produkt enthalte weiterhin natürlichen Schwankungen unterlegene Zutaten als Fruchtkonzentrate. Lebensmittelrechtlich seien durch die Verwendung dieser natürlichen Fruchtzutaten in gravierendem Umfang Abweichungen im Mineralstoffgehalt möglich. Das aktuell auf dem Markt befindliche Produkt sei von einem Diplom-Chemiker und öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel geprüft und von diesem die Verkehrsfähigkeit bescheinigt worden. Des Weiteren seien nicht zwei voneinander unabhängige Untersuchungen vorgenommen worden. Es liege weder eine Gesundheitsgefährdung noch eine Täuschung vor. Ebenso habe nicht festgestellt werden können, dass ein wiederholter Verstoß vorliege bzw. dass die Verhängung eines Bußgelds von mindestens 350,00 EUR zu erwarten sei.
Mit Schriftsatz des Landratsamts Würzburg vom 17. Juni 2019 an die Antragstellerin ist dahingehend Stellung genommen: Ein Hinweis durch die Mitarbeiter vor Ort, dass das Produkt bzw. das Etikett veraltet sei und derzeit nicht in den Verkehr gebracht werde, sei nicht erfolgt. Auch bei der Eröffnung des Gutachtens hätten die Mitarbeiter keinen entsprechenden Hinweis gegeben. Weiterhin sei zumindest bis 5. Juni 2019 auch im Online-Shop der Antragstellerin das beprobte und beanstandete Etikett zu dem Produkt eingestellt gewesen. Es sei zum Zeitpunkt der Probeentnahme und auch noch mindestens bis zur Gutachtenseröffnung am 17. Mai 2019 mit dem besagten Etikett vertrieben worden. Bei den hier beanstandeten Produkten seien die festgestellten Abweichungen weit über dem vom Gesetzgeber festgelegten Wert gewesen. In der Veröffentlichung werde bekannt gegeben, dass der Verstoß am 17. Mai 2019 beseitigt worden sei. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit habe mit Schreiben vom 17. Juni 2019 bestätigt, dass das Gutachten den Vorgaben des § 40 Abs. 1a LFGB entspreche.
2. Am 27. Juni 2019 ließ die Antragstellerin durch ihren neuen Bevollmächtigten beantragen,
dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, gemäß § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB folgende Informationen zu veröffentlichen:
Verantwortliche Behörde
Landratsamt Würzburg
Lebensmittelunternehmen
Kategorie Lebensmitteleinzelhandel
Name
… Strasse Hausnummer
…
PLZ Ort
…
Betroffenes Lebensmittel
Name:
… Nahrungsergänzungsmittel Los-/Chargennummer:
Lot: …..
MHD:
XX.XX.2020
Verstoß
Verbrauchertäuschung
Verstoß festgestellt am:
16.05.2019
Verstoß beseitigt am:
17.05.2019
Zur Antragsbegründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen ausführen: Das Produktetikett sei ohnehin längst überarbeitet. Eine entsprechende Verkehrsfähigkeitsbescheinigung eines öffentlich bestellten Sachverständigen hierzu liege vor. Der Erlass der einstweiligen Anordnung sei geboten. Der Antragstellerin sei es nicht zuzumuten, dass ohne Klärung der sachlichen und rechtlichen Berechtigung der Veröffentlichung der Name seines Unternehmens öffentlich diskreditiert werde. Damit würde der Ruf der Antragstellerin in nicht reparabler Weise verletzt mit nicht überschaubaren wirtschaftlichen Konsequenzen. Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB lägen nicht vor. Weder liege eine falsche Kennzeichnung vor, noch erfolge eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher, noch eine Täuschung der Verbraucher, erst recht nicht in erheblichem Ausmaß. Es lägen auch keine zwei unabhängige Analyseuntersuchungen vor. Eine einzelne Analyse sei nicht repräsentativ. Zudem sei anerkannt, dass es bei Vitaminen zu Nährstoffschwankungen bei der Nährstoffkennzeichnung kommen könne. Es sei in keiner Weise ersichtlich, ob es sich um repräsentative Untersuchungsergebnisse handele. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 NemV bestehe nur eine Verpflichtung, auf dem Etikett Durchschnittswerte anzugeben, so dass es im Einzelfall durchaus zu erheblichen Abweichungen von diesen Durchschnittswerten kommen könne. Selbst wenn somit ein solcher Ausreiser vorliegen sollte, bestätige dies nicht, dass grundsätzlich die deklarierten Mengenangaben unzutreffend seien und die regulatorischen Anforderungen nicht erfüllt seien. Darüber hinaus sei festzustellen, dass ohnehin nur die Mengen der Nährstoffe zu kennzeichnen seien, die eine ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung in dem Nahrungsergänzungsmittel aufwiesen. Keine der deklarierten oder gemessenen Dosierungen hätten überhaupt ernährungsphysiologisch eine relevante signifikante Menge dargestellt. Die entsprechende Abweichung vermöge in der Menge eine relevante Verbrauchertäuschung nicht zu begründen. Bei einer Irreführung sei stets nachzuweisen, dass eine relevante Verbrauchertäuschung vorliege, die für den Kaufentschluss entscheidend sei. Es müsste eine Täuschung der Verbraucher in nicht unerheblichem Ausmaß erfolgt sein. Dies sei angesichts der betroffenen Nährstoffe und der Mengenangaben angesichts der Nichtsignifikanz der Nährstoffe nicht der Fall. Die Verzehrsempfehlung laute zwei bis drei Pastillen und die Mengenangaben für zwei Pastillen seien wiedergegeben. Der aufmerksame verständige Durchschnittsverbraucher sei durchaus in der Lage zu berechnen, welche Menge er bei drei Pastillen täglich einnehme. Der Antragsgegner sei darüber informiert worden, dass es sich bei der untersuchten Probe um ein Altprodukt handele, das nicht weiter in den Verkehr gebracht werde. Eine überarbeitete Etikettierung und eine entsprechende Verkehrsfähigkeitsbescheinigung eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen lägen vor. Das Bundesverfassungsgericht habe darauf abgestellt, dass der Schutz vor Gesundheitsgefahren größeres Gewicht habe als die bloße Verbraucherinformation. Dies sei im Rahmen der Verhältnismäßigkeit entsprechend zu berücksichtigen. Gesundheitsgefahren bestünden hier unstreitig nicht. Eine Veröffentlichung von teilweise nicht endgültig festgestellten, teilweise bereits behobenen Rechtsverstößen könne zu einem erheblichen Verlust des Ansehens des Unternehmens und zu Umsatzeinbußen führen, was im Einzelfall bis zur Existenzvernichtung reichen könne. Es dürfe nicht über jede Abweichung berichtet werden, sondern es dürfe nur über solche Abweichungen berichtet werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschritten.
Das Landratsamt Würzburg beantragte für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 1. Juli 2019:
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung der Antragserwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht, da die Antragstellerin keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf Gewährung auf die Nichtveröffentlichung der Mitteilung nach § 40 Abs. 1a LFGB glaubhaft habe machen können. Die besondere Eilbedürftigkeit habe ebenfalls nicht glaubhaft gemacht werden können. Der Antragstellerin sei ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung zumutbar. Die geltend gemachten Kennzeichnungsmängel seien nicht unbegründet. Diese stützten sich auf das Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 16. Mai 2019. Eine Gesundheitsgefährdung liege nicht vor. Es sei jedoch eine Verbrauchertäuschung festgestellt worden. Die Erheblichkeit der Verbrauchertäuschung sei mit Aktenvermerk vom 22. Mai 2019 dokumentiert worden. Das LGL habe mitgeteilt, dass es sich jeweils um mindestens zwei unabhängige Untersuchungen handele. Der Gesetzgeber berücksichtige und toleriere Abweichungen vom tatsächlichen Gehalt an Inhaltsstoffen. Nach der EU-Leitlinie für Toleranzbereiche bei Nährwertangaben vom Dezember 2012 werde unter Punkt 4 (Nahrungsergänzungsmittel) für Mineralstoffe eine Toleranz von + 45% bis – 20% und für Vitamine eine Toleranz von + 50% bis – 20% (inklusive Messunsicherheit) akzeptiert. Die tatsächlichen Gehalte an Mangan, Kalium und Folsäure hätten um 61,60%, 669% und 882% höher als auf dem Produkt angegeben gelegen. Das LGL sei akkreditiert. Auch wenn die angegebenen Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen keine signifikanten Mengen im Sinne des Anhang XIII Nr. 2 der Verordnung (EG Nr. 1169/2011) darstellten, seien die Werte jedoch korrekt anzugeben, sofern sich das Unternehmen, wie hier die Antragstellerin, dafür entscheide, diese auf dem Produkt zu benennen. Gebe das Unternehmen Werte zu Inhaltsstoffen auf dem Produkt an, so müsse sich der Verbraucher auf diese Angaben verlassen können. Eine Information über Lebensmittel sei irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignet sei. Zur Täuschung geeignet sei eine Information dann, wenn sie den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspreche oder geeignet sei, bei den angesprochenen Verkehrskreisen zumindest auch unrichtige Vorstellungen über das Produkt zu erwecken. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin sei auch einem aufmerksamen verständigen Durchschnittsverbraucher nicht zuzumuten, Berechnungen zur Ermittlung des tatsächlichen Gehaltes an Vitaminen und Mineralien durchzuführen. Weiterhin handele es sich bei dem beanstandeten Produkt nicht um ein Altprodukt. Bei der Probeentnahme am 8. Februar 2019 seien durch den Lebensmittelkontrolleur drei Packungen des Produktes zur Beprobung entnommen worden. Gleichzeitig seien drei Proben im Betrieb hinterlassen worden. Ein Hinweis, dass das Produkt bzw. Etikett veraltet sei und derzeit nicht in Verkehr gebracht worden sei, sei nicht erfolgt. Auch bei der Eröffnung des Gutachtens habe es keinen entsprechenden Hinweis gegeben. Weiterhin sei zumindest noch bis 5. Juni 2019 auch im Online-Shop der Antragstellerin das beprobte und beanstandete Etikett zu dem Produkt eingestellt gewesen. Das beanstandete Produkt sei zum Zeitpunkt der Probeannahme und auch noch bis mindestens zur Gutachtenseröffnung am 17. Mai 2019 mit dem besagten Etikett vertrieben worden. Die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung des Sachverständigen sei nicht relevant, da es sich auf ein überarbeitetes Produkt beziehe und nicht auf das beanstandete Produkt zum Zeitpunkt der Probeentnahme. In der Veröffentlichung erfolge der Hinweis, dass der Verstoß am 17. Mai 2019 beseitigt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2019 teilte der Antragsgegner noch mit, dass die Veröffentlichung sobald wie möglich erfolgen solle, wie auch das Gesetz vorsehe, um den Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2019 brachte der Antragsgegner weiter vor, dass § 40 Abs. 4a LFGB vorgebe, dass die Informationen nach Abs. 1a einschließlich zusätzlicher Informationen nach Abs. 4 sechs Monate nach der Veröffentlichung zu entfernen sei. Dies werde dadurch gewährleistet, dass die Information nach § 40 Abs. 1a LFGB einschließlich zusätzlicher Informationen nach Abs. 4 sechs Monate nach der Veröffentlichung automatisch von der Plattform des LGL entfernt werde. Auch auf der Homepage des LGL werde dieses Vorgehen zugesichert.
Mit Fax vom 24. Juli 2019 bzw. Schreiben vom 22. Juli 2019 übermittelte der Antragsgegner noch eine Aufstellung des LGL vom 22. Juli 2019 zu den einzelnen Analyseergebnissen der beanstandeten Inhaltsstoffe sowie ein österreichisches Gutachten des Instituts für Lebensmittelsicherheit Wien und ein Begleitschreiben des Amtes der Steierischen Landesregierung, die belegten, dass das streitgegenständliche Produkt auch noch nach dem 1. Januar 2019 in den Verkehr gebracht worden sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts eines Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund eines Verfahrens des Eilrechtsschutzes lediglich vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Anordnungsgrund, als ein Grund für die erhöhte Eilbedürftigkeit der Entscheidung besteht und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht wird (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO).
Die begehrte einstweilige Anordnung würde zudem – jedenfalls teil- bzw. zeitweise – die Hauptsache vorwegnehmen. Auch eine solche eingeschränkte Vorwegnahme der Hauptsache ist im Hinblick auf den Charakter des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO nur dann zulässig, wenn eine bestimmte Regelung zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn sonst die zu erwartenden Nachteile unzumutbar wären und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache besteht (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 24. Aufl. 2018, Rn. 13 und 14).
Letztgenannte Voraussetzung ist nicht erfüllt, da die Antragstellerin in der Hauptsache nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts voraussichtlich nicht obsiegen wird.
Die Antragstellerin hat zwar entgegen der Annahme des Antragsgegners einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn es liegt auf der Hand, dass die geplante Veröffentlichung im Internet für die Antragstellerin ganz erhebliche negative Konsequenzen haben kann, die auch bei einem späteren Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Denn das Verwaltungshandeln durch amtliche Informationen ist irreversibel. Bei Fehlinformationen ändern daran auch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen nichts, da die faktischen Wirkungen von Informationen regelmäßig nicht mehr eingefangen und umfassend beseitigt werden können. Eine Verbraucherinformation zu angeblichen Rechtsverstößen eines Unternehmens kann für dieses existenzgefährdend oder sogar existenzvernichtend sein. Der Antragstellerin kann nicht zugemutet werden, die Bekanntgabe der Kontrollergebnisse im Internet bis zu einer Klärung der streitigen Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren hinzunehmen (vgl. VGH BW, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris; HessVGH, B.v. 8.2.2019 – 8 B 2575/18 – ZLR 2019, 281). Der Antragsgegner hat die unmittelbar beabsichtigte Veröffentlichung angekündigt und ausdrücklich bestätigt.
Die Antragstellerin hat jedoch einen Anordnungsanspruch, den materiell-rechtlichen Anspruch auf die begehrte Leistung, nicht glaubhaft gemacht. Es ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner Informationen zu dem streitgegenständlichen Produkt und dessen Beanstandung auf sein Internetportal einstellen will. Der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt einen rechtswidrigen Eingriff in ein Recht des Antragstellerin, etwa in das Grundrecht der Berufsfreiheit, voraus (vgl. VGH BW, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris; HessVGH, B.v. 8.2.2019 – 8 B 2575/18 – ZLR 2019, 281). Daran mangelt es hier. Denn die beabsichtigte Veröffentlichung ist von § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB gedeckt.
Nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittels- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Name oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB auf der Grundlage mindestens zweier Untersuchungen durch eine Stelle nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EG Nr. 882/2004), hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgelds von mindestens 350,00 EUR zu erwarten ist.
Wie das Bundesverfassungsgericht mittlerweile entschieden hat, verstößt § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB – in der heute geltenden Fassung mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Befristung von sechs Monaten – nicht gegen das Grundgesetz (siehe BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40).
Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB sind erfüllt.
Der Antragsgegner geht mit Bezugnahme auf das Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 16. Mai 2019 zu Recht davon aus, dass ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) vorliegt.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ist es zum Schutz vor Täuschung verboten, Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1, auch in Verbindung mit Abs. 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 müssen Informationen über Lebensmittel zutreffend klar und für den Verbraucher leicht verständlich sein. Nach Art. 7 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gilt das Vorstehende auch für die Werbung und die Aufmachung von Lebensmittel, insbesondere für ihre Form, ihr Aussehen und ihre Verpackung, die verwendeten Verpackungsmaterialien, die Art ihrer Anordnung und den Rahmen ihrer Darbietung.
Gegenstand der Regelung ist die Information der Endverbraucher durch den Lebensmittelunternehmer. Erfasst werden alle Informationen, die vom Lebensmittelunternehmer den Endverbrauchern zur Verfügung gestellt werden (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 172. EL November 2018, Art. 7 LMIV Rn. 13 u. 31). Verboten sind irreführende Informationen über Lebensmittel. Vorrangig ist darauf abzustellen, wie eine Information nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird. Zweck ist allein, den Verbraucher davor zu schützen, dass er Lebensmittel erhält, die seinen durch Angaben oder Aufmachung bewirkten berechtigten Erwartungen nicht entsprechen (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 172. EL November 2018, Art. 7 LMIV Rn. 31). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist das zunehmende Informationsbedürfnis der Verbraucher. Zusätzliche Informationen, insbesondere über Nährwerteigenschaften der Lebensmittel, haben zwangsläufig zur Folge, dass sie von weniger informierten oder aufmerksamen Verbrauchern missverstanden werden können. Das gilt sowohl für verbindlich vorgeschriebene Angaben als auch für freiwillige Angaben auf dem Etikett (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 172. EL November 2018, Art. 7 LMIV Rn. 31).
Als Maßstab für irreführende Informationen über Lebensmittel ist auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen. Zu fragen ist, wie ein solcher Verbraucher eine Information oder eine Aufmachung wahrscheinlich auffassen wird, ohne dass es eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung bedarf (Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 7. Online-Auflage 2018, § 11 LFGB Rn. 6).
Ausgehend davon ist zunächst festzuhalten, dass die von Antragstellerseite vorgetragene Überarbeitung bzw. Neuetikettierung des Produkts irrelevant ist, weil das streitgegenständliche Produkt jedenfalls zum Zeitpunkt der Probeentnahme und jedenfalls bis zur Veröffentlichung des Gutachtensergebnisses von der Antragstellerin noch vertrieben und auch im Internet angeboten wurde (VGH BW, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris, siehe auch BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Dies belegt auch § 40 Abs. 4 Satz 2 LFGB, wonach bei der Veröffentlichung auf die zugrundeliegende Beseitigung des Mangels (wie auch hier vorgesehen) in der Information der Öffentlichkeit hinzuweisen ist.
Ein Gesetzesverstoß ist entgegen den Ausführungen der Antragstellerseite auch nicht deshalb zu verneinen, weil die im Produkt enthaltenen Inhaltsstoffe Schwankungen unterlägen. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber zwar Abweichungen vom tatsächlichen Gehalt an Inhaltsstoffen berücksichtigt und toleriert. Nach der EU-Leitlinie für Toleranzbereiche bei Nährwertangaben vom Dezember 2012 unter Punkt 4 (Nahrungsergänzungsmittel) würden für Mineralstoffe eine Toleranz von + 45% bis – 20% und für Vitamine eine Toleranz + 50% bis – 20% (inklusive Messunsicherheit) akzeptiert. Diese tolerierten Abweichungen werden hier aber bei Weitem überschritten. Denn die vom LGL festgestellten tatsächlichen Gehalte an Mangan, Kalium und Folsäure lagen im Durchschnitt um 61,60%, 669% und 882% höher als auf dem Produkt angegeben.
Des Weiteren ist auch eine Irreführung und Täuschung von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu bejahen. Denn wenn entsprechende Werte angegeben werden, wie von der Antragstellerin, so müssen diese korrekt sein. Der Verbraucher muss sich auf die angegebenen Werte verlassen können. Auch insofern hat der Antragsgegner unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung und Kommentarliteratur zutreffend ausgeführt, dass eine Information über Lebensmittel irreführend ist, wenn sie zur Täuschung geeignet ist. Ebenso wie bei der Gesundheitsgefährdung setzt auch ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Täuschung nur voraus, dass die Angabe oder Aufmachung zur Täuschung geeignet ist (Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 172. EL November 2018, § 40 LFGB Rn. 70). Eine tatsächlich eingetretene Irreführung oder gar Schädigung muss weder vorliegen noch nachgewiesen werden, um einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot zu begründen. Die Irreführung ist der Täuschungseignung immanent. Zur Täuschung geeignet ist eine Information dann, wenn sie den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht und daher geeignet ist, bei den angesprochenen Verkehrskreisen zumindest auch unrichtige Vorstellungen über das Produkt zu erwecken (Meyer in Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Aufl. 2012, § 11 LFGB Rn. 18; Wehlau, LFGB, Kommentar, 2010, § 11 Rn. 17 ff.). Der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der das Etikett mit den Angaben zur Folsäure, zum Kalium („Kaliumcitrat“) und zum Mangan („Mangangluconat“) liest, kann und muss – selbst bezogen auf nur zwei Pastillen – nicht damit rechnen, dass die entsprechenden tatsächlichen Inhaltsstoffe um ein Vielfaches höher sind, als dort angegeben, zumal die Pastillen von Kindern eingenommen werden sollen. Die betreffenden Feststellungen und Schlussfolgerungen des Antragsgegners in Bezug auf das Gutachten des LGL vom 16. Mai 2019 sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Eine tatsächlich nachgewiesene Gesundheitsgefahr, welche vom Antragsgegner auch überhaupt nicht behauptet ist, ist weder für die Annahme des Rechtsverstoßes noch für eine darauf bezügliche Information nach § 40 Abs. 1a LFGB Voraussetzung (OVG NRW, B.v. 14.3.2019 – 13 B 67/19 – juris). Dass die Rechtsverstöße nicht unbedingt mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sein müssen, begegnet grundsätzlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil auch der Schutz vor Täuschung und die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen legitime Zwecke des Verbraucherschutzes sind (VG Oldenburg, B.v. 18.1.2019 – 7 B 4420/18 – LRE 77, 354 mit Verweis auf BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Denn die Informationen nach § 40 Abs. 1a LFGB dienen nicht der Abwehr einer konkreten Gesundheitsgefährdung der Verbraucher. Vielmehr sollen die Informationen in erster Linie eine hinreichende Grundlage für eigenverantwortliche Konsumentscheidungen der Verbraucher schaffen sowie – nachrangig – (quasi erzieherisch) zur Einhaltung der Bestimmungen des Lebensmittel- und Futtermittelrechts beitragen. Der drohende Nachteil der Informationsverbreitung soll das Einzelunternehmen dazu veranlassen, den Betrieb in Einklang mit den lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Bestimmungen zu betreiben (OVG NRW, B.v. 15.1.2019 – 13 B 1587/18 – ZLR 2019, 287).
Dem Gutachten des LGL liegen auch (mindestens) zwei getrennte Untersuchungen zugrunde. Der Antragsgegner hat die Aufstellung des LGL vom 22. Juli 2019 zu den einzelnen Analyseergebnissen der drei beanstandeten Inhaltsstoffe mit Schreiben vom 22. Juli 2019 bzw. Fax vom 24. Juli 2019 vorgelegt, aus denen dann die durchschnittlichen Gehalte des jeweiligen Stoffes im Produkt ermittelt wurden.
Wie § 40 Abs. 1a LFGB in der aktuellen Fassung klarstellt, genügen zwei Untersuchungen durch eine Stelle. Die geforderte Doppeluntersuchung kann damit durch das gleiche Labor durchgeführt werden. In dem Gutachten des LGL vom 16. Mai 2019 ist auch ausdrücklich vermerkt, dass voneinander unabhängige Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. auch Nr. 3.4 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB vom 24. April 2019, BayMBl. 2019, Nr. 161 vom 8.5.2019). Die Untersuchungen durch eine akkreditierte Stelle wie hier das LGL auf der Basis von validierten Analysemethoden ist ausreichend, um qualitativ und quantitativ abgesicherte Befunde zu erlangen (vgl. Pache/Meyer in Meyer/Streinz, LFGB – BasisVO, 2. Aufl. 2012, § 40 LFGB Rn. 34). Durch die gesetzliche Klarstellung ist auch geklärt, dass die Untersuchungen nicht von verschiedenen Personen und mit verschiedenen Geräten durchgeführt werden müssen (so zur alten Gesetzesfassung noch Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 7. Online-Auflage 2018, § 40 LFGB Rn. 38 ff.; Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 172. EL November 2018, § 40 LFGB Rn. 64).
Der Antragsgegner geht weiter zutreffend davon aus, dass die Verbrauchertäuschung in nicht nur unerheblichem Ausmaß erfolgte, wie die gravierenden Überschreitungen der tatsächlichen Gehalte an Mangan, Kalium und Folsäure von 61,60%, 669%, 882% im Vergleich zu den Angaben auf dem Produkt belegen. Aufgrund der unabhängig voneinander ermittelten Analyseergebnisse kann auch nicht von einem einmaligen Ausreißer ausgegangen werden. Die Schwere des Verstoßes spricht für die Erheblichkeit des Ausmaßes. Damit ist auch ein Verstoß von hinreichendem Gewicht gegeben (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40).
Des Weiteren liegt hier ein wiederholter Verstoß gegen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung vor. Das Landratsamt hat in seiner Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft Würzburg vom 24. Mai 2019 zutreffend darauf hingewiesen, dass schon in der Vergangenheit wiederholt Verstöße erfolgt sind, davon im Jahr 2017 schon zwei Verstöße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1169/2011, welche mit Bußgeldbescheiden vom 11. September 2017 bzw. 24. Januar 2018 geahndet worden sind (enger Nr. 3.8 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB vom 24. April 2019, BayMBl. 2019, Nr. 161 vom 8.5.2019, wonach kein wiederholter Verstoß anzunehmen ist, wenn bei zwischenzeitlichen weiteren Kontrollen kein Verstoß derselben Kategorie, sondern nur einer anderen Kategorie erfolgt ist). Dies genügt. Denn eine Wiederholung liegt vor, wenn mindestens zweimal gegen ein und dieselbe Vorschrift verstoßen worden ist. Es genügt aber auch, wenn ein Lebensmittelunternehmer mindestens zweimal gegen unterschiedliche Vorschriften im Anwendungsbereich der § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB verstößt (Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 7. Online-Auflage 2018, § 40 LFGB Rn. 45; Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 172. EL November 2018, § 40 LFGB Rn. 73). Einem Lebensmittelunternehmer kann es nicht zugutekommen, dass er in kurzer Zeit gegen weitere Vorschriften des Lebensmittelrechts oder sonstige Rechtsvorschriften, wie hier etwa das Arzneimittelrecht, verstößt. Dadurch verblassen die vorhergehenden einschlägigen Verstöße nicht automatisch. Andernfalls würde ein Lebensmittelunternehmer, der in rascher Zeitfolge gegen verschiedene lebensmittelrechtliche Vorschriften verstößt, bevorzugt. Dies wäre systemwidrig.
Auch die weitere Voraussetzung der zu erwartenden Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,00 EUR ist im Ergebnis zu bejahen. Das Landratsamt hat mit Schriftsatz vom 24. Mai 2019 Anzeige an die Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Verdachts einer Straftat nach § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1169/2011 gestellt und dazu unter anderem ausgeführt, dass aufgrund des geschilderten Sachverhalts und der seit dem Jahr 2017 festgestellten Beanstandungen anzunehmen sei, dass hier keine Fahrlässigkeit, sondern zumindest bedingter Vorsatz vorliege. Der alleinige Geschäftsführer nehme zumindest seit zwei Jahren billigend in Kauf, dass immer wieder lebens- und arzneimittelrechtliche Verstöße bei seinen Produkten festgestellt worden seien. Bei nur zwei von insgesamt 13 bisher erprobten Produkten sei es zu keinen Beanstandungen gekommen. Ernsthafte Bestrebungen, derartige Verstöße künftig zu verhindern, seien trotz mehrfacher gegenteiliger Ankündigungen aber nicht festzustellen gewesen. Das Tatbestandsmerkmal eines zu erwartenden Bußgeldes von mindestens 350,00 EUR sei damit im Sinne eines „Erst-Rechts-Schlusses“ erfüllt (ebenso Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 7. Online-Auflage 2018, § 40 LFGB Rn. 45; Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand, 172. EL November 2018, § 40 LFGB Rn. 74 sowie Nr. 3.9 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB vom 24. April 2019, BayMBl. 2019, Nr. 161 vom 8.5.2019. Offen gelassen von OVG NRW, B.v. 14.3.2019 – 13 B 67/19 – juris).
Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Straftaten ist angesichts des klaren Wortlauts („Bußgeld“) gerade im Bereich der Eingriffsverwaltung indes nicht unkritisch zu bejahen. Eine geforderte Klarstellung ist durch den Gesetzgeber bislang unterblieben (vgl. BT-Drs. 19/4726, S. 10; BR-Drs. 369/1/18, S. 3 f. bzw. 369/18, S. 3). Weiterhin ist zweifelhaft, ob ein Vorsatz, den § 59 LFGB voraussetzt, im Sinne eines hinreichend begründeten Verdachts vorliegt. Das Landratsamt geht wie ausgeführt von zumindest bedingtem Vorsatz aus. Jedoch hat die Antragstellerin bzw. ihr Geschäftsführer angegeben, von den Abweichungen, die erst durch Laboruntersuchungen zutage traten, nichts gewusst zu haben. Allerdings hat der Geschäftsführer, wie seine beispielhafte Berechnungen für Kalium zeigen (vgl. sein am 5.6.2019 beim Landratsamt eingegangenes Schreiben bzw. den Anwaltsschriftsatz vom 14.6.2019, Bl 28 ff. und 46 ff. der Behördenakte), offenbar höhere Kaliumgehalte für möglich gehalten.
Vorstehendes kann letztlich aber dahingestellt bleiben, weil das Landratsamt im Aktenvermerk vom 22. Mai 2019 weiter ausgeführt hat, dass jedenfalls ein Bußgeld von über 350,00 EUR zu erwarten sei, weil gegen den Geschäftsführer seit 2017 bereits zweimal Bußgelder wegen Irreführung festgesetzt worden seien. Des Weiteren zeigt die Liste der Bußgeld- und Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin (Bl. 14 der Behördenakte), dass in der Vergangenheit auch schon Bußgelder in Höhe von 350,00 EUR, 400,00 EUR und 450,00 EUR verhängt worden sind. Wiederholte Verstöße in den letzten zwei Jahren gegen das Lebensmittelrecht sowie auch wiederholte einschlägige Verstöße wegen Irreführung tragen die Prognose eines zu erwartenden Bußgelds von mindestens 350,00 EUR. Im Übrigen kann die Behörde, die wie hier selbst Bußgeldbehörde ist, auch auf ihre Erfahrungen mit Geldbußen und ihre Verwaltungspraxis bei vergleichbaren Vorwürfen zurückgreifen (vgl. Rohnfelder/Freytag in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand 224. EL März 2019, § 40 LFGB Rn. 13c). Die betreffende Prognoseentscheidung des Landratsamts ist unter diesem Gesichtspunkt nachvollziehbar. Bei der Bemessung des Bußgeldes steht der Behörde ein Ermessen zu (vgl. VGH BW, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris). Für Ermessensfehler ist insoweit aber nichts ersichtlich.
Schließlich bestehen gegen Art und Weise der geplanten Veröffentlichung keine Bedenken. Der Inhalt der Veröffentlichung ist einheitlich vorgegeben. Die Information nach § 40 Abs. 1a LFGB wird einschließlich zusätzlicher Informationen nach Abs. 4 sechs Monate nach der Veröffentlichung gemäß § 40 Abs. 4a LFGB automatisch entfernt (vgl. Nr. 2.5 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB vom 24. April 2019, BayMBl. 2019, Nr. 161 vom 8.5.2019). Der Hinweis auf die Mängelbeseitigung nach § 40 Abs. 4 Satz 2 LFGB ist enthalten. Im Übrigen hat der Gesetzgeber außer der Bezeichnung des Lebensmittels und der Nennung des Lebensmittelunternehmens keine weiteren konkreten Vorgaben gemacht, so dass die Ausgestattung der Darstellung im Wesentlichen dem Antragsgegner obliegt. Eine Veröffentlichung ist nicht zu beanstanden, wenn sie inhaltlich richtig ist und möglichst schonend für den Betroffenen erfolgt sowie dem Zweck der Vorschrift dient. Einzelne Normen müssen nicht zwingend bezeichnet werden (VG Freiburg, B.v. 30.4.2019 – 4 K 168/19 – juris; vgl. auch BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40). Die Umschreibung des Verstoßes mit der am Gesetzeswortlaut angelehnten Formulierung „Verbrauchertäuschung“ ist auch für den juristischen Laien hinreichend verständlich (vgl. auch OVG NRW, B.v. 14.3.2019 – 13 B 67/19 – juris).
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Sie ist nach einem Auffangstreitwert auszurichten, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen der Anordnung nicht im Einzelnen beziffert werden können (vgl. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs). Der Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.