Europarecht

Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht

Aktenzeichen  5 K 1403/16

Datum:
25.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NWB – 2018, 923
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
BDSG § 4f Abs. 2 S. 1 und 2, § 9, § 37 Abs. 1 S. 1
EStG § 4 Abs. 3, § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet, weil das FA den Kläger mit seiner Tätigkeit als externer DSB zutreffend als gewerblichen Unternehmer i. S. des § 141 Abs. 1 Satz 1 AO eingeordnet hat. Der Kläger übte als extern bestellter DSB weder den Beruf eines Rechtsanwalts aus, noch war seine Tätigkeit diesem Beruf ähnlich.
1. Nach der Rechtsprechung des BFH ist es regelmäßig geboten, die berufsbildtypische Ausübung eines Katalogberufs i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG von der Ausübung anderer Berufe abzugrenzen, soweit ein Berufsträger im Sinne der Vorschrift Tätigkeiten entfaltet, die sich zu einem selbständigen Berufsbild verfestigt haben (z. B. BFH-Urteil zur Abgrenzung der berufstypischen Tätigkeit beratender Betriebswirte und der Tätigkeit im Bereich der Marktforschung vom 29. April 1993 IV R 61/92, BFH/NV 1994, 89; BFH-Urteil vom 24. August 1995 IV R 61/94, BStBl II 1995, 888 zur Selbständigkeit des Berufsbilds der EDV-Beratung durch beratende Betriebswirte; BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 56/00, BFHE 197, 442, BStBl II 2002, 202 zum gegenüber den Katalogberufen verselbständigten Beruf des Insolvenzverwalters; z. B. BFH-Urteil vom 9. August 1990 V R 30/86, BFH/NV 1991, 126 zur Verselbständigung der Testamentsvollstreckung gegenüber der anwaltlichen Tätigkeit). Für diese Rechtsprechung spricht das Gebot verfassungsrechtlicher Gleichbehandlung in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, weil sich für unterschiedliche steuerrechtliche (hier insbesondere gewerbesteuerrechtliche) Folgen der Ausübung eines solchen verselbständigten Berufs je nach Vorliegen oder Nichtvorliegen einer freiberuflichen Qualifikation i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG keine Rechtfertigung findet, wenn der verselbständigte Beruf seinem Berufsbild nach keine Ausbildung oder Zulassung für einen der Katalogberufe i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG voraussetzt (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juni 2010 VIII R 10/09, BStBl II 2010, 906, mit weiteren Nachweisen – m. w. N. -).
Die Tätigkeit des DSB stellt nach Ansicht des BFH in BStBl II 2003, 761, und BFH/NV 2003, 1557, zu der Fragestellung, ob die Tätigkeit des DSB mit dem tradierten Beruf des beratenden Betriebswirts vergleichbar bzw. diesem ähnlich ist, ausgehend von den ihm gesetzlich vorgegebenen Aufgaben nach dem BDSG vor seiner Novellierung im Jahr 2003 einen völlig eigenständigen und neuen Beruf dar. Dies zeigt sich nach Auffassung des BFH nicht zuletzt auch daran, dass die sachgerechte, den gesetzlichen Anforderungen des Datenschutzgesetzes entsprechende Beratungstätigkeit des DSB neben den betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen in erheblichem Umfang Kenntnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen voraussetzt. So muss der DSB, um die in § 37 Abs. 1 BDSG 1990 (nunmehr § 4g BDSG) geregelten Aufgaben erfüllen zu können, auch über umfangreiche juristische Kenntnisse zum Datenschutzrecht verfügen, was nicht nur vertiefte Kenntnisse der Regelungen des Bundes- und des jeweiligen Landesdatenschutzgesetzes voraussetzt, sondern auch Kenntnisse bezüglich der datenschutzrelevanten Spezialregelungen im Zivil-, Straf-, Steuer-, Sozial-, Arbeits- und Verwaltungsrecht. Daneben muss er umfangreiche technische Kenntnisse auf dem Gebiet der sog. Computer-Hardware und der unterschiedlichen System- und Anwendersoftware aufweisen. Im Hinblick auf die ihm obliegende Mitarbeiterschulung muss der Datenschutzbeauftragte zudem über pädagogische Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen. Der Beruf des Datenschutzbeauftragten kann daher auf Grund des bezeichneten Anforderungsprofils nur dann mit der erforderlichen Fachkunde ausgeübt werden, wenn theoretisches Grundwissen erworben wird, welches den Lehrinhalten verschiedener Hochbzw. Fachhochschulstudiengänge (Ingenieur-, Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre und Pädagogik) zugeordnet ist. Dabei erstreckt sich der erforderliche interdisziplinäre Wissensstand aber nur auf Teilbereiche dieser Studiengänge, so dass es weder der Absolvierung noch des Abschlusses eines dieser Hochbzw. Fachhochschulstudiengänge bedarf. Bei derartigen Beratungen auf interdisziplinären Wissensgebieten ist typischerweise ein eigenständiges Berufsbild anzunehmen, das in seiner völligen Ausrichtung auf Bereiche wie Marktforschung, EDV, Telekommunikation oder wie vorliegend Datenschutz mit dem des überkommenen Berufs des beratenden Betriebswirts nicht vergleichbar ist (vgl. BFH in BStBl II 2003, 761, und in BFH/NV 2003, 1557, jeweils m. w. N.).
2. Entgegen der Ansicht des Klägers haben sich durch die Neufassung der Aufgabenbeschreibung eines DSB in § 4g Abs. 1 Satz 1 BDSG, wonach dieser auf die Einhaltung des BDSG und anderer Vorschriften zum Datenschutz hinzuwirken hat, anstelle der Regelung in § 37 Abs. 1 Satz 1 BDSG 1990, nach der der DSB die Ausführung des BDSG sowie anderer Vorschriften über den Datenschutz sicherzustellen hatte, die Aufgaben des DSB und dessen Rolle für das Unternehmen nicht in einem Maße geändert, dass die Grundsätze der BFH-Urteile in BStBl II 2003, 761, und BFH/NV 2003, 1557, nicht mehr anzuwenden wären. Dies folgt u. a. daraus, dass die Beschreibung der vornehmlichen Aufgaben des DSB, wie sie in § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG 1990 einerseits bzw. § 4g Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG andererseits zu finden ist, nach wie vor wortgleich formuliert ist. Sowohl nach dem BDSG 1990 als auch nach dem BDSG neuer Fassung war und ist der DSB gegenüber dem Unternehmen nicht weisungsbefugt, weshalb er sich zur wirksamen Erfüllung seiner Kontroll- und Beratungsfunktion in Zweifelsfällen an die Aufsichtsbehörde (§ 37 Abs. 1 Satz 3 BDSG 1990) bzw. die für die Datenschutzkontrolle bei der verantwortlichen Stelle zuständige Behörde wenden kann (§ 4g Abs. 1 Satz 2 BDSG). Dies zeigt, dass sich die Rolle des DSB nicht von der eines exekutiv Mitverantwortlichen zu der eines lediglich Beratenden ohne Durchsetzungsmöglichkeiten gewandelt hat, wie der Kläger durch seine Interpretation der Termini die Ausführung der Datenschutzgesetze sicherstellen bzw. auf deren Einhaltung hinwirken nahezulegen versucht. Der BFH sah den DSB in BStBl II 2003, 761, und BFH/NV 2003, 1557, unter Zugrundelegung des BDSG 1990 vornehmlich in beratender Funktion, wenn er darauf verweist, dass bei „derartigen Beratungen auf interdisziplinären Wissensgebieten“ typischer Weise ein eigenständiges Berufsbild anzunehmen sei (vgl. Urteilsgründe in BStBl II 2003, 761, unter II 1. c). Auch dies spricht nicht dafür, dass sich die Rolle des DSB, die der Kläger nach der aktuellen Fassung des BDSG als eine beratende qualifiziert, durch die Novellierung des BDSG durchgreifend geändert hätte.
Es ist dem Kläger zwar sowohl darin beizupflichten, dass es nicht Aufgabe des DSB ist, die Technik zu betreuen, mit der die Datenverarbeitung betrieben wird, als auch darin, dass bei der Aufgabe, die Ausführung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen sicherzustellen, bzw. auf die Einhaltung der Datenschutzgesetze hinzuwirken, eine detaillierte Kenntnis der Datenschutzgesetze und anderer rechtlicher Bestimmungen erforderlich ist. Das Hinwirken auf die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen setzt aber zweifelsohne auch umfangreiche Kenntnisse der Informations- und Telekommunikationstechnologie und der Datensicherheit voraus. Selbst wenn Adressat des § 9 BDSG das Unternehmen selbst und nicht der DSB ist, kann der DSB die Wirksamkeit technischer und organisatorischer Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen nur beurteilen, wenn er die Wirkweise dieser Maßnahmen jedenfalls in Grundzügen zu beurteilen vermag. Dies bedeutet aus Sicht des Senats, dass es sich nach wie vor bei dem Beruf des DBS um ein eigenständiges Berufsbild handelt, da – wie der BFH ausgeführt hat – Beurteilungen und Beratungen auf interdisziplinären Wissensgebieten stattfinden. Es handelt sich gerade nicht ausschließlich um eine originär rechtsberatende Tätigkeit.
Der Kläger geht fehl, wenn er ausführt, dass eine rechtliche Spezialmaterie ausschließlich dann verstanden und beherrscht werden könne, wenn die allgemeine Rechtslehre dazu verstanden und beherrscht werde, es also für die qualifizierte Ausübung des Berufs des DSB eines rechtswissenschaftlichen Abschlusses bedürfe, weshalb es sich schon unter Geltung des BDSG 1990 um eine rechtsberatende Tätigkeit gehandelt haben müsse. Hiervon ist der BFH nicht ausgegangen, wenn er darlegt, dass der Beruf des DSB nur dann mit der erforderlichen Fachkunde ausgeübt werden kann, wenn theoretisches Grundwissen erworben wird, welches den Lehrinhalten verschiedener Hochbzw. Fachhochschulgänge zugeordnet ist, sich der erforderliche interdisziplinäre Wissensstand aber nur auf Teilbereiche der Studiengänge (z. B. der Rechtswissenschaften) bezieht, sodass es weder der Absolvierung noch des Abschlusses eines Hochbzw. Fachhochschulstudiums bedarf (vgl. Urteilsgründe in BStBl II 2003, 761, unter II 1. c). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat an, wobei dies seiner Ansicht nach gleichermaßen für die Ausübung des Berufs des DSB unter Geltung des BDSG gilt. Den Bestimmungen des BDSG ist nicht zu entnehmen, dass zum DSB nur bestellt werden kann, wer über einen Abschluss im Fach Rechtswissenschaften verfügt, d. h. gleichzeitig auch den Beruf des Rechtsanwalts ausüben kann. Aus der Beschreibung der Tätigkeit als einer beratenden folgt dies jedenfalls nicht.
Schließlich steht der Umstand, dass auch bei der Ausübung anderer Katalogberufe i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG Kenntnisse auf anderen Wissensgebieten erforderlich sein können, nicht der Auffassung entgegen, dass hinsichtlich der Tätigkeit des DSB ein eigenständiges Berufsbild anzunehmen ist. Vielmehr ist es alleinige Aufgabe des Gesetzgebers, den in § 18 EStG genannten Katalogberufen neue Berufe hinzuzufügen (vgl. insoweit auch Wendt in Entscheidungen des BFH für die Praxis der Steuerberatung – BFH-PR – 2003, 407).
3. Zu einem anderen Ergebnis führt auch die Betrachtung der konkreten Tätigkeit des Klägers als DSB nicht. Selbst wenn in etlichen vom Kläger mit Unternehmen geschlossenen Verträgen geregelt ist, dass er datenschutzrechtliche Prüfungen, Vorabkontrollen, Beratungen und Stellungnahmen schuldet, ist den vertraglichen Gestaltungen jedoch gleichzeitig zu entnehmen, dass er diejenigen Aufgaben gegenüber den Unternehmen übernommen hat, die das BDSG als Aufgaben eines DSB definiert. So ist der Aufgabenumfang des Klägers jeweils unter Berücksichtigung der Bestimmungen in § 4g BDSG geregelt, der die Aufgaben des DSB im BDSG beschreibt. Der Kläger wurde von den Unternehmen auch jeweils explizit schriftlich gemäß § 4f BDSG zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt; dies hatte auf Seiten der jeweiligen Unternehmen ersichtlich den Zweck, der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 4f Abs. 1 Satz 1 BDSG nachzukommen, als nicht-öffentliche Stelle, die personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet, einen DSB zu bestellen. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger nicht in gleicher Weise wie sonstige DSB tätig zu werden verpflichtet war und dies im Einzelfall auch gewesen ist. Soweit der Kläger im Einzelfall gegenüber den Unternehmen, für die er als DSB tätig wird, Leistungen erbringt, die von der Tätigkeit als DSB trennbar und als rechtsanwaltliche Tätigkeit zu qualifizieren sind, mögen diese der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers zuzurechnen sein. Dies hindert jedoch nicht die Einordnung seiner Tätigkeit als DSB als gewerbliche Unternehmertätigkeit mit der Folge, dass das FA ihn in Anbetracht der erheblichen Einkünfte aus der Tätigkeit als DSB im Jahr 2010 gemäß Bescheid vom 8. August 2012 zu Recht aufgefordert hat, künftig für den Gewerbebetrieb DSB Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und die Entscheidung über die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

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