Europarecht

Normenkontrollantrag – Verordnung über geschützten Landschaftsbestandteil (Schutzwürdigkeit von Eichen)

Aktenzeichen  14 N 15.1171

Datum:
18.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NuR – 2017, 870
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 47
BNatSchG § 29 BNatSchG

 

Leitsatz

1. § 29 BNatSchG stellt ein Instrument des Objektschutzes dar. Ausgehend vom Standpunkt eines gegenüber den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters muss die Objekthaftigkeit anhand von eindeutigen, objektivierbaren Merkmalen in der Natur zu erkennen sein. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. An die Erforderlichkeit im Sinne des § 29 Abs. 1 BNatSchG sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Eine Unterschutzstellung ist nicht erst bei natur- oder denkgesetzlicher Unabweisbarkeit erforderlich, sondern bereits dann, wenn sie als vernünftig geboten erscheint. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ob ein Objekt für die Erfüllung der vorgesehenen Funktion über einen gewissen Zeitraum geeignet ist, ist in jedem Einzelfall unter Heranziehung fachlicher Bewertungen zu prüfen. Dabei kommt es insbesondere auf die Art des Objekts, dessen Zustand und Verkehrssicherheit an. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist nicht begründet.
I.
Der Normenkontrollantrag ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
1. Die von der Antragstellerin beanstandete Verordnung über den geschützten Landschaftsbestandteil „Eichen am Sportplatzweg“ in Markt Indersdorf vom 20. Mai 2014 (nachfolgend: Verordnung) ist eine Rechtsvorschrift im Rang unter dem Landesgesetz‚ über deren Gültigkeit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO‚ Art. 5 Satz 1 AGVwGO auf Antrag entscheidet.
2. Die Antragstellerin ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Hiernach kann den Antrag unter anderem jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich aus einer möglichen Verletzung ihres Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hinsichtlich ihres im Geltungsbereich der streitgegenständlichen Verordnung gelegenen Grundstücks, insbesondere wegen der Verbotsregelungen in § 2 der Verordnung.
3. Die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ist gewahrt; die Verordnung ist am 30. Mai 2014 im Amtsblatt veröffentlicht worden, der Antrag ist am 1. Juni 2015 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen. Da der 30. Mai 2015 auf einen Samstag fiel‚ endete die Frist erst am Montag‚ den 1. Juni 2015 (§ 57 Abs. 1 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187, 188 Abs. 2, § 193 BGB).
II.
Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet.
1. Fehler in Bezug auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren (Art. 12 Abs. 1 Satz 1‚ Art. 51 Abs. 1 Nr. 4‚ Art. 52 BayNatSchG in der bei Erlass der Verordnung maßgeblichen Fassung vom 23. Februar 2011 – GVBl S. 82 -, Art. 51 LStVG) wurden von der Antragstellerin nicht (mehr) gerügt (vgl. Niederschrift vom 16.5.2017 S. 2) und sind auch sonst nicht ersichtlich.
2. Die angegriffene Verordnung entspricht materiellem Recht. Die Verordnung ist von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1‚ § 20 Abs. 2 Nr. 7‚ § 22 Abs. 1 und 2 BNatSchG gedeckt und hält sich mit ihren Bestimmungen innerhalb der Grenzen einer rechtmäßigen Abwägung.
a) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG können Teile von Natur und Landschaft‚ deren besonderer Schutz aus den näher in den Nr. 1 bis 4 genannten Gründen erforderlich ist‚ rechtsverbindlich als geschützte Landschaftsbestandteile festgesetzt werden. Geschützte Landschaftsbestandteile stellen – auch bei einer Flächenhaftigkeit des Schutzgegenstands – eine Kategorie des Objektschutzes dar. Dies ist in der zu § 29 BNatSchG ergangenen Rechtsprechung und Literatur unbestritten und lässt sich nicht nur anhand von Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Vorschrift eindeutig aus dem Gesetz ermitteln, sondern wird auch durch die Gesetzeshistorie sowie die zu den Vorgängerregelungen des § 29 BNatSchG ergangene frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt (vgl. dazu ausführlich BayVGH, U.v. 28.7.2016 – 14 N 15.1870 – BayVBl 2017, 125 Rn. 79 ff. m.w.N.). Aus der Einordnung des § 29 BNatSchG als Instrument des Objektschutzes folgt, dass sich das zu schützende Objekt optisch hinsichtlich seiner Naturausstattung zur umgebenden Landschaft abgrenzen muss; in der Natur muss sich widerspiegeln, dass diese Schutzkategorie dem Objektschutz dient. Ausgehend vom Standpunkt eines gegenüber den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters (vgl. BVerwG, U.v. 21.1.2016 – 4 A 5.14 – BVerwGE 154, 73 Rn. 146 m.w.N.) muss die Objekthaftigkeit anhand von eindeutigen, objektivierbaren Merkmalen in der Natur zu erkennen sein. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich im konkreten Einzelfall anhand der jeweiligen Örtlichkeit (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2016 a.a.O. Rn. 103 m.w.N.). Als mögliche Abgrenzungskriterien kommen Besonderheiten in der Topographie, unterschiedliche Farbstrukturen und Zusammensetzung der jeweiligen Flora, gut erkennbare unterschiedliche Wuchshöhen oder sonstige optisch eindeutige, sich aus der Naturausstattung ergebende Unterscheidungsmerkmale in Betracht. Die optische Abgrenzbarkeit eines Landschaftsbestandteils kann sich dabei durchaus daraus ergeben, dass er (weitgehend) nur aus einer Gattung besteht und die Gattung – vor allem in den Randbereichen – optisch deutlich prägend erscheint (vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2016 a.a.O. Rn. 80; U.v. 19.1.2017 – 14 B 15.1245 – juris Rn. 20). Der Einordnung eines Schutzgegenstands als Landschaftsbestandteil steht eine gewisse Ausdehnung ins Flächenhafte nicht entgegen, solange die bei natürlicher Betrachtung feststellbare Abgrenzbarkeit von der jeweiligen Umgebung gegeben ist (vgl. P. Fischer-Hüftle/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2010, § 29 Rn. 2). Gemessen daran sind die drei streitgegenständlichen Eichen ein taugliches Schutzobjekt im Sinn des § 29 Abs. 1 BNatSchG, da sie trotz der nicht unter Schutz gestellten und erst nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitraum, dem Erlass der Verordnung, gefällten Eiche Nr. 2 hier noch als abgrenzbares Einzelgebilde erkennbar waren. Denn der Standort von Eiche Nr. 2 befand sich zwischen der Eiche in der Südwestecke des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung Markt Indersdorf sowie der beiden auf diesem Grundstück am südlichsten stehenden Eichen, so dass die drei Eichen zur umgebenden Landschaft außerhalb der Baumreihe optisch abgrenzbar waren.
b) Als geschützte Landschaftsbestandteile können gemäß § 29 Abs. 1 BNatSchG Teile von Natur und Landschaft festgesetzt werden‚ deren besonderer Schutz erforderlich ist (1.) zur Erhaltung‚ Entwicklung und Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, (2.) zur Belebung‚ Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes, (3.) zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder (4.) wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten. Die in § 1 Abs. 2 der Verordnung genannten Schutzzwecke der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts‚ der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und der Belebung des Orts- und Landschaftsbilds entsprechen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und rechtfertigen die Unterschutzstellung der streitgegenständlichen Eichen. Ihr besonderer Schutz ist erforderlich im Sinne des § 29 Abs. 1 BNatSchG‚ wobei an die Erforderlichkeit keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Eine Unterschutzstellung ist nicht erst bei natur- oder denkgesetzlicher Unabweisbarkeit erforderlich‚ sondern bereits dann‚ wenn sie als vernünftig geboten erscheint (stRspr. vgl. z.B. BayVGH‚ U.v. 31.10.2007 – 14 N 05.2125‚ 14 u.a. – VGH n.F. 61, 41). Ausreichend ist‚ wenn mindestens einer der genannten Schutzzwecke vorliegt (vgl. P. Fischer-Hüftle/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle‚ Bundesnaturschutzgesetz‚ § 29 Rn. 6).
aa) Der Schutz der Eichen ist für die Belebung des Orts- und Landschaftsbilds erforderlich. Zur Belebung des Orts- und Landschaftsbilds sind alle Teile von Natur und Landschaft geeignet, die zu einem abwechslungsreichen Landschaftsbild beitragen. Im besiedelten Bereich sind dies vor allem Einzelbäume‚ Gebüsche oder unbebaute Grünflächen (vgl. P. Fischer-Hüftle/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., Rn. 9). Gerade Stieleichen, wie die streitgegenständlichen, gehören zu den eindrucksvollsten und mächtigsten Bäumen. Freistehende, alte Exemplare sind von großer Schönheit und wie kaum eine andere heimische Baumart von stark landschaftsprägender Wirkung; auch in den Städten haben sich Stieleichen gut bewährt (vgl. Gutachten des Sachverständigen W* … v. 6.2.2013 S. 12, Bl. 199 ff. der Normaufstellungsakte). Bereits in dem mit Satzung vom 26. Juli 2012 aufgehobenen Bebauungsplan Nr. 13c „Holdenried“ des Markts Markt Indersdorf wurden die Bäume daher als besonders erhaltenswert eingestuft und zusammen mit anderen geplanten Bäumen am Marktplatz und einer straßenbegleitenden Bepflanzung in der Marktgasse als Rückgrat der Begrünung im Ortszentrum angesehen. Wie die der Normaufstellungsakte beiliegenden Luftbildaufnahmen belegen (vgl. Bl. 150, 327), ist der Eichenreihe in unmittelbarer Nachbarschaft zur St.-Bartholomäuskirche mit Friedhof‚ zum Rathaus und zum Marktplatz eine mitprägende Wirkung für das Ortszentrum von Markt Indersdorf zuzumessen.
bb) Neben der augenscheinlichen Belebung des Orts- und Landschaftsbildes kommt der Eichenreihe auch Bedeutung für den Erhalt der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und für die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu. Gerade aufgrund baulicher Verdichtung sind Bäume besonders wichtig zur Erhaltung des Lebensraumangebots für Tierarten wie Fledermäuse‚ Schmetterlinge, Insekten und Vögel und tragen als Filter für Luftschadstoffe erheblich zur örtlichen Klimaverbesserung bei.
cc) Die Schutzwürdigkeit der Eichen Nr. 3 und 4 wird zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung nicht dadurch in Frage gestellt‚ dass sie – anders als die Eiche Nr. 1 – der Vitalitätsstufe 2 und nicht der Vitalitätsstufe 1 zuzuordnen sind. Ob ein Objekt für die Erfüllung der vorgesehenen Funktion über einen gewissen Zeitraum geeignet ist, ist in jedem Einzelfall unter Heranziehung fachlicher Bewertung zu prüfen. Dabei kommt es insbesondere auf die Art des Objekts (z.B. lang- oder kurzlebige Bäume)‚ deren Zustand und Verkehrssicherheit an. Dem Gutachten des Sachverständigen W* … vom 6. Februar 2013 ist nichts dafür zu entnehmen‚ dass die Bäume Nr. 3 und 4 nur mehr eine geringe Lebenserwartung haben oder deren Zustand sich durch Krankheiten oder sonstige Verschlechterungen in absehbarer Zeit ändern bzw. sie die vorgesehenen Funktionen nicht erfüllen könnten. Zweck des Gutachtens vom 6. Februar 2013 war neben der Klärung der Frage nach der Verkehrssicherheit der Eichen u.a. auch die Klärung ihres aktuellen Zustands (vgl. Frage 1 auf S. 3 des Gutachtens). Die vier Eichen wurden zunächst visuell untersucht und aus den diesbezüglichen Erkenntnissen wurde die eingehende Untersuchung mit wissenschaftlich anerkannten Messgeräten abgeleitet (vgl. S. 28 des Gutachtens). Auch wenn die Eichen Nr. 3 und 4 entsprechend der Vitalitätsbeurteilung nach Rohloff der Vitalitätsstufe 2 (Stagnationsphase) zuzuordnen sind (vgl. S. 16 des Gutachtens), enthält das Gutachten keine Aussagen dahingehend, dass sich die beiden Eichen Nr. 3 und 4 schon am Ende ihrer Stagnationsphase im unmittelbaren Übertritt zur Resignationsphase (Vitalitätsstufe 3) befänden. Erst bei einer anhaltenden Stagnationsphase, wenn u.a. die Äste absterben und der Kronenmantel an allen Stellen zerklüftet, ist der Erhalt eines Baums in dieser dann eintretenden Resignationsphase nicht mehr zu befürworten und eine Fällung – wie für Eiche Nr. 2 (vgl. S. 46 des Gutachtens) – zu empfehlen. Dagegen haben die Jahrringanalysen auch für die Bäume Nr. 3 und 4 ein positives Bild ergeben (vgl. S. 46 des Gutachtens), wobei auch zu berücksichtigen ist, dass Eichen grundsätzlich ein hohes Alter erreichen können und der Sachverständige das Alter der streitgegenständlichen Eichen auf 120 bis 140 Jahre schätzt.
Das Gutachten ist schlüssig und in sich widerspruchsfrei. Anhaltspunkte dafür‚ dass der Sachverständige fachlich nicht geeignet oder von einer falschen Tatsachengrundlage ausgegangen ist, wurden von der Antragstellerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Ebenso wenig ergeben sich Bedenken gegen die gutachterliche Methodik. Zwar handelt es sich um ein im Verwaltungsverfahren eingeholtes Gutachten im Auftrag der unteren Naturschutzbehörde‚ angesichts der strengen Bindung der Exekutive an Recht und Gesetz und das regelmäßig fehlende Eigeninteresse einer Behörde ist es gerechtfertigt‚ entsprechende Gutachten grundsätzlich als dem Neutralitäts- und Objektivitätsgebot entsprechend anzusehen (vgl. Geiger in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014, § 98 Rn. 22). Zwar verweist die Antragstellerin zu Recht darauf‚ dass der Antragsgegner nach der Ortseinsicht vom 31. Juli 2012 von erheblichen Vitalitätseinbußen der Eichen Nr. 3 und 4 ausgegangen ist und daher von einer einstweiligen Sicherstellung und Unterschutzstellung Abstand genommen hat; die anlässlich dieses Ortstermins erfolgte Prüfung erfolgte jedoch ausweislich des Ergebnisprotokolls vom 6. August 2012 (vgl. Bl. 98 f. der Normaufstellungsakte) durch einen von der Antragstellerin beauftragten Sachverständigen, der – hiervon ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Protokoll auszugehen – die Eichen ausschließlich visuell untersuchte und kein ähnlich in die Tiefe und ins Detail gehendes Gutachten wie das Gutachten vom 6. Februar 2013 erstellte.
dd) Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Schutzbedürftigkeit der Eichenreihe. Sie ist bei einer abstrakten Gefährdung der gesetzlichen Schutzgüter zu bejahen, die bereits dann vorliegt, wenn ein Schadenseintritt ohne die vorgesehene Maßnahme nicht nur als entfernte Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2016 – 14 N 14.2400 – juris Rn. 37). Durch die Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 13c „Holdenried“ und die dadurch bedingte Einstufung des Grundstücks als Innenbereich gem. § 34 BauGB war eine dichtere Bebauung des Grundstücks zu erwarten und es bestand zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung jedenfalls die abstrakte Gefahr, dass die Eichen für eine Optimierung der Bebaubarkeit, zur Vermeidung von Schutzmaßnahmen während der Bauphase und zur Vermeidung von Beschattung sowie Abwurf von Laub und Totholz durch die an der Südgrenze stehenden Bäume beseitigt werden könnten.
c) Dem Antragsgegner kann entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht entgegengehalten werden, er habe sein Normsetzungsermessen fehlerhaft ausgeübt. Das Normsetzungsermessen ist geprägt durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der gegenüberstehenden Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes auf der einen und der Nutzerinteressen der von Nutzungsbeschränkungen betroffenen Grundeigentümer auf der anderen Seite (vgl. BVerwG, B.v. 1.2.2007 – 7 BN 1.07 – juris Rn. 7).
Die Antragstellerin wird durch die angegriffene Verordnung, die sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellt, nicht unverhältnismäßig in ihrem Eigentumsrecht eingeschränkt. Durch Inhalts- und Schrankenbestimmungen darf der Kernbereich der Eigentumsgarantie allerdings nicht ausgehöhlt werden. Dies ist dann zu bejahen, wenn keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit für den Eigentümer mehr besteht (vgl. BVerfG, U.v.2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – BVerfGE 100, 226), wobei es nicht darauf ankommt, dass der Eigentümer die Nutzungsmöglichkeiten gerade für sich als sinnvoll erachtet. Bestimmt erst der Verordnungsgeber Inhalt und Schranken des Eigentums, reicht es aus, wenn er in der Rechtsverordnung durch Ausnahme- und Befreiungsregelungen Vorkehrungen trifft, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers vermeiden (vgl. BayVGH, U.v. 31.10.2007 – 14 N 05.2125 u.a. – VGH n.F. 61, 41). Dies ist vorliegend der Fall. Durch die in §§ 3 und 4 der Verordnung geregelten Ausnahmen und Befreiungen werden die Interessen der Eigentümerin im Einzelfall hinreichend berücksichtigt. Unabhängig davon wird durch die Unterschutzstellung der sich an der Grenze des Grundstücks befindlichen Eichen dessen Bebaubarkeit nicht eingeschränkt und die für die Bauphase vorübergehend notwendigen Schutzmaßnahmen sind als zumutbar anzusehen. Die von der Antragstellerin befürchtete Belastung in Form von Pflegemaßnahmen und Monitoring gerade der Bäume mit geringerer Vitalitätsstufe ergibt sich schon deshalb nicht, weil der Antragsgegner mit dem Markt Markt Indersdorf eine Vereinbarung zur Übernahme von Kontrollen und notwendiger Pflege- und Verkehrssicherungsmaßnahmen sowie der Kostentragung getroffen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen