Aktenzeichen AN 11 S 17.00392, AN 11 K 17.00393
Leitsatz
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsstellerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
4. Die Anträge auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Antrags- und Klageverfahren werden abgelehnt.
Gründe
I.
Die … geborene Klägerin und Antragstellerin zu 1 und ihre Tochter, die am … Januar 2014 geborene Klägerin und Antragstellerin zu 2, sind irakische Staatsangehörige und am … Juli 2016 mit Schengen-Visa (gültig: 26.06.2016 bis 23.09.2016) in das Bundesgebiet eingereist. Die Visa wurden zum Zweck der medizinischen Behandlung der Antragstellerin zu 2 in … ausgestellt. Nach Anforderung entsprechender Unterlagen wurde die Liquidation eines Augenarztes aus G. vorgelegt; dieser ist zu entnehmen, dass lediglich eine Untersuchung am 14. Juli 2016 erfolgte.
Am 20. Juli 2016 schloss die Antragstellerin zu 1 mit dem irakischen Staatsangehörigen …, Inhaber einer Niederlassungserlaubnis, nach dem vorgelegten Trauschein in Dänemark die Ehe. Nach dem Schreiben der Bevollmächtigten (vom 8.12.2016) handelt es sich bei dem Ehemann der Antragstellerin zu 1 um den Vater der Antragstellerin zu 2; zum Nachweis wurde für diese die Kopie einer englischen Übersetzung der Geburtsurkunde vorgelegt. Das für die Antragstellerin zu 1 vorgelegte Prüfungszeugnis über einfache Sprachkenntnisse (vom 29.09.2016) beinhaltet das Ergebnis: „NICHT bestanden“.
Am 4. Oktober 2016 wurde für die Antragstellerin zu 1 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise einer Duldung beantragt. Am 24. Oktober 2016 gingen bei der Beklagten und Antragsgegnerin Formblattanträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der ärztlichen Behandlung der Antragstellerin zu 2 in … für die Antragstellerinnen ein.
Nach Anhörung zur beabsichtigen Antragsablehnung teilte die Bevollmächtigte der Antragstellerinnen mit, mit der vorgelegten Geburtsurkunde dürfte die Vaterschaft nachgewiesen sein. Rechtsgrundlage für die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerinnen sei § 30 AufenthG. Die Beklagte werde aufgefordert, die Vorabzustimmung für ein Visum in Aussicht zu stellen. Auf einen Vergleichsfall, in dem eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei, werde verwiesen. Die geforderte Ausreise sei nicht mit Art. 6 GG vereinbar.
Mit Bescheiden vom … Februar 2017 lehnte die Beklagte jeweils die Erteilung eines Aufenthaltstitels ab (Nr. I). Die Antragstellerinnen wurden aufgefordert das Bundegebiet bis spätestens 19. März 2017 zu verlassen; die Abschiebung in den Irak wurde angedroht (Nr. II und III). Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitel i.S.d. Aufenthaltsgesetzes stehe den Antragstellerinnen nicht zu, die Voraussetzungen für eine Titelerteilung im Ermessenswege lägen nach Aktenlage ebenfalls nicht vor. Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, insbesondere die Einreise mit dem erforderlichen Visum einschließlich der maßgeblichen Angaben im Visumverfahren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) seien nicht erfüllt. Beim vorliegenden Sachverhalt sei die Einholung von Aufenthaltstiteln im Inland nach § 39 AufenthV nicht zulässig, da die Antragstellerinnen im Antragszeitpunkt nicht mehr im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels, insbesondere keines gültigen Visums, gewesen seien. Vom Visumerfordernis des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG könne auch nicht im Ermessenswege abgesehen werden. Aufgrund der fehlenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bestehe für eine Ermessensentscheidung kein Raum. Doch selbst im gegenteiligen Fall müsste das Ermessen negativ ausgeübt werden. Der Antrag sei bereits wegen des zur Vorbereitung des Familiennachzugs vorgesehenen, jedoch nicht zu diesem Zweck durchgeführten Visumverfahrens abzulehnen und das Verhalten der Antragstellerinnen zeige, dass eine dringende medizinische Behandlung der Antragstellerin zu 2 bei der Beantragung der Schengen-Visa vorgeschoben worden sei. Dieses Verhalten der Antragstellerin zu 1 verwirkliche jedenfalls ein Ausweisungsinteresse i.S.d. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG; dieses stehe nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG der Erteilung eines Aufenthaltstitel ebenfalls entgegen. Für die Antragstellerin zu 1 seien die speziellen Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllt; einfache Sprachkenntnisse seien nicht nachgewiesen, die vorgelegte Eheurkunde enthalte nicht die für die Wirksamkeit erforderliche Apostille durch die dänischen Behörden. Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2 sei die Vaterschaft nicht nachgewiesen. Duldungsgründe lägen für beide Antragstellerinnen nicht vor.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. Februar 2017 (eingegangen am 1.3.2017) haben die Antragstellerinnen Klage erhoben (anhängig unter dem Az. AN 11 K 17.00393) und – neben der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klage- und Antragsverfahren – beantragt,
Der Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2017 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern eine Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise eine Duldung zu erteilen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei stattzugeben, da die Antragstellerin zu 1 die Ehefrau des irakischen Staatsangehörigen … sei, dieser sei im Besitz einer Niederlassungserlaubnis und die Antragstellerin zu 2 sei dessen Tochter. Zum Nachweis der Eheschließung wurde die Kopie einer internationalen dänischen Heiratsurkunde vom 20. Juli 2016, die mit einer Apostille vom 10. April 2017 versehen ist, nachgereicht. Die Kopie der notariellen Anerkennung der Vaterschaft für die Antragstellerin zu 2, die auch die Zustimmung der Antragstellerin zu 1 hierzu beinhaltet, und ein Sprachzertifikat (Deutsch 1, Europaratsstufe A1 vom 19.4.2018) wurden jeweils in Kopie vorgelegt.
Mit Schreiben der Bevollmächtigten vom 27. Dezember 2018 wurde die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt Belegen nachgereicht.
Die Beklagte und Antragsgegnerin hat beantragt,
die Klage abzuweisen und den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde auf die streitgegenständlich Bescheide Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Die Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben keinen Erfolg.
a) Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 84 Abs. 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ist nicht statthaft, weil die gegenständlichen Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, zu deren Wiederaufleben ein Antrag nach § 80 Absatz 5 VwGO führen könnte, nicht ausgelöst haben. Insoweit sind die Anträge bereits unzulässig.
Zwar ordnet § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG an, dass der bisherige Aufenthaltstitel als fortbestehend gilt, oder lässt eine entsprechende Anordnung der Ausländerbehörde zu (§ 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG). Dies gilt gemäß § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG jedoch nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1 AufenthG, also für ein sog. Schengen-Visum. Mit der Einfügung des Satzes 2 in § 81 Abs. 4 AufenthG durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29. August 2013 (BGBl I, 3484) ist klargestellt worden, dass die Fortgeltungsfiktion nicht eintritt, wenn der Ausländer zunächst nur mit einem Besuchsvisum in die Bundesrepublik eingereist ist und dann während seines Aufenthalts einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für einen weitergehenden Daueraufenthalt stellt (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2015 – 10 CE 14.2123 – juris Rn. 2; Hailbronner, AuslR, Stand November 2018, § 81 Rn. 33). Die Schengen-Visa, mit denen die Antragstellerinnen am 1. Juli 2016 vorliegend eingereist sind, stellen Visa nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG dar. Demgegenüber kann in Fällen, in denen sich ein Ausländer rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne im Besitz eines Aufenthaltstitels – zu denen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG grundsätzlich auch ein Visum i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 AufenthG zählt – zu sein, nicht an einen bereits vorhandenen Aufenthaltstitel angeknüpft werden; nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gilt daher der Aufenthalt dann bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt und bei verspäteter Antragstellung nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG als geduldet. Für eine analoge Anwendung von § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist demnach vorliegend kein Raum; vielmehr ist allein § 81 Abs. 4 AufenthG anzuwenden (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2015 – 10 CE 14.2123 – juris Rn. 2; B.v. 21.2.2013 – 10 CS 12.2627 – InfAuslR 2013, 372, juris Rn. 12). Nachdem keine Fortgeltungswirkung der Schengen-Visa gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 und 3 AufenthG gegeben ist, liegt kein Fall des § 80 Abs. 5 VwGO vor.
Vorläufiger Rechtsschutz kann daher vorliegend nicht mehr mittels aufschiebender Wirkung einer Klage gegen die Versagung der Aufenthaltstitel, sondern nur noch im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO erlangt werden. Derartigen Rechtsschutz haben die Antragstellerinnen nicht beantragt (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand November 2018, § 81 Rn. 33; Samel in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, AufenthG § 81 Rn. 46 m.w.N.; NdsOVG, B.v. 12.11.2013 – 13 ME 190/13 – NVwZ-RR 2014, 157).
b) Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO der Klägerinnen und Antragstellerinnen sind insoweit zulässig, als sie gegen die gemäß Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes vollziehbaren Abschiebungsandrohungen (Nr. II und III der streitgegenständlichen Bescheide) gerichtet sind; sie sind jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen kraft Gesetzes, wie vorliegend, ausgeschlossen ist, die aufschiebende Wirkung anordnen. Dabei ist das Interesse der Antragstellerinnen am Suspensiveffekt ihres Rechtsbehelfs mit dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug abzuwägen. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt, wenn sich der Rechtsbehelf bei summarischer Überprüfung als erfolgslos erweist. Dagegen überwiegt das Interesse der Antragstellerinnen, wenn diese Überprüfung ergibt, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein wird, da kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug eines voraussichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht.
Die erforderliche, aber auch hinreichende summarische Überprüfung der angegriffenen Bescheide insoweit ergibt, dass die Rechtsbehelfe hiergegen voraussichtlich keinen Erfolg haben werden.
Die durch die Beklagte verfügten Abschiebungsandrohungen sind in der Sache nicht zu beanstanden. Gemäß § 59 AufenthG wurde zu Recht die Abschiebung angedroht, da die Antragstellerinnen keinen Aufenthaltstitel besitzen und sie vollziehbar ausreisepflichtig sind.
Die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurden in Nr. I der Bescheide vom 20. Februar 2017 zu Recht abgelehnt, da die Antragstellerinnen keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Aufenthaltstitel haben (s. nachfolgend unter 4). Demnach sind die Antragstellerinnen gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, da sie nicht im Besitz eines nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitels sind. Die Ausreisepflicht ist gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auch vollziehbar, da trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt vorliegend nicht nach § 81 Abs. 3 AufenthG als erlaubt bzw. der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 AufenthG nicht als fortbestehend gilt.
2. Gegen eine Auslegung der Anträge nach § 88 VwGO dahingehend, der Antragsgegnerin aufzugeben, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Abschiebungsmaßnahmen zu unterlassen, spricht, dass die Antragstellerinnen von einer Rechtsanwältin vertreten werden, die sich, anders als ein juristischer Laie, wegen ihrer Sachkunde an den gestellten Anträgen grundsätzlich festhalten lassen muss (vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 19 CE 17.2453 – juris; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 88 Rn. 9; Kothe in Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 88 Rn. 1; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 88 Rn. 6, 7). Im Übrigen wäre wohl auch ein Eilantrag auf Abschiebungsschutz nach derzeitiger Aktenlage nicht begründet (s.a. Nr. 4).
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und dem Ausländer keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern (§ 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG).
Der Antrag wäre im Übrigen auch nicht begründet (s.o.).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für die Antragsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 2 und 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffern 8.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klageverfahren ist mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Zivilprozessordnung – ZPO).
a) Gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B. v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (vgl. Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
b) Nach diesen Maßgaben haben die Klagen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Selbst wenn die Klägerinnen nach den vorgelegten Unterlagen nicht in der Lage sein sollten, die Kosten der Prozessführung zu bestreiten, so bietet jedoch die beabsichtigte Rechtsverfolgung voraussichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dabei würde genügen, dass sich die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen darstellen (BayVGH, B.v. 21.12.2009 – 19 C 09.1723 – juris Nr. 2). Hiervon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen.
Die Klägerinnen begehren einen Aufenthaltstitel für einen Familiennachzug zu einem Ausländer (§ 88 VwGO), hilfsweise eine Duldung. Die zulässigen Klagen sind voraussichtlich unbegründet. Die Klägerinnen haben voraussichtlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, so dass die versagenden Bescheide der Beklagten vom 20. Februar 2017 voraussichtlich rechtmäßig sind und die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
(1) Die Klägerinnen haben nach summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Versagung der Aufenthaltserlaubnis ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung für die Verpflichtungsklage. Für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kommt es auf den insoweit früheren Zeitpunkt der Bewilligungsreife an (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 19 C 18.54 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 11.1.2016 – 10 C 15.724 – juris Rn. 14 m.w.N.; BVerwG, B.v. 12.9.2007 – 10 C 39.07 u.a. – juris; BVerfG, B.v. 5.12.2018 – 2 BvR 2257/17 – juris).
Insbesondere hat die Klägerin zu 1 vorliegend keinen Anspruch gemäß §§ 29, 30 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach ist dem Ehegatten eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und der Ausländer einen in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG aufgelisteten Aufenthaltstitel besitzt.
Die Beklagte hat zu Recht bereits das Vorliegen der als maßgeblich zu erachtenden allgemeinen Voraussetzungen verneint. Neben den besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfordert der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen Familiennachzugs zu einem Ausländer grundsätzlich auch das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG (vgl. § 30 Abs. 3 AufenthG; BayVGH, B.v. 24.1.2019 – 10 CE 18.1871, 10 C 18.1874 – juris Rn. 25; Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 27 Rn. 80).
Unabhängig von den im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen (s.o. Kopie der internationalen dänischen Heiratsurkunde vom 20.7.2016 mit Apostille vom 10.4.2017 sowie des Sprachzertifikats Deutsch 1 vom 19.4.2018) erfüllt die Klägerin zu 1 nicht die Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, weil sie nicht mit einem zum Zweck des Familiennachzugs erteilten Visum eingereist ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Sie hätte vor der Einreise einen Antrag auf Erteilung eines Visums zum Zwecke des Familiennachzugs stellen und angeben müssen, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben will. Zutreffend führt die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Februar 2017 in diesem Zusammenhang aus, dass die Anwendung des § 39 AufenthV, der unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit einräumt, die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise einzuholen, nicht zur Anwendung kommt, da die Klägerin zu 1 schon im Antragszeitpunkt nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels, insbesondere keines gültigen Visums, war. Die Klägerin zu 1 ist demnach nicht zur Einholung eines Aufenthaltstitels im Inland ohne vorheriges Durchlaufen eines Visumverfahrens für ein nationales Visum (§ 39 Nr. 3 AufenthV: zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vgl. BVerwG, U.v. 11.1.2011 – 1 C 23/09 – BVerwGE 138, 353; BayVGH, B.v. 29.9.2009 – 19 CS 09.1405 – juris Rn. 4) berechtigt.
Es konnte vorliegend auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vom Visumserfordernis abgesehen werden, weil weder die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind, noch es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles unzumutbar erscheint, das Visumverfahren nachzuholen. Dies hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 20. Februar 2017 in nicht zu beanstandender Weise erkannt.
Es ist der Klägerin zu 1 auch nicht aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles unzumutbar, das Visumverfahren nachzuholen. Die zudem erfolgte Ausübung des Ermessens durch die Beklagte im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, nicht auf die Nachholung des Visumverfahrens zu verzichten und die Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden; Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist als Ausnahmebestimmung prinzipiell eng auszulegen und nach der Gesetzesbegründung soll die Durchführung des Visumverfahrens auch in „Anspruchsfällen“ die Regel bleiben. Letztlich soll durch das Visumverfahren sichergestellt werden, die Steuerungsmechanismen des Aufenthaltsgesetzes nicht lahm zu legen und die Zugangskontrollen nicht zu unterlaufen. Tatsächlich darf allerdings die Einhaltung der Visumsregeln auch nicht zum Selbstzweck werden. Erforderlich ist insgesamt eine Güterabwägung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, allerdings mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Einhaltung des Visumverfahrens der Regelfall bleiben soll und allein die Verpflichtung zur Einholung eines Visums vor der Einreise keine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG oder von Art. 8 EMRK darstellt. Die Nachholung des Visumverfahrens ist mit Kosten, Zeitaufwand und anderen Unannehmlichkeiten verbunden. Es ist allerdings ein legitimer Zweck, dem Eindruck bei anderen Ausländern entgegenzuwirken, dass durch eine Einreise ohne das entsprechende Visum „vollendete Tatsachen“ geschaffen werden können. Auch und gerade unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sind für die Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit – und ebenso für eine etwa anstehende Ermessensausübung – die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der Visumsregeln zu berücksichtigen.
Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass zuwanderungspolitische Ziele gegenüber den persönlichen Interessen der Klägerin zu 1 bzw. einer kurzfristigen familiären Trennung Vorrang haben. Die anzustellende Interessenabwägung ergibt nämlich, dass das private Interesse der Klägerin zu 1 (und zu 2) an einem weiteren vorübergehenden Verbleib im Bundesgebiet hinter dem öffentlichen Interesse zurückstehen muss, das Visumverfahren gemäß § 5 Abs. 2 AufenthG einzuhalten. Relevant ist bei dieser Interessenabwägung insbesondere, ob an einem nicht durch ein Visumverfahren unterbrochenen Aufenthalt des Ausländers ein öffentliches oder grundrechtlich geschütztes privates Interesse besteht und ob im konkreten Einzelfall das Nachholen des Visumverfahrens mit dem dahinterstehenden Grundgedanken noch vereinbar ist oder umgekehrt ohne Schaden von ihm abgewichen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2015 – 10 CE 14.2123 – juris; B.v. 9.9.2013 -10 CS 13.1448 – juris Rn. 11; Samel in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, AufenthG § 5 Rn. 142 f.). Gegen ein Absehen vom Visumerfordernis sprechen hier insbesondere Umstände, die darauf schließen lassen, dass die Klägerin zu 1 durch die Einreise mit einem Visum zu einem anderen Aufenthaltszweck vollendete Tatsachen schaffen wollte. Soll das Visumverfahren als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung seine Funktion wirksam erfüllen können, dürfen in die Interessenabwägung auch generalpräventive Aspekte einfließen (vgl. BVerwG, U.v. 11.1.2011 – 1 C 23/09 – juris Rn. 34). Demgegenüber wiegen die privaten Interessen der Klägerin zu 1 (und zu 2) nicht so schwer. Sie haben bis Juli 2016 in ihrem Heimatland gelebt, obwohl die Klägerin zu 2 bereits im Januar 2014 geboren wurde. Der Schutz von Ehe und Familie sowie des Privat- und Familienlebens nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK wird nicht in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigt, wenn die Klägerinnen zum Zwecke der Durchführung des Visumverfahrens in ihr Heimatland zurückkehren. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. B.v. 25.4.2014 – 10 CE 14.650 – juris Rn. 6) – der sich die Kammer anschließt – davon aus, dass weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK einen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt gewähren und dass es mit den in den genannten Bestimmungen enthaltenen wertentscheidenden Grundsatznormen grundsätzlich vereinbar ist, Ausländer, die nicht mit dem erforderlichen Visum eingereist sind, auf die Einholung dieses Visums zu verweisen. Nur wenn die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist, drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange mit der Folge zurück, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen sich als unverhältnismäßig erweisen (st. Rspr.; vgl. z.B. BayVGH vom 22.10.2013 – 10 C 13.1629 – juris Rn. 11). Derartige Gesichtspunkte sind hier aber nach Aktenlage weder dargelegt noch sonst ersichtlich, insbesondere ergeben sie sich nicht allein aus dem pauschalen Hinweis auf Art. 6 GG. Die Klägerinnen können in ihr Heimatland, in dem sie bisher ohne den Ehemann bzw. Vater gelebt haben, zurückkehren, was im Übrigen nur für den Zeitraum erforderlich ist, der benötigt wird, um ordnungsgemäß das Visumverfahren zu durchlaufen. Zumal die Beklagte dargelegt hat, dass hier von der vorsätzlichen Umgehung des für den Familiennachzug geregelten Visumverfahrens und falscher Angaben im Visumverfahren (s. Bl. 101 ff. der Behördenakte, Visumantrag vom 7.6.2016) auszugehen ist, so dass auch ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG einer Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufentG entgegensteht.
Die Klägerin zu 2 hat insbesondere keinen Anspruch gemäß §§ 29, 32 AufenthG. Danach ist dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil einen der aufgelisteten Aufenthaltstitel besitzt (§ 32 Abs. 1 AufenthG).
Die Beklagte hat zu Recht bereits das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen verneint. Neben den besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfordert der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen Familiennachzugs zu einem Ausländer – wie dargelegt – grundsätzlich auch das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG.
Unabhängig von den im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen (s.o. Kopie der notariellen Anerkennung der Vaterschaft für die Klägerin zu 2, die auch die Zustimmung der Klägerin zu 1 beinhaltet) und dem im Bescheid enthaltenen Hinweis hinsichtlich der Echtheit irakischer Urkunden erfüllt die Klägerin zu 2 nicht die Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, weil sie nicht mit einem zum Zweck des Familiennachzugs erteilten Visum eingereist ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Es hätte vor der Einreise ein Antrag auf Erteilung eines Visums zum Zwecke des Familiennachzugs gestellt und angegeben werden müssen, dass die Klägerin zu 2 auf Dauer in Deutschland bleiben will. Zutreffend führt die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Februar 2017 in diesem Zusammenhang aus, dass die Anwendung des § 39 AufenthV, der unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit einräumt, die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise einzuholen, nicht zur Anwendung kommt, da die Klägerin zu 2 schon im Antragszeitpunkt nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels, insbesondere keines gültigen Visums, war.
Es konnte vorliegend auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vom Visumserfordernis abgesehen werden, weil weder die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind, noch es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles unzumutbar erscheint, das Visumverfahren nachzuholen. Dies hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 20. Februar 2017 in nicht zu beanstandender Weise erkannt.
Es ist der Klägerin zu 2 auch nicht aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles unzumutbar, das Visumverfahren nachzuholen. Die zudem erfolgte Ausübung des Ermessens durch die Beklagte im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, nicht auf die Nachholung des Visumverfahrens zu verzichten und die Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden; Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO). Insoweit wird auf die vorgenannten Ausführungen zur Klägerin zu 1 verwiesen (s.o.).
(2) Die Klägerinnen haben nach summarischer Prüfung auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Duldung.
Die Abschiebung ist insbesondere auch nicht rechtlich unmöglich. Von einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung ist insbesondere auszugehen, wenn Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK der Entfernung des Ausländers aus der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen (BayVGH, B.v. 22.7.2008 – 19 CE 08.781 – juris Rn. 24).
Art. 6 GG gewährt jedoch keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind (BVerfG (Kammer), B.v. 17.5.2011 – 2 BvR 2625/10 – FamFR 2011, 384, juris Rn. 13 m.w.N.). Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen. Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen. Das Aufenthaltsgesetz trägt dabei dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung, indem es im Einzelfall erlaubt, von dem grundsätzlichen Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 39 Nr. 5 AufenthV) abzusehen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (BVerfG, B.v. 17.5.2011 – 2 BvR 2625/10 – FamFR 2011, 384, juris Rn. 14 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist es für die Klägerinnen zu 1 und 2 nach derzeitiger Aktenlage nicht unzumutbar, das Visumverfahren nachzuholen; ein Anspruch auf Duldung ist nicht gegeben (vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 19 C 18.54 – juris Rn. 24). Denn Art. 6 GG gewährleistet keinen grenzenlosen Schutz der familiären Lebensgemeinschaft. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob es dem Ausländer zumutbar ist, seine familiären Bindungen durch Ausreise kurzfristig zu unterbrechen. Mit der Beklagten ist davon auszugehen, dass dabei vorliegend das öffentliche Interesse an der Durchführung des Visumverfahrens überwiegt (s.o.). Insbesondere besteht auch bei einer Ausreise der Klägerinnen nicht die Gefahr, dass die Klägerin zu 2 als minderjähriges Kind von beiden personensorgeberechtigten Eltern getrennt wird. Eine Durchführung des Visumverfahrens ist zudem auch deshalb zumutbar, weil es die Klägerinnen selbst in der Hand gehabt hätten, das Visum vor der Einreise ordnungsgemäß einzuholen. Ein Verfahren auf Erteilung eines Visums ist daher gerade nicht aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen erfolglos geblieben (anders bei BayVGH, B.v. 19.4.2017 – 10 C 16.2189 – juris Rn. 6). Zumal die Klägerin zu 1 nach Aktenlage auch nicht bereits mit bzw. vor Geburt der Klägerin zu 2 ein Visumverfahren zur Familienzusammenführung anstrengte, sondern die Klägerinnen auch danach noch längere Zeit im Irak lebten. Schließlich leben die Klägerinnen auch nicht bereits in Verhältnissen (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2015 – 19 ZB 15.558 – juris), welche eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung des Vaters für die Klägerin zu 2 hinreichend sicher erwarten lassen; denn sie reisten lediglich mit den vorgenannten Schengen-Visa ein.
5. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragsverfahren ist demnach mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ebenfalls abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114, § 121 Zivilprozessordnung – ZPO).