Europarecht

Rückzahlung der Vergütung für eine Partnerschaftsvermittlung

Aktenzeichen  2 O 222/16

Datum:
7.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 132110
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2, § 312b Abs. 2 S. 2, § 346 Abs. 1, § 357, § 627, § 628 Abs. 2, § 656 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Die Zahlung einer Gebühr iHv 4.998,00 Euro im Verhältnis zur Erarbeitung und Auswahl von zehn Partnerempfehlungen stellt kein auffälliges Missverhältnis dar, das die Annahme eines Wuchergeschäfts iSd § 138 Abs. 2 BGB rechtfertigen könnte. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.106,60 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
A)
Die Klage ist zulässig.
Insbesondere ist das Landgericht Nürnberg-Fürth gem. §§ 13, 29 I ZPO örtlich und nach §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG i.V.m. § 5 ZPO sachlich und örtlich zuständig. Einwendungen gegen die Zuständigkeit wurden nicht mehr erhoben.
B)
Die Klage ist jedoch unbegründet
1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung von 4.998,00 Euro aus § 812 I S. 1 1. Alt. BGB, da der Vertrag weder sittenwidrig ist, noch vom Kläger wirksam angefochten wurde.
a) Die Vereinbarung, die beide Parteien am 04.08.2015 getroffen haben, ist nicht nichtig. Ein Fall der Sittenwidrigkeit liegt nicht vor.
Die Voraussetzungen für ein Wuchergeschäft und damit ein deutliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gem. § 138 Abs. 2 BGB sind nicht gegeben. Hierfür wäre ein Rechtsgeschäft erforderlich, durch welches jemand unter Ausbeutung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des mangelnden Urteilsvermögens oder der erheblichen Willensschwäche einer anderen Person, sich für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt. Dieser Vermögensvorteil müsste sodann in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen.
Nach Auffassung des Gerichts stellt die Verpflichtung zur Zahlung einer Gebühr in Höhe von 4.998,00 Euro im Verhältnis zur Erarbeitung und Auswahl von zehn Partnerempfehlungen, je Partnervorschlag somit 499,80 Euro, kein auffälliges Missverhältnis dar. Zudem hat der Kläger unstreitig sogar 15 Partnervorschläge erhalten. Außerdem konnte der Kläger auch nicht darlegen, woraus sich Anhaltspunkte für eine Ausbeutung einer Zwangslage, Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögens oder einer erheblichen Willensschwäche des Klägers ergeben sollten.
Der Kläger beruft sich ferner auf ein Urteil des OLG Düsseldorf (Az. 24 U 34/90), wonach ein Partnervermittlungsvertrag als wucherähnliches Geschäft und damit sittenwidrig einzustufen ist, wenn bei einer Vermittlungsgebühr von 533,27 Euro pro Anschrift keine dies rechtfertigende Gegenleistung erbracht wird. Die tatsächlichen Voraussetzungen, die dieser Entscheidung zu Grunde liegen, sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Insbesondere erfordert eine Sittenwidrigkeit gem. § 138 I BGB nach Auffassung des OLG Düsseldorf neben dem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einen hinzutretenden besonderen Umstand (z.B. erhebliche finanzielle Belastung, Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit etc.). Für sämtliche Umstände wurden vorliegend weder ausreichend Tatsachen vorgetragen, noch ergeben sich hierfür Anhaltspunkte.
b) Die Anfechtung des Klägers war ferner unwirksam. Der Vertrag ist nicht aufgrund einer arglistigen Täuschungshandlung des Beklagten bzw. dessen Mitarbeiterin … nichtig, § 123 I Alt. 1 BGB.
aa) Der Beklagte hat den Kläger nicht über die Urheberschaft der Annonce arglistig getäuscht.
Für den durchschnittlichen Adressat der streitgegenständlichen Zeitungsannonce der Dame … ist es ersichtlich, dass die Annonce von einer Partneragentur und nicht von der darin genannten Person geschaltet wurde. Dass hinter solchen Anzeigen vielfach Firmen mit Gewinninteressen stehen, ist der Zielgruppe solcher Anzeigen allgemein bekannt. Insbesondere ergibt sich dies auch aus dem Zusatz „… Bitte rufen Sie heute noch an u. fragen nach mir. 1&1– pv …“, aus dem ersichtlich ist, dass nicht die Dame selbst, sondern eine Partnervermittlung („pv“) Inhaber der Telefonnummer ist.
bb) Die behauptete Täuschung aufgrund eines sog. „Lockvogel-Angebots“ liegt ebenfalls nicht vor.
Der Vortrag des Klägers, diesem Inserat habe keine reale Person bzw. keine in örtlicher Nähe wohnhafte Person zu Grunde gelegen und bei dem Inserat handle es sich daher um ein „Lockvogel-Angebot“ konnte dieser nicht ausreichend darlegen.
Ebenso bleibt der Kläger für seine Behauptungen bezüglich angeblicher Zusagen der Außendienstmitarbeiterin beweisfällig.
Der Kläger trägt nicht vor, dass er zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung einem Irrtum unterlag. Ob er zu einem früheren Zeitpunkt einem Irrtum unterlag, ist unerheblich. Im durchaus übersichtlichen Vertragsformular ist eindeutig festgehalten, zu was sich beide Parteien verpflichten. Auch ist darauf hingewiesen, dass die Namen in Annoncen aus Datenschutzgründen grundsätzlich geändert werden.
2. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten 4.998,00 Euro aus §§ 346 Abs. 1, 357 BGB, weil er nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist.
Dem Kläger stand kein Rücktrittsrecht zu, weil der Vertrag in den Büroräumen der Außendienstmitarbeiterin geschlossen wurde, § 312 b II S. 2 BGB.
Soweit der Kläger vorträgt, er habe nicht den Eindruck gehabt, dass es sich bei den Räumlichkeiten um Büroräume handelt, ist diesem der Beweis nicht gelungen. Außerdem kommt es auf diesen subjektiven Eindruck insoweit nicht an. Auch ist die Tatsache, dass es sich bei dem Gebäudekomplex um ein Mehrfamilienhaus handelt unerheblich, da lediglich die geschäftliche Ausstattung der Räumlichkeiten selbst von Bedeutung ist.
3. Ein Rückforderungsanspruch wegen Kündigung des Klägers besteht nicht.
Grundsätzlich kann ein Partnervermittlungsvertrag zwar gem. § 627 BGB jederzeit gekündigt werden. Zum Zeitpunkt der Kündigung am 05.10.2015 hatte der Beklagte dem Kläger allerdings bereits 15 Partnervorschläge gemacht, mithin fünf mehr als vertraglich geschuldet. Der Beklagte hatte seine Leistung damit vollständig erbracht, weshalb ihm auch die vereinbarte Vergütung vollumfänglich zusteht und der Kläger keinen Rückforderungsanspruch hat.
Weiter wurde die Kündigung auch nicht durch vertragswidriges Verhalten des Beklagten veranlasst, weshalb nach § 628 II BGB kein Schadensersatz zu leisten ist. Diesbezüglich wurde nichts vorgetragen.
4. Ferner kann der Kläger die geleistete Zahlung auch wegen § 656 I S. 2 BGB (auf den Partnervermittlungsvertag entsprechend anwendbar) nicht zurückfordern.
5. Schließlich kann der Kläger auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 I BGB geltend machen, die eine Schlecht- oder Nichtleistung des Beklagten voraussetzen würden.
Der Beklagte müsste folglich keinerlei Vorschläge erbracht haben oder für den Kläger völlig wertlose Vorschläge. Die Beweislast hierfür liegt beim Kläger. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht nachgewiesen.
Insbesondere ist festzustellen, dass die Vermittlung des Beklagten im Ergebnis auch erfolgreich war. Der Kläger ist mit einer der vorgeschlagenen Damen, Frau … unstreitig eine Partnerschaft eingegangen. Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung gab der Kläger an, er habe Frau … aufgrund der Adresse in der Vermittlung getroffen und dann erst festgestellt, dass er diese bereits kannte. Von einer Nicht- oder gar Schlechtleistung des Beklagten kann insoweit also nicht ausgegangen werden.
6. Die geltend gemachte Nebenforderung auf Erstattung der Fahrkosten blieb ohne Erfolg, da die Klage in der Hauptsache nicht erfolgreich war.
C)
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 u. S. 2 ZPO.

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