Aktenzeichen RO 5 K 17.2158
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
GDVG Art. 5a, Art. 34 Abs. 1, Abs. 2
GesVSV § 9 Abs. 2
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1
VwGO § 42 Abs. 2
Leitsatz
1 § 9 Abs. 2 S. 2 GesVSV begründet ein subjektiv-öffentliches Recht, da es sich um eine Schutznorm handelt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 § 9 Abs. 2 GesVSV ist nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bestimmtheitsgebots sowie den Grundsätzen der Normenklarheit aus Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV vereinbar. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen vom 17.11.2017 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 17.11.2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Die Anfechtungsklage gegen den Feststellungsbescheid ist zulässig. Insbesondere mangelt es dem Kläger nicht an der nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis.
Nach § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt, die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der herrschenden Möglichkeitstheorie genügt hierfür die Möglichkeit, dass die vom Kläger behauptete Rechtsverletzung durch den Verwaltungsakt besteht (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 66).
1. Die Klagebefugnis aus § 42 Abs. 2 VwGO ergibt sich bereits aus der Tatbestandswirkung, die der bestandskräftige Feststellungsbescheid entfaltet.
Wie gerichtliche Urteile können auch Verwaltungsakte, sofern sie nicht nichtig sind, über die einfache Bindungswirkung inter partes hinaus auch Tatbestands- und Feststellungswirkungen entfalten. Beide Begriffe dienen zur Bezeichnung bestimmter Bindungswirkungen von Verwaltungsakten über den Kreis der Verfahrensbeteiligten i.S.d. Art. 13 BayVwVfG, deren Rechte und Pflichten durch den Verwaltungsakt bergründet, geändert oder verbindlich festgestellt werden, und der Behörde bzw. des Rechtsträgers, dem diese angehört, hinaus gegenüber sonstigen Personen, Behörden und Rechtsträgern sowie insbesondere auch gegenüber allen Gerichten (vgl. Kopp/Ramsauer, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 16 m.w.N.). Die Tatbestandswirkung beginnt zwar in der Regel bereits mit dem Erlass des Verwaltungsaktes, d.h. nicht erst mit dessen Unanfechtbarkeit, wird hier durch die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 GesVSV jedoch auf den Zeitpunkt der Bestandskraft verlagert (vgl. Kopp/Ramsauer, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 23 und Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs VwVfG § 43 Rn. 154, beck-online). Aufgrund der Tatbestandwirkung müssen alle Behörden, Gerichte und Rechtsträger den erlassenen Verwaltungsakt, d.h. die mit dem Verwaltungsakt getroffene Regelung, auch in anderen Entscheidungen ohne inhaltliche Prüfung der Richtigkeit der darin getroffenen Regelung als maßgeblich zugrunde legen. Die Tatsache, dass der Verwaltungsakt ergangen ist und die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung ist weiteren Entscheidungen ohne Prüfung der Rechtmäßigkeit zugrunde zu legen. Das gilt auch, wenn der Verwaltungsakt nicht auf Grund von Bundesrecht, sondern von einer Landesbehörde auf Grund von Landesrecht erlassen wurde (vgl. Kopp/Ramsauer, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 18, 19).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde nach Bestandskraft des Feststellungsbescheids für die Zukunft bindend festgestellt ist und damit bei nachfolgenden (lebensmittelrechtlichen) Kontrollen, Anordnungen und Bescheiden nicht mehr geprüft wird. Die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde ist vielmehr sowohl von der Behörde als auch von den Gerichten ungeprüft und unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Feststellung zugrunde zu legen. Wird dem Betroffenen diese Überprüfungsmöglichkeit durch die bestandkräftige Feststellung der sachlichen Zuständigkeit genommen, so muss ihm aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) aber zumindest die Möglichkeit verbleiben, die Rechtmäßigkeit der Zuständigkeitsübertragung selbst gerichtlich überprüfen zu lassen.
2. Des Weiteren ist die Klagebefugnis gegeben, da § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein subjektiv-öffentliches Recht begründet und der Kläger möglicherweise durch die Feststellung der Zuständigkeit der KBLV in seinem subjektiv-öffentlichem Recht verletzt ist (vgl. zur Klagebefugnis VG Würzburg, Urteil vom 30. Juli 2018 – W 8 K 17.1467 -, Rn. 35 – 42, juris).
§ 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV begründet ein subjektiv-öffentliches Recht, da er eine sogenannte Schutznorm ist. Eine Schutznorm liegt vor, wenn der in Frage stehende Rechtssatz ausschließlich oder doch jedenfalls neben dem mit ihm verfolgten allgemeinen Interesse zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist. Ob ein Rechtssatz des objektiven Rechts im Sinne der Schutznormtheorie dem Schutz von Individualinteressen dient oder nicht, ist daher letztlich eine Frage der Auslegung, die unter Berücksichtigung der gesamten Rechtsordnung und der in dieser wirksamen Schutz- und Zweckbestimmungen mit den üblichen juristischen Methoden der Auslegung und der Ausfüllung von Lücken im Recht zu beantworten ist (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 83).
Der Schutznormcharakter des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ergibt sich bereits aus dem dort ausdrücklich normierten Antragsrecht des Betriebsinhabers auf bescheidsmäßige Feststellung der Zuständigkeit durch die Kontrollbehörde. Durch die Einräumung eines solchen Antragsrechts des Betriebsinhabers neben und zusätzlich zu einer Feststellung von Amts wegen bringt der Verordnungsgeber selbst zum Ausdruck, dass der die sachliche Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt nicht nur alleine der Rechtssicherheit der Allgemeinheit dienen soll, sondern auch der Betriebsinhaber ein subjektives Recht hat, seine Gründe vorzubringen, um das Bestehen bzw. Fortbestehen der sachlichen Zuständigkeit überprüfen zu lassen und eine bescheidsmäßige Feststellung herbeizuführen. Räumt der Verordnungsgeber dem Betriebsinhaber hinsichtlich der Feststellung der Zuständigkeit ein solches subjektives Antragsrecht ein, so muss diesem nach Sinn und Zweck dieser Regelung auch die gerichtliche Überprüfung der entsprechenden Entscheidung der Kontrollbehörde zugänglich sein, zumal § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV ausdrücklich eine bestandskräftige Feststellung durch Verwaltungsakt verlangt.
Zieht man zudem die Systematik der gesamten Rechtsordnung in Bezug auf die sachliche Zuständigkeit heran, ergibt sich daraus, dass mit der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ein Sonderfall geschaffen wurde. Denn im Regelfall ergibt sich die sachliche Zuständigkeit aus den gesetzlichen Regelungen selbst, ohne dass es hierfür eines bestandskräftigen feststellenden Verwaltungsaktes bedarf. Die Überprüfung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde erfolgt grundsätzlich inzident bei dem Erlass eines Verwaltungsaktes, der in der Sache eine Regelung trifft. Von dieser grundsätzlichen systematischen Handhabung ist der Verordnungsgeber im Fall des § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GesVSV bewusst abgewichen. Die Kontrollbehörde wird nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GesVSV erst zuständig in dem Moment, in dem der die Zuständigkeit feststellende Verwaltungsakt bestandskräftig wird. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass die sachliche Zuständigkeit in diesem Sonderfall gerichtlich mangels Klagebefugnis nicht selbstständig und dafür nur inzident in einem Verwaltungsakt unter dem Prüfungspunkt formelle Rechtmäßigkeit nachprüfbar ist, dann hätte der Verordnungsgeber den Übergang der sachlichen Zuständigkeit durch die Norm selbst eintreten lassen und nicht erst durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt. Würde man die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung mangels Klagebefugnis verneinen, so wäre die Voraussetzung der Bestandskraft gänzlich überflüssig, da dann quasi faktisch die Bestandskraft denknotwendig immer im Moment des Erlasses des Verwaltungsaktes eintreten würde.
3. Ferner entspricht die Bejahung der Klagebefugnis dem besonderen Gewicht, das den Vorschriften zur sachlichen Zuständigkeit nach der gesetzlichen Regelung zukommt. So sind Verstöße gegen die sachliche Zuständigkeit von Art. 46 BayVwVfG nicht erfasst, so dass sie immer die Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsakts begründen und zur Aufhebung im Rechtsbehelfsverfahren führen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 46 Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann ein von einem Verwaltungsakt Betroffener die sachliche Unzuständigkeit der erlassenden Behörde jedenfalls dann, wenn der Rechtsmangel im Zeitpunkt der Entscheidung noch besteht, einschränkungslos rügen. Gerade bei rechtlich heiklen Fragen mag es im tatsächlichen Verlauf durchaus einen Unterschied machen, welche Behörde die Entscheidung trifft. Infolgedessen ist es sinnvoll, den Beteiligten grundsätzlich das Recht auf eine Entscheidung durch die „richtige“ Stelle einzuräumen (BayVGH, B.v. 13.8.1996 – 20 CS 96.2369 – juris).
4. Für eine Anfechtbarkeit spricht im Übrigen schon der äußere Schein des streitgegenständlichen Bescheids, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen ist. Insofern folgt eine Klagebefugnis auch aus den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Rechtsgrundsätzen von Treu und Glauben und dem Vertrauensschutz (vgl. Kopp/Schenke, 22. Aufl. 2016, § 42, Rn. 155).
II.
Die Klage ist darüber hinaus auch begründet.
Der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 17.11.2018 ist rechtswidrig, da der Beklagte hierfür keine wirksame Rechtsgrundlage geschaffen hat. Die vom Beklagten für die Zuständigkeitsübertragung herangezogene Vorschrift des § 9 Abs. 2 der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (GesVSV) verstößt gegen höherrangiges Recht und ist damit unwirksam.
1. Zwar sieht die Kammer in § 9 Abs. 2 GesVSV keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV oder gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG, Art. 101 BV.
Eine unterschiedliche Zuständigkeitsregelung bei Landratsämtern und kreisfreien Städten mit eigenem Veterinäramt hat der Gesetzgeber bereits in Art. 34 Abs. 1 Nr. 5 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) vorgesehen. Dort ist eine abweichende Regelung von Art. 3 Abs. 2 GDVG vorgesehen. Art. 3 Abs. 2 GDVG regelt in Verbindung mit Absatz 1 nur die Zuständigkeit von Landratsämtern, nicht von kreisfreien Städten mit eigenen Veterinärämtern. Für kreisfreie Städte mit eigenen Veterinärämtern besteht zudem ein sachlicher Grund für eine andere Zuständigkeitsregelung, weil sie bereits über spezialisierte Fachkräfte, siehe Art. 5a Abs. 1 GDVG, verfügen.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen des VG Würzburg im Urteil vom 30.07.2018 verwiesen (VG Würzburg, Urteil vom 30. Juli 2018 – W 8 K 17.1467 -, Rn. 58-59, juris), das dazu wie folgt ausführt:
„Die Klägerin sieht in § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV, da komplexe Betriebe, die in kreisfreien Städten ansässig sind, nicht in die sachliche Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, worin eine Ungleichbehandlung liege. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung, dass bestimmte kreisfreie Gemeinden nicht in die Zuständigkeit der Kontrollbehörde überführt werden, nicht in § 9 Abs. 2 GesVSV erfolgt, sondern in der Ausnahmeregelung des – an sich für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblichen – § 9 Abs. 5 GesVSV. Unabhängig hiervon ist jedoch ein Grund für die Differenzierung zwischen komplexen Betrieben, die in bestimmten kreisfreien Städten ansässig sind, und den übrigen komplexen Betrieben gegeben. Die betroffenen kreisfreie Städte entsprechen denjenigen, denen bereits mit – dem inzwischen außer Kraft getretenen – § 5 AVFLM (Lebensmittel- und Futtermittelrecht-Ausführungsverordnung) die Veterinäraufgaben und die Aufgaben beim Vollzug des Futtermittelrechts übertragen wurden. Bei diesen kann aufgrund ihrer Größe von einer angemessenen Spezialisierung und der Ermöglichung von Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung (vgl. Bayerischer Oberster Rechnungshof, Gutachten zur Struktur und Organisation des amtlichen Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung vom 12. Februar 2016, S. 60 ff.) und damit vom Vorliegen von für die Überwachung komplexer Betriebe erforderlicher spezieller Kenntnisse ausgegangen werden, so dass ein Übergang der Zuständigkeit auf die Kontrollbehörde nicht erforderlich ist. Im Übrigen ließe sich selbst bei der Annahme, dass die Ausnahme der in § 9 Abs. 5 GesVSV genannten kreisfreien Städte von der Zuständigkeitsregelung des § 9 Abs. 2 GesVSV einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt, jedenfalls nicht der Schluss daraus ziehen, dass dann der in § 9 Abs. 2 GesVSV grundsätzlich geregelte Zuständigkeitswechsel einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt (keine Gleichbehandlung im Unrecht).
Das Gericht sieht entgegen der Auffassung der Klägerin durch § 9 Abs. 2 GesVSV auch keinen Verstoß gegen Art. 12 GG bzw. Art. 101 BV. Fraglich ist angesichts der im Vergleich zu komplexen Betrieben in kreisfreien Gemeinden gleich bleibenden rechtlichen Vorgaben zu Umfang und Art der Überwachung schon das Vorliegen der erforderlichen berufsregelnden Tendenz. Mit dem Zuständigkeitsübergang ist zudem nicht automatisch auch eine höhere Kontrollfrequenz festgelegt worden und mögliche zusätzliche Fahrtkosten dürften verhältnismäßig gering ausfallen. Unabhängig hiervon wäre der Eingriff jedenfalls gerechtfertigt. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, einen legitimen Zweck zu erreichen und die berufliche Betätigung des Grundrechtsträgers nicht unverhältnismäßig einschränken. Die Überführung der Zuständigkeit für bestimmte Betriebe auf die Kontrollbehörde kann sich auf vernünftige Gründe des Allgemeinwohls stützen. Die Kontrollbehörde verfügt aufgrund ihrer Ausstattung und spezieller personeller Qualifikationen über besondere Sachkunde. Ihre Stellung als dem Landesamt nachgeordnete Behörde erlaubt in hohem Maße einen Wissenstransfer zwischen dem BayLGL und der Kontrollbehörde (Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung, LT-Drs. 17/16103, B 1., C). Zudem ist die Verhältnismäßigkeit des Zuständigkeitswechsels nicht zweifelhaft in Anbetracht dessen, dass mit dem Zuständigkeitswechsel nicht automatisch eine höhere Kontrollfrequenz verbunden ist und mögliche höhere Fahrtkosten mangels Erhöhung der Kontrollfrequenz infolge des Zuständigkeitswechsels verhältnismäßig gering ausfallen dürften.“
2. Des Weiteren begründet die Überführung in die Kontrollbehörde auch keinen Verstoß gegen den in Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 normierten Grundsatz der Einheitlichkeit der amtlichen Kontrollen. So geht bereits aus Art. 4 Abs. 3 VO (EG) Nr. 882/2004 hervor, dass der Mitgliedstaat die Zuständigkeit für die Durchführung amtlicher Kontrollen einer anderen Behörde übertragen kann, solange eine effiziente und wirksame Koordinierung zwischen allen beteiligten zuständigen Behörden sichergestellt ist. Anhaltspunkte für eine ineffiziente oder unwirksame Koordinierung sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Die einheitliche Kontrolle ist darüber hinaus auch dadurch gewährleitet, dass alle im Vollzug zuständigen Behörden unter der Rechts- und Fachaufsicht des Staates stehen.
3. Die erkennende Kammer ist jedoch der Auffassung, dass § 9 Abs. 2 GesVSV nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bestimmtheitsgebots sowie den Grundsätzen der Normenklarheit aus Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV vereinbar ist.
Zwar ermächtigt Art. 34 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Nr. 3, 4 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) vom 24. Juli 2003 (GVBl. S. 452, 752, BayRS 2120-1-U/G), das zuletzt durch § 2 des Gesetzes vom 12. Juli 2017 (GVBl. S. 366) geändert worden ist, das Bay. StMUV durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit der KBLV festzulegen. Bei der Rechtsverordnung handelt es sich um eine gesetzliche Grundlage im materiellen Sinn, die nicht nur verwaltungsintern für die KBLV, sondern als Außenrecht auch für Gerichte und die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer bindend ist. Insofern müssen auch die zuständigkeitsbegründenden Kriterien der KBLV als Konkretisierung dieser parlamentarischen Entscheidung in der Rechtsverordnung, also hier in der GesVSV, für alle verbindlich ausgewiesen und durch Ausfertigung und Verkündung erkennbar gemacht werden (vgl. Kraus, ZLR 2018, 714 [718]).
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 BV) abgeleiteten Anforderungen der Bestimmtheit, der Normenklarheit und der Justitiabilität entsprechen (BVerfG, B.v. 12.1.1967 – 1 BvR 169/63 – NJW 1967, 619). Der Bestimmtheitsgrundsatz gebietet, dass eine Rechtsnorm, die die Exekutive zur Vornahme von Einzelmaßnahmen, insbesondere zu Verwaltungsakten ermächtigt, nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, sodass das Handeln der Verwaltung messbar und in gewissem Ausmaß für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar wird (BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1955 – V C 14.55 -, BVerwGE 2, 114-117, Rn. 17-19, juris, BVerfGE 8, 274 (325) = NJW 1959, 475; BVerfGE 9, 137 (147) = NJW 1959, 931), dass der Verwaltung angemessen klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden und dass die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Rechtsvorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juli 2005 – 1 BvR 668/04 -, Rn. 118-121, juris und Maunz/Dürig/Grzeszick GG Art. 20 VII. Rn. 58, beck-online).
Dieser Grundsatz verbietet es dem Gesetzgeber indessen nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben lässt sich nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen. Der Gesetzgeber muss sich abstrakter und unbestimmter Formulierungen bedienen können, um die Verwaltungsbehörden in die Lage zu versetzen, ihren Aufgaben, den besonderen Umständen des einzelnen Falles und den schnell wechselnden Situationen des Lebens gerecht zu werden (vgl. BVerfGE 8, 274 (326) = NJW 1959, 475; BVerfGE 13, 153 (161)). Zwar darf der Gesetzgeber die Grenzziehung im Einzelnen nicht mittels einer vagen Generalklausel dem Ermessen der Verwaltung überlassen (vgl. BVerfGE 6, 32 (42) = NJW 1957, 297). An die tatbestandliche Fixierung dürfen jedoch keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden.
Voraussetzung ist aber, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe konkretisierbar sind und damit deren Anwendbarkeit vorhersehbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn sich mit Hilfe der üblichen juristischen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften des Gesetzes, der Berücksichtigung des Normzusammenhangs sowie der Begründung, eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (BayVerfGH, Entscheidung v. 24.2.1988 – Vf. 16-VIII-86 – VerfGHE 41, 17/24; BayVerfGH, Entscheidung v. 28.1.2003 – Vf. 10-VII-02 – VerfGHE 56, 1/9; vgl. auch BVerfG, B.v. 24.11.1981 – 2 BvL 4/80 – NJW 1982, 1275; BVerfG, U.v. 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 – NJW 1993, 643/645; vgl auch Maunz/Dürig/Grzeszick GG Art. 20 VII. Rn. 61, beck-online). Erforderlich ist stets, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2001 a.a.O. S. 384 f. m.w.N. und BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2013 – 6 C 9/12 -, BVerwGE 147, 292-305, Rn. 20). Aus dem Inhalt der Rechtsvorschrift muss sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von der pflichtigen Person verlangt wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.4.2000 – 11 B 61/99 – juris; U.v. 16.6.1994 – 4 C 2/94 – NvWZ 1994, 1099, jeweils m.w.N. und VG Würzburg, Urteil vom 16. August 2016 – W 4 K 16.81 -, Rn. 22, juris). Mit anderen Worten: Ein Verstoß gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 BV herzuleitende Erfordernis hinreichender Bestimmtheit einer Norm bei Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe liegt dann vor, wenn es nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen.
Zur inhaltlichen Klarheit gehört für Rechtsnormen neben der Bestimmtheit, dass sie in sich widerspruchsfrei sind, ihren Regelungsgehalt nicht verschleiern, für Adressaten und Rechtsanwender auch in ihrem Zusammenwirken, insbesondere bei Verwendung von Verweisungen, verständlich sind und praktikable Merkmale enthalten (vgl. Sachs/Sachs, GG, Art. 20 Rn. 125, beck-online).
Diesen soeben aufgezeigten Anforderungen wird § 9 Abs. 2 GesVSV, der die sachliche Zuständigkeit der KBLV bestimmt, nicht gerecht.
a) Zwar ist dem Beklagten insoweit Recht zu geben, als auch die Bedeutung und die Eingriffsintensität einer Norm im Rahmen des zu fordernden Maßes an Bestimmtheit zu berücksichtigen ist. Entgegen den Ansicht des Beklagten ist die Bedeutung der vorliegenden Norm für den Betroffenen jedoch nicht derart gering, dass allein deshalb von einer hinreichenden Bestimmtheit ausgegangen werden muss.
Dass es sich bei der in § 9 Abs. 2 GesVSV geregelten Zuständigkeitsübertragung nicht um einen – wie der Beklagte vorträgt, wenn überhaupt – nur marginalen Eingriff handelt, zeigt bereits Art. 46 BayVwVfG, der, wie schon im Rahmen der Klagebefugnis ausgeführt, den Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit besonderes Gewicht beimisst. Mit der Zuständigkeit verbindet sich nämlich auch immer ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür, dass die danach zum Handeln berufene Behörde auf Grund ihrer personellen und sachlichen Ausstattung, ihrer Vertrautheit mit den zu regelnden Verhältnissen und ihrer besonderen Erfahrung in der Materie besser geeignet sei als jede andere Behörde, den Sachverhalt richtig zu ermitteln und eine richtige Entscheidung zu treffen. Hinzu kommt, dass in der Bestimmung der Zuständigkeit immer zugleich auch eine Entscheidung darüber liegt, welche praktischen Möglichkeiten dem Bürger, der mit der Verwaltung zu tun hat, zur Verfolgung seiner Interessen geboten werden, welche Entfernungen ihm zugemutet werden, wenn er sein Anliegen bei der Behörde persönlich vorbringen möchte, wo er Anträge stellen kann und mit welchen Amtsträgern er verhandeln muss, wo er die Verwaltungsakten einsehen kann, etc. Die Einhaltung der Zuständigkeit ist in diesem Sinne Voraussetzung dafür, dass die Verfahrensbeteiligten von den ihnen eingeräumten Rechten wirksam Gebrauch machen können und die Verfahrensgarantien voll zur Auswirkung kommen, denn nur die zuständige Behörde bietet die größtmögliche Gewähr für eine sachlich richtige Entscheidung (vgl. Kopp in: Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, Münchner Universitätsschriften, Band 15, 1971, S. 67/68).
Die dem Betroffenen einzuräumende Möglichkeit, die Zuständigkeitsfeststellung gerichtlich überprüfen zu lassen, wird faktisch jedoch dann stark eingeschränkt, wenn weder der Betroffene selbst noch ein Rechtskundiger vorab die in § 9 Abs. 2 GesVSV normierten Tatbestandsvoraussetzungen der Zuständigkeitsübertragung prüfen und damit die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Kontrolle und damit zusammenhängend das Prozessrisiko abschätzen können. Umgekehrt ist für den Betroffenen auch im Rahmen seines subjektiv-öffentlichen Antragsrechts aus § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV, wenn dieser beispielsweise aus Vermarktungs- und Werbezwecken in die Überwachungszuständigkeit der KLBV fallen möchte, durchaus von Bedeutung, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen er dieses Recht gelten machen kann und, falls ihm der Zuständigkeitsübergang von der Behörde versagt wird, welche Erfolgsaussichten im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung bestehen.
b) Das Ausmaß der geforderten Bestimmtheit lässt sich zwar nicht allgemein festlegen. In erster Linie ist jedoch die Eigenart des zu regelnden Sachgebiets maßgebend. (vgl. BVerfG, B. v. 26.9.1978 – 1 BvR 525/77 – BVerfGE 49, 168 = DVBl. 1987, 881). Rechtsnormen, die der Rechtssicherheit dienen, wie etwa Rechtsmittelfristregelungen oder Verjährungsregelungen vertragen keine unbestimmten Rechtsbegriffe. Auch Zuständigkeitsnormen sind von ihrem Charakter her Rechtsnormen der Rechtssicherheit und müssen aus diesem Grund hinreichend bestimmt und klar gefasst werden. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind daher für Zuständigkeitsnormen ungeeignet. Dies gilt nicht nur, wenn sich die (sachliche) Zuständigkeit direkt aus dem Gesetz ergibt, sondern muss auch dann gelten, wenn die Zuständigkeit durch bestandskräftigen Verwaltungsakt festgestellt wird, denn die Zuständigkeit wird auch in diesen Fällen nicht durch den Verwaltungsakt, sondern durch die Zuständigkeitsnorm des § 9 Abs. 2 GesVSV geregelt. Der Verwaltungsakt stellt lediglich eine Konsequenz aus der Subsumtion der Norm dar.
c) Aus § 9 Abs. 2 GesVSV lässt sich jedoch nicht mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln, wann der betroffene Betrieb in die Zuständigkeit der KBLV überführt wird. Ebenso wenig lassen sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden objektive Kriterien und damit eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Überregionalität“ bzw. ihrer Legaldefinition und mithin der „Versorgung eines Gebiets von 1,5 Millionen Einwohnern“ und des „wesentlichen Marktteilnehmers“ und damit der Anwendung der Vorschrift des § 9 Abs. 2 GesVSV gewinnen (1). Die von der Kontrollbehörde zur Konkretisierung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe herangezogenen vorläufigen Arbeitshilfen können diese Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten nicht beheben (2) und hätten darüber hinaus aufgrund ihrer Außenwirkung veröffentlicht bzw. bekanntgemacht werden müssen, um überhaupt wirksam zu sein (3).
(1) Maßgebend für die Auslegung einer Rechtsvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus ihrem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt (Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 12. März 2007 – Vf. 8-VII-06 -, juris; VerfGH vom 14.7.1994 = VerfGH 47, 165/171 m. w. N.).
Legt man das Tatbestandsmerkmal des „überregional tätigen Betriebs“ dem Wortlaut nach aus, so versteht man darunter einen Betrieb, der in seiner Tätigkeit nicht lediglich auf das Gebiet, in dem er ansässig ist, beschränkt ist. Im Duden wird „überregional“ mit „nicht regional begrenzt“ definiert (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/ueberregional), wobei hinsichtlich der Bedeutung von „regional“ ausgeführt wird „eine bestimmte Region betreffend, zu ihr gehörend, auf sie beschränkt, für sie charakteristisch“ (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/regional#b2-Bedeutung-1). Demnach weist der Begriff der „Überregionalität“ Ortsbezug auf und stellt darauf ab, ob der Betrieb seine Produkte über die Grenzen einer bestimmten Region hinaus vertreibt. Wo konkret diese Grenze zu ziehen ist, ist weder aus der Verordnung selbst, noch aus dem GDVG ersichtlich. Auch aus dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsübertragung und der Gesetzesbegründung lassen sich diesbezüglich keine objektiv handhabbaren Kriterien gewinnen. Sinn und Zweck der in § 9 Abs. 2 GesVSV geregelten Zuständigkeitsübertragung ist die Überführung sog. „komplexer Betriebe“, (vgl. auch Internetauftritt der KBLV, abrufbar unter https://www.kblv.bayern.de/wir_ueber_uns/entstehungsgeschichte/index.htm), für deren Überwachung spezialisierte Fähigkeiten erforderlich sind (vgl. Art. 5a GDVG). Ziel dabei ist die Risikominimierung und den Verbraucherschutz so effektiv wie möglich zu machen (vgl. Gesetzesbegründung, Bayerischer Landtag, Drucksache 17/16103, S. 13). Zwar mag das Risiko bei einem hohen Verbreitungsgrad steigen, ein dem Wortlaut nach „überregional tätiger“ Betrieb muss jedoch nichts zwangsläufig auch einen hohen Verbreitungsgrad, hohe Umsatz- oder Absatzzahlen oder große Produktionsmengen aufweisen. Auch aus dem Vergleich mit anderen Vorschriften, die den unbestimmten Rechtsbegriff der Überregionalität verwenden, lassen sich keine dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsübertragung auf die Kontrollbehörde gerecht werdende Konkretisierung finden. So verwendet beispielsweise der Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ab 17. September 2018 (abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/J-L/koordinierungsrahmen-gemeinschaftsaufgabe-verbesserung-regionale-wirtschaftsstruktur-ab-25082017.pdf? blob=publicationFile& v=6) in Ziffer 2.1.2 den Begriff des überregionalen Absatzes. Nach Satz 2 ist „als überregional […] in der Regel ein Absatz außerhalb eines Radius von 50 km von der Gemeinde, in der die Betriebsstätte liegt, anzusehen.“ Ein Abstellen auf einen bestimmten Verbreitungsradius entspricht jedoch ersichtlich nicht dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsübertragung. Im Übrigen enthält die Norm eine Legaldefinition des unbestimmten Rechtsbegriffes der „Überregionalität“.
Zieht man zur Bestimmung des Begriffs der „Überregionalität“ nun die Legaldefinition in § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV heran, so ergibt sich, dass ein Betrieb dann überregional tätig ist, wenn er dafür ausgelegt ist, stetig ein Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern direkt oder indirekt als wesentlicher Marktteilnehmer zu versorgen. Diese Legaldefinition enthält nun erneut vier unbestimmte Rechtsbegriffe. Wann ein Betrieb darauf ausgelegt ist, ein „Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern“ „stetig“ „direkt oder indirekt“ zu versorgen und wann dies als „wesentlicher Marktteilnehmer“ geschieht, geht weder aus der GesVSV noch aus der GDVG hervor. Der Verordnungsgeber hat eine Konkretisierung dieser Begriffe in der Verordnung selbst überhaupt nicht vorgenommen. Dass ein Betrieb, der darauf ausgelegt ist, ein „Gebiet mit mindestens 1,5 Millionen Einwohnern“ „stetig“ „direkt oder indirekt“ zu versorgen, eine gewisse Größe und damit verbunden eine gewisse Höhe an Produktionsmengen aufweisen muss, lässt sich noch durch Auslegung ermitteln. Wie groß der Betrieb bzw. wie hoch die Produktionsmengen sein müssen, um eine Versorgungskapazität eines Gebietes mit mindestens 1,5 Millionen Einwohner aufzuweisen, lässt sich jedoch weder durch Wortlautauslegung, noch anhand anderer Vorschriften oder der Gesetzesbegründung, sondern allenfalls anhand sachverständiger Äußerungen oder spezieller Statistiken ermitteln. Mit den üblichen juristischen Auslegungsmethoden lassen sich hierfür jedenfalls keine objektiven Kriterien gewinnen. Dem Wortlaut nach müsste der Betrieb zudem (zusätzlich) ein „wesentlicher Marktteilnehmer“ sein. In der Rechtsnorm fehlt es jedoch ebenso an jeglicher Konkretisierung, was unter einem „wesentlichen Marktteilnehmer“ zu verstehen ist. Die Verordnung selbst lässt diesbezüglich handhabbare Kriterien vermissen. Der Begriff des „wesentlichen Marktteilnehmers“ ist dem Lebensmittelrecht fremd. Lediglich im Kreditinstitutsrecht findet sich der Begriff des „wesentlichen Marktteilnehmers“ (vgl. Art. 227 Abs. 2 und 3 VO (EU) Nr. 575/2013, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. h), Satz 2 GroMiKV und § 185 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SolvV, mittlerweile beide außer Kraft), wobei die dort gegebenen Definitionen schon der Sache nach nicht zur Konkretisierung des „wesentlichen Marktteilnehmers“ i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV herangezogen werden können. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) definiert in § 2 Abs. 1 Nr. 2 den „Marktteilnehmer“. Danach sind „Marktteilnehmer“ neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind. In der Mikroökonomie werden „Marktteilnehmer“ als sog. Wirtschaftssubjekte definiert. Unter Wirtschaftssubjekten versteht man Verbraucher (Privathaushalte), Unternehmen, der Staat und das Ausland hinsichtlich Exporteuren und Importeuren (vgl. https://www.juraforum.de/lexikon/marktteilnehmer-und-mitbewerber). „Wesentlich“ bedeutet dagegen „den Kern einer Sache ausmachend und daher besonders wichtig; von entscheidender Bedeutung; grundlegend; um vieles; in hohem Grade; sehr“ (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/wesentlich). Dem Wortverständnis nach fordert der „wesentliche Marktteilnehmer“ also einen gewissen Marktanteil. Wie hoch dieser Marktanteil sein muss, geht aus der Norm nicht hervor und kann auch nicht anderen Vorschriften oder der Gesetzesbegründung entnommen werden. Unabhängig davon, dass aus § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV keine objektiven Kriterien ersichtlich werden, widerspricht es sogar dem Wortlaut, wenn der Beklagte zur Bestimmung des wesentlichen Marktteilnehmers auf eine anteilige Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern abstellt; denn dem Wortlaut nach handelt es sich um zwei Tatbestandsmerkmale. Insofern müsste der Betrieb zunächst die Betriebskapazität zur Versorgung von 1,5 Millionen Einwohnern aufweisen und zusätzlich einen gewissen (hohen) Marktanteil inne haben. Unabhängig von der Frage, ob bei einer anteiligen Versorgung von 5% des Tagesbedarf bereits von einem „wesentlichen“ Marktteilnehmer gesprochen werden kann, widerspricht es demgemäß dem Wortlaut, wenn die Legaldefinition des § 9 Abs. 2 Satz 3 GesVSV bereits dann als erfüllt gilt, wenn die Schwellenwerte zur anteiligen Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern überschritten werden.
Aber auch aus dem Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung lassen sich keine objektiven Kriterien zur Bestimmung des „wesentlichen Marktteilnehmers“ herleiten. Nach dieser sollen unter den Gesichtspunkten „Komplexität des Betriebs“, „mikrobiologische Anforderung an das hergestellte Lebensmittel/Produkt“, „Überregionalität“ und „Notwendigkeit fachlichen Spezialwissens an der Kontrollbehörde für bestimmte Betriebskategorien“ Betriebe definiert werden, die künftig von der neuen Kontrollbehörde überwacht werden (vgl. Drucksacke 17/16102, Bayerischer Landtag, S.3). Jedoch kann keiner dieser Gesichtspunkte den unbestimmten Rechtsbegriff des „wesentlichen Marktteilnehmers“ näher erläutern, sodass sich dadurch ebenfalls keine praktikabel handhabbare Kriterien zu der Frage gewinnen lassen, wann ein Betrieb ein „wesentlicher Marktteilnehmer“ ist.
(2) Vielmehr werden diese unbestimmten Rechtsbegriffe lediglich durch „Leitlinien zur Anwendung des § 9 des Verordnungsentwurfs der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz (GesVV)“ und die „Vorläufige Arbeitshilfen zur Zuständigkeit der Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen“ des Bay. StMUV (Az. 47-G8900-2017/9-8; im Folgenden: vorläufige Arbeitshilfen) konkretisiert, wobei der Beklagte vorbringt, dass anhand der Leitlinien zur Vorüberlegungen stattgefunden haben und die Entscheidungen hinsichtlich der Feststellungen vom 17.11.2017 entgegen der Angabe auf dem Betriebsdatenblatt in der Behördenakte einzig und allein auf Grundlage und dem Inhalt der vorläufigen Arbeitshilfen mit Stand vom 05.12.2017 getroffen worden seien.
Dass der Beklagte in seiner Verwaltungspraxis zur Bestimmung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ vorläufige Arbeitshilfen heranzieht, begründet jedoch keine Konkretisierung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe, die den Anforderungen an die Bestimmtheit und Normenklarheit entspricht. Die vom Beklagten herangezogenen Arbeitshilfen sind schon nicht Teil der Verordnung über den gesundheitlichen Verbraucherschutz, sondern stellen lediglich eine Verwaltungsvorschrift dar. Dass der Beklagte zur Bestimmung der unbestimmten Rechtsbegriffe der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ auf vorläufige Arbeitshilfen zurückgreift, lässt sich der Verordnung selbst nicht entnehmen.
Zwar ist grundsätzlich denkbar, dass der Verordnungsgeber im Rahmen auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe Konkretisierungen auch durch Verwaltungsvorschriften vornimmt (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch Nds.OVG, U.v. 14.12.2011 – 13 LC 114/08 – juris Rn. 46). Jedoch fordert das Bestimmtheitsgebot eine dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörde ausschließt (BVerfG, B.v. 17.7. 2003 – 2 BvL 1/99 – NVwZ 2003, 1241/1247; BVerwG, B.v. 20.8.1997 – 8 B 170/97 – NVwZ 1998, 408 m.w.N.).
Die von der Kontrollbehörde zur Konkretisierung der in § 9 Abs. 2 GesVSV unbestimmten Rechtsbegriffe herangezogenen vorläufigen Arbeitshilfen können diese Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten nicht beheben. Für den Kläger ist nämlich selbst unter Zuhilfenahme der derzeit geltenden „vorläufigen Arbeitshilfen“ vorab nicht erkennbar, wann sein Betrieb das Kriterium der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ erfüllt.
Nach Ziffer 2.2.3.1 der aktuell geltenden vorläufigen Arbeitshilfen wird ein Betrieb grundsätzlich dann als wesentlicher Marktteilnehmer angesehen, wenn er für die anteilige Versorgung von 5% des Tagesbedarfs von 1,5 Millionen Einwohnern ausgelegt ist. Maßgeblich sei, ob der Betrieb tatsächlich über die regelmäßigen baulichen, sachlichen, personellen und organisatorischen Mittel für eine derartige Versorgungsleistung verfügt. Um den Tagesbedarf und die anteilige Versorgung von 5% von 1,5 Millionen Einwohnern zu ermitteln, greift der Beklagte auf die Anlage 3 der vorläufigen Arbeitshilfen zurück. Dort werden in tabellarischer Ausgestaltung auf insgesamt 6 Seiten Referenz- bzw. Schwellenwerte angeboten, die auf dem durchschnittlichen Verzehr/Verbrauch einer statistischen Person basieren, wobei dieser durchschnittliche Verzehr/Verbrauch teilweise aus verschiedenen Statistiken gewonnen wird (EFSA Consumption Database, cosmetics Europe Data, Deutscher Jagdverband, EHI handelsdaten.de, Erfahrungswerte des Bäckerhandwerks), zum Teil jedoch augenscheinlich auch auf subjektiven Meinungen basiert. So heißt es beispielsweise auf S. 4 der Anlage 3 zu Fischfleisch:
„Es wird davon ausgegangen, dass bayerische Verbraucher keine Fischvielverzehrer sind und nicht mehr als 2x pro Woche Fisch/Meeresfrüchte verzehren, die Verzehrsmenge wird deshalb mit 2/7 multipliziert.“
Bei Suppen, Soßen, Fonds (ebenfalls S. 4) heißt es:
„Hier würde ich von der Packungsgröße für Fonds oder Brühwürfel ausgehen, nicht für Fertiggerichte. Ein Suppenbrühwürfel hat. ca. 40 g und reicht für 250 ml Flüssigkeit. Davon essen ca. 4 Personen. Folglich isst eine Person pro Tag ca. 10 g Brühwürfel.“
Dass der durchschnittliche Verzehr – wie vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – ergänzend durch Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik ermittelt wurde, geht aus der Anlage selbst nicht hervor.
Zunächst werden in Anlage 3 die „Referenzwerte Großvieheinheiten und Eier“ angegeben, wobei hier – entgegen der klaren Definition in Ziffer 2.2.3.1. – ein Marktteilnehmer ein „wesentlicher Marktteilnehmer“ sein soll, wenn 5 – 10% von 1,5 Millionen Einwohner voll versorgt werden können (gerundet). Dementsprechend wird ein Referenzwert für die anteilige Versorgung von 5% und ein Referenzwert für die anteilige Versorgung von 10% angegeben. Auf welchen die Behörde nun im konkreten Fall zurückgreift ist für den Betroffenen – zumindest im Vorfeld – nicht erkennbar und nicht vorhersehbar.
Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte ausgehend von einer täglichen Verzehrsmenge von 43 g Fleisch die erforderliche Anzahl an Großvieheinheiten (GVE) für die Versorgung von 1,5 Millionen Einwohner errechnet. Dass der Beklagte – wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – dabei pauschal 200 Schlachttage zugrunde legt, ist der Anlage 3 nicht zu entnehmen. Ebenso wenig geht aus der Anlage 3 hervor, auf welchen Umrechnungsschlüssel für GVE die Behörde zurückgreift und kann auch sonst nicht nachvollzogen werden, insbesondere da es keinen im Lebensmittelrecht allgemeingültigen, sondern in den verschiedenen Fachbereichen unterschiedliche Umrechnungsschlüssel gibt. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die Kontrollbehörde zur Umrechnung zwar grundsätzlich auf Art. 17 Abs. 6 der VO (EG) 1099/2009 zurückgreift, für Geflügel jedoch den unter 2.8 der TA Luft festgelegten Wert von einer Großvieheinheit (GV) = 500 Kilo Tierlebendmasse heranzieht und dabei auf den sich unter Ziffer 5.4.7.1 „Anlage der Nummer 7.1: Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren“ in der Tabelle 10 wiederfindenden Umrechnungsschlüssel für die Tierart „Masthähnchen bis 35 Tage“ abstellt, der 0.0015 Großvieheinheit/Tier beträgt. Zudem ist aus der Anlage 3 nicht ersichtlich, dass die Kontrollbehörde bei ihren Berechnungen unterstellt hat, dass Rinder über 24 Monate mindestens ein Lebendgewicht von 300 kg aufweisen und damit als ausgewachsene Rinder zu behandeln sind und dass alle jüngeren Tiere gem. Art. 17 Abs. 6 Buchst. b) VO (EG) 1099/2009 als sonstige Rinder mit 0,5 GVE zu berücksichtigen sind. Dies geht erst aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.10.2018 (vgl. Gerichtsakte Blatt 156/157) hervor. Des Weiteren deckt sich dies nicht mit den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach 1 GVE bei 700 kg anzunehmen sei und dies bei einem pauschal angenommenen Ausschlachtungsgrad von 60% einem Gewicht von 420 kg entspreche. Dass das Gewicht der Rinder und damit verbunden die Zahl der GVE pauschal nach dem Alter der Rinder (jünger oder alter als 24 Monate) – wie im Schriftsatz vom 26.10.2018 ausgeführt – festgelegt worden sei, wurde in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen.
Zudem geht aus den vorläufigen Arbeitshilfen bzw. der Anlage 3 auch nicht hervor, auf welchen Daten oder Angaben der betroffenen Betriebe die Prüfungen bzw. die Zuständigkeitsentscheidungen der Kontrollbehörde basieren. So ist im vorliegenden Fall nur anhand einer handschriftlichen Rechnung in der Behördenakte (Blatt 76) – und damit für den Kläger nicht im Vorfeld – erkennbar, dass die Kontrollbehörde zur Prüfung, ob sein Betrieb dafür ausgelegt ist, 1500 GVE oder mehr pro Jahr zu schlachten, die Angaben auf dem Beiblatt Fleisch zur Zulassung des Betriebs nach der VO (EG) Nr. 853/2004 zugrunde legt (30 Rinder und 30 Schafe pro Woche), während jedoch im Betriebsdatenblatt (Blatt 1 der Behördenakte) ein Schlachtaufkommen von 25 Rindern und 30 Schafen pro Woche angegeben ist. Woher aber diese Zahlen aus dem Betriebsdatenblatt stammen, konnte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht aufklären.
Aufgrund der fehlenden und teilweise widersprüchlichen Angaben kann also weder nachvollzogen werden, wie der Beklagte auf die in der Anlage 3 genannten Schwellenwerte kommt, noch kann der Betroffene anhand der Anlage 3 erkennen, ob er diese Schwellenwerte erfüllt. Ebenso wenig ist eine gerichtliche Kontrolle der Berechnungsmethode anhand der vorläufigen Arbeitshilfen bzw. der Anlage 3 möglich.
(3) Unabhängig davon sind die von Kontrollbehörde herangezogenen „vorläufigen Arbeitshilfen“ mangels Bekanntgabe unwirksam und können aus diesem Grund nicht zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „wesentlichen Marktteilnehmers“ herangezogen werden.
Zwar ist im Gegensatz zu Rechtsverordnungen oder Satzungen für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften keine Verkündung in einem dafür vorgesehenen Publikationsorgan (Gesetz- oder Amtsblatt o.ä.) vorgeschrieben. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift wird im Gegensatz zu einer Rechtsverordnung grundsätzlich auch ohne Verkündung wirksam. Verwaltungsvorschriften sind jedoch dann zu veröffentlichen, wenn sie – etwa als Auslegungs- oder Ermessensrichtlinien – mittelbar oder kraft besonderer gesetzlicher Regelung unmittelbar Außenwirkung erlangen, wobei die Gelegenheit zur Kenntnisnahme im laufenden Verfahren nicht genügt (vgl. Sachs/Sachs GG Art. 20 Rn. 124, beck-online, m.w.N.).
Aus dem in § 9 Abs. 2 Satz 2 GesVSV ausdrücklich normierten Antragsrecht des Betriebsinhabers auf bescheidsmäßige Feststellung der Zuständigkeit durch die Kontrollbehörde ergibt sich schließlich, dass die vorläufige Arbeitshilfe nicht lediglich als Auslegungshilfe mit nur mittelbarer Wirkung anzusehen ist, sondern der Arbeitshilfe aufgrund des subjektiven Rechts des Betriebsinhabers, das Bestehen bzw. Fortbestehen der sachlichen Zuständigkeit überprüfen zu lassen, auch unmittelbare anspruchsbegründende Außenwirkung zukommt, da sich die konkreten Voraussetzungen der „Überregionalität“ bzw. des „wesentlichen Marktteilnehmers“ – insbesondere die zur Bestimmung herangezogenen Schwellenwerte – einzig und allein aus der Verwaltungsvorschrift ergeben. Aus diesem Grund entfalten die vorläufigen Arbeitshilfen auch im umgekehrten Fall zumindest faktisch Außenwirkung auf den betroffenen Betrieb. Insofern handelt es sich bei den vorläufigen Arbeitshilfen weder um lediglich „ergänzende“ Vollzugshinweise, die der Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis dienen, noch um nur verwaltungsintern bindende und steuernde ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften (dem Beklagten kommt im Rahmen der Zuständigkeitsfeststellung insofern auch gar kein Ermessen zu), sondern um eine formal in Verwaltungsvorschriften getroffene Ausführungsbestimmung des Beklagten, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfaltet.
Für Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung für Dritte besteht jedoch eine Publikationspflicht, die im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet ist (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 – 5 CN 1/03 -, BVerwGE 122, 264-271, Rn. 31 und BVerwG, Urteil vom 08. November 2012 – 5 C 4/12 -, juris). Dieser Veröffentlichungspflicht wurde hier aber nicht Genüge getan.
Zwar ist mittlerweile ein Auszug der vorläufigen Arbeitshilfen auf der Internet-Seite des Bayerisches Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu finden (vgl. https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/ueberwachung/kblv /index.htm#zustaendigkeit). Nicht veröffentlicht ist jedoch die gesamte Anlage 3, die die Referenz- bzw. Schwellenwerte enthält. Der Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift nach der soeben zitieren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann jedoch nur dann Genüge getan werden, wenn die Regelung selbst bekannt gegeben wird. Eine selektive, erläuternde Wiedergabe ihres Inhalts ist dagegen nicht ausreichend, denn die Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift soll es dem Bürger gerade ermöglichen, sie nicht bereits vorinterpretiert, sondern eigenständig zu erfassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 – 5 CN 1/03 – Rn. 31). Daher reicht es nicht aus, lediglich einen Teil der vorläufigen Arbeitshilfen, insbesondere ohne die – gerade entscheidende – Anlage 3 im Internet zu veröffentlichen.
Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber den Betroffenen genügt auf jeden Fall die Publikation in dem für den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen amtlichen Medium, hier also gemäß Nr. 3.1. i.V.m. Nr. 5 der Veröffentlichungsbekanntmachung (VeröffBek) der Bayerischen Staatsregierung vom 15. Dezember 2015 (Az. B II 2 – G 48/13-6) im Allgemeinen Ministerialblatt. Damit ist den Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig und umfassend zu informieren (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 – 5 CN 2/03 -, Rn. 32, juris). Ob auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung, z.B. durch eine unmittelbare Übergabe der Arbeitshilfe an die Betroffenen oder eine vollständige Veröffentlichung im Internet ausreichend wäre, bedarf in diesem Verfahren keiner Entscheidung, denn der Beklagte hat den Betroffenen den Text der vorläufigen Arbeitshilfe unstreitig weder persönlich bekannt gegeben noch vollständig im Internet veröffentlicht.
Fehlt bei Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung gegenüber Dritten die rechtsstaatlich bzw. um effektiven Rechtsschutz willen gebotene Bekanntgabe, sind sie nicht wirksam geworden (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 – 5 CN 2/03 -, Rn. 33, juris).
Damit verbleibt es bei den weder in der GesVSV noch in der GDVG näher konkretisierten unbestimmten Rechtsbegriffen der „Versorgung von 1,5 Millionen Einwohnern“ und des „wesentlichen Marktteilnehmers“, was dazu führt, dass der Kläger aus dem Inhalt der Rechtsnorm des § 9 Abs. 2 GesVSV nicht in zumutbarer Weise feststellen kann, ob sein Betrieb nun unter die Zuständigkeit der KBLV fällt oder nicht.
Das Gericht verkennt nicht, dass an die tatbestandliche Fixierung keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden dürfen und die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsseite in einigen Fallgestaltungen geradezu sinnvoll und notwendig erscheinen können, um die Verwaltungsbehörden in die Lage zu versetzen, ihren Aufgaben, den besonderen Umständen des einzelnen Falles und den schnell wechselnden Situationen des Lebens gerecht zu werden. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass sich das Vorliegen der Tatbestandvoraussetzungen einer Norm letztendlich nur aus einer größtenteils unveröffentlichten (und damit unwirksamen) Verwaltungsvorschriften ergibt, sodass das Handeln der Verwaltung nicht mehr messbar und für den Betroffenen unvorhersehbar wird und dass die Kontrollbehörde mangels Vorgabe angemessener klarer Handlungsmaßstäbe in der Verordnung selbst mehr Zeit damit verbringt, sich ihre Handlungsmaßstäbe selbst vorzugeben, d.h. Referenzwerte aus verschiedensten Statistiken und anhand komplexer und undurchsichtiger Rechnungen ermittelt, Tabellen erstellt und sie regelmäßig an die momentanen Gegebenheiten anpasst (vgl. Wortlaut „vorläufige Arbeitshilfen“). Es ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt erkennbar, dass die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe in § 9 Abs. 2 GesVSV sowohl den Betroffenen, als auch der Verwaltung und den Gerichten erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die weder durch übliche Auslegungsmethoden, noch durch die momentan geltenden vorläufigen Arbeitshilfen sachgerecht beseitigt werden können. Zudem ist der Normgeber gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfG, B. v. 24.11.1981 – 2 BvL 4/89 – BVerfGE 59, 104). Dabei zeigt bereits § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GesVSV, der den gleichen Normzweck verfolgt, dass konkrete Regelungen – auch direkt in der Verordnung – durchaus möglich sind, um den mit der Zuständigkeitsübertragung verfolgten Zweck erreichen zu können.
Nach alledem war der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 17.11.2018 mangels wirksamer Rechtsgrundlage rechtswidrig und damit aufzuheben.
Bei bereits bestandskräftigen Feststellungsbescheiden bleibt es bei der Zuständigkeit der Kontrollbehörde.
III.
Eine Vorlagepflicht zu den Verfassungsgerichten steht dem nicht entgegen. Zwar statuiert Art. 92 BV eine solche zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof bei Verstößen gegen die Bayerische Verfassung auch für den Fall verfassungswidriger Regelungen in rangmäßig unter Gesetzen im förmlichen Sinne stehenden Rechtsverordnungen. Jedoch besteht hier die Besonderheit, dass zugleich ein Verstoß gegen das Grundgesetz, dort Art. 20 Abs. 3 GG, vorliegt und es bei derartigen Verstößen in Rechtsverordnungen der Vorlage zum dafür zuständigen Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG nach dessen ständiger Rechtsprechung nicht bedarf, vielmehr die Fachgerichtsbarkeit zur alleinigen Inzident-Prüfung und Entscheidung im anhängigen Verfahren berufen ist (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Juli 2011 – 3 ZB 08.3206 -, Rn. 4, juris m.w.N zur sog. inzidenten Normenkontrolle). Deshalb erübrigt sich eine Vorlage nach Landesrecht, das Fachgericht kann die Ungültigkeit nach Bundesrecht selbst feststellen, so dass es auf einen Verstoß gegen Landes-(verfassungs-)recht nicht mehr ankommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Rn. 10 zu § 94).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.