Europarecht

Städtische Zuwendungen an ein Alten-/ und Pflegeheim sind keine staatlichen Beihilfen i.S.d. Gemeinschaftsrechts

Aktenzeichen  3 U 134/17

Datum:
21.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2018, 208
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3 Abs. 1, § 3a, § 8 Abs. 1
VO (EG) Nr. 659/1999 Art. 4

 

Leitsatz

Zuwendungen einer kreisfreien Stadt an ein Alten-/Pflegeheim, das ein örtlich geprägtes Einzugsgebiet hat, Standardleistungen im Pflegebereich anbietet und dessen Bewohner nicht aus anderen Mitgliedstaaten, sondern nur aus der näheren Region stammen, stellen keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV dar. Es handelt sich um rein lokale Fördermaßnahmen ohne Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel. (Rn. 35 – 44)

Verfahrensgang

6 O 381/16 (1) 2016-12-15 Endurteil LGREGENSBURG LG Regensburg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 15.12.2016, Az. 6 O 381/16 (1), wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Regensburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.000.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger, ein Verband, macht gegen die Beklagte, eine kreisfreie Stadt, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und Erstattung von Abmahnkosten geltend.
Die Beklagte ist zu 100% an der … (im Folgenden: … beteiligt, die im Stadtgebiet von Regensburg derzeit ein Alten- und Pflegeheim, das Bürgerheim … zur Sicherung des Pflegebedarfs betreibt. Bis 2015 hat sie daneben das Bürgerstift … und bis Anfang 2016 das Pflegeheim … betrieben. Die Aufgabe der … besteht laut Gesellschaftsvertrag im Betrieb von Einrichtungen der Altenhilfe in Regensburg. Sie dient der Förderung der Wohlfahrtspflege und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke. Da die … in den Jahren 2010 bis 2015 Verluste in Höhe von insgesamt 7.538.077,62 € erwirtschaftete (für das Jahr 2016 wurde ein Verlust in Höhe von 1.928.561,00 € erwartet) unterstützte die Beklagte sie seit 2010 mit Kapitaleinlagen in Höhe von insgesamt 3.905.000,00 € für den Betrieb der Heime, sowie 8.050.000,00 € für den Neubau des Bürgerheims … Der Kläger ist ein eingetragener Verein und vertritt die Interessen von privaten Unternehmen der Alten- und Behindertenhilfe, der ambulanten Dienste und sonstiger sozialer Dienste. Nach seiner Satzung ist sein Verbandszweck die Wahrnehmung der beruflichen und sozialen Interessen seiner Mitglieder als Unternehmer sozialer Dienste gegenüber der Öffentlichkeit. Zu seinen Aufgaben gehört auch Wettbewerbsverstößen entgegenzuwirken, soweit diese die Interessen seiner Mitglieder berühren. Er sieht in den Zuwendungen der Beklagten an die (staatliche Beihilfen, die mangels Notifizierung bei der Europäischen Kommission gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV verstießen. Außerdem liege ein Ungleichbehandlung vor, weil nur der … nicht aber anderen Regensburger Pflegeheimbetreibern eine Existenzgarantie in Form jährlicher Investitionszuschüsse sowie Verlustübernahmen gewährt werde, obwohl die Angebote und Leistungen sämtlicher Betreiber unter allen maßgeblichen Gesichtspunkten vergleichbar seien. Im Hinblick darauf macht er Ansprüche gemäß §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 UWG i.V.m. Art. 108 Abs. 3 AEUV bzw. Art. 3 Abs. 1 GG geltend und hat die Beklagte auf Unterlassung von Ausgleichszahlungen, Übernahme nicht verzinster oder nicht marktüblich verzinster Bürgschaften sowie sonstiger Beihilfen im Sinne der Art. 107 ff. AEUV zugunsten der … in Anspruch genommen, sofern nicht die jeweilige Maßnahme von der Europäischen Kommission genehmigt wurde oder die Genehmigung gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 oder entsprechender Nachfolgevorschriften als erteilt gilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, berichtigt durch Beschluss vom 22.02.2017, Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei wegen fehlender Binnenmarktrelevanz der streitgegenständlichen Finanzhilfen nach Art. 107 Abs. 1 AEUV unbegründet, da es sich um rein lokal wirksame Maßnahmen der Altenhilfe im Stadtgebiet Regensburg handele. Dort konkurriere die mit keinem ausländischen Betreiber. Ein konkreter substantiierter Vortrag dazu, dass durch die vorliegenden Finanzhilfen für den Betrieb des Bürgerheims
I ein ausländischer Investor von einer Investition in Regensburg abgehalten worden sei, sei nicht erfolgt.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Das Landgericht habe die Binnenmarktrelevanz der zugunsten der (gewährten Finanzhilfen zu Unrecht verneint. Dies beruhe auf einer fehlerhaften Auslegung von Art. 108 Abs. 3 i.V.m. Art. 107 AEUV. Das Landgericht habe selbst erkannt, dass, selbst wenn ein begünstigtes Unternehmen nur örtlich begrenzt tätig sei, die Begünstigung Binnenmarktrelevanz habe soweit die Stellung dieses Unternehmens gegenüber anderen ausländischen Unternehmen gestärkt werde, bzw. die Marktaussichten dieser geschmälert würden. Das Landgericht habe aber nicht auf die allgemeinen Marktgegebenheiten abgestellt und unzureichend geprüft, wie sich die Begünstigung auf tatsächliche oder potentielle Wettbewerber auswirke. Aus dem Umstand, dass die einer von verschiedenen Pflegeheimbetreibern in der Region Regensburg sei, könne das Landgericht nicht schließen, dass durch die Finanzhilfen „die Ansiedlung und der Betrieb anderer Unternehmen im Pflegebereich offensichtlich nicht behindert wird“. Die Existenz anderer Anbieter könne nicht als Beleg für fehlende Binnenmarktrelevanz herangezogen werden. Diese Situation hindere nicht den Beihilfecharakter, sondern stelle lediglich die Voraussetzung für eine mögliche Handelsbeeinträchtigung dar. Denn wenn es keine Wettbewerber gebe, komme eine Behinderung ohnehin nicht in Betracht. Dass die … (in Regensburg mit keinem ausländischen Betreiber konkurriere und sich, wie das Landgericht meine, „daher in keiner unmittelbaren Wettbewerbssituation“ befinde, betreffe höchstens das reine Stadtgebiet. Das Einzugsgebiet der dortigen Pflegeeinrichtungen werde aber nicht durch das Stadtgebiet Regensburg begrenzt. Vielmehr würden das Angebot auch zu einem wesentlichen Teil Bewohner der Region nutzen, so dass auch Marktteilnehmer der weiteren Region zu berücksichtigen seien (wie etwa das der … in Obertraubling). Im Übrigen komme es aber auf eine konkrete Wettbewerbssituation gar nicht an. Es reiche für die Binnenmarktrelevanz aus, dass der entsprechende Markt für ausländische Investoren von Interesse sei. Solche Investitionsinteressen bestünden auf dem deutschen Pflegemarkt aber in evidenter Weise. Dies zeige auch das Engagement der … (in der dortigen Region. Mit der Feststellung, aufgrund der Größe des deutschen Pflegemarkts komme der Förderung der … („keine entscheidende Bedeutung für den europäischen Wettbewerb zu“, führe das Landgericht ein nicht sachgerechtes und auch nicht weiter begründetes Kriterium ein. Die Entscheidung der Kommission in der Sache „…“ könne bei dem hiesigen Sachverhalt nicht herangezogen werden, da dort eben, anders als im Streitfall, keine grenzüberschreitenden Investitionen in ähnlichen Einrichtungen in der Region festzustellen gewesen seien. Auch komme es nicht auf das Verhältnis zum großen internationalen Markt in Deutschland an. Eine gesteigerte Bedeutung im Sinne eines Spürbarkeitskriteriums gebe es nicht. Zu Unrecht sei das Landgericht schließlich davon ausgegangen, der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, dass konkret ein ausländischer Investor von einer Investition in Regensburg abgehalten worden sei. Denn hieraufkomme es nicht an. Die bloße Eignung der Finanzhilfe zur Stärkung des Begünstigten reiche aus. Diese habe der Kläger hinreichend plausibel dargelegt. Im Übrigen habe er auch für die Frage der Wettbewerbsverfälschung und der Handelsbeeinträchtigung Sachverständigenbeweis angeboten.
Selbst wenn man den vom Landgericht herangezogenen Kommissionsentscheidungen 2015 und 2016 eine restriktive Handhabung des Binnenmarktkriteriums in vergleichbaren Fällen entnehmen wollte, hätte dies für die Auslegung nach Art. 107 AEUV keine Bedeutung, da hierfür die EU-Gerichte zuständig seien. Es bestehe jedenfalls eine Notifizierungspflicht der Mitgliedsstaaten nach Art. 108 Abs. 3 AEUV und eine Pflicht zur Aussetzung der Maßnahme. In der zu Unrecht verneinten Binnenmarktrelevanz durch das Landgericht liege eine Rechtsverletzung im Sinne des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO. Denn hiermit verneine das Landgericht gleichzeitig den Beihilfetatbestand im Sinne der Art. 107 ff. AEUV, sodass auch das Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 AEUV und die auf dieser Grundlage bestehenden Unterlassungsansprüche des Klägers nach § 3 Abs. 1, 3a und 8 Abs. 1 UWG entfielen. Zu Unrecht habe das Landgericht auch einen Verstoß gegen Art. 3 GG verneint. Dabei sei es fehlerhaft davon ausgegangen, es bestehe eine Freiheit der Subventionierung. Selbst wenn man die … als Unternehmen der Beklagten betrachte, sei der öffentlichen Hand die Förderung eigenen Wettbewerbs nur unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes erlaubt. Da die Angebote anderer Pflegeeinrichtungen vergleichbar seien, bestehe kein Anlass nur die … mit einer Existenzgarantie auszustatten. Im Übrigen dürften die gewährten Vorteile nur in angemessener Weise und ohne Benachteiligungswirkung zu Lasten von Mitbewerbern erfolgen. Es sei zu bezweifeln, dass die hier gewährten Hilfen von inzwischen fast 14 Mio. € sowie die weitere Verlustdeckung von knapp 2 Mio. € als angemessener Einsatz öffentlicher Mittel gelten könne, wenn andere Betreiber dieselben Leistungen rentabel anböten. Unrichtig sei ferner die Würdigung des Landgerichts, der Kläger habe nicht nachweisen können, dass andere Pflegeheimbetreiber keine Möglichkeit hätten, Investitionskostenzuschüsse von der Beklagten zu bekommen. Allein die Möglichkeit der Antragstellung reiche nicht aus, da tatsächlich wegen der Unerfüllbarkeit der Voraussetzungen keine Aussicht auf Förderungsgewährung bestehe. Außerdem betreffe eine denkbare Förderung nur Zuschüsse und nicht wie vorliegend die Deckung laufender Verluste in Millionenhöhe.
Der Kläger beantragt daher unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Regensburg vom 15.12.2016
1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,
1.1 zugunsten der ( deren jeweilige Jahresfehlbeträge durch Gesellschaftereinlagen auszugleichen,
1.2 zugunsten der … (nicht marktübliche, z.B. nicht verzinste oder nicht marktüblich verzinste, Bürgschaften zu übernehmen, und
1.3 der … sonstige Beihilfen im Sinne der Art. 107 ff. AEUV, z.B. nachrangige Gesellschafterdarlehen, zu gewähren, sofern nicht die jeweilige Maßnahme von der Europäischen Kommission genehmigt wurde oder die Genehmigung gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 oder entsprechenden Nachfolgevorschriften als erteilt gilt;
2. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verurteilung zu einem Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000 anzudrohen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 7.314,81 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil. Sie ist allerdings der Auffassung, dass die Klage bereits mangels Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nicht zulässig sei. Die angebliche Zuwiderhandlung berühre nicht die Interessen der Mitglieder des Klägers spürbar. Die vier Mitglieder des Klägers, die im Stadtgebiet von Regensburg stationäre Pflegeeinrichtungen betrieben, hätten kein Interesse an dem streitgegenständlichen Verfahren. Soweit der Kläger die Wettbewerbsverfälschung aus dem Investment- und Immobilienmarkt oder der Personalsuche herleite, werde dies nicht von seiner Klagebefugnis gedeckt, da seine Mitglieder soziale Dienste erbringen würden und nicht auf dem Investmentmarkt tätig seien. Die Klage sei aber auch unbegründet. Eine europarechtlich relevante Beihilfe liege nicht vor, da die hierfür erforderlichen Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht kumulativ erfüllt seien. Es könne daher auch kein Verstoß gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV gegeben sein. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit der (um eine rein lokale handele, die keine Binnenmarktrelevanz habe. Insofern sei der Streitfall vergleichbar mit dem Sachverhalt, welcher den Entscheidungen des BGH vom 24.03.2016, Az.: I ZR 263/14 und dem OLG Stuttgart vom 23.03.2017, Az.: 2 U 11/14 zugrunde gelegen habe und bei dem hinsichtlich des Defizitausgleichs kommunaler Krankenhäuser eine Binnenmarktrelevanz verneint wurde. Die dort entwickelten Grundsätze seien auch vorliegend heranzuziehen. Unabhängig davon liege auch keine unzulässige Beihilfe vor. Weder sei eine geschäftliche Handlung gegeben noch eine Begünstigung. Schließlich habe die Beklagte nicht gegen die Notifizierungspflicht des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV verstoßen, weil die Ausgleichsleistun gen der Beklagten jedenfalls nach dem DAWI-Beschluss der EU-Kommission (Beschluss über die Anwendung des Art. 106 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichszahlungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind – 2012/21/EU) sowie dessen Vorgängerregelung in der sog. „DAWI-Freistellungsentschei-dung“ der EU 2005/842/EG von der Notifizierungspflicht freigestellt seien. Bei den von der erbrachten Pflegeleistungen handele es sich um besondere der Beklagten zugewiesene Aufgaben im allgemeinen öffentlichen Interesse gemäß Art. 73 AGSG, Art. 83 Abs. 3 BV, Art. 57 Abs. 1 GO. Die sei auch mit der Durchführung dieser DAWI betraut gewesen. Zu Recht habe das Landgericht schließlich festgestellt, dass kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot durch die öffentliche Hand gegeben sei. Eine unterschiedliche Behandlung sei vorliegend gerechtfertigt, weil es sich einerseits um ein Unternehmen öffentlicher Hand, das öffentliche Aufgaben erfülle, handele und andererseits um privatwirtschaftliche Unternehmen.
In der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2017 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass die von der schwedischen getragene kürzlich die Einrichtung der I gekauft habe und damit auch die beiden von dieser in Regensburg betriebenen Pflegeheime. Diesen Vortrag ergänzte er im nachgelassenen Schriftsatz vom 26.09.2017. Durch den Erwerb seien somit auch im Stadtgebiet selbst ausländisch gehaltene Pflegeheimbetreiber tätig, weshalb die Binnenmarktrelevanz auch aus diesem Grund zu bejahen sei.
Die Beklagte bestreitet im Schriftsatz vom 27.09.2017 die Übernahme von Heimen in Regensburg durch I rügt den Vortrag als verspätet und hält ihn als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel für unzulässig gemäß § 531 Abs. 2 ZPO. Im weiteren Schriftsatz vom 11.10.2017 vertritt sie zudem die Auffassung, der vorgetragene Gesellschafterwechsel der… könne als bloße Vermögensbeteiligung ohne operativen Hintergrund eine beihilferechtlich relevante Maßnahme nicht begründen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen verwiesen.
Eine Beweisaufnahme durch den Senat hat nicht stattgefunden.
B
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zwar klagebefugt, sein geltend gemachter Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 3a UWG aber weder wegen Verletzung des Durchführungsverbots nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV noch wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG begründet. Ein Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV scheitert daran, dass es sich bei den streitgegenständlichen Finanzhilfen wegen fehlender Binnenmarktrelevanz nicht um Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt. Für die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes fehlt es am Vorliegen vergleichbarer Sachverhalte.
I.
Zu Recht hat das Landgericht die Klagebefugnis des Klägers bejaht.
1. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG stehen die Ansprüche gemäß § 8 Abs. 1 UWG neben Mitbewerbern auch rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.
2. Das ist vorliegend der Fall. Entgegen der Auffassung der Beklagten werden die Interessen der Mitglieder des Klägers durch die angegriffenen Zuwendungen spürbar berührt.
Wie auch die Beklagte unter Hinweis auf Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 8 UWG Rn. 3.51 erkennt, müssen dabei nicht die Interessen aller Mitglieder eines Verbandes betroffen sein, wohl aber die Interessen solcher Mitglieder, die auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt wie der Zuwiderhandelnde tätig sind. Da bei der Interessenberührung nicht eine bestimmte Anzahl von Verbandsangehörigen erforderlich ist, reicht es aus, dass vorliegend vier Mitglieder des Klägers im Stadtgebiet von Regensburg stationäre Pflegeeinrichtungen betreiben, deren Wettbewerbsinteressen berührt sein können. Dabei kommt es, wie das Landgericht zutreffend ausführt, nicht darauf an, ob diese ihrerseits ein Interesse an der gerichtlichen Geltendmachung eines behaupteten Unterlassungsanspruchs haben, sondern darauf, ob ihre Wettbewerbsinteressen berührt sind, was grundsätzlich bejaht werden kann, wenn ein Mitbewerber nicht unerhebliche Finanzhilfen erhält.
3. Soweit der Kläger seine Ansprüche, eine geltend gemachte Wettbewerbsverfälschung und Binnenmarktrelevanz auf die Beschaffungsseite durch erschwerte Personalsuche, auf ein Investitionsinteresse, auf Investitionen in Pflegeimmobilien und den Immobilienmarkt stützt, ist dies von seiner Klagebefugnis allerdings nicht gedeckt. Denn seine Verbandsmitglieder sind auf diesem Markt nicht tätig. Sie erbringen laut Satzung des Klägers soziale Dienste.
Der vom Kläger angeführte Wettbewerb auf der Beschaffungsseite durch erschwerte Personalsuche betrifft den Nachfragemarkt. Dieser unterfällt nicht der Regelung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, der nach seinem Wortsinn nur den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, nicht aber den Einkauf und die Beschaffung erfasst. Der Senat schließt sich der vom Oberlandesgericht Stuttgart (OLG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2017, Az.: 2 U 11/14, Rn. 90, juris) und Goldmann (in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl., § 8 Rn. 320) vertretenen Auffassung an, dass es für eine Analogie an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehlt, zumal ein Bedürfnis für eine Klagebefugnis von Verbänden neben derjenigen der unmittelbar verletzten Mitbewerber nicht bestehen dürfte.
II.
Ein Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 3, 3a UWG i.V.m. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV ist mangels Vorliegens einer europarechtlichen Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht gegeben.
1. Zu Recht hat das Landgericht seiner Wertung das UWG in der ab 10.12.2015 geltenden Fassung zugrunde gelegt.
Nach den vom Kläger beanstandeten Handlungen des Beklagten in den Jahren 2009 bis 2015 ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung ab 10. Dezember 2015 neu gefasst worden (BGBl. I, S. 2158). Die Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG a.F. ist nunmehr inhaltsgleich in § 3a UWG enthalten, wobei eine § 3 Abs. 1 UWG a.F. entsprechende Spürbarkeitsklausel angefügt worden ist. Dadurch ist der Tatbestand des Rechtsbruchs sachlich nicht geändert worden, so dass im Folgenden allein auf das geltende Recht Bezug genommen wird.
Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Der Tatbestand setzt eine geschäftliche Handlung voraus (BGH, Urteil vom 24. März 2016-1ZR 263/14 – Kreisklinken Calw – Rn. 18, juris)
2. Zutreffend hat das Landgericht in den streitgegenständlichen Zuwendungen auch geschäftliche Handlungen gesehen, die der Förderung des Absatzes von Dienstleistungen der … im Pflegeheim dienen.
a) Eine „geschäftliche Handlung“ ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.
Sofern die öffentliche Hand nicht selbst erwerbswirtschaftlich tätig wird, kann allerdings nicht vermutet werden, dass eine Handlung der Förderung des Wettbewerbs und nicht der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient. Vielmehr muss anhand einer umfassenden Würdigung besonders festgestellt werden, dass das Verhalten neben der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe – vorliegend der Sicherstellung einer bedarfsgerechten Pflegeheimversorgung der Bevölkerung – auch der Förderung fremden Wettbewerbs dient. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die öffentliche Hand in den Wettbewerb zugunsten eines fremden Unternehmens eingreift, weil sie von seinem wirtschaftlichen Erfolg aufgrund vertraglicher oder sonstiger Beziehungen profitiert. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 24. März 2016-1ZR 263/14 – Kreiskliniken Calw – Rn. 22, m.w.N., juris).
b) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend, obwohl die Beklagte mit dem Betreiben des Altenheims eine öffentliche Aufgabe der Sicherstellung der bedarfsgerechten Pflegeheimversorgung der Bevölkerung wahrnimmt, von einer geschäftlichen Handlung der Beklagten auszugehen. Denn selbst wenn keine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, hat auch die Beklagte durch ihre 100%ige Beteiligung an der… ein Interesse daran, dass das Pflegeheim kostendeckend, jedenfalls aber mit möglichst geringen Verlusten betrieben wird.
3. Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass das Verbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV, Beihilfemaßnahmen ohne vorherige Anmeldung bei der Europäischen Kommission durchzuführen (Durchführungsverbot), eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG ist (vergl. BGH Urteil vom 24. März 2016-1 ZR 263/14 – Kreiskliniken Calw – Rn. 24 bis 26).
4. Ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV liegt jedoch nicht vor, da die der (gewährten Zuwendungen keine staatlichen Beihilfen nach Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen. 3. a) Das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV gilt allein für staatliche Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV.
Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot haben die Gerichte der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt. Das gilt jedenfalls, solange die Kommission – wie vorliegend – kein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV eröffnet hat (BGH, Urteil vom 24. März 2016-1 ZR 263/14 – Kreiskliniken Calw – Rn. 28, m.w.N.).
Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind unzulässige staatliche Beihilfen – vorbehaltlich anderer Bestimmungen – definiert als aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen. Nur wenn eine staatliche Maßnahme alle Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt, hat sie beihilferechtliche Relevanz.
b) Das ist vorliegend nicht der Fall. Es fehlt am Merkmal der Binnenmarktrelevanz. Bei den angegriffenen Zuwendungen handelt es sich um rein lokale Fördermaßnahmen ohne Auswirkungen auf den Handel innerhalb der Union.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 24. März 2016 – I ZR 263/14 – Kreiskliniken Calw – Rn. 99, m. w.N., juris), die auch von der Kommission ergangene Entscheidungen einbezieht, ist bei der Prüfung, ob eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AUEV oder eine den Handel nicht beeinträchtigende, lediglich lokal wirkende, Zuwendung vorliegt, Folgendes zu berücksichtigen:
Eine staatliche Unterstützung kann auch dann Auswirkungen auf den Handel innerhalb der Union haben, wenn das begünstigte Unternehmen nicht unmittelbar am grenzüberschreitenden Handel teilnimmt. Der örtliche oder regionale Charakter der durch das begünstigte Unternehmen erbrachten Dienstleistung oder die geringe Größe seines Tätigkeitsgebiets schließt nicht von vornherein die Möglichkeit aus, dass es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen durch die Maßnahme erschwert wird, ihre Dienste auf dem Markt dieses Staats zu erbringen. Die Möglichkeit, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird, darf allerdings nicht nur hypothetischer Natur sein und nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen.
In Anwendung dieser Grundsätze hat die Kommission angenommen, dass die Tätigkeit eines Beihilfeempfängers, der Güter oder Dienstleistungen nur in einem geographisch begrenzten Ge biet eines einzigen Mitgliedstaats anbietet und wahrscheinlich keine Kunden aus anderen Mitgliedstaaten anzieht und dessen Begünstigung allenfalls marginale Auswirkungen auf die Bedingungen für grenzüberschreitende Investitionen oder die grenzübergreifende Niederlassung haben wird, wegen ihrer rein lokalen Auswirkung nicht den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt (vgl. Kommission, Beschlüsse vom 29. April 2015 – SA.33149 Rn. 19, SA.37904 Rn. 15 und SA.38035 Rn. 12, jeweils m.w.N). Nach Ansicht der Kommission fehlt es an einer Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels bei Zuwendungen an örtliche Krankenhäuser, die ausschließlich für die örtliche Bevölkerung bestimmt sind (vgl. DAWI-Mitteilung Rn. 40). Im Fall einer Reha-Fachklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im niedersächsischen Bad Nenndorf, deren Patienten ausschließlich aus dem Inland und zu über 90% aus Niedersachsen stammen und die Standardleistungen der Gesundheitsfürsorge anbietet, bei deren Auswahl sich der Patient stark durch die verwendete Sprache des Leistungsanbieters und die Merkmale des nationalen Gesund-heits- und Erstattungssystems beeinflussen lässt, hat die Kommission einen grenzüberschreitenden Wettbewerb um Patienten verneint. Da trotz der seit über 200 Jahren bestehenden, teilweise von der öffentlichen Hand finanzierten Gesundheits- und Rehabilitationseinrichtung im Umkreis von 100 Kilometern mehr als 20 Rehabilitationskliniken für Orthopädie betrieben werden, hat es die Kommission als naheliegend erachtet, dass die öffentlichen Zuwendungen einen Markteintritt oder ein Bestehen am Markt von Unternehmen mit vergleichbarem Angebot nicht erschweren (vgl. Kommission, Beschluss vom 29. April 2015 – SA.38035 Rn. 13 ff.; für ein Ärztehaus in Durmersheim vgl. Kommission, Beschluss vom 29. April 2015 – SA.37904 Rn. 16 ff.).
bb) Nach diesen vom Bundesgerichtshof und der Kommission entwickelten Maßgaben haben die Zuwendungen der Beklagten an die keine Binnenmarktrelevanz.
Unstreitig hat das von der … (betriebene Bürgerheim … (ein örtlich geprägtes
Einzugsgebiet. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen (EU Seite 36 f.), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stammen die Bewohner fast ausschließlich aus Regensburg oder dem näheren Umfeld. Ausländische Bewohnerwerden nicht betreut.
Das Leistungsangebot des Bürgerheims liegt im Pflegebereich im Rahmen von Standardleistungen und ist mit anderen Unternehmen im Raum Regensburg vergleichbar. Eine grenzüberschreitende Nachfrage dieser Leistungen ist nicht ersichtlich.
Wie das Landgericht zutreffend ausführt, ergibt sich auch aus der geografischen Lage der Stadt Regensburg, die circa 90 Kilometer zur tschechischen Grenze als nächster innereuropäischer Grenze entfernt liegt, und der Lage des Bürgerheims … im Innenstadtbereich ohne unmittelbaren überregionale Straßenverbindungen und Einrichtungen des öffentlichen Personalverkehrs die rein lokal begrenzte Tätigkeit der Gegen eine beeinträchtigende Wirkung der Zuwendungen spricht auch die Anzahl der Pflege- und Altenheime in der Region Regensburg. Nach den Feststellungen des Landgerichts haben sich dort 2016 37 untereinander vergleichbare Pflegeheime befunden. Dies zeigt, dass die dem Pflegeheim gewährten Zuwendungen einen Markteintritt oder ein Bestehen am Markt von Unternehmen mit vergleichbarem Angebot nicht erschweren.
Als weiteres Kriterium für eine fehlende Binnenmarktrelevanz kann, wie das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung – Kreiskliniken Calw (Urteil vom 23.03.2017, Az.: 2 U 11/14, Rn. 85) dargelegt hat, herangezogen werden, dass sich das Bettenangebot der im Zuge des Ersatzneubaus von ursprünglich 180 auf 143 Betten reduziert hat. Diese Verringerung zeigt zum einen, dass die finanziellen Zuwendungen nicht zu einer Ausweitung des Tätigkeitsfeldes der (führen, zum andern, dass die Anziehungskraft des Heims … ohnehin gering ist, was eine grenzüberschreitende Auswirkung noch unwahrscheinlicher macht.
cc) Unbegründet ist insofern der Einwand des Klägers, im Hinblick auf die Höhe der Kapitaleinlagen zugunsten der … (in den drei Steuerjahren 2014 bis 2016 in Höhe von insgesamt 9.235.000,00 €, die die allgemeine De-minimis-Schwelle von 200.000,00 € um den Faktor 46 und auch die für DAWI geltende De-minimis-Schwelle noch um den Faktor 18,5 überträfen, spreche für eine nicht nur marginale Beeinträchtigung des mitgliedstaatlichen Handels nach den Erfahrungen der Kommission.
Damit bezieht er sich auf den Erwägungsgrund (8) der VO (EG) Nr. 1998/2006 wonach Maßnahmen unterhalb eines Gesamtbetrages von 200.000,00 € in drei Jahren nicht dem Anmeldeverfahren nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV unterlägen. Durch VO (EU) Nr. 360/2012, Erwägungsgrund (4) ist der Schwellenwert für Dienstleistungen von allgemeinem öffentlichen Interesse auf einen Gesamtbetrag von 500.000,00 € in drei Jahren angehoben worden.
Diese Verordnung definiert aber nicht den Beihilfebegriff. Auch insoweit stimmt der Senat dem Oberlandesgericht Stuttgart zu (Urteil v. 23.03.2017 a.a.O., Rn. 73). Vielmehr dient sie nur dazu, das Verfahren zu vereinfachen, indem bei Bagatellbeihilfen unterhalb des genannten Schwellenwertes keine weitere Prüfung durch die Europäische Kommission erfolgen soll. Aus ihr lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass bei einer Überschreitung des Schwellenwertes in jedem Fall Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel bzw. Wettbewerbsverfälschungen zu bejahen wären. Wäre dies so, bedürfte es dieser Tatbestandsmerkmale nicht mehr und der europäische Ge setzgeber hätte sich allein auf die Festlegung eines Schwellenwerts beschränken können.
dd) Schließlich kann der erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2017 erfolgte Vortrag des Klägers, die von der schwedischen … … getragenen … … habe kürzlich die Einrichtung der … und damit die von dieser betriebenen Pflegeheime gekauft, unabhängig von der insofern nicht bestehenden Klagebefugnis des Klägers (vergl oben unter 11 c), keine Binnenmarktrelevanz der streitgegenständlichen Finanzhilfen begründen.
Zum einen ist alleiniger Gesellschafter der … für soziale Dienste mit Sitz in Erlangen ausweislich der Gesellschafterliste (Anlagenkonvolut K 41) die … GmbH mit Sitz in Füssen. Diese betreibt laut der klägerseits ebenfalls als Anlage K 41 vorgelegten Presseerklärung vom 14.07.2017 die Pflegeheime. Bei der schwedischen EQT handelt es sich um den dahinterstehenden Finanzinvestor, der hinsichtlich der Pflegeleistungen jedoch nicht in Wettbewerb mit der steht. Zum anderen zeigt die Finanzierung der Übernahme der Bayernstift, dass durch die Zuwendungen an die etwaige grenzüberschreitende Investitionen gerade nicht gefährdet werden.
c) Da die angegriffenen Maßnahmen nicht geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen, brauchen die anderen kumulativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV, insbesondere die hier problematischen Tatbestandsmerkmale der Begünstigung und der Wettbewerbsverfälschung nicht mehr geprüft zu werden.
d) Mangels staatlicher Beihilfe kann ebenso offenbleiben, ob es sich bei den gewährten Zuwendungen um Dienstleistungen von öffentlichen Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2, 3 AEUV handelt, die von der Notifizierungspflicht des Art. 108 AEUV befreit sind.
III.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 3, 3a UWG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG.
Die öffentliche Hand handelt zwar unlauter i.S.d. § 3 I UWG, wenn sie zur Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs Anbieter oder Nachfrager ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt. Dies ergibt sich aus einer verfassungskonformen Auslegung am Maßstab des Art. 3 GG (Köhler/Bornkamm/Köhler UWG § 3a Rn. 2.64a – 2.65).
Ein sachlich gerechtfertigter Grund für die streitgegenständlichen Finanzhilfen besteht aber darin, dass Art. 83 Abs. 1 BV, Art. 57 Abs. 1 GO, Art. 73 AGSG den Gemeinden u.a. das örtliche Gesundheitswesen zuweist, dem auch die Altenpflege unterfällt. In Erfüllung ihrer Pflicht darauf hin zuwirken, dass bedarfsgerechte Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stehen, hat die Beklagte die von ihr zu diesem Zweck gegründete … die gemeinnützig und ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig ist, mit entsprechenden Finanzhilfen ausgestattet. Da die 100%ige Tochter der Beklagten ist, kann diese auf die Durchführung der Gemeinwohlverpflichtungen entscheidenden Einfluss nehmen. Das ist gegenüber anderen Pflegeheimbetreibern nicht der Fall. Im übrigen hat sie letztlich auch aufgrund ihrer Verpflichtung als Einrichtungsträger Ausgleichszahlungen für Verluste geleistet, worin ebenfalls ein sachlicher Unterschied zu etwaigen Zuwendungen an andere Pflegeeinrichtungen liegt.
Schließlich hat der Kläger auch keine Einzelheiten zu den von seinen Mitgliedern in der Region betriebenen (vier) Pflegeeinrichtungen, deren Pflegeangebot, etwaigem Finanzierungsbedarf und -interesse vorgetragen, so dass nicht festgestellt werden kann, in wieweit die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelnen mit der Situation der … (vergleichbar sind und ob eine willkürliche Ungleichbehandlung vorliegt.
IV.
Da ein Unterlassungsanspruch nicht gegeben ist, besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Abmahnkosten.
V. Nebenentscheidungen
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Den Streitwert hat der Senat auf Grundlage der Angaben des Klägers gemäß § 51 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO bestimmt.
4. Der Senat sieht keinen Anlass für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe des § 543 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch gebietet die Fortbildung des Rechts eine Zulassung der Revision. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die der tatrichterlichen Würdigung des Senats zugrunde liegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt Schwerdtner Heckel Junker-Knauerhase Vizepräsident Vorsitzender Richter Richterin des Oberlandesgerichts am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht Verkündet am 21.11.2017 Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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