Aktenzeichen 4 ZB 18.399
KAG Art. 3 Abs. 1
Leitsatz
Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, wenn einerseits für Halter von Kampfhunden ein deutlich erhöhter Hundesteuersatz vorgesehen ist, andererseits aber für diejenigen, die Hunde auch zu Zuchtzwecken halten, nur ein hälftiger Steuersatz gilt. (Rn. 7 – 10)
Verfahrensgang
M 10 K 16.2735 2017-12-07 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.820 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Hundesteuer, soweit diese einen Betrag von 60 Euro jährlich übersteigt.
Die Klägerin hält einen Bullterrier im Gemeindegebiet der Beklagten. Diese erhebt gemäß ihrer „Satzung für die Erhebung der Hundesteuer“ (im Folgenden: Hundesteuersatzung bzw. HStS) eine Jahresaufwandsteuer für das Halten von Hunden im Gemeindegebiet. Nach § 5 Abs. 1 HStS beträgt die Steuer grundsätzlich 60 Euro; abweichend von Absatz 1 beträgt sie nach § 5 Abs. 2 HStS für jeden Kampfhund 1.000 Euro. Auf der Basis ihrer Satzung setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 20. Januar 2016 die erhöhte Hundesteuer von 1.000 Euro für das Kalenderjahr 2016 sowie für die Folgejahre fest.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 7. Dezember 2017 ab. Die Hundesteuersatzung sei formell und materiell rechtmäßig. Die Beklagte überschreite mit der Höhe der festgesetzten Steuer nicht ihre Kompetenz, da dem Steuersatz keine „erdrosselnde Wirkung“ zukomme. Die höhere Besteuerung von Kampfhunden verfolge einen zulässigen Lenkungszweck. Auch wenn der absolute Betrag von 1.000 Euro in einer früheren Gerichtsentscheidung als überhöht erachtet worden sei, habe dies keine präjudizielle Wirkung, weil sich in der Gesamtschau die Steuer der Beklagten nicht derart erhöht darstelle, dass sie faktisch einem Verbot der Hundehaltung gleichkomme. Hier liege die Höhe der Steuer für einen Kampfhund beim 17-fachen Wert der Steuer für einen anderen Hund und bewege sich damit etwa in der Mitte der bisher gerichtlich entschiedenen Fälle. Aus dem Vorbringen der Klägerin lasse sich nicht schließen, dass 1.000 Euro die Kosten für die Hundehaltung auf eine Art und Weise überschritten, die ein faktisches Verbot darstelle. Diesbezüglich könne weiterhin die Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Dass im Gemeindegebiet der Beklagten das durchschnittliche Einkommen auffällig niedrig wäre, sei nicht ersichtlich. Der gewählte Steuermaßstab widerspreche auch nicht dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die von der Klägerseite gerügte Ungleichbehandlung gegenüber Freizeitzüchtern von Kampfhunden könne der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da der Grundtatbestand der Besteuerung auch bei einer etwaigen Rechtswidrigkeit des „Züchterprivilegs“ entsprechend § 139 BGB wirksam bestehen bliebe.
Gegen das Urteil richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung, zu dem sich die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses nicht geäußert haben. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne dieser Norm. Solche Zweifel sind nur gegeben, wenn mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243/1244 m.w.N.).
Die Klägerin trägt vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme der Besteuerung sehr wohl erdrosselnde Wirkung zu. Dies ergebe sich aus dem Belastungsunterschied infolge der unterschiedlichen Steuersätze für normale und gefährliche Hunde. Der vom Gericht genannte Lenkungszweck der Steuer könne den knapp 17-fachen Satz nicht rechtfertigen, da bereits der einfache Satz der Eindämmung der Hundehaltung dienen solle. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem grundlegenden Urteil aus dem Jahr 2000 lediglich den 8-fachen Satz für noch zulässig erachtet; mehr als das Doppelte dieses Wertes stehe in keinem vernünftig begründbaren Verhältnis zum Lenkungszweck. Die Kammer verkenne die in der Hundesteuersatzung der Beklagten vorgenommene Privilegierung für Züchter und den damit nicht zu vereinbarenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Klägerin gehe gerade nicht davon aus, dass das Züchterprivileg unzulässig sei; vielmehr mache sie einen Anspruch auf Reduzierung ihrer zu hohen Steuer geltend, weil das Verhältnis der Steuer für das reine Halten eines Bullterriers und für die Zucht mit einem solchen Hund nicht zusammenpassten.
Dieser Vortrag ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu wecken. Die von der Beklagten festgesetzte erhöhte Steuer für Kampfhunde ist sowohl dem Grunde (dazu a) als auch der Höhe nach (dazu b) nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die in § 7 HStS geregelte Züchtersteuer keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der gegenüber der Klägerin festgesetzten Hundesteuer (dazu c).
a) Nach ständiger, höchstrichterlich bestätigter Rechtsprechung des erkennenden Senats können Gemeinden auf der Grundlage von Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 KAG einen erhöhten Hundesteuersatz für sogenannte Kampfhunde festsetzen (BayVGH, U.v. 26.9.2012 – 4 B 12.1389 – VGH n.F. 65, 183 = BayVBl 2013, 369; U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – KStZ 2014, 32; nachgehend BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8.13 – BVerwGE 150, 225 = BayVBl 2015, 241). Die Festlegung eines erhöhten Steuersatzes für die Haltung solcher Hunde, die – wie der Bullterrier der Klägerin – aufgrund sicherheitsrechtlicher Verordnung als Kampfhunde gelten, ist vom Lenkungszweck der Steuer gedeckt, die auf die Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation abzielt (vgl. nur BayVGH, B.v. 29.11.2017 – 4 CS 17.1894 – ZKF 2018, 96 = juris Rn. 7 m.w.N.). Nicht zu folgen ist dem Zulassungsvorbringen, wonach der erhöhte Steuersatz schon deswegen nicht zu rechtfertigen sei, weil bereits der einfache Satz der Eindämmung der Hundehaltung dienen solle. Wie sich aus der Systematik des § 5 HStS ergibt, dient lediglich der deutlich erhöhte Steuersatz des § 5 Abs. 2 für Kampfhunde dem genannten Lenkungszweck. Der einfache Steuersatz des § 5 Abs. 1, der im bayernweiten Vergleich einen Mittelwert darstellt (vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, 3. Aufl. Stand Juni 2016, Erl. 27h zu Art. 3 KAG), knüpft – entsprechend dem Charakter der Hundesteuer als Aufwandsteuer – an den Aufwand für die Hundehaltung und die darin typischerweise zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an; für den von der Klägerseite darüber hinaus unterstellten prohibitiven Lenkungszweck sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
b) Die Kampfhundesteuer trifft auch hinsichtlich der in der 3. Änderungssatzung vom 10. März 2015 festgelegten Höhe von 1.000 Euro, die weniger als die Hälfte des von der Beklagten zuvor angesetzten Steuersatzes von 2.200 Euro beträgt, nicht auf rechtliche Bedenken. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit den allgemeinen Hundehaltungskosten, für den – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – weiterhin die Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ von Prof. Dr. O. und Dr. Z2. aus dem Jahr 2006 herangezogen werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – KStZ 2014, 32 = juris Rn. 25). Anhaltspunkte dafür, dass die Studie überholt oder unzutreffend wäre, sind weder im Zulassungsvorbringen dargelegt noch sonst ersichtlich. Die in der Studie ermittelten durchschnittlichen Hundehaltungskosten von 900 bis 1.000 Euro jährlich dürften sich seither allenfalls erhöht und nicht verringert haben; zudem sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitere Kosten hinzuzurechnen (BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 8.13 – BVerwGE 150, 225 = BayVBl 2015, 241 Rn. 28 ff.). Ein absoluter Jahressteuersatz von 1.000 Euro, der dem jährlichen Aufwand für die Hundehaltung – wenn überhaupt – gleichkommt, ist daher nicht zu beanstanden. Werte in dieser Größenordnung wurden bereits frühzeitig vom erkennenden Senat gebilligt (vgl. BayVGH, B.v. 24.6.2009 – 4 ZB 08.2507 – juris: 1.050 Euro) und stehen auch mit der jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung in Einklang (vgl. nur OVG SH, U.v. 22.6.2016 – 2 LB 34/15 – ZKF 2016, 263 = juris Rn. 27 ff.: 1.200 Euro). Die in der Zulassungsbegründung zitierte ältere, insoweit als überholt anzusehende Rechtsprechung führt ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie der von der Klägerseite monierte 17-fache Erhöhungsfaktor gegenüber dem regulären Steuersatz des § 5 Abs. 1 HStS (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – NVwZ-RR 2013, 566 Rn. 27 zu einem um das Zwanzigfache erhöhten Steuersatz).
c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich schließlich nicht mit Blick auf die von der Klägerin geltend gemachte Ungleichbehandlung gegenüber der Züchtersteuer nach § 7 HStS. Diese Steuervergünstigung trägt der verfassungsrechtlichen Vorgabe Rechnung, dass die Hundesteuer als örtliche Aufwandsteuer nur erhoben werden kann, wenn und soweit das Halten von Hunden persönlichen und nicht beruflichen Zwecken dient (vgl. VGH BW, U.v. 15.9.2010 – 2 S 811/10 – KStZ 2011, 115 = juris Rn. 39; Ecker in ders., Kommunalabgaben in Bayern, Stand November 2018, 32.00 Erl. 3.1, 3.2 und 3.6). Eine Hundehaltung allein zu Erwerbszwecken unterliegt demnach von vornherein nicht der Besteuerung; ist die Hundehaltung teilweise erwerbswirtschaftlich veranlasst, kommt eine Ermäßigung in Betracht (vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, a.a.O., Erl. 27j und 27ja zu Art. 3 KAG m.w.N.). Dementsprechend sieht § 7 HStS für die zu Zuchtzwecken gehaltenen Hunde eine reduzierte „Züchter-“ bzw. „Zwingersteuer“ vor, welche die Hälfte des Steuersatzes nach § 5 HStS beträgt. Dahinstehen kann, ob sich diese Steuervergünstigung, deren Rechtmäßigkeit die Klägerin dem Grunde nach nicht in Abrede stellt, nur auf Hunde nach § 5 Abs. 1 HStS oder auch auf Kampfhunde im Sinn des § 5 Abs. 2 HStS beziehen soll. Jedenfalls ist das Verhältnis zwischen dem reduzierten Steuersatz nach § 7 HStS und dem vollen bzw. dem erhöhten Steuersatz nach § 5 HStS angesichts des weiten Typisierungs- und Gestaltungsspielraums des Normgebers bei der Festlegung des Hundesteuersatzes (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – NVwZ-RR 2013, 566 Rn. 28) nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG ist weder plausibel dargelegt noch sonst ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG i.V.m. Nr. 3.1 des Streitwertkatalogs 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).