Europarecht

Teilrücknahme von Bewilligungsbescheiden über landwirtschaftliche Fördergelder

Aktenzeichen  B 4 K 14.512

Datum:
15.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130198
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1 u. 2
MOG § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
VwVfG § 48 Abs. 2, § 49a Abs. 1 S. 1, Abs. 2
VO (EG) Nr. 73/2009 Art. 4 Abs. 1, Art. 23, Art. 24
VO (EG) Nr. 1760/2000 Art. 4 Abs. 1
ViehVerkV § 27, § 29, § 32
VO (EG) Nr. 1122/2009 Art. 50a, Art. 51, Art. 72, Art. 80
VO (EG) Nr. 65/2011 Art. 5,Art. 19

 

Leitsatz

1. Für eine Kürzung der Betriebsprämie im Rahmen des Art. 72 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 reicht bedingter Vorsatz aus, um auch den Regelfall einer 20%-igen Kürzung zu verwirklichen. Allerdings bedarf es aufgrund der Umstände des Einzelfalls zumindest einer Ermessensausübung dazu, ob nicht gem. Art. 72 Abs. 1 S. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 eine Kürzung um nicht weniger als 15% in Betracht kommt. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zwar erklärt § 10 Abs. 1 S. 1 letzter Satzteil MOG die den Vertrauensschutz betreffende Vorschrift des § 48 Abs. 2 und Abs. 3 VwVfG für anwendbar; nationales Recht gilt jedoch dann nicht, wenn bei der Aufhebung der Bewilligung der Beihilfe und bei der Rückforderung zu Unrecht gewährter Beträge der zu beachtende Vertrauensschutz unionsrechtlich ausdrücklich geregelt ist und diese Regelung abschließend ist, was bei Art. 80 VO (EG) Nr. Nr. 1122/2009 der Fall ist. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Bescheid über die Gewährung einer Ausgleichszulage ist nach Art. 50a Abs. 1, Art. 51 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1698/2005 rechtswidrig, wenn die Grundanforderungen an die Betriebsführung in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt waren, wobei das Unionsrecht damit offensichtlich nicht danach differenziert, ob zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheids bereits ein Verstoß vorliegt oder noch im Laufe des verbleibenden Bewilligungsjahres auftritt. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Bescheide des Beklagten vom 16.07.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 24.06.2014 werden aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, über die Kürzung der für das Kalenderjahr 2011 bewilligten Betriebsprämie, Ausgleichszulage und Förderung nach dem Bayer. Kulturlandschaftsprogramm unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger ¾ und der Beklagte ¼.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Gemäß § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO ist unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Verpflichtung auszusprechen, über die Rücknahme der für 2011 ergangenen Förderbescheide über die Betriebsprämie, Ausgleichszulage und Förderung nach dem Bayer. Kulturlandschaftsprogramm unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, weil nach dem Sachstand der mündlichen Verhandlung die 20%ige Kürzung der Fördergelder rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, die Sache aber nicht spruchreif ist.
1. Betriebsprämie:
Der Teilrücknahme- und Teilrückforderungsbescheid des Beklagten vom 16.07.2012 findet seine Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG).
Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG zurückzunehmen. Betriebsprämien fallen gemäß den §§ 1 Abs. 1 a, 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG als Direktzahlungen unter dem Anwendungsbereich des MOG. § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) sind anzuwenden.
Der Bescheid des Beklagten vom 21.11.2011 über die Gewährung der Betriebsprämie war teilweise rechtswidrig, weil der Kläger schon vor Erlass des Bescheides einen zu sanktionierenden Verstoß gegen die einzuhaltenden anderweitigen Verpflichtungen begangen hat, ohne dass die Behörde davon Kenntnis hatte.
a. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 muss ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen bezieht, Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Artikel 5 i. V. m. Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erfüllen.
Gemäß Art. 4 i. V. m. Nr. 7 der Anlage II VO (EG) Nr. 73/2009 gehören die Vorgaben der VO (EG) Nr. 1760/2000 zu den einzuhaltenden Verpflichtungen. Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1760/2000 regelt i. V. m. § 27 der Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) die Kennzeichnungsplicht von Rindern durch Ohrmarken. In Art. 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1760/2000 i. V. m. §§ 29 und 32 ViehVerkV sind die Führung des Bestandsregisters und die Meldepflichten bei Bestandsveränderungen geregelt. Der Kläger hat gegen die genannten Pflichten verstoßen.
Nach den Feststellungen des Veterinäramts bei der Vor-Ort-Kontrolle am 17.11.2011 hat der Kläger gegen die Kennzeichnungspflicht für Rinder verstoßen, weil 7 Rinder ohne Ohrmarken angetroffen wurden. Nach den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung lag kein Verstoß gegen die Pflicht zur erstmaligen Kennzeichnung nach der Geburt eines Rindes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ViehVerkV) sondern ein Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Beschaffung von Ersatz bei Verlust von Ohrmarken vor (§ 27 Abs. 5 ViehVerkV). Da der Kläger die 7 Rinder, die beide Ohrmarken verloren hatten, identifizieren konnte, konnten sie ihren ursprünglichen Ohrmarkennummern wieder zugeordnet werden.
Zudem waren das Bestandsregister und die HIT-Datenbank nicht ordnungsgemäß geführt worden. Anhand des vor der Kontrolle gefertigten Ausdrucks aus der HIT-Datenbank wurde festgestellt, dass 17 Tiere aus dem Bestand nicht in der Datenbank eingetragen waren (§ 32 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 ViehVerkV). Der Kläger erklärte, die Meldungen für seinen Betrieb würden nicht online sondern auf dem Postweg erfolgen. Seine Eltern, die bereits Altersgeld bezögen, aber noch im Betrieb mitarbeiteten, würden diese Postkarten versenden. Es sei auch schon vorgekommen, dass Postkarten verloren gegangen oder falsch eingegeben worden seien. Dem hält der zuständige Veterinärdirektor entgegen, dass nach seinen Unterlagen die Meldeverfristungen aus dem klägerischen Betrieb in den letzten drei Jahren bei 90% gelegen hätten.
b. Folgen der festgestellten Verstöße sind Kürzungen der Betriebsprämie, die sich nach Art. 23 und 24 VO (EG) Nr. 73/2009 i. V. m. den Art. 71 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 bestimmen.
Nach Art. 23 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 wird der Gesamtbetrag der Direktzahlungen, der dem Betriebsinhaber gewährt wurde oder zu gewähren ist, nach den Durchführungsbestimmungen gemäß Art. 24 gekürzt oder gestrichen, wenn die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder das Kriterium des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden und dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Betriebsinhaber, der den Beihilfeantrag in dem betreffenden Jahr gestellt hat, anzulasten ist. Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 73/2009 werden bei den Kürzungen und Ausschlüssen (und den Durchführungsbestimmungen hierzu) u.a. Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit der Verstöße berücksichtigt; nach Abs. 2 und 3 dieser Vorschrift beträgt die Kürzung bei Fahrlässigkeit höchstens 5%, bei wiederholten Verstößen höchstens 15% (vgl. Art. 71 VO (EG) Nr. 1122/2009), bei vorsätzlichen Verstößen beträgt die Kürzung grundsätzlich nicht weniger als 20% und kann bis zum vollständigen Ausschluss von einer oder mehreren Beihilferegelungen gehen und für ein oder mehrere Kalenderjahre gelten (vgl. Art. 72 VO (EG) Nr. 1122/2009). Gemäß Art. 72 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 kann allerdings die Zahlstelle auf der Grundlage der Bewertung der Verstöße durch die Kontrollbehörde gemäß Art. 54 Abs. 1 c) VO (EG) Nr. 1122/2009 die Kürzung auf nicht weniger als 15% vermindern.
Die Annahme des Beklagten, dass der Kläger hinsichtlich der festgestellten Verstöße vorsätzlich gehandelt hat, ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Allerdings geht das Gericht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht von direktem Vorsatz, der Begehung der Verstöße mit Wissen und Wollen in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Pflichtverletzungen, sondern (nur) von bedingtem Vorsatz aus, insofern als der Kläger für möglich gehaltene Pflichtverletzungen billigend in Kauf genommen und nicht rechtzeitig die Einhaltung der Verpflichtungen überprüft und Verstöße unverzüglich behoben hat. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals vortrug – zuvor hatte er sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren unter Vorlage ärztlicher Atteste nur Fristverlängerungen für angekündigte Begründungen beantragt – habe er neben seinem landwirtschaftlichen Betrieb einen Zuerwerb in einer Steuerkanzlei. Für diese sei er öfter für mehrere Tage auf Außendienst in den neuen Bundesländern. In seiner Abwesenheit würden seine Eltern im Betrieb arbeiten; außerdem helfe ihm ein Verwandter. Deshalb habe er nicht ständig Kenntnis von allen Vorgängen im Betrieb. Als die Kontrolle angekündigt wurde, sei er gerade von einem Außendienst zurückgekommen. Am nächsten Tag habe er seinen Betrieb überprüft, die Verstöße bemerkt und unverzüglich die fehlenden Ohrmarken nachbestellt. Ihm könne allenfalls Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Dem folgt das Gericht zwar nicht, denn als Betriebsinhaber trägt der Kläger die Verantwortung für die Einhaltung der anderweitigen Verpflichtungen und muss sich vergewissern, dass in seiner Abwesenheit aufgetretene Kennzeichnungs- und Meldepflichten nachgeholt werden. Der Kläger hat selbst eingeräumt, dass er bei seinen Eltern (geb. 1938 bzw. 1940) aufgrund ihres Alters nicht davon ausgehen könne, dass sie in der Lage seien, allen Verpflichtungen fristgerecht und vollständig nachzukommen. Ihm war damit bewusst, dass er nicht darauf vertrauen konnte, dass in seiner Abwesenheit alle Anforderungen erfüllt würden. Wenn er dies nicht zeitnah überprüft hat, hat er Verstöße billigend in Kauf genommen. Auch soweit er im Schriftsatz vom 18.02.2016 vorträgt, er sei längere Zeit krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, seine Pflichten bei der Tierkennzeichnung und Anmeldung bei der Tier-Datenbank zu erfüllen, genügt dies ohne nähere Ausführungen zu Zeitraum der Erkrankung, zu den krankheitsbedingten Einschränkungen und Angaben dazu, welche Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße Betriebsführung und –bewirtschaftung getroffen wurden, nicht, um statt Vorsatz lediglich Fahrlässigkeit anzunehmen.
Für eine Kürzung im Rahmen des Art. 72 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 reicht bedingter Vorsatz aus, um auch den Regelfall einer 20%igen Kürzung zu verwirklichen. Allerdings hätte es hier aufgrund der Umstände des Einzelfalls zumindest einer Ermessensausübung dazu bedurft, ob nicht gemäß Art. 72 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 eine Kürzung um nicht weniger als 15% in Betracht käme. Dazu verhalten sich weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenseite eine verminderte Kürzung lediglich unter Hinweis auf Bezugsfälle abgelehnt.
Da das Gericht nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgeht sondern die Streitsache noch nicht für spruchreif hält, war der Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in einer erneuten Entscheidung sein Ermessen nach Art. 72 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 auszuüben. Er wird dabei die Verstöße hinsichtlich der in Art. 54 Abs. 1 c) VO (EG) Nr. 1122/2009 genannten Kriterien nach „Schwere“, „Ausmaß“, „Dauer“ und „Häufigkeit“ zu bewerten haben. Insbesondere was die Meldeverstöße (17 nicht im Bestandsregister eingetragene Rinder) betrifft, bedarf es näherer Ermittlungen, wie lange die Meldefristen überschritten wurden. Handelt es sich überwiegend um kurzfristige Überschreitungen, könnte dies dem Kläger angesichts seiner anderweitigen beruflichen Abwesenheiten und betrieblichen Hilfspersonen zugutekommen. Handelt es sich überwiegend um langfristige (wochenlange) Überschreitungen, ließe sich die Regelkürzung aufrechterhalten, weil der Kläger dann seinen Kontrollpflichten als Betriebsinhaber nur ungenügend nachgekommen wäre. Hinsichtlich der fehlenden Ohrmarken wird zu bewerten sein, dass der Kläger die Tiere eindeutig identifizieren und sie den verlorenen Ohrmarkennummern zuordnen konnte.
c. Im Übrigen – abgesehen von der noch vorzunehmenden Ermessensentscheidung hinsichtlich einer verminderten Kürzung – steht der teilweisen Rücknahme des Bewilligungsbescheides Vertrauensschutz nicht entgegen. Zwar erklärt § 10 Abs. 1 Satz 1 letzter Satzteil MOG die den Vertrauensschutz betreffende Vorschrift des § 48 Abs. 2 und 3 VwVfG für anwendbar. Nationales Recht gilt jedoch dann nicht, wenn bei der Aufhebung der Bewilligung der Beihilfe und bei der Rückforderung zu Unrecht gewährter Beträge der zu beachtende Vertrauensschutz unionsrechtlich ausdrücklich geregelt ist und diese Regelung abschließend ist, was bei Art. 80 VO (EG) Nr. Nr. 1122/2009 der Fall ist.
Art. 80 VO (EG) Nr. Nr. 1122/2009 beinhaltet den unionsrechtlichen Grundsatz, dass bei zu Unrecht gezahlten Beträgen der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich Zinsen verpflichtet ist. Ein Schutz vor Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge ist nur im Rahmen des Art. 80 Abs. 3 VO (EG) Nr. Nr. 1122/2009 gegeben. Danach gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Dies ist hier nicht der Fall. Die Ursache für die bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellten Verstöße lag allein im Verantwortungsbereich des Klägers.
Vor diesem Hintergrund ist eine Teilrückforderung der Betriebsprämie gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG und § 49a Abs. 1 VwVfG zwingende Rechtsfolge der Teilrücknahme der Bewilligung.
Die Verzinsung des Rückforderungsbetrages, über die der Höhe nach erneut zu entscheiden sein wird, richtet sich nach Art. 80 Abs. 2 VO (EG) Nr. Nr. 1122/2009 i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 1 MOG.
2. Ausgleichszulage:
Rechtsgrundlage für den Teilrücknahme- und Teilrückforderungsbescheid des Beklagten vom 16.07.2012 ist Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Bei dem Bewilligungsbescheid vom 26.09.2011 handelt es sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht um einen rechtmäßig sondern um einen rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt.
Die Rechtswidrigkeit des Bescheids über die Gewährung der Ausgleichszulage für das Jahr 2011 ergibt sich daraus, dass nach Art. 50a Abs. 1, 51 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1698/2005 die Grundanforderungen an die Betriebsführung – hier die gemäß Art. 4 i. V. m. Nr. 7 der Anlage II VO (EG) Nr. 73/2009 geforderten Vorgaben der VO (EG) Nr. 1760/2000 zur Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Rinder – in einem bestimmten Kalenderjahr (2011) zu irgendeinem Zeitpunkt (Vor-Ort-Kontrolle am 17.11.2011) nicht erfüllt waren. Das Unionsrecht differenziert damit offensichtlich nicht danach, ob zum Zeitpunkt des Bewilligungsbescheids bereits ein Verstoß vorliegt oder noch im Laufe des verbleibenden Bewilligungsjahres auftritt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilrücknahme- und Teilrückforderungsbescheids des Beklagten vom 16.07.2012 war der Bewilligungsbescheid jedenfalls rechtswidrig, weil die dem Betriebsinhaber zuzurechnenden Verstöße (s. o.) bekannt waren.
Folge der zeitweisen Nichterfüllung der Grundanforderungen der Betriebsführung (s. o.) ist die Kürzung der gewährten Zahlungen nach den in Art. 51 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1698/2005 genannten Durchführungsbestimmungen der VO (EU) Nr. 65/2011. Art. 19 Abs. 2 VO (EU) Nr. 65/2011 verweist wegen der Kürzungen u. a. auf Art. 72 VO (EG) Nr. 1122/2009. Auf die obigen Ausführungen hinsichtlich einer erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts wird Bezug genommen .
Die dem Grunde nach gegebene Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht des Begünstigten ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EU) Nr. 65/2011.
3. Bayer. Kulturlandschaftsprogramm:
Rechtsgrundlage für die Teilrücknahme des Bewilligungsbescheids vom 03.09.2009 in Verbindung mit der Auszahlungsmitteilung vom 29.11.2011 durch Bescheid des Beklagten vom 16.07.2012 ist Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.
Es gelten dieselben Regelungen wie bei der Ausgleichszulage. Der Kläger hat durch die bei der Vor-Ort-Kontrolle am 17.11.2011 festgestellten Verstöße die anderweitigen Verpflichtungen nach Art. 50a Abs. 1, 51 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1698/2005 nicht erfüllt. Dies führt zu einer Kürzung der ausgezahlten Beträge gemäß Art. 72 VO (EG) Nr. 1122/2009 und zur Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht nach Art. 5 Abs. 1 und 2 VO (EU) Nr. 65/2011. Auch hier ist hinsichtlich der vorzunehmenden Kürzung eine erneute Ermessensentscheidung gemäß Art. 72 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 unter Beachtung der obigen Ausführungen des Gerichts zu treffen.
4. Soweit der Kläger beantragt hat, die Bescheide insoweit aufzuheben als die Fördergelder um mehr als 1% gekürzt wurden, ist er teilweise unterlegen. Deshalb war die Klage im Übrigen abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

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