Europarecht

Tierhaltungs- und Betreuungsverbot

Aktenzeichen  23 CS 20.1311

Datum:
19.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16923
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 152 Abs. 1
TierSchG § 16a
GKG § 47, § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Beamteten Tierärzten kommt sowohl hinsichtlich der Frage, ob grobe oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen, als auch hinsichtlich der Frage, ob so Tieren erhebliche und länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden, eine vorrangige fachliche Beurteilungskompetenz zu. Schlichtes Bestreiten zieht deshalb amtstierärztliche Beurteilungen nicht in Zweifel. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Tötung eines moribunden Tieres kann als letztes Mittel in Betracht kommen, wenn sie zum Schutz des Tieres unabweisbar ist, um dem Tier auf diese Weise ein Weiterleben mit nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden zu ersparen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 S 20.347 2020-05-07 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500…. € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Verwaltungsgericht, auf dessen Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Beschluss unter I. Bezug genommen wird, hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 2. März 2020 gegen den Bescheid des Landratsamts Passau vom 12. Februar 2020 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, zu Recht abgelehnt, weil dieser bei summarischer Prüfung rechtmäßig ist und die Klage der Antragstellerin deshalb voraussichtlich erfolglos bleiben wird.
1.1 Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. Februar 2020 hat der Antragsgegner aufgrund mehrerer Kontrollen durch Amtsveterinäre am 12. April 2017, 7. März 2018, 16. April 2019 und 24. September 2019 der Antragstellerin, die in der Vergangenheit jeweils eine größere Anzahl verschiedener Tiere hielt (so wurden nach Angaben des Landratsamts bei der Kontrolle am 24. September 2019 acht Pferde, 22 Hunde, ca. 20 Katzen, sieben Schafe, ein Alpaka, ein Lama, 26 exotische Vögel sowie mehrere Stück Geflügel auf ihrem Anwesen vorgefunden), nach vorheriger Anhörung gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nrn. 2 und 3 TierSchG das Halten und die vorübergehende oder andauernde Betreuung von Tieren jeder Art ab 20. März 2020 untersagt (Nr I.1) sowie die Auflösung des Tierbestands und die Abgabe aller derzeit noch von ihr gehaltenen Tiere bis 19. März 2020 (Nr. I.2) gegen zwangsgeldbewehrten (Nr. III) schriftlichen Übergabenachweis bis 27. März 2020 (Ziff. I.3), für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung die Fortnahme und anderweitige Unterbringung der Tiere (Ziff. I.4) sowie deren Duldung durch die Antragstellerin (Ziff. I.5) unter Androhung unmittelbaren Zwangs (Ziff. I.6) angeordnet.
Laut Feststellungen der Amtsveterinäre (vgl. Bericht vom 8. November 2019) sei die Tierhaltung der Antragstellerin 2014 wegen des Vorwurfs des unerlaubten Züchtens und Handelns von Tieren bekannt geworden. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2016 sei ihr untersagt worden, gewerbsmäßig Katzen und Hunde zu züchten und mit diesen zu handeln. Am 12. April 2017 hätten Hunde unter Juckreiz gelitten, auf der abgegrasten Weide habe es keine Unterstände für Pferde, Schafe, Alpakas und Lamas gegeben, diese seien abgemagert gewesen und hätten sich gegenseitig attackiert. Am 7. März 2018 hätten Hunde zwei Schafe gerissen. Am 16. April 2019 sei rohes Schweinefleisch verfüttert und damit tödliche Infektionen bei Hunden und Katzen in Kauf genommen worden. Eine Hündin („Sky“) habe sich in einem sehr schlechten Zustand befunden; sie sei kotverschmiert und erblindet gewesen, habe vereiterte Augen, Ohren, Zähne sowie Hautentzündungen gehabt und unter Zahnstein und Flohbefall gelitten. Alle Pferde hätten einen schlechten Ernährungs- und Pflegezustand aufgewiesen, ihr Fell sei stumpf und struppig, ihre Hufe überlang, brüchig und ungepflegt gewesen. Die Weide sei abgegrast und kein Wasser vorhanden gewesen. Ein Pony („Lamborgini“) habe unter Durchfall gelitten. Ein weiteres Pony („Mogli“) sei erheblich vernachlässigt und abgemagert gewesen und habe nur noch 59 kg gewogen; es habe unter Milben- und Wurmbefall, Haarausfall sowie Zahnmissbildungen gelitten. Die Vogelvolieren seien zu klein, verschmutzt, nicht richtig beleuchtet und verletzungsträchtig gewesen; mehrere Vögel hätten kahle Stellen am Bauch und Kopf, deformierte Schnäbel und fehlende Zehen gehabt, als Futter hätten sie nur Körner und kein Obst bekommen. Auch seien mehrere Katzen mit Jungen gesichtet worden. Am 24. September 2019 seien die Trinkgefäße der Hunde stark verschmutzt gewesen. Die Dogge „Hanna“ habe Felldefekte sowie entzündete Augen gehabt. Die Hunde „Cora“ und „Caramella“ hätten unter Floh- und Wurmbefall, Entzündungen des Gehörgangs, Zahnstein sowie Zahnfleischentzündung gelitten. Die Pferdehufe seien nicht fachmännisch geschnitten gewesen. Alle Pferde hätten aufgeblähte Bäuche gehabt, was auf einen massiven Wurmbefall hindeute. Die Haltung der Vögel habe weiterhin erhebliche Tierschutz- und Artenschutzmängel aufgewiesen; die Tiere hätten deshalb unter Verletzungen sowie Erkrankungen wie Fettleber, Bornavirus, Arteriosklerose und Aspergillose gelitten, eine Venezuelaamazone sei sehr abgemagert mit Dekubitusstellen gewesen und habe euthanasiert werden müssen. Lama und Alpaka hätten unter ernährungsbedingten Mangelerscheinungen gelitten, seien nicht geschoren und artgemäß vergesellschaftet gewesen. Die Katzen hätten sich gehäuft gekratzt, ein Kater („Sisko“) habe auch unter Katzenschnupfen und hochgradigem Floh- und Wurmbefall gelitten.
Vor diesem Hintergrund ist das Verwaltungsgericht bei summarischer Prüfung zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin den Vorschriften des § 2 TierSchG wiederholt und grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihr gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche und länger anhaltende Schmerzen oder Leiden sowie erhebliche Schäden i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 TierSchG zugefügt hat, die den Erlass eines Tierhaltungs- und Betreuungsverbots für Tiere aller Art rechtfertigen. Aus den nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblichen amtstierärztlichen Feststellungen und Einschätzungen, die die Antragstellerin lediglich pauschal und unsubstantiiert bestritten hat, folgt, dass mehrere von der Antragstellerin gehaltene Hunde ein ungepflegtes und von Flöhen befallenes Fell hatten sowie an Zahnerkrankungen, chronischen eitrigen Infektionen oder Wurmbefall litten, durch die ihnen erhebliche und langanhaltende Schmerzen und Leiden entstanden. Die von ihr gehaltenen Pferde waren abgemagert, hatten ein stumpfes Fell und ungepflegte Hufe und litten unter Juckreiz und Wurmbefall, wodurch ihnen ebenfalls länger anhaltende erhebliche Leiden und Schäden zugefügt wurden. Entsprechendes gilt auch für die tierschutzwidrige Haltung und Ernährung der Vögel, die bei ihnen ebenfalls erhebliche und langwierige Verletzungen und Erkrankungen verursachte, was dazu führte, dass ein Vogel eingeschläfert werden musste. Bei einer Katze wurde eine unbehandelte virale Erkrankung diagnostiziert, die bei ihr ebenfalls erhebliche und länger anhaltende Leiden hervorrief. Hinsichtlich des Lamas und des Alpakas führte eine Haltung ohne Artgenossen, ausreichende Gesundheitspflege und Versorgung mit Mineralstoffen ebenfalls zu erheblichen Leiden und Schäden. Angesichts der erheblichen Anzahl und Schwere der aktenkundigen Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften, die die Antragstellerin trotz wiederholter Kontrollen, Anordnungen und der Verhängung von Bußgeldern nicht zu einer tierschutzgemäßen Haltung ihrer Tiere bewogen haben, ist das Verwaltungsgericht bei summarischer Prüfung zudem auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass deshalb die Gefahr weiterer Zuwiderhandlungen zu befürchten ist. Die Antragstellerin hat in der Vergangenheit auf Anordnungen des Landratsamts nur mit Ausflüchten reagiert und Zuwiderhandlungen nicht oder nicht nachhaltig abgestellt, sodass die Anordnung eines Tierhaltungs- und Betreuungsverbots für Tiere aller Art auch nicht als ermessensfehlerhaft, sondern als zur Herstellung tierschutzgemäßer Zustände allein geeignete und verhältnismäßige Maßnahme zu erachten ist. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht auch die tierschutzrechtlichen Nebenanordnungen, gegen die sich die Antragstellerin mit der Beschwerde im Übrigen nicht mehr explizit wendet, zutreffend bei summarischer Prüfung als rechtmäßig angesehen.
1.2 Auch die hiergegen von der Antragstellerin innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner anderen Beurteilung.
Die Beschwerdebegründung zeigt keine Rechtsfehler des angegriffenen Beschlusses auf. Sie erschöpft sich – wie bereits das erstinstanzliche Vorbringen – vielmehr in der bloßen Behauptung, der Sachverhalt stelle sich anders dar bzw. dieser sei anders zu bewerten, als das Verwaltungsgericht dies auf der Grundlage der Stellungnahmen der Amtsveterinäre getan hat. Damit kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt beamteten Tierärzten sowohl hinsichtlich der Frage, ob grobe oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen, als auch hinsichtlich der Frage, ob so Tieren erhebliche und länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden, eine vorrangige fachliche Beurteilungskompetenz zu (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2020 – 23 CS 19.2486 – juris Rn. 26 m.w.N.). Schlichtes Bestreiten vermag amtstierärztliche Beurteilungen deshalb nicht in Zweifel zu ziehen, geschweige denn zu widerlegen. Der Vortrag der Antragstellerin, die angeblich bei ihr festgestellten Missstände lägen in Wahrheit nicht vor, steht zudem in offensichtlichem Widerspruch zu den in den Behördenakten auch durch Lichtbilder dokumentierten amtstierärztlichen Feststellungen, die eindeutig gravierende und mehrfache Zuwiderhandlungen gegen Tierschutzvorschriften zur Haltung, Pflege und Ernährung und daraus resultierende erhebliche, länger anhaltende Schmerzen und Leiden bzw. erhebliche Schäden bei einzelnen Tieren belegen. Daran ändern auch die von der Antragstellerin z.T. bereits in erster Instanz vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nichts, die entweder von der Antragstellerin selbst stammen oder als wohlwollende Gefälligkeitsäußerungen von fachlich nicht ausgewiesenen dritten Personen einzustufen sind, sodass ihnen schon deshalb nur geringer oder kein Beweiswert zukommt, und die die Beurteilung der Amtstierärzte nicht zu widerlegen vermögen.
Soweit die Antragstellerin weiterhin pauschal unter Bezugnahme auf die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen behauptet, die von ihr betreuten Tiere, bei denen es sich größtenteils um solche mit „Handicap“ gehandelt habe, die von den Besitzern nicht mehr gewünscht worden seien, seien gemäß § 2 TierSchG ernährt, gepflegt und gehalten worden, war dies nach dem unter 1.1 Ausgeführten jedenfalls bei einzelnen Tieren ersichtlich nicht der Fall.
Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihre eidesstattliche Versicherung vom 9. Juni 2020 (Anlage 7) sowie auf die eidesstattliche Versicherung von Frau I. L. vom 8. Juni bzw. 6. April 2020 (Anlage 3) sowie von Herrn A. M. (ohne Datum, Anlage 2) angibt, die Hunde litten nicht unter Flohbefall, erhielten mehrmals im Jahr Spoton-Präparate, hätten kein Juckbedürfnis, ihr Fell sei sauber, keiner der Hunde rieche, sie würden dreimal im Jahr zum Hundefriseur gebracht, es seien keine eitrigen Infektionen zu sehen gewesen, auch Anzeichen für schlechte Zähne habe es nicht gegeben, ist diese Behauptung durch die amtstierärztlichen Feststellungen, insbesondere zu den Hunden „Sky“, „Cora“ und „Caramella“, bei denen Flohbefall sowie eitrige Infektionen und sonstige Erkrankungen diagnostiziert wurden, widerlegt. Insoweit ist auch nicht nachvollziehbar, wie Herr D. K., der laut eidesstaatlicher Versicherung vom 9. Juni 2020 (Anlage 8) erst im August 2019 zur Antragstellerin nach W. gezogen ist, selbst oft dem alten Shitsu „Sky“ Augen und Schnauze gewaschen haben will, obwohl dieser bereits bei der Hausdurchsuchung am 16. April 2019 vom Landratsamt beschlagnahmt und ins Tierheim verbracht wurde. Die gemachten Befunde werden auch nicht dadurch entkräftet, dass Frau I. L. von einer „einwandfreien Gesundheit“ der Hunde ausging.
Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die eidesstattlichen Versicherungen von M. und A. G. vom 9. Juli 2020 (Anlage 1), Herrn A. M. ohne Datum (Anlage 2), Frau I. L. vom 8. Juni bzw. 6. April 2020 (Anlage 3) sowie Frau M. W. vom 8. Juni bzw. 7. April 2020 (Anlage 5) erklärt, bei den Pferden werde regelmäßig eine Hufpflege durchgeführt, sie hätten ein normales Hufwachstum ohne Auffälligkeiten, sie hätten noch nie Strahlfäule oder Vergleichbares gehabt, sie seien gepflegt und befänden sich in einem guten Futterzustand, ihr Fell habe nicht gerochen, sondern sich in einem normalen Zustand befunden, sie habe sich verantwortungsbewusst um sie gekümmert und bei Notwendigkeit einen Tierarzt konsultiert, ist dieser Vortrag durch die amtstierärztlichen Feststellungen, insbesondere hinsichtlich des Ponys „Mogli“, bei dem eine extreme Abmagerung, Parasitenbefall, Juckreiz, Haarverlust, Zahnmissbildungen und offene Hautstellen diagnostiziert wurden, sowie zu den übrigen Pferden, deren Hufe laut Lichtbildern ungepflegt waren, ebenfalls widerlegt. Es erschließt sich daher auch nicht, wieso nach Bekunden von Herrn M. und A. G., Herrn A. M. und Frau M. W. die Ponys immer in einem guten Pflege- und Futterzustand gewesen sein sollen und wie „Mogli“ noch am 23. März 2019 beim Besuch von Frau M. W. bzw. am 14. April 2019 beim Besuch von Frau M. G. (eidesstaatliche Versicherung vom 8. Juni 2020, Anlage 6) munter gefressen haben soll, wenn er am 16. April 2019 völlig abgemagert war.
Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihre eidesstattliche Versicherung vom 9. Juni 2020 (Anlage 7) und auf die eidesstattliche Versicherung von Herrn A. M. ohne Datum (Anlage 2), Frau I. L. vom 8. Juni bzw. 6. April 2020 (Anlage 3), Herrn J. K. vom 8. Juni 2020 (Anlage 4) und Frau M. G. vom 8. Juni 2020 (Anlage 6) bestreitet, ungeeignetes Futter für die Vögel verfüttert zu haben, diese in zu kleinen Volieren gehalten oder in einzelne Käfige gesperrt zu haben, wird dieses Vorbringen durch die amtstierärztlichen Feststellungen, insbesondere zu der euthanasierten Venezuelaamazone, gleichfalls widerlegt. Der vom Landratsamt beauftrage Tierarzt K. hat hierzu festgestellt, dass verschiedene Tiere ernährungsbedingte Schäden (Arteriosklerose, Leberschäden) aufgrund des hohen Fettgehalts im Vogelfutter sowie traumatische Verletzungen und Automutilationen aufgrund der ungeeigneten Haltungsbedingungen erlitten haben sowie mit Viruserkrankungen infiziert waren. Entgegen der Ansicht von Herrn J. K. waren die Volieren laut Herrn K. auch zu klein für die Haltung so vieler großer Vögel. Wenn Herr J. K. und die Antragstellerin übereinstimmend angegeben haben, dass die Vögel Wagner-Pellets und Loropark-Futter sowie frisches Obst und Gemüse für eine ausgewogene Ernährung bekommen hätten, konnte solches Futter bei den Kontrollen nicht festgestellt werden.
Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihre eidesstattliche Versicherung vom 9. Juni 2020 (Anlage 7) meint, durch die nicht erfolgte Behandlung einer viralen Erkrankung einer Katze sei dieser kein unnötiges Leid zugefügt worden, da – wie beim Menschen auch – nicht jede Viruserkrankung behandelt bzw. geimpft werden könne, stellt sie nicht in Abrede, dass eine Katze („Sisko“) an Katzenschnupfen litt. Dabei handelt es sich indes nicht um einen harmlosen Schnupfen, sondern um eine sehr gefährliche Viruserkrankung, die unbehandelt zu Siechtum und zum Tod führen kann und die deshalb, wenn die Tiere nicht dagegen geimpft sind, medikamentös behandelt werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 10).
Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihre eidesstattliche Versicherung vom 9. Juni 2020 (Anlage 7) sowie auf die eidesstattliche Versicherung von Herrn A. M. ohne Datum (Anlage 2) und Frau M. G. vom 8. Juni 2020 (Anlage 6) vorträgt, das Lama und das Alpaka hätten einen freundlichen Umgang mit den Ponys gehabt, was einen adäquaten Sozialkontakt darstelle, setzt sie lediglich ihre Auffassung gegen die maßgebliche Einschätzung der Amtsveterinäre. Im Übrigen wurden von Herrn K. auch gravierende Ernährungs- und Haltungsmängel bei den Neuweltkameliden festgestellt.
Im Übrigen geht aus den Stellungnahmen größtenteils schon nicht hervor, wann die Beobachtungen gemacht worden sein sollen und auf welcher Fachkunde sie beruhen sollen, sodass sie den amtstierärztlichen Feststellungen auch aus diesem Grund nicht mit Erfolg entgegengehalten werden können.
Die amtstierärztlichen Feststellungen rechtfertigen zudem entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch die Prognose, dass diese auch künftig Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Vorschriften begehen wird. Soweit die Antragstellerin sich insoweit darauf beruft, dass ausweislich der eidesstattlichen Versicherungen lediglich Unverständnis mit der Wegnahme der Tiere und dem Haltungsverbot für sie bestehe und vielmehr die einwandfreie und artgerechte Haltung der Tiere durch sie bestätigt und gelobt werde, steht diese Einschätzung dritter Personen nicht nur in eklatantem Widerspruch zu den amtstierärztlichen Feststellungen, sondern manifestiert auch die fortdauernde Uneinsichtigkeit der Antragstellerin.
Soweit die Antragstellerin das angeordnete Haltungs- und Betreuungsverbot auch für ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig hält, weil nicht berücksichtigt worden sei, ob es sich bei den festgestellten Schädigungen nicht um unheilbare Vorerkrankungen handle, gegen die es keine medizinischen Mittel gebe und für die die Antragstellerin nicht verantwortlich gemacht werden könne, hat das Verwaltungsgericht nicht darauf abgestellt, ob es sich bei den festgestellten Schäden um (Vor-) Erkrankungen oder um erst später erworbene Krankheiten handelt, sondern dass die Anforderungen gemäß § 2 TierSchG an eine artgerechte Haltung durch die Antragstellerin, die als Halterin für den Gesundheitszustand der von ihr gehaltenen Tiere verantwortlich ist, von dieser nicht erfüllt und so erhebliche, länger anhaltende Schmerzen und Leiden verursacht werden, unabhängig davon, ob es sich um Tiere mit einem „Handicap“ handelt. Auch diese haben Anspruch auf eine artgerechte Haltung. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die Antragstellerin alten, behinderten und kranken Tieren ein würdiges Leben ermöglichen will, sondern dass sie diesen durch die tierschutzwidrige Haltung erhebliche und länger anhaltende Schmerzen und Leiden bzw. erhebliche Schäden zufügt (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2017 – 9 ZB 16.2073 – juris Rn. 25). Dabei kann auch die Tötung eines moribunden Tieres als letztes Mittel in Betracht kommen, wenn sie zum Schutz des Tieres unabweisbar ist, um dem Tier auf diese Weise ein Weiterleben mit nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden zu ersparen (vgl. BayVGH, B.v. 13.5.2014 – 9 CS 14.1027 – juris Rn. 21).
1.3 Doch selbst wenn man – anders als das Verwaltungsgericht – insoweit von offenen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens ausgehen wollte, führte die Abwägung der privaten Interessen der Antragstellerin an der derzeitigen Fortführung der Haltung und Betreuung von Tieren mit dem öffentlichen Interesse am wirksamen Schutz der von ihr gehaltenen Tiere, der gemäß Art. 20a GG Verfassungsrang genießt, aufgrund der festgestellten gravierenden und wiederholten Mängel in der Tierhaltung zu einem Überwiegen des Tierschutzes mit der Folge, dass der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auch aus diesem Grund erfolglos bleiben müsste.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2, 47 GKG i.V.m. Nr. 35.2 Streitwertkatalog, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes i.d.R. nur die Hälfte des sog. Auffangstreitwerts nach § 52 Abs. 2 GKG i.H.v. 5.000,– € festzusetzen ist (Nr. 1.5 Satz 1 Alt. 1 Streitwertkatalog).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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