Europarecht

Umfang der deliktischen Haftung eines Automobilherstellers gegenüber dem Käufer eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Gebrauchtfahrzeugs: Anrechnung von Nutzungsvorteilen; Aufwendungsersatz; Verzugs- und Deliktszinsen; außergerichtliche Rechtsanwaltskosten

39104,39106,39108,39110,39112,39114,39116,39118,39120,39122,39124,39126,39128,39130,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,

Aktenzeichen  VI ZR 8/20

Datum:
19.1.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:190121UVIZR8.20.0
Normen:
§ 31 BGB
§ 249 BGB
§ 826 BGB
§ 849 BGB
Nr 2300 RVG-VV
§ 13 RVG
§ 14 RVG
Art 3 Nr 10 EGV 715/2007
Art 5 Abs 1 EGV 715/2007
Spruchkörper:
6. Zivilsenat

Leitsatz

Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Anrechnung von Nutzungsvorteilen, Aufwendungsersatz, Verzugs- und Deliktszinsen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten).

Verfahrensgang

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 12. Dezember 2019, Az: 12 U 91/19, Urteilvorgehend LG Magdeburg, 23. Mai 2019, Az: 10 O 757/18

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 12. Dezember 2019 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Feststellung des Annahmeverzugs erst ab dem 8. Juni 2017 wendet, und im Übrigen zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt 3/4, die Beklagte trägt 1/4 der Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin erwarb am 8. April 2015 zu einem Preis von 11.697,70 € von einem Dritten einen Gebrauchtwagen VW Golf Variant 2.0 TDl, der mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet ist. Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs. Die Fahrleistung beim Erwerb betrug 106.000 km.
2
Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Der Umfang der Stickoxidemissionen des Fahrzeugs hängt davon ab, in welchem Ausmaß Abgase über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeführt werden. Die das Abgasventil steuernde Software des Motorsteuerungsgeräts erkannte, ob sich das Fahrzeug innerhalb oder außerhalb der Bedingungen des zur Erlangung der Typengenehmigung durchgeführten Testlaufs nach dem NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) befand. Befand sich das Fahrzeug außerhalb der Bedingungen des NEFZ, wurden relativ weniger Abgase in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet, als wenn das Fahrzeug sich innerhalb der Bedingungen des NEFZ befand.
3
Das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtete die Beklagte, die aus seiner Sicht gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung bei allen betroffenen Fahrzeugen mit Dieselmotoren vom Typ EA189 zu entfernen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorschriftsmäßigkeit herzustellen. Ein daraufhin von der Beklagten angebotenes Software-Update wurde auf das streitgegenständliche Fahrzeug am 24. Mai 2019 aufgespielt. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht betrug die Laufleistung 242.000 km.
4
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von 11.697,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. April 2015 Zug um Zug gegen “Rückgabe” des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten ab dem 24. April 2015, die Erstattung von Aufwendungen (Inspektionskosten etc.) in Höhe von insgesamt 474,83 € nebst Zinsen sowie die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.245,69 € nebst Zinsen.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.497,25 € nebst Zinsen in beantragter Höhe seit dem 14. Juli 2017 Zug um Zug gegen “Rückgabe” des Fahrzeugs zu zahlen. Ferner hat es die begehrte Feststellung – allerdings mit Verzugsbeginn erst am 8. Juni 2017 – ausgesprochen und die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 413,64 € nebst Zinsen seit dem 14. Juli 2017 verurteilt. Wegen der weitergehend geltend gemachten Ansprüche hat es die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Die Klägerin verfolgt ihre Klageanträge in vollem Umfang weiter. Die Beklagte hat ihre Revision zurückgenommen.

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