Aktenzeichen 11 CS 16.1453
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 1, S. 6
Leitsatz
Lehnt der Fahrzeughalter es ab, an der Aufklärung des Verstoßes mitzuwirken, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende und kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. Dies gilt umso mehr, wenn der Befragte nicht nur die Mitwirkung verweigert, sondern zur Zeitgewinnung bewusst unrichtige Angaben macht, um die Behörde in die Irre zu führen. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
W 6 S 16.610 2016-06-24 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.400,- Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre. Vielmehr ging das Verwaltungsgericht zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats davon aus, dass die Voraussetzungen für die verfügte Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO hier vorliegen. Hierauf wird verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weicht auch nicht vom Urteil des Senats vom 18. Februar 2016 (11 BV 15.1164 – BayVBl 2016, 593) ab. Danach muss die Verfolgungsbehörde auch dann, wenn der Fahrzeughalter seiner Mitwirkungsobliegenheit hinsichtlich der Fahrerfeststellung nicht nachkommt, naheliegende und mit wenig Aufwand realisierbare Ermittlungen zur Fahrerfeststellung durchführen und dokumentieren.
Die Antragstellerin hat bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeräumt, dass ihr Geschäftsführer der Fahrer des Fahrzeugs bei dem Verkehrsverstoß am 8. Januar 2016 um 19:55 Uhr auf der BAB 45 (Dortmund – Hanau) gewesen ist. Der Geschäftsführer der Antragstellerin wusste dies entweder bereits am Tattag oder nach Erhalt des Zeugenfragebogens (mit Bild des Fahrers), den das Regierungspräsidium Kassel am 29. Januar 2016 versandt hat. Seine Fahrereigenschaft hat der Geschäftsführer der Antragstellerin am 15. Februar 2016 gegenüber seinem Bevollmächtigten eingeräumt. Dass die Antragstellerin den Zeugenfragebogen nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß erhalten hat, ist daher, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführte (BA S. 10 f.), unschädlich.
In der Beschwerdebegründung bestreitet die Antragstellerin nicht, dass ihr Geschäftsführer, als die Polizei Marktheidenfeld ihn am 5. April 2016 unter der Firmenadresse aufsuchte, geäußert hat, dass mehrere Angestellte als Fahrer in Betracht kommen könnten, er den Fahrer ausfindig machen und die Personalien zeitnah der Polizei mitteilen werde. Es ist daher offensichtlich, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin nicht nur nicht mitgewirkt hat, sondern gegenüber der Polizei in Täuschungsabsicht falsche Angaben gemacht hat.
Warum es, wie in der Beschwerdebegründung ausgeführt, nahegelegen hätte, dass die Polizei nochmals nachfragt, den Geschäftsführer der Antragstellerin vorlädt und insbesondere die Arbeitskollegen des Geschäftsführers befragt, erschließt sich dem Senat nicht. Lehnt der Fahrzeughalter es ab, an der Aufklärung des Verstoßes mitzuwirken, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende und kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (BVerwG, B.v. 25.6.1987 – 7 B 139.87 – juris). Hier hat der Geschäftsführer der Antragstellerin nicht nur die Mitwirkung an der Aufklärung verweigert, sondern die Polizei, offensichtlich um Zeit zu gewinnen, bewusst irregeführt. Dass er bei einer weiteren Befragung angegeben hätte, der Fahrer gewesen zu sein, war nicht naheliegend. Die Überprüfung der Arbeitskollegen des Geschäftsführers der Antragstellerin wäre schon deshalb nicht erfolgversprechend gewesen, weil diese nicht gefahren sind. Dass sie den Geschäftsführer der Antragstellerin auf dem Tatfoto identifiziert hätten, wie die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung offenbar meint, war ebenfalls nicht naheliegend. Schließlich hatten nicht einmal die Polizeibeamten bei ihrer direkten Begegnung mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin am 5. April 2016 anhand des Tatfotos erkannt, dass er der Fahrer war.
Davon, dass der Bevollmächtigte der Antragstellerin noch am 5. April 2016 telefonisch gegenüber der Polizeiinspektion Marktheidenfeld ausreichend zu erkennen gegeben hat, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin der Fahrer gewesen sei, ist nicht auszugehen. Es gibt ersichtlich keinen Grund, anzunehmen, die Polizeiinspektion Marktheidenfeld hätte eine solche Aussage ignoriert und nicht dokumentiert.
Im Übrigen wäre es einfach gewesen, den Fahrer durch Rücksendung des Zeugenfragebogens schriftlich zu benennen und sich damit nicht die Möglichkeit vorzubehalten, die Fahrereigenschaft im Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des nicht eindeutigen Tatfotos zu bestreiten.
Angesichts dessen, dass die Polizeiinspektion Marktheidenfeld die angemessenen Ermittlungen angestellt hat, spielt es keine Rolle mehr, ob sie, wie im Ermittlungsbericht vom 8. April 2016 ausgeführt, mehrmals beim Geschäftsführer der Antragstellerin nachgefragt und die Einzelheiten ausreichend dokumentiert hat.
2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).