Europarecht

Unterbrechen des Integrationszusammenhangs durch Abwesenheitszeiten

Aktenzeichen  19 ZB 17.1149

Datum:
25.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17484
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3
AufenthG § 51 Abs. 1 Nr. 6, Nr. 7, Abs. 2 S. 1, Abs. 10 S. 2

 

Leitsatz

Abwesenheitszeiten, die gemäß § 51 Abs. 1 Nrn. 6, 7 und Abs. 10 Satz 2 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels nach einem Aufenthalt im Bundesgebiet von weniger als 15 Jahren Dauer führen, unterbrechen den Integrationszusammenhang und stehen einer Addition der rechtmäßigen Aufenthaltszeiten zur Erlangung des Privilegs nach § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG entgegen. (Rn. 10)
Abwesenheitszeiten, die gemäß § 51 Abs. 1 Nrn. 6, 7 und Abs. 10 Satz 2 AufenthG zum Erlöschen des Aufenthaltstitels nach einem Aufenthalt im Bundesgebiet von weniger als 15 Jahren Dauer führen, unterbrechen den Integrationszusammenhang und stehen einer Addition der rechtmäßigen Aufenthaltszeiten zur Erlangung des Privilegs nach § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG entgegen.  (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 5 K 16.2139 2017-04-20 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Der am … 1971 im Bundesgebiet geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger, der im Bundesgebiet aufgewachsen und sodann 1984, spätestens 1985 im Familienverband in die Türkei zurückgekehrt ist. Nach der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen ist der Kläger mit einem Visum zur Familienzusammenführung am 31. Januar 1998 erneut ins Bundesgebiet eingereist; er war seit 2. Februar 1998 im Besitz befristeter Aufenthaltstitel, seit 1. März 2001 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Nach der Trennung von der Ehefrau im Jahr 2006 ist der Kläger zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt, laut Einträgen im Reisepass jedoch spätestens am 17. März 2010 in die Türkei zurückgekehrt und am 21. Dezember 2015 ins Bundesgebiet wieder eingereist.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. April 2017, durch das seine Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2016 in der Fassung, die dieser in der mündlichen Verhandlung durch die Erklärung der Beklagten erhalten hat, abgewiesen worden ist. Durch den Bescheid ist hinsichtlich des Klägers das Erlöschen der durch die Stadt B. erteilten Niederlassungserlaubnis festgestellt worden (Nr. I. des Bescheides), ist der Kläger zur Ausreise innerhalb einer Frist bis zum 18. November 2016 aufgefordert worden (Nr. III.) und ist ihm widrigenfalls die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat, in den der Kläger einreisen darf oder der zur Übernahme des Klägers verpflichtet ist, angedroht worden (Nr. IV.). In der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2017 vor dem Verwaltungsgericht hat der Beklagtenvertreter die Nr. II des Bescheides der Beklagten vom 26. Oktober 2016 aufgehoben, in der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt worden war. Der Kläger war im Dezember 2016 nach Tschechien zur Arbeitsaufnahme ausgereist.
Der Kläger trägt vor, grundsätzliche Bedeutung habe die Beantwortung der Rechtsfrage, ob § 51 Abs. 2 Satz 3 AufenthG einen ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt von 15 Jahren fordere oder nicht. Auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachte Literaturmeinung, wonach ein ununterbrochener rechtmäßiger Aufenthalt nicht gefordert werde (vgl. Möller in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 51 AufenthG, Rn. 25), wird verwiesen. Von einem Zerreißen des Integrationszusammenhangs könne nicht gesprochen werden, da der Kläger die deutsche Sprache beherrsche und ein deutsches Kind habe. Die Beziehung zu seinem in Deutschland lebenden Kind habe der Kläger auch während seines Aufenthalts in der Türkei gepflegt. Ebenso sei der Lebensunterhalt des Klägers gesichert. Es sei strittig, ob der hierfür maßgebliche Zeitpunkt das potentielle Erlöschen der Niederlassungserlaubnis sei oder eine Prognoseentscheidung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zu erfolgen habe. Es sei allein sachgerecht, auf den Zeitpunkt der Wiedereinreise abzustellen, da aus einem Verhalten, das Jahre zurück liege, keine Prognose für die Zukunft gestellt werden könne. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts sei der Lebensunterhalt des Klägers durch eigene Arbeit gesichert gewesen. Zum Zeitpunkt des potentiellen Erlöschens habe der Kläger Unterhaltsansprüche gegen die damalige Ehefrau gehabt, die den Lebensunterhalt gesichert hätten.
Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergibt sich der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ist schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt (1). Soweit der Kläger sinngemäß auch den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, liegt dieser nicht vor bzw. ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt (2.).
1. Die Grundsatzberufung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist auf die für die Zukunft richtungsweisende Klärung von Rechts- und Tatsachenfragen gerichtet; ihr Ziel ist die Wahrung der Einheitlichkeit des Rechts und der Rechtsprechung sowie die Fortentwicklung des Rechts. Sie dient dem Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts und damit der Rechtssicherheit (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 126). Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die Rechtssache eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren – ggf. erneute oder weitergehende – Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten (Klärungsfähigkeit) und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit). Klärungsfähig ist eine Frage, wenn sie in der konkreten Rechtssache entscheidungserheblich ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 36, 37 m.w.N.).
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist daher eine bestimmte ober- oder höchstrichterlich noch ungeklärte Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren, ferner die Entscheidungserheblichkeit der betreffenden Frage im Berufungsverfahren aufzuzeigen sowie anzugeben, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Es ist dabei in Auseinandersetzung mit der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur darzulegen, in welchem Sinne und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist, dass das angefochtene Urteil auf der falschen Beantwortung der Frage beruht und warum es folglich erforderlich ist, dass sich das Oberverwaltungsgericht klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetze (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2019 – 10 ZB 17.1343 – juris Rn. 11). Das Darlegungsgebot fordert unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil eine Sichtung, rechtliche Durchdringung und Aufbereitung des Streitstoffs. Eine bloße Wiederholung des Vorbringens aus der ersten Instanz, ohne dass auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung eingegangen wird, genügt dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht.
Mit dem erneuten Hinweis im Zulassungsvorbringen auf die Literaturmeinung, wonach ein 15-jähriger ununterbrochener Aufenthalt auf der Grundlage des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht gefordert werden könne, wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in nicht hinreichender Weise dargelegt. Nach dieser Bestimmung erlischt die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7 (d.h. bei einer Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund bzw. bei einer Ausreise ohne Wiedereinreise nach sechs Monaten oder einer behördlich festgelegte längeren Frist), wenn dessen Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 oder Abs. 2 Nr. 5 bis 7 AufenthG besteht. Gemäß § 51 Abs. 10 Satz 2 AufenthG beträgt die nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG zu beachtende Frist bei einem Ausländer, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, nicht sechs Monate, sondern zwölf Monate.
Hinsichtlich der im Zulassungsvorbringen wiederholten Frage, ob § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG einen ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt von 15 Jahren voraussetzt, besteht vorliegend kein Klärungsbedarf. Der im Zulassungsvorbringen wiederholte Hinweis auf die Literaturmeinung, ein ununterbrochener Aufenthalt werde nicht gefordert (vgl. Möller in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 51 AufenthG Rn. 25), liefert keinen Anhaltspunkt für widerstreitende Auffassungen, weil er sich nicht zur Frage der Dauer möglicher Unterbrechungen verhält und weil nach allgemeiner Ansicht nicht jede Unterbrechung schadet. Auch das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass Unterbrechungen unschädlich sind, soweit sie sich nicht als Zäsur im Integrationszusammenhang darstellen. Der Zweck des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, der eine Ausnahme von den Erlöschenstatbeständen des Absatz 1 für den Fall vorsieht, dass sich der Ausländer mindestens 15 Jahre lang rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und sein Lebensunterhalt gesichert ist, besteht darin, Ausländern, die hier durch einen langen rechtmäßigen Aufenthalt sozial und wirtschaftlich integriert sind, ihr Daueraufenthaltsrecht trotz eines längeren Auslandsaufenthalts zu erhalten, weil ihre Rückkehr im Regelfall keine Reintegrationsprobleme aufwirft (vgl. HessVGH, B.v. 2.3.2016 – 9 B 1756/15 – juris Rn. 7). Mit dem Gesetzeswortlaut „mindestens 15 Jahre“ macht der Gesetzgeber deutlich, dass eine entsprechende Erwartung erst ab einem Mindestaufenthalt von 15 Jahren gerechtfertigt ist.
Nach der gesetzlichen Konzeption wird das Erlöschen der Niederlassungserlaubnis unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG verhindert; ein „Wiederaufleben“ eines erloschenen Aufenthaltstitels ist nicht vorgesehen (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2017 – 1 C 14.16 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 27.11.2018 – 19 CE 17.550 – juris Rn. 20). Daraus folgt, dass Abwesenheitszeiten, die den jeweils besessenen Aufenthaltstitel zum Erlöschen gebracht haben, insoweit schädlich sind, als sie einen einheitlichen Integrationszusammenhang unterbrechen und der Addition rechtmäßiger Aufenthaltszeiten mithin entgegenstehen (ebenso Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Stand 12/2015, § 51 AufenthG, Rn. 72 sowie OVG NRW, B.v. 8.7.2005 – 18 B 1017/05, der in der angegriffenen Entscheidung zitiert, vom Kläger aber nicht thematisiert wird). Aus § 51 Abs. 10 Satz 2 AufenthG, wonach die Frist eines schädlichen Auslandsaufenthalts nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bei privilegierten Personengruppen auf ein Jahr verdoppelt wird, ergibt sich, dass selbst bei langjährigen Inhabern einer Niederlassungserlaubnis mit mindestens 15 Jahren rechtmäßigen Aufenthalts jedenfalls ein Auslandsaufenthalt von mehr als einem Jahr zu einem Erlöschen des Aufenthaltstitels führt, soweit nicht von der Ausländerbehörde eine längere Frist bestimmt ist.
Aus dem gesetzlichen Konzept ergibt sich, dass die streitgegenständliche Unterbrechung zwischen dem rechtmäßigen Aufenthalt als Kind bis 1984 bzw. spätestens 1985 und der Wiedereinreise zum Familiennachzug am 31. Januar 1998 schadet. Der am 22. Juli 1971 in D. geborene Kläger hat bis zu seiner Ausreise im Familienverband 1984 bzw. spätestens 1985 einen 15-jährigen Aufenthalt nicht vollendet. Sein Aufenthaltsrecht ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AufenthG durch den bis zum 31. Januar 1998 andauernden Auslandsaufenthalt erloschen; selbst die durch § 51 Abs. 10 Satz 2 AufenthG verlängerte Frist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG ist durch die Dauer dieses Auslandsaufenthalts weit überschritten worden. Bei der Wiedereinreise zur Familienzusammenführung aufgrund Eheschließung mit einer Deutschen im Jahr 1998 hat der Kläger somit nicht auf seinen Aufenthalt als Kind zurückgreifen können, um einen einheitlichen Integrationszusammenhang und einen einheitlichen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens 15 Jahren zu begründen.
Abgesehen davon erweist sich die im Zulassungsvorbringen gestellte Frage nach dem ununterbrochenen Aufenthalt von 15 Jahren vorliegend als nicht entscheidungserheblich, da der Kläger auch die weitere Voraussetzung des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG der Sicherung des Lebensunterhalts nicht erfüllt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist maßgeblich für die Prognoseentscheidung, ob der Lebensunterhalt eines Ausländers im Fall seiner Wiedereinreise gesichert ist (§ 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), der Zeitpunkt des Eintritts der Erlöschensvoraussetzungen und nicht der der Wiedereinreise; Zweifel gehen dabei zu Lasten des Ausländers (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2017 – 1 C 14/16 juris m.w.N.). Den Gesetzeszweck, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu verhindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.4.2013 – 10 C 10.12 – BVerwGE 146, 198 Rn. 17), sieht der Gesetzgeber in der spezifischen Situation von Inhabern einer Niederlassungserlaubnis, die sich mindestens 15 Jahre lang rechtmäßig in Deutschland aufgehalten haben, als gewährleistet an, wenn ihr Lebensunterhalt zu dem Zeitpunkt, zu dem ihr Aufenthaltstitel andernfalls nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 AufenthG erlöschen würde, prognostisch als gesichert angesehen werden kann. Nur für diesen Personenkreis soll Rechtsklarheit bestehen, dass sie ihr einmal erworbenes Aufenthaltsrecht in Deutschland auch bei längeren Auslandsaufenthalten auf Dauer behalten. Nach der gesetzlichen Konzeption wird durch § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG das Erlöschen der Niederlassungserlaubnis kraft Gesetzes verhindert. Es ist hingegen nicht ihr „Wiederaufleben“ vorgesehen. Darüber hinaus spricht der Gedanke der Rechtssicherheit dafür, dass sich zu jedem Zeitpunkt eindeutig feststellen lassen muss, ob der Aufenthaltstitel fortbesteht oder erloschen ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2017, a.a.O., juris Rn. 19). Die Rechtsfrage, ob hinsichtlich der Prognose auf den Zeitpunkt des Eintritts der Erlöschensvoraussetzungen oder der Wiedereinreise abzustellen ist, ist nunmehr – im Sinne der Nr. 5.1.2 Satz 2 AVwV AufenthG und der zuvor bereits überwiegend vertretenen Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BayVGH, U.v. 5.4.2016 – 10 B 16.165 -; OVG NRW, B.v. 18.3.2011 – 18 A 126/11 -; OVG Berlin-Bbg, B.v. 4.8.2011 -; OVG 2 S 32.11 – sowie VGH BW, U.v. 9.11.2015 – 11 S 714/15 – jeweils juris; Bauer/Dollinger in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl. 2018, § 51 AufenthG Rn. 28; Graßhof in: Kluth/Heusch, AuslR 2016, § 51 AufenthG Rn. 20b; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand 12/2015, § 51 AufenthG Rn. 75; Hailbronner, AuslR, Stand März 2012, § 51 AufenthG Rn. 39 hat die Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitpunkt des Eintritts der Erlöschensvoraussetzungen und zusätzlich im Zeitpunkt der beabsichtigten Wiedereinreise gefordert) – höchstrichterlich geklärt.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass mit dem pauschalen Hinweis auf Unterhaltsansprüche gegen die damalige (getrennt lebende) Ehefrau weder hinreichend dargelegt wurde, dass ein etwaiger Unterhaltsanspruch ausreichend werthaltig zur Deckung des gesamten Lebensunterhalts im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gewesen ist, noch die Leistungsfähigkeit und die Einkommensverhältnisse der getrennt lebenden Ehefrau belegt worden sind. Das Zulassungsvorbringen macht erneut nur pauschal Unterhaltsansprüche geltend und setzt sich mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht auseinander.
2. Soweit der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen sinngemäß auch den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geltend machen will, ist dieser mangels Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil ebenfalls nicht gemäß den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 AufenthG dargelegt. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergeben sich daraus nicht.
Das Zulassungsvorbringen, der Kläger habe während der Zeit seines Auslandsaufenthalts stets Kontakt zu dem in Deutschland lebenden Sohn gepflegt, ist weder belegt noch geeignet, die vom Verwaltungsgericht angenommene Verlagerung des Lebensmittelpunkts in die Türkei zu widerlegen. Besuchskontakte im Bundesgebiet stehen der Annahme einer Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG insbesondere dann nicht entgegen, wenn der Ausländer im Herkunftsland eine neue Ehe eingeht bzw. führt. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte und das Verwaltungsgericht darüber hinaus auch den Erlöschenstatbestand nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG angenommen haben (Auslandsaufenthalte von mehr als 6 Monaten wurden auch seitens des Klägers zugestanden), kommt es auf Besuchskontakte zum in Deutschland lebenden Sohn nicht an.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergeben sich auch nicht im Hinblick auf den – ohne Berücksichtigung von Unterbrechungen – geltend gemachten rechtmäßigen Aufenthalt von 15 Jahren. Da das Verwaltungsgericht – wie ausgeführt – zutreffend die Sicherung des Lebensunterhalts zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlöschens des Aufenthaltstitels als nicht nachgewiesen erachtet hat, kommt es für die Ergebnisrichtigkeit des Urteils nicht auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzung des § 51 Abs. 2 Satz 1 AufenthG eines mindestens 15-jährigen rechtmäßigen Aufenthalts an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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