Aktenzeichen B 1 S 19.64
Leitsatz
1. Eine wiederholte oder grobe Zuwiderhandlung liegt vor, wenn bei den gehaltenen Tieren oder einem Teil davon ein oder mehrere Verhaltensbedürfnisse (z.B. Nahrungserwerb, Ernährung und Pflege, Ruheverhalten, Körperpflege) unterdrückt oder erheblich zurückgedrängt werden. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verfügung der Veräußerungsanordnung ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung auf die Behörde übergehen lässt. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Landratsamts … vom 19. Dezember 2018, mit der ihr sofort vollziehbar 18 Hunde und 3 Kaninchen fortgenommen und auf ihre Kosten anderweitig untergebracht wurden und ein Haltungs- und Betreuungsverbot von Hunden und Heimtieren angeordnet wurde.
Nachdem das Landratsamt bereits in der Vergangenheit die Hundehaltung der Antragstellerin beanstandet hatte, wurde diese auf Grund eines Hinweises über unhygienische Haltungsbedingungen am 13. Dezember 2018 überprüft. Die Veterinärdirektorin des Landratsamts machte hierbei folgende Feststellungen (Blatt 70a der Behördenakte): Beim Betreten des Treppenhauses seien die Behördenvertreter mit stechendem und beißendem Geruch nach Urin, Kot und Müll konfrontiert worden. Das Treppenhaus sei vermüllt und mit Kot und Urin der Hunde verunreinigt gewesen. Beim Betreten der Wohnung im 1. OG habe man Berge von Müll und Abfall gefunden. Der Fußboden sei mit Urin und Kothaufen beschmutzt gewesen. Im geöffneten Schlafzimmer hätten sich Hunde im Bett gefunden, welches mit Kot und Urin der Hunde beschmutzt gewesen sei. In den Müllbergen seien Mäuse gesichtet worden. Das Badezimmer, das Wohnzimmer und auch die Wohnung im Erdgeschoss seien vermüllt gewesen. Bei den Hunden habe man verklebtes, verfilztes Fell und Ballenveränderungen festgestellt. Der Keller sei massiv vermüllt gewesen und man habe drei Kaninchen im hochgradig verkoteten Käfig vorgefunden. Die Hunde seien in das Tierheim verbracht worden.
Die Tierärztin Dr. med. B. stellte am 18. Dezember 2018 (Blatt 72a der Behördenakte) Folgendes fest: Die Hunde hätten sich in einem offensichtlich schon seit länger andauernden mangelhaften Allgemeinzustand, katastrophalen Pflegezustand und stark reduziertem Ernährungszustand befunden. Das Fell von 14 Hunden einer langhaarigen Rasse sei verfilzt, mit Urin durchtränkt und mit Kot beschmutzt gewesen. Das verklebte Fell habe bei einigen Tieren sogar den Anus und den Harnröhrenausgang verlegt. Den Tieren seien über einen längeren Zeitraum körperliches Leid und starke Schmerzen zugefügt worden. Die Pfoten der Hunde und das Fell seien mit Urin bzw. Kot beschmutzt, die Krallen einiger Hunde seien überlang gewesen. Einige Hunde hätten an Ohrenentzündungen sowie an massivem Zahnsteinbefall gelitten. Einige Hunde seien in unterschiedlicher Stärke abgemagert gewesen. Die Kaninchen hätten überlange Krallen gehabt, der Ernährungszustand sei reduziert bis abgemagert. Das schwarze Kaninchen hätte beidseitige Konjunktivitis, beim weißen Kaninchen bestehe der Verdacht auf Parasitenbefall.
In der Akte befindet sich eine umfangreiche Dokumentation des Gesundheitszustands der Tiere (Blatt 73 bis 91a der Behördenakte).
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2018 (zugestellt am 21. Dezember 2018) wurden die am 13. Dezember 2018 durch die Vertreter des Landratsamts …, Fachbereich Veterinärwesen, erlassenen Verwaltungsakte bestätigt (Nr. 1). Die Antragstellerin wurde verpflichtet, die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung folgender Tiere (unter Angabe des Geburtsdatums und der Chip-Nr.) auf ihre Kosten zu dulden: Hündin Me., Hündin Je., Hündin J., Hündin T., Hündin D., Rüde S., Rüde G., Rüde F., Hündin Ti., Hündin Tr., Rüde B., Hündin S., Rüde R., Hündin N., Hündin M., Rüde Ro., Rüde Ba., Hündin L. und 3 weibliche Kaninchen (Nr. 1.1). Die Antragstellerin habe die Kosten in Höhe von derzeit 11 EUR pro Tag pro Hund und 3 EUR pro Tag pro Kaninchen, zuzüglich etwaiger Kosten für tierärztliche Behandlungen, die im Rahmen der Unterbringung der Tiere im Tierheim anfielen, zu tragen und dem Landratsamt zu erstatten. Über den Betrag ergehe eine gesonderte Kostenrechnung (Nr. 1.2). Der Antragstellerin werde das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren ab dem 13. Dezember 2018 untersagt. (Nr. 2). Die Antragstellerin habe die sofortige Veräußerung der in Nr. 1.1 genannten Tiere zu dulden (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 werde angeordnet (Nr. 4).
Um künftig weitere tierschutzrechtliche Missstände zu verhindern, erscheine es unumgänglich der Antragstellerin das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren zu untersagen. Die Untersagung des Haltens und Betreuens von Hunden lasse keine andere Entscheidung zu. Aus amtstierärztlicher Sicht wiesen die vorgefundenen Gegebenheiten darauf hin, dass bei der Tierhalterin ein sog. „Animal Hoarding“ vorliege. Man habe die vom deutschen Tierschutzbund herausgegebene Checkliste für das Vorliegen eines echten Falls von Tierhorten herangezogen und mit den Befunden verglichen. Das Krankheitsbild werde bei der Antragstellerin aus fachlicher Sicht bestätigt, da nahezu 100 Prozent der Kriterien dieser Checkliste erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 8. Januar 2019 fragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin beim Landratsamt an, ob eine Rücknahme von einigen Hunden durch die Züchterin möglich wäre. Mit Schreiben vom 10. Januar 2019 bat er, gegenüber dem Tierheim anzuordnen, dass die Antragstellerin die Tiere dort besuchen dürfe. Der Entzug der Tiere habe bei der Antragstellerin einen Einschnitt in das Leben dargestellt, so dass sie zur Vermeidung eines Suizids in das Bezirkskrankenhaus habe eingeliefert werden müssen. Jeglichen Kontakt zu den Tieren abzubrechen, bedeute einen Verstoß gegen die Menschenwürde und sei unmenschlich.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2019 erwiderte das Landratsamt, dass sich die Züchterin selbständig mit dem Landratsamt zwecks Erwerbs der Hunde in Verbindung setzen solle. Es müsse dann aber geprüft werden, ob eine Veräußerung an diese möglich sei, da verhindert werden müsse, dass die Tiere wieder der Antragstellerin ausgehändigt würden.
Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 21. Januar 2019, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2018 erheben („insbesondere gegen die Anordnung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids, wonach ihr das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren ab dem 13.12.2018 – auf Dauer – untersagt werden soll, insbesondere aber, dass im Rahmen dieser Anordnung der Klägerin auch untersagt wird, die ihr weggenommenen Tiere im Tierheim in … zu besuchen“) und nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen, dass angeordnet werde, dass es der Antragstellerin gestattet werde, ihre Hunde im Tierheim in …, bzw. dort zu besuchen, wo sie auf Anordnung des Landratsamts … hingeschafft wurden, auch, dass hier, soweit das Landratsamt … die Tiere verkauft, die Adressen der Käufer genannt werden.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin den wesentlichen Teil der Anordnungen des Landratsamts im Bescheid akzeptiere, da ihr die Haltung der Tiere tatsächlich über den Kopf gewachsen sei. Das Besuchsrecht sei ihr auf Grund der innigen Beziehungen zu den Tieren zu gestatten. Das Landratsamt möge deshalb verpflichtet werden, über den Aufenthaltsort der Tiere Auskunft zu erteilen.
Das Landratsamt erwiderte darauf mit Schreiben vom 24. Januar 2019 und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es sei bereits fraglich, ob es sich um einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO handele, da die wesentlichen Anordnungen im Bescheid akzeptiert würden. Eine spezialgesetzliche Regelung zur Auskunftserteilung gebe es nicht. Der Bescheid habe Bestandskraft erlangt. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig sei. Das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren sei ab dem 13. Dezember 2018 auf Dauer untersagt worden. Rechtsgrundlage hierfür sei § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 1 TierSchG. Eine zeitliche Begrenzung sehe das Gesetz nicht vor. Es bestünde allenfalls die Möglichkeit, gem. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 2 TierSchG die Wiederaufnahme der Tierhaltung zu beantragen. Ein diesbezüglicher Antrag sei aber noch nicht gestellt worden. Im Vorfeld eines solchen Antrags könne keine Aussage getroffen werden, ob und in welchem Umfang eine Tierhaltung wieder möglich sei. Für einen Antrag nach § 123 VwGO sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Ein Grund für die Herausgabe von Adressen sei nicht genannt worden, auch die diesbezügliche Eilbedürftigkeit könne nicht nachvollzogen werden. Kraft sofort vollzugsfähigen Bescheids habe die Antragstellerin die Veräußerung zu dulden, was sie auch akzeptiere. Die Erlaubnis zum Besuch der Hunde müsse aus fachlicher Sicht abgelehnt werden. Die Hunde hätten im Tierheim neue Strukturen der Versorgung, Betreuung und Pflege sowie ein hygienisches Umfeld erhalten. Zur Vermeidung von Stresssituationen sei es für die Hunde erforderlich, dass die positiven sozialen Beziehungen zu den Betreuerinnen im Tierheim konsequent und auf Dauer aufrecht erhalten blieben. Besuche würden die positive Entwicklung stören. Aus datenschutzrechtlichen Gründen und unter Berücksichtigung des Art. 20a GG bestehe kein Anspruch auf Auskunft der privaten Adressen der Käufer.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Bei sachdienlicher Auslegung des Antrags (§ 88 i.V.m. § 122 VwGO) wendet sich die Antragstellerin nicht gegen die Fortnahme der Tiere und die Anordnung der anderweitigen pfleglichen Unterbringung (Nrn. 1.1 und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheids) und auch nicht gegen die Veräußerungsanordnung (Nr. 3 des Bescheids), da sie laut Antragsbegründung diese Teile des Bescheids akzeptiert. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage diesbezüglich kein Interesse hat.
2. Soweit der in höchstem Maße auslegungsbedürfte Antrag im wohlverstandenen Sinne der Antragstellerin auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Nr. 2 des Bescheids in Bezug auf das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren ab dem 13. Dezember 2018 gerichtet sein sollte, hat der Antrag in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO). Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage der Antragstellerin nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Das öffentliche Interesse wiegt insoweit schwerer als das Interesse der Antragstellerin, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiter Tiere halten zu dürfen.
Zur Begründung wird zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Gründe des angegriffenen Bescheids vom 19. Dezember 2018 Bezug genommen und insoweit von einer gesonderten Darstellung abgesehen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend ist zur Sache noch Folgendes auszuführen:
Die in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Anordnung eines Haltungs- und Betreuungsverbots von Hunden und Heimtieren erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.1990 – 1 B 155.90 – juris Rn. 3; U.v. 29.3.1996 – 1 C 28.94 – juris Rn. 15).
Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG kann demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nr. 1 dieser Vorschrift oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagt werden. Eine wiederholte oder grobe Zuwiderhandlung liegt z.B. vor, wenn bei den gehaltenen Tieren oder einem Teil davon ein oder mehrere Verhaltensbedürfnisse (z.B. Nahrungserwerb, Ernährung und Pflege, Ruheverhalten, Körperpflege) unterdrückt oder erheblich zurückgedrängt werden. Darauf, ob der Halter schuldhaft handelt, kommt es nicht an. Bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen Strafvorschriften (z.B. § 18 i.V.m. § 2 TierSchG) kann von einer groben Zuwiderhandlung ausgegangen werden. Bei der Frage, ob den Tieren erhebliche oder langanhaltende Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, ist die vorrangige Beurteilungskompetenz des beamteten Tierarztes zu beachten (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2018, Rn. 44 ff. zu § 16a).
Die Voraussetzungen eines Haltungs- und Betreuungsverbots liegen in der Person der Antragstellerin vor.
Nach § 2 TierSchG muss ein Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden (Nr. 1), es darf die Möglichkeit zu artgerechter Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass dem Tier Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (Nr. 2) und schließlich muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt werden (Nr. 3).
Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die Antragstellerin bei der Haltung der Hunde und Kaninchen massiv gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen hat. Diese von der Tierärztin in ihrer Stellungnahme vom 18. Dezember 2018 getroffenen Feststellungen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sind durch eine Reihe von Lichtbildaufnahmen dokumentiert und für das Gericht vollumfänglich nachvollziehbar.
Die Antragstellerin ist diesen Vorwürfen auch nicht entgegengetreten.
Schließlich ist der Antragsgegner bei der nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG vorzunehmenden Prognoseentscheidung in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der Gesamtumstände hinreichend gewichtige Tatsachen gegeben sind, die die Annahme rechtfertigen, dass die Antragstellerin weiterhin Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen begehen wird. Zutreffend wurde somit das Halten und Betreuen von Hunden und Heimtieren untersagt. Unter Heimtieren werden Tiere verstanden, die der Mensch insbesondere in seinem Haushalt zu seiner eigenen Freude und als Gefährten hält oder die für diesen Zweck bestimmt sind (Art. 1 Abs. 1 Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren – HeimtierÜbk).
Schließlich begegnet die Anordnung und Begründung des Sofortvollzugs keinen Bedenken. Das Landratsamt hat hinreichend und bezogen auf den Einzelfall dargelegt, weshalb ein weiteres Zuwarten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht abgewartet werden kann. Im Übrigen werden regelmäßig die Erwägungen, die einer tierschutzrechtlichen Anordnung zugrunde liegen, zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, so dass auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs eine weitergehende Begründung nicht zu fordern ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 05.10.2016 – 9 CS 16.1257 – juris unter Bezugnahme auf Eyermann/Schmidt, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 43 und 36). Insgesamt überwiegt daher auch bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden eigenständigen Interessenabwägung des Gerichts das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Haltungs- und Betreuungsverbots das Interesse der Antragstellerin, vorerst weiterhin Tiere halten zu dürfen.
3. Soweit der Antrag darauf gerichtet ist, die Tiere im Tierheim zu besuchen oder die Adressen der Käufer zu nennen, legt das Gericht den Antrag so aus, dass eine Anordnung nach § 123 VwGO begehrt wird.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus sonstigen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl den (aus dem streitigen Rechtsverhältnis abgeleiteten) Anspruch, bezüglich dessen die vorläufige Regelung getroffen werden soll (Anordnungsanspruch), wie auch die Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung). Maßgeblich für die Beurteilung sind dabei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Hinsichtlich der beantragten Verpflichtung, dass es der Antragstellerin gestattet wird, ihre Tiere im Tierheim in … bzw. dort zu besuchen, wo sie auf Anordnung des Landratsamts … hingeschafft wurden, ist der Beklagte Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt …, bereits nicht passiv legitimiert. Das Landratsamt hat im streitgegenständlichen Bescheid keine Anordnung verfügt, wonach es der Antragstellerin verboten wäre, die Tiere im Tierheim zu besuchen. Es ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, wonach es dem Landratsamt gestattet wäre, der Antragstellerin ein Besuchsrecht im Tierheim einzuräumen.
Soweit der Antrag darauf gerichtet ist, dass die Adressen der Käufer genannt werden, ist ein Anordnungsgrund (besondere Dringlichkeit der vorläufigen Regelung) nicht glaubhaft gemacht. Auch ein Anordnungsanspruch besteht nicht. Eine Anspruchsgrundlage dafür, dass das Landratsamt die Namen der Käufer nennt, ist nicht gegeben. Darüber hinaus würde die Nennung der Adressen der Käufer den Grundsätzen des § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchG widersprechen. Die Verfügung der Veräußerungsanordnung ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung auf die Behörde übergehen lässt (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2018, Rn. 34 zu § 16a). Im vorliegenden Fall wäre voraussichtlich nur ein freihändiger Verkauf der Tiere unter Wert oder ein Verschenken der Tiere durch das Landratsamt möglich, da die Tiere wegen ihres schlechten Ernährungs- und Pflegezustands keinen wirtschaftlichen Wert haben dürften – zumal durch die Unterbringung im Tierheim und die tierärztliche Behandlung bereits hohe Kosten angefallen sind (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2018, Rn. 37 zu § 16a). Da eine Weitergabe der Adresse des Erwerbers aus datenschutzrechtlichen Gründen nur mit Einverständnis des jeweiligen Erwerbers hierzu möglich wäre, wäre eine Übereignung an Dritte durch das Landrastsamt auf jeden Fall erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Dies würde dazu führen, dass die Kosten für die Unterbringung der Tiere weiter steigen würden und die Veräußerungsanordnung faktisch nicht durchsetzbar wäre. Durch die rechtmäßige Veräußerungsanordnung hat die Antragstellerin jegliche Ansprüche auf die Tiere (und somit auch auf Nennung der Kontaktdaten der künftigen Eigentümer) verwirkt.
4. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 und 35.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).